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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung von γ-GT-Inhibitoren
zur Herstellung von Arzneimitteln zur Behandlung von degenerativen
Erkrankungen. Sie bezieht sich speziell auf die Behandlung von chronischen
Nieren- oder Innenohr-Zuständen oder
-Schädigungen,
die durch reaktive Sauerstoffspezies (ROS) hervorgerufen werden.
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Degenerative
Erkrankungen werden als Erkrankungen betrachtet, die mit chronischen
Funktionsstörungen
und/oder chronischen physiologischen Schäden im menschlichen oder tierischen
Körper
verbunden sind. Außer
degenerativen Erkrankungen unter anderem des zentralen Nervensystems
können
chronische Funktionsstörungen
der Niere oder der Leber zu einer Degeneration der entsprechenden
Gewebe führen.
So stellen zum Beispiel, Nierenkrankheiten oder degenerative Erkrankungen
des Innenohrs häufige
pathologische Zustände
dar, für
die kaum eine Behandlung verfügbar
ist.
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Insbesondere
Glomerulosklerose und andere Nierenkrankheiten stellen eine häufige Komplikation
vieler chronischer Zustände
dar, wozu Diabetes gehört
(Ha und Kim, Diabetes Res. Clin. Pract. 45: 147–151 (1999)). Man nimmt an,
dass dabei ein Überschuss
an reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) eine entscheidende Rolle spielt
(Haugen und Nath, Blood Purif. 17: 58–65 (1999)). Man hat Tiermodelle
entwickelt, um die daran beteiligten Pathomechanismen zu untersuchen.
In einem genetischen Maus-Modell für otorenale Krankheit (Meyer
zum Gottesberge, European Archive Otorhinolaryngology 253: 470–474 (1996);
Weiher, Cell 62: 425–434
(1990)) ist es gezeigt worden, dass eine Interventionstherapie mit
Radikalfängern
wirksam ist (Binder, Am. J. Pathol. 154: 1067–1075 (1999)). Allerdings wäre eine
Therapie mit Antioxidantien am Menschen ziemlich schwierig mit der
gewünschten
Spezifität
durchzuführen,
wenn man zum Beispiel die jeweils zu beseitigende Sauerstoffspezies
ebenso wie den Wirkort berücksichtigt.
Daher wäre
es vorteilhaft, die Enzymaktivität,
die die jeweilige ROS erzeugt, die für die Gewebeschäden verantwortlich
ist, spezifisch zu inhibieren.
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Sofern
im Stand der Technik eine Rolle für ROS bei der Glomerulosklerose
vorgeschlagen worden ist, war nichts über die genaue Quelle der schädigenden
Einheiten in dieser Krankheit bekannt. Kürzlich sind Reaktionsbedingungen
in vitro definiert worden, in denen ROS infolge der Aktivität des Enzyms γ-GT gebildet werden
(Drozdz et al., 1998).
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Obwohl
man im Stand der Technik eine wichtige Rolle von ROS bei dem pathologischen
Mechanismus der Glomerulosklerose erkannt hat, war es nicht bekannt,
welcher der vielen möglichen
Mechanismen um diese Sauerstoffspezies zu erzeugen verantwortlich
ist.
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Daher
war es das technische Problem der vorliegenden Erfindung Mittel
und Verfahren bereitzustellen, die für die Behandlung und/oder Linderung
von degenerativen chronischen Krankheiten verwendet werden können. Die
Lösung
für dieses
technische Problem wird dadurch erreicht, indem man die in den Ansprüchen charakterisierten
Ausführungsformen
bereitstellt.
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Somit
betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung von γ-GT-Inhibitoren
zur Herstellung eines Arzneimittels zur Behandlung einer chronischen
degenerativen Krankheit, wobei es sich bei der chronischen degenerativen
Krankheit um eine chronische Nierenkrankheit oder um einen chronischen
degenerativen Zustand oder eine Schädigung des Innenohrs handelt.
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In
dieser Erfindung hat man überraschenderweise
festgestellt, dass eine Überexpression
des Enzyms γ-GT
eine Quelle von schädigenden
ROS in der Niere und anderen Zellen darstellt, besonders von Zellen
des Innenohrs. Demnach sollte die Hemmung von γ-GT (systemisch oder lokal)
zu Mitteln und Verfahren zur erfolg reichen und wirksamen Verhinderung
des Fortschreitens der chronischen Zellschädigung führen, die durch erhöhte ROS-Spiegel
in der Niere und im Innenohr bedingt sind.
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Drozdz
(Free Radical Biology and Medicine 25: 786–792 (1998)) hat auf der Grundlage
eines in vitro-Experiments spekuliert, dass γ-GT an der Bildung von ROS beteiligt
sein könnte.
Bei diesen Untersuchungen wurde jedoch die Bildung von ROS in vitro
dadurch ausgelöst,
dass man ein Gluthation/Transferrin-System auf gezüchtete V79-Zellen
angewandt hatte. Diese Autoren zeigten eine ziemlich schnelle Bildung
von ROS durch γ-GT,
wenn Gluthation und Transferrin vorhanden waren. Diese in vitro-Bildung
von ROS erreichte eine Maximalgeschwindigkeit in den ersten sechs
Minuten. Anhand dieser veröffentlichten
Daten konnten jedoch keine Schlussfolgerungen auf länger anhaltende
und/oder konstante Schädigung
in einer in vivo-Situation gezogen werden.
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Darüber hinaus
befasste man sich in dieser Veröffentlichung
nicht mit der Frage, ob dieser Mechanismus irgendeine Relevanz auf
der Ebene des Organismus in vivo hatte. Es gab keine Schlussfolgerungen
hinsichtlich einer Rolle dieses Mechanismus bei der dauerhaften
Schädigung
durch ROS, die zu chronischen Gewebeläsionen führt.
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Dennoch
konnte es in dieser Erfindung überraschenderweise
gezeigt werden (siehe beigefügte
Beispiele), dass man in vivo einen Überschuss an γ-GT-Aktivität und erhöhte extrazelluläre ROS finden
kann. Außerdem
konnte man in dieser Erfindung und im Gegensatz zu Drozdz et al.,
(a. a. O., 1998), zeigen, dass in einem Modell für chronische Krankheit die
erhöhten
extrazellulären
ROS, die als kausal für
die Krankheit identifiziert wurden, von einem Überschuss an γ-GT-Aktivität begleitet
waren. Darüber
hinaus stellte man fest, dass das in der Membran lokalisierte γ-GT-Enzym,
für das
allgemein als eine vor Sauerstoff schützende Aktivität beschrieben
wird (durch Erhöhen
der intrazellulären
Spiegel von Cys-Gly und dadurch Ermöglichen einer intrazellulären Anreicherung
von Gluthation), in Wirklichkeit extrazelluläre Konzentrationen von Cys-Gly
erzeugt, die an der Bildung von ROS beteiligt sind, und dass ein Überschuss
an γ-GT-Aktivität erhöhte extrazelluläre ROS in
in vivo-Situationen
zur Folge hat. Man kann daher schlussfolgern, dass das in der Membran lokalisierte γ-GT durch
ROS vermittelte chronische Schäden
verursacht.
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Aus
diesem Grund sieht die vorliegende Erfindung die vorstehend erwähnte Verwendung
von γ-GT
Inhibitoren bei degenerativen chronischen Erkrankungen vor γ-GT-Inhibitoren
und deren medizinische Verwendung sind auf dem Fachgebiet bekannt.
Unter anderem beschreibt
US 4,758,551 die
Verwendung solcher Inhibitoren von γ-GT beim Schutz von Nieren vor
Vergiftungen mit Metallen oder Toxinen. Es wurde jedoch in
US 4,758,551 spekuliert,
dass die γ-GT-Aktivität die Aufnahme
und den Metabolismus dieser toxischen Substanzen ermöglicht.
Eine Verbindung zu degenerativen chronischen Erkrankungen wurde
weder gezeigt noch wurde darüber
spekuliert.
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Townsend
(2000) Proceedings of the American Association for Cancer Research
41, Seite 266 lehrt, dass eine Vorbehandlung mit γ-GT-Inhibitoren
oder mit einem Inhibitor der β-Lyase
Mäuse vor
durch Cisplatin induzierter Nephrotoxizität schützt. Auch Hanigan (1996) Am.
J. Obstet. and Gynecol. 275: 270–275 und Hanigan (1998) Am.
J. Obstet. and Gynecol. 179: 363–367 beziehen sich auf die
Vorbehandlung von Mäusen
mit γ-GT-Inhibitoren,
um akute Nephrotoxizität
zu verhindern (Hanigan (1996)), oder auf die Korrelation zwischen hohen
Spiegeln von γ-GT
im Tumor und akuter Ototoxizität
in mit Cisplatin behandelten Patienten (Hanigan (1998)). Evans (1999)
Anal. of New York Academy of Sciences 884, Seiten 19–40 beschreibt
die schädigende Wirkung
der Verabreichung des Antibiotikums Aminoglycosid und von Cisplatin
und lehrt, dass diese Substanzen zu einer Ototoxizität führen. Lopez-Gonzalez (2000) J.
Pineal Research 28: 73–80
verabreichten α-Tocopherol
Acid Succinate, Acsorbinsäure,
Gluthation und N-Acetylcystein an Ratten, die an einer akuten, mit
der Verabreichung von Cisplatin in Zusammenhang stehenden Ototoxizität litten.
Isao (1996) Database Biosys (online) lehrt, dass eine Aminoglycosid-Ototoxizität durch
die Verabreichung von Gluthation gelindert werden kann. Das Gluthation
wurde vor der Verabreichung von Amikacin verabreicht. Diese Vorbehandlung
verringerte die Schäden
an äußeren Haarzellen.
Kil (1996) Society of Neuroscience, Band 22, S. 1621 (Abstract)
vergleicht die Wirkung von Aminoglycosiden und von Cisplatin bei
der Ototoxizität
und Nephrotoxizität.
Es wird gelehrt, dass die Spiegel von γ-GT durch Acivicin gehemmt werden
können
und dass diese Hemmung die Zerstörung
von proximalen Tubuluszellen der Niere verhindert, die durch die
Vergiftung mit Cisplatin induziert wird.
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Degenerative
Erkrankungen gemäß der Erfindung
sind chronische Nierenkrankheiten oder degenerative Erkrankungen
oder Schädigungen
des Innenohrs, wobei diese Krankheiten chronische Funktionsstörungen darstellen
und/oder durch ROS induziert sind.
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Besonders
bevorzugte Beispiele chronischer Nierenkrankheiten sind fokale und/oder
segmentale Glomerulosklerose, Minimal-Change-Nephrose, entzündliche
und/oder Autoimmun-Glomerulopathien. Dennoch ist es auch vorgesehen,
dass es sich bei der chronischen Nierenkrankheit um diabetische
Nephropathie handelt.
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Im
Kontext der Erfindung sind besonders bevorzugte Beispiele von Schädigungen
des Innenohrs durch Alter, physiologischen Zustand und/oder metabolischen
Zustand bedingte sensorineurale Schwerhörigkeit. Ein bevorzugtes Beispiel
für einen
chronischen degenerativen Zustand des Innenohrs gemäß der Erfindung
ist Otosklerose.
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Besonders
bevorzugte γ-GT-Inhibitoren
im Kontext dieser Erfindung und die in der vorstehend beschriebenen
Verwendung eingesetzt werden können,
sind AT 125 (Acivicin) oder dessen Derivate. In einer bevorzugten
Ausführungsform
können
Peptidinhibitoren des CysGlyX-Typs eingesetzt werden, wobei X entweder
für jede
beliebige der natürlich
vorkommenden Aminosäuren
stehen kann oder eine modifizierte Aminosäure gemäß der Erfindung eingesetzt
werden kann. Ferner sind Peptidinhibitoren Inhibitoren vom γ-GluXY-Typ,
wobei X und Y entweder für
jede beliebige der natürlich
vorkommenden Aminosäuren
stehen können oder
eine modifizierte Aminosäure
gemäß der Erfindung
eingesetzt werden kann. Des Weiteren können gemäß dieser Erfindung peptidomimetische
Gluthation-Analoga (Burg, Bioorg Med Chem 10: 195–205 (2002)), Verbindungen
oder Derivate des Typs L-2-Amino-4-borbuttersäure (ABBA) (London und Gabel,
Arch. Biochem. Biophys. 385: 250–258 (2001)) und Anilide wie
z. B. γ-Glutamyl-7-amido-4-methylcoumarin (γ-Glu-AMC)
(Stein, Biochemistry 40: 5804–5811
(2001)) eingesetzt werden.
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Die
erfindungsgemäßen Arzneimittel
können über jeden
geeigneten Verabreichungsweg verabreicht werden, wie z. B. oral,
buccal, sublingual, parenteral, topisch oder mittels Inhalation
und können
nach Verfahren formuliert werden, die auf dem Fachgebiet wohlbekannt
sind. Dementsprechend stellt die vorliegende Erfindung auch ein
Verfahren zur Behandlung, zur Prävention
und/oder Linderung einer degenerativen Erkrankung bereit, insbesondere
von chronischen Nierenkrankheiten oder degenerativen Zuständen des
Innenohrs oder Schädigungen
des Innenohrs, umfassend den Schritt des Verabreichens eines wie
hierin definierten Arzneimittels an einen Patienten, der es benötigt. Bevorzugt
handelt es sich bei dem Patienten um einen menschlichen Patienten.
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Üblicherweise
mischt man eine wirksame Menge der wirksamen Verbindung einem pharmazeutisch verträglichen
Träger
bei, wobei gegebenenfalls weitere Excipienten verwendet werden,
die dem Fachmann bekannt sind, sofern dies zweckdienlich ist.
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Es
wird einem Fachmann ersichtlich sein, dass der Verabreichungsweg
und die tägliche
Dosis von individuellen Parametern wie z. B. dem Schweregrad des
zu behandelnden Zustands/der zu behandelnden Krankheit, gleichzeitig
auftretenden Krankheiten und begleitender Medikation, Alter und
Körpergewicht
des Patienten abhängen.
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Die
Figuren zeigen:
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1:
ESR-Spektren von in Fibroblasten erzeugten DMPO-OH-Addukten.
A,
B: Man ließ Mpv17–/–(LUSVX)-Zellen
für 60
Min. mit DMPO reagieren. B: Reaktion wie in A in Gegenwart von 30
Einheiten/ml SOD. C: Wie in A behandelte, Mpv17 exprimierende (NIX15)
Zellen. D: Referenzspektrum des DMPO-OH-Addukts, das durch Reaktion
von DPMO mit H2O2 unter
UV-Bestrahlung erzeugt wurde. Repräsentative Ergebnisse von drei
unabhängigen
Experimenten.
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2:
mRNA-Spiegel von Fibroblasten in Kultur.
A: Verhältnis der
mRNA-Spiegel in Mpv17–/– gegenüber Mpv17
expri mierenden Zellen. B: Acivicin-abhängiges Verhältnis der mRNA-Spiegel in Mpv17–/–-Zellen. β-Actin-mRNA
wurde als Referenz verwendet. (Säulen stellen
Mittelwerte ± SA
dar, n = 3)
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Die
folgenden Beispiele, die nachstehend beschrieben sind, begründen die
Nützlichkeit
von γ-GT-Inhibitoren
für die
Behandlung von durch ROS induzierten chronischen Nierenkrankheiten
und degenerativen Erkrankungen und Schädigungen des Innenohrs.
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Beispiel 1: Bildung von ROS in Mpv17-Mäusen und
dessen experimentelle Untersuchung
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Der
Mausstamm Mpv17 ist ein genetisch rezessives Nagermodell für Glomerulosklerose
(H. Weiher, T. Noda, D. A. Gray, A. H. Sharpe und R. Jaenisch (1990),
Cell 62, S. 425–434)
und sensorineurale Schwerhörigkeit
(A. M. Meyer zum Gottesberge, A. Reuter und H. Weiher (1996), European
Archive Otorhinolaryngology 253, S. 470–474). Niere und Innenohr zeigen
deutliche Veränderungen
von Bestandteilen der glomerulären
und cochleären
Basalmembran und der Matrixmetalloproteinase 2 (MMP-2) in der Zusammensetzung
der extrazellulären
Matrix (A. Reuter, A. Nest!, R. M. Zwacka, J. Tuckermann, R. Waldherr,
E. M. Wagner, M. Hoyhtya, A. M. Meyer zum Gottesberge, P. Angel
und H. Weiher (1998) Molecular Biology of the Cell 9, S. 1675–1682).
Das Mpv17-Gen, das in mutierten Mäusen durch Insertion inaktiviert
ist, codiert ein 20 kDa großes
peroxisomales hydrophobes Protein mit einer bislang unbekannten
Funktion (R. M. Zwacka, A. Reuter, E. Pfaff, J. Moll, K. Gorgas,
M. Karasawa und H. Weiher (1994), EMBO J. 13, S. 5129–5134).
Eine Rolle der reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) bei der Pathogenese
wurde kürzlich
festgestellt, da Sauerstoffradikalfänger die Entwicklung und das
Fortschreiten der Krankheit mildern (C. J. Binder, H. Weiher, M.
Exner und D. Kerjaschki (1999), American Journal of Pathology 154,
S. 1067–1075).
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In
den nachstehend beschriebenen Experimenten/Beispielen wurden in
Mpv17–/–-Mäusen gebildete ROS mittels
Elektronenspinresonanz (ESR) nachgewiesen. Des Weiteren untersuchte
man die Aktivitäten
und die Expression von Enzymen der antioxidativen Verteidigungslinie
in Mpv17–/–-Nieren
und -Zellen in Kultur. Die Ergebnisse lassen ein Ungleichgewicht
der Aktivität
und/oder der Genexpression einiger schützender Enzyme erkennen. In Übereinstimmung
mit einer pro-oxidativen Wirkung von hochregulierter γ-Glutamyltranspeptidase, über die
kürzlich
bei einer Kurzzeit-Ischämie
von Rattenniere berichtet wurde (Cutrin, Kidney international 57:
526–533
(2000)), wird ein neuer Weg von γ-Glutamyltranspeptidase
(γ-GT) bei
der Entwicklung von oxidativen Schäden vorgeschlagen. Wie in dem
Mpv17-Tiermodell kann die Regulation der γ-Glutamyltranspeptidase bei
der Untersuchung von menschlicher Nieren- und Innenohr-Krankheit
wichtig sein.
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Nieren
aus Mäusen
des genetischen Hintergrunds (CFW × BALG/c) und transgene homozygote Mpv17–/–-Mäuse (H.
Weiher, T. Noda, D. A. Gray, A. H. Sharpe und R. Jaenisch (1990),
Cell 62, S. 425–434) wurden
in einem Alter von 7 bis 9 Monaten erhalten und in flüssigem Stickstoff
eingefroren. LUSVX-Zellen (mit SV40 immortalisierte Fibroblasten
aus den Lungen von Mpv–/–-Mäusen) und
NIX15-Zellen (Mpv+/+-Zellen,
die durch stabile Transfektion eines Expressionskonstrukts für die menschliche
Mpv17-cDNA aus LUSVX-Zellen abgeleitet sind) (A. Reuter, A. Nestl,
R. M. Zwacka, J. Tuckermann, R. Waldherr, E. M. Wagner, M. Hoyhtya, A.
M. Meyer zum Gottesberge, P. Angel und H. Weiher (1998) Molecular
Biology of the Cell 9, S. 1675–1682) ließ man bei
6,5% CO2 in DMEM wachsen, das 10% fötales Kälberserum
(FCS) und 1 μg/ml
Puromycin beinhaltete (NIX15-Kulturen). Die Zellen wurden durch
Trypsinbehandlung geerntet und jeweils 5 × 106 Zellen
wurden in 1,5 ml Phosphatgepufferter Kochsalzlösung (PBS) gewaschen, bevor
man das Pellet in flüssigem
Stickstoff einfror. Wo angegeben wurde 18 Std. vor dem Ernten der
Zellen Mn(III)tetrakis(4-benzoesäure)porphyrin (MnTBAP)
in einer Endkonzentration von 10 μM
(Y. Noda, M. Kohno, A. Mori und L. Packer (1999), Methods in Enzymology
299, S. 28–34)(Calbiochem,
Schwalbach, BRD) oder der γ-GT-Inhibitor
Acivicin (AT-125) in einer Endkonzentration von 50 μM (Sigma,
Deisenhofen, BRD) in DMEM/10% FCS zugegeben. Nieren und Zellen wurden
in gefrorenem Zustand bei –80°C gelagert.
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Elektronenspinresonanz(ESR)-Messungen
wurden wie folgt ausgeführt:
Die Produktion von Radikalen in Lungenfibroblasten aus Mpv17–/–-Tieren
(LUSVX) wurde mittels ESR identifiziert und mit Mpv17 exprimierenden
Fibroblasten (NIX15) verglichen. Für die ESR-Bestimmung von erzeugten
ROS (K. M. Faulkner, S. I. Liochev und I. Fridovich (1994), Journal
Biological Chemistry 269, S. 23471–23476) wurde 5,5-Dimethyl-1-pyrrolin-N-oxid
(DMPO)(Sigma, Deisenhofen, BRD) als Spinfalle verwendet. Zu 1 ml
Zellsuspension (1,5 × 106 Zellen/ml in PBS) gab man DPMO (nach Filtrierung über Aktivkohle
bei –20°C unter Stickstoff
gehalten) in einer Endkonzentration von 6,5 mM hinzu. Nach 1 Std.
bei 37°C
(für die
in der nachstehenden 1C dargestellten Proben in Gegenwart
von 30 E/ml Superoxiddismutase) wurden die Proben in flüssigem Stickstoff gelagert.
ESR wurde auf einem Bruker ESP300-Instrument durchgeführt. Die Einstellungen waren:
Modulationsamplitude: 2 G; Verstärkung:
1,6 × 106; Leistung: 40 mW, Sweep: 100 G/40 s = 2,5
G/s. Ein Referenzspektrum wurde durch Reaktion von DPMO mit H2O2 unter UV-Bestrahlung
abgeleitet.
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Enzym-Assays
und Gluthation-Assays wurden wie folgt durchgeführt:
Zellfraktionen wurden
durch Differentialzentrifugation aus 20% Gewebe- und Zellhomogenaten
(Gew./Vol.) in 10 mM Kaliumphosphatpuffer, pH 7,0 hergestellt, der
0,25 M Saccharose, 150 mM Kaliumchlorid, 1 mM EDTA, 2 mM Dithiothreit
und 50 μM
Phenylmethylsulfonylfluorid enthielt. Enzymaktivitäten wurden
bei 25°C
bestimmt: Katalase in dem Pellet bei 25.000 × g (10 Min.) (H. E. Aebi (1983)
in Methods in Enzymatic Analysis (Hrsg. H. U. Bergmeyer), Verlag
Chemie, Weinheim, S. 273–276);
Gluthationperoxidase (GPx)(R. A, Lawrence und R. F. Burk (1976),
Biochemical Biophysical Research Communications 71, S. 952–958), GSSG-Reduktase (Goldberg,
D. M. S. R. F. (1983) in Methods in Enzymatic Analysis (Hrsg. H.
U. Bergmeyer), Verlag Chemie, Weinheim, S. 258–265), Gluthationtransferase
(GST) mit 1-Chlor-2,4-dinitrobenzol (CDNB) (W. H. Habig, M. J. Pabst
und W. B. Jakoby (1974), Journal Biological Chemistry 249, S. 7130–7139) und
Superoxiddismutase (SOD)(S. Marklund und G. Marklund (1974), European
Journal of Biochemistry 47, S. 469–474) im Überstand bei 105.000 × g (45
Min.); γ-Glutamyltranspeptidase
(γ-GT) (S.
Marklund und G. Marklund (1974), European Journal of Biochemistry
47, S. 469–474)
in dem resuspendierten Pellet bei 105.000 × g, das 1% Triton X-100 enthielt.
Protein wurde mit dem Bradford-Verfahren gemessen, wobei Rinderserumalbumin
als Standard verwendet wurde (M. M. Bradford (1976), Analytical
Biochemistry 72, S. 248–254).
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Gluthation-Äquivalente
(GSH + 2GSSG) wurden nach der Bildung von 5-Thio-2-nitrobenzoat (TNB) spektrophotometrisch
bei 405 nm im Cytosol von Nieren getestet (T. P. Akerboorn und H.
Sies (1981), Methods in Enzymology 77, S. 373–382).
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mRNA-Spiegel
wurden ebenfalls gemessen. Insbesondere wurden mRNA-Spiegel mittels
quantitativer RT-PCR bestimmt. Fünf μg Gesamt-RNA
(F. M. Ausubel (1995), Short Protocols in Molecular Biology: A Compendium
of Methods from Current Protocols in Molecular Biology, Wiley Press,
New York) wurden in jeder cDNA-Synthesereaktion eingesetzt (Superscript
II-Reverse Transkriptase-System, Gibco). Primer wurden aus veröffentlichten
Sequenzen ausgewählt:
Maus-γ-GT
(Z. Z. Shi, G. M. Habib, R. M. Lebovitz und M. W. Lieberman (1995),
Gene 167, S. 233–237),
zelluläre
Gluthationperoxidase der Maus (cGPx) (I. Chambers, J. Frampton,
P. Goldfarb, N. Affara, W. McBain und P. R. Harrison (1986), EMBO
Journal 5, S. 1221–1227),
Plasmagluthationperoxidase der Maus (pGPx) (R. L. Maser, B. S. Magenheimer
und J. P. Calvet (1994), Journal of Biological Chemistry 269, S.
27066–27073),
Nicht-Selen-Gluthationperoxidase
der Maus (nsGPx) (B. Munz, S. Frank, G. Hubner, E. Olsen und S.
Werner (1997), Biochemical Journal 326, S. 579–585), Phospholipid-Hydroperoxid-Gluthationperoxidase
der Maus (PHGPx) (S. Nam, M. Nakamuta, M. Kurohmaru und Y. Hayashi (1997),
Gene 198, S. 245–249),
Gluthationreduktase der Maus (glu red) (M. Tutic, X. A. Lu, R. H.
Schirmer und D. Werner (1990), European Journal of Biochemistry
188, S. 523–528),
Kupfer-Zink-Superoxiddismutase der Maus (CuZnSOD) (G. C. Bewley
(1988), Nucleic Acids Research 16, S. 2728), Mangan-Superoxiddismutase der
Maus (MnSOD) (R. A. Hallewell, G. T. Mullenbach, M. M. Stempien
und G. I. Bell (1986), Nucleic Acids Research 14, S. 9539), extrazelluläre Superoxiddismutase
der Maus (ecSOD) (J. G. Suh, S. Takai, T. Yamanishi, T. Kikuchi,
R. J. Folz, K. Tanaka, Y. S. Oh und K. Wada (1997), Molecules and
Cells 7, S. 204–207)
und Xanthinoxidase der Maus (XO) (M. Terao, G. Cazzaniga, P. Ghezzi,
M. Bianchi, F. Falciani, P. Perani und E. Garattini (1992), Biochemical
Journal 283, S. 863–870).
Die Reaktionen wurden standardisiert, indem man β-Actin der Ratte als Kontrolle
verwendete (U. Nudel, R. Zakut, M. Shani, S. Neumann, Z. Levy und
D. Paffe (1983), Nucleic Acids Research 11, S. 1759–1771).
Für jedes
Primerpaar wurde die Anzahl der Zyklen ermittelt, für die die
Anreicherung der Reaktionsprodukte linear war.
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Man
führte
die Reaktionen für
30 s bei der Anelierungs-Temperatur, 40 s bei 72°C zur Synthese und 30 s bei
95°C zur
Denaturierung durch. Amplifizierte mRNA wurde auf 1,5% Agarosegelen
in Tris-Borat-Puffer aufgetrennt (F. M. Ausubel (1995), Short Protocols
in Molecular Biology: A Compendium of Methods from Current Protocols
in Molecular Biology, Wiley Press, New York), mit Vista Green (Amersham,
Freiburg, BRD) sichtbar gemacht und mit einem FLA2000 (mager (Fuji)
quantifiziert.
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Beispiel 2: Die Expression von Mpv17 vermindert
die Produktion von Superoxid in Fibroblasten aus Mpv17–/–-Mäusen
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In
Gegenwart von Mpv17–/–-Zellen(LUSVX)
gebildete Spin-Addukte zeigten ein Profil, wie in 1A dargestellt,
was somit charakteristisch für
ein Profil von DMPO-OH-Addukten
ist (zu vergleichen mit 1D). Addukte
fand man meistens im Überstand
statt innerhalb der Zellen (nicht gezeigt), was darauf hindeutet,
dass sie entweder in der Zelle gebildet und sezerniert wurden oder
durch ROS erzeugt wurden, die in das Medium freigesetzt wurden.
Wenn die Reaktion in Gegenwart von exogener Superoxiddismutase (SOD)
durchgeführt wurde,
nahm der DMPO-OH-Peak
auf etwa ein Drittel ab (1B), was
darauf hindeutet, dass ein Großteil
der stabilen DMPO-OH-Addukte indirekt über ein OOH-Addukt erzeugt
wurde, das durch die Reaktion mit Superoxid gebildet wurde. Bei
Mpv17 exprimierenden NIX15-Zellen,
die durch Transfektion von Mpv17–/–-Zellen(LUSVX) erzeugt wurden,
war die Konzentration von DMPO-OH im Vergleich zu Mpv17–/–-Zellen(LUSVX) um
etwa 35% vermindert (1C).
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Beispiel 3: Veränderungen im Gluthation-Zyklus
in Nieren von Mpv17–/–-Mäusen
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Da
in Kultur gehaltene LUSVX-Zellen (Mpv17–/–) erhöhte Spiegel von Superoxid produzieren
und es gezeigt worden ist, dass oxidative Schäden ursächlich für die Entwicklung der Krankheit
in Mpv17–/–-Mäusen ist
(C. J. Binder, H. Weiher, M. Exner und D. Kerjaschki (1999), American
Journal Pathology 154, S. 1067–1075),
bestimmte man die für
die Produktion von Superoxid relevanten Enzymaktivitäten in Nieren
von Mpv17–/–-Mäusen, die
im Alter von 7–9
Monaten eine fortgeschrittene Glomerulosklerose zeigten (C. J. Binder,
H. Weiher, M. Exner und D. Kerjaschki (1999), American Journal Pathology
154, S. 1067–1075)
(Tabelle 1). Im Vergleich zu den entsprechenden Mpv17+/+-Nieren
wurde kein signifikanter Unterschied in den Gluthation-Spiegeln
und in den Aktivitäten
von Superoxiddismutase (SOD), Katalase, GSSG-Reduktase und Gluthationtransferase
(GST) in den Nieren beider Mausstamme beobachtet. In Nieren von
Mpv17–/–-Mäusen war
jedoch die Aktivität
von γ-Glutamyltranspeptidase
(γ-GT) etwa
zweifach erhöht,
wohingegen die Aktivität
von Gluthationperoxidase (GPx) im Vergleich zu Mpv17+/+-Tieren um
etwa ein Drittel vermindert war. Die folgende Tabelle stellt diese
Ergebnisse dar: TABELLE 1 Enzymaktivitäten in Nieren von 7–9 Monate
alten Mpv17-/-- und Mpv17+/+-Mäusen
| Mpv17–/– | Mpv17+/+ |
mMol/g Nieren-Feuchtgewicht |
GSH | 2.19 ± 0.28
(93)a) | 2.35 ± 0.35 |
| E/mg Protein |
Superoxiddismutase | 17,1 ± 1.6 (102) | 16.7 ± 0.8 |
Katalase | 381 ± 25 (88) | 431 ± 16 |
| nMol/min
pro mg Protein |
Glutathionperoxidase | 176 ± 12 (68) | 259 ± 16 |
GSSG-Reduktase | 98 ± 10 (85) | 115 ± 10 |
Glutathiontransferase | 50 ± 52 (98) | 520 ± 36 |
γ-Glutamyltranspeptidase | 2,330 ± 295 (197) | 1,180 ± 70 |
- Daten sind als Mittelwerte ± SEM („standard
error of the mean",
Standardfehler des Mittelwerts angegeben (n = 10 Tiere) a)% von Mpv17+/+
-
Beispiel 4: Mpv17-abhängige Aktivitäten von γ-Glutamyltranspeptidase
und Gluthationperoxidase in Fibroblasten
-
Veränderungen
von Enzymaktivitäten,
die in Nieren von Mpv17–/–-Mäusen bestimmt
worden waren, wurden auf ähnliche
Weise beobachtet, wenn man in Kultur gehaltene Mpv17–/–(LUSVX)-Zellen
mit Mpv17 exprimierenden (NIX15) Zellen verglich (Tabelle 2). Am
markantesten waren die Aktivitäten
von γ-GT
in Mpv17–/–-Zellen
um etwas das Sechsfache erhöht,
wohingegen die Aktivitäten
von GPx um ein Drittel vermindert waren. Die Ähnlichkeit in der Veränderung
der Aktivitäten
von γ-GT
und GPx, die in Mpv17+/+- und Mpv17–/–-Nieren und der Fibroblastenkultur
gemessen wurden, legt den Schluss nahe, dass diese Veränderungen
auf der zellulären
Ebene statt auf der Ebene des Organismus auftreten. Die folgende
Tabelle fasst die Ergebnisse zusammen. TABELLE 2 Enzymaktivitäten in LUSVX- und NIX15-Fibroblasten
| LUSVX
Mpv17 – negativ | NIX15
Mpv17 – exprimierend |
E/mg Protein |
Superoxiddismutase
(n = 2) | 10.7
(61)a) | 17,6 |
Katalase | 410 ± 60 (87) | 470 ± 90 |
| nMol/min
pro mg Protein |
Gluthationperoxidase | 53 ± 5 (66) | 80 ± 7 |
γ-Glutamyitranspeptidase | 15 ± 34 (600) | 2.5 ± 0.01 |
- Daten sind als Mittelwerte ± SEM angegeben
(n = 3–4) a)% von NIX15
-
Beispiel 5: Mpv17-abhängige Veränderungen der mRNA-Expression
in Fibroblasten
-
Die
mRNA-Spiegel der γ-GT-
und GPx-Gene wurden mittels quantitativer RT-PCR in Mpv17 exprimierenden
(NIX15) bzw. Mpv17–/–(LUSVX)-Zellen
untersucht (siehe 2A nachstehend). γ-GT-spezifische mRNA
war in Mpv17–/–-Zellen
etwa zweifach erhöht.
Man untersuchte die Expression von zellulärer GPx (cGPx), Plasma- GPx (pGPx), Phospholipid-Hydroperoxid-GPx
(PHGPx) sowie der nicht Selenabhängigen
GPx (nsGPx). In Mpv17–/–-Zellen
war nur die Expression von pGPx um etwa 80% vermindert (2A), was mehr oder weniger mit der Veränderung
in der Aktivität
von GPx (siehe Tabellen 1 und 2 vorstehend) in Einklang steht. pGPx
scheint hauptsächlich
für die
niedrige Gesamtaktivität
von GPx verantwortlich zu sein. Bemerkenswerterweise wurde die Expression
von PHGPx, einem Enzym, das für
den Schutz vor der Peroxidation von Phospholipiden verantwortlich
ist (R. L. Maser, B. S. Magenheimer und J. P. Calvet (1994), Journal
of Biological Chemistry 269, S. 27066–27073), auf der Ebene der
mRNA nicht beeinflusst. Die drei verschiedenen SOD-Gene der Maus
(CuZnSOD, MnSOD, ecSOD) zeigen eine geringere Expression in Mpv17–/–-Zellen,
was mit der geringeren gemessenen SOD-Aktivität (siehe Tabelle 2 vorstehend)
in Einklang steht. Auf der mRNA-Ebene wurde zwischen Mpv17 exprimierenden
und Mpv17 nicht exprimierenden Zellen kein signifikanter Unterschied in
der Xanthindehydrogenase/Xanthinoxidase (XO) nachgewiesen.
-
Beispiel 6: Inhibition der Aktivität der γ-Glutamyltranspeptidase
stellt die Gluthationperoxidase-Aktivität in Mpv17–/–-Zellen wieder her
-
Man
beobachtete eine inverse Regulation der Gluthation verwendenden
Enzymaktivitäten γ-GT und GPx
in Mpv17–/–-Tieren
und -Zellen (siehe Tabellen 1 und 2 vorstehend). Da Mpv17–/–-Zellen
vermehrt Superoxid produzieren, testete man eine vermutete regulatorische
Funktion des Superoxidanions, indem man Mpv17–/–-Zellen (LUSVX) in Gegenwart
des SOD-Mimetikums MnTBAP wachsen ließ (Y. Noda, M. Kohno, A. Mori
und L. Packer (1999), Journal of Biological Chemistry 269, S. 23471–23476).
Weder die γ-GT-
noch die GPx-Aktivität
waren signifikant verändert
(Tabelle 3), was darauf hindeutet, dass Superoxid keine Rolle bei
der Regulation von γ-GT
und GPx in diesem System zu spielen scheint. Umgekehrt, wenn man
Mpv17–/–-Zellen in Gegenwart
von Acivicin, einem wirksamen Inhibitor von γ-GT, wachsen ließ, war die
GPx-Aktivität
um etwa das 1,6-fache erhöht.
Demnach können
die Enzymaktivitäten
auf eine Weise voneinander abhängen,
dass γ-GT
die Aktivität
von GPx herunterreguliert. Dieser inverse Effekt wurde auch auf
der Ebene der stabilen mRNA nachgewiesen, da eine Inhibition von γ-GT zu einer
signifikanten Zunahme der mRNA-Spiegel von pGPx und SOD führte (siehe
2B). TABELLE 3 Aktivität von Gluthationperoxidase
und γ-Glutamyltranspeptidase
in Mpv17–/–-Zellen(LUSVX)
in Gegenwart von MnTBAP oder Acivicin
| LUSVX | LUSVX
+ MnTBAP | LUSVX | LUSVX
+ Acivicin |
nMol/min
pro mg Protein |
Gluthationperoxidase | 25.0 ± 1.0 | 26.1
v 0.6
(104%)a) | 33.3 ± 1.3 | 53.5 ± 2.0 (
162%) |
γ-Glutamyltranspeptidase | 0.99 ± 0.02 | 0.94 ± 0.03
95% | 0.96 ± 0.02 | nicht
nachweisbar |
- Daten sind als Mittelwerte ± SEM angegeben
(n = 3)a)% von Kontrollen
-
Beispiel 7: Regulation der Expression
von γ-GT
und pGPx
-
Die
hierin vorstehend dokumentierten Beispiele veranschaulichen das
Folgende:
-
a) Reaktive Sauerstoffspezies in Mpv17–/–-Zellen
-
Mit
Hilfe des ESR-Verfahrens wies man Superoxid als die von Mpv17–/–-Fibroblasten
freigesetzte ROS-Spezies nach. Die Produktion und die Sezernierung
von Superoxid sind in Mpv17 exprimierenden Zellen im Vergleich zu
nicht exprimierenden Mpv17–/–-Zellen niedriger.
Diese Daten sind in Übereinstimmung
mit der Bedeutung von ROS bei der Erzeugung von glomerulären Schädigungen
(R. J. Johnson, D. Lovett, R. I. Lehrer, W. G. Couser und S. J.
Klebanoff (1994), Kidney International 45, S. 352–359) und
mit einer Untersuchung von Mpv17–/–-Nieren und isolierten Glomeruli,
bei der man erfolgreich Antioxidantien zur therapeutischen Intervention
in Mpv17–/–-Tieren eingesetzt
hat (C. J. Binder, H. Weiher, M. Exner und D. Kerjaschki (1999), American
Journal Pathology 154, S. 1067–1075).
-
b) Aktivität und Expression von oxidativen
Enzymen
-
Man
bestimmte die Aktivität
und Expression von Enzymen, die am Metabolismus von ROS und Gluthation
beteiligt sind, in Nieren und kultivierten Fibroblasten von Mpv17–/–-Mäusen. Eine
Zunahme der γ-GT-Aktivität und eine
Abnahme der GPx-Aktivität
wurden sowohl in Mpv17–/–-Nieren
als auch in -Fibroblasten beobachtet. Außerdem wurde in Mpv17–/–-Fibroblasten
eine Abnahme der SOD-Aktivität
beobachtet. Auf der mRNA-Ebene beobachtete man in Mpv17–/–-Zellen
eine negative Korrelation zwischen der Expression von γ-GT und der
Expression von GPx und der SOD-Gene. Alle drei getesteten verschiedenen
SOD-mRNAs waren signifikant vermindert, aber nur die Expression
der Plasma-GPx war stark verringert, wobei letzteres vermutlich
für die
gemessene Verringerung der GPx-Aktivität verantwortlich ist. Über negative
Korrelationen zwischen der Aktivität und der Expression von γ-GT und von
Enzymen, die am GSH- und ROS-Metabolismus beteiligt sind, ist früher berichtet
worden. Demnach wurden inverse Veränderungen der Aktivitäten von
GPx und γ-GT
unter Bedingungen von oxidativem Stress in Ratten, die Zigarettenrauch
ausgesetzt waren (C. V. Anand, U. Anand und R. Agarwal (1996), Indian
Journal Experimental Biology 34, S. 486–488) und in fötalen Mäusen, die
Alkohol ausgesetzt waren (S. A. Amini, R. H. Dunstan, P. R. Dunkley
und R. N. Murdoch (1996), Free Radical Biology and Medicine 21,
S. 357–365)
bestimmt. Auf ähnliche
Weise ist kürzlich
ein inverses Verhältnis zwischen
der Expression von γ-GT
und CuZnSOD in Rattenlebern nach einer Eisen-Vergiftung bemerkt
worden (N. Taniguchi und Y. Ikeda (1998), Advances in Enzymology
and Related Areas of Molecular Biology 72, S. 239–278). Aber
im Gegensatz zu diesen früher
beschriebenen Modellen wurde in dem Mpv17-Maus-Modell keine chemische Verletzung verabreicht.
-
c) Regulation der Expression von γ-GT und pGPx
-
In
Abwesenheit des Mpv17-Proteins ist das γ-GT-Gen hochreguliert, während der
mRNA-Spiegel von pGPx vermindert ist. Das γ-GT-Gen der Maus ist ein Gen,
das in einfacher Kopie vorliegt und komplizierten Kontrollmechanismen
unterliegt, die mindestens sieben Promotoren einbeziehen (N. Taniguchi
und Y. Ikeda (1998), Advances in Enzymology and Related Areas of
Molecular Biology 72, S. 239–278).
Das Membran-gebundene γ-GT
ist an der Regulation des zellulären
Redoxpotenzials und der intrazellulären GSH-Spiegel beteiligt (T.
C. Nichols, J. M. Guthridge, D. R. Karp, H. Molina, D. R. Fletcher
und V. M. Holers (1998) European Journal of Immunology 28, S. 4123–4129).
Die Aktivität
von γ-GT
kann in verschiedenen Systemen durch Verminderung von Gluthation
(R. J. van Klaveren, P. H. Hoet, J. L. Pype, M. Demedts und B. Nemery
(1997), Free Radical Biology and Medicine 22, S. 525–534) oder
durch Hyperoxie (A. Kugelman, H. A. Choy, R. Liu, M. M. Shi, E.
Gozal und H. J. Forman (1994), American Journal Respiratory Cell
and Molecular Biology 11, S. 586–592) erhöht werden.
-
pGPx
ist eine extrazelluläre
Peroxidase der Selen-enthaltenden GPx-Familie, die GSH ebenso wie Thioredoxin
und Glutaredoxin als Thiol-Substrate benutzt (M. Björnstedt,
J. Xue, W. Huang, B. Akesson und A. Holmgren (1994), Journal of
Biological Chemistry 269, S. 29382–29384). pGPx liegt in größeren Mengen
in Niere als in anderen Geweben vor und wird in den proximalen Tubuli
und in den Glomeruli synthetisiert und sezerniert, in Übereinstimmung
mit seiner Funktion beim Schutz der Niere vor extrazellulärer oxidativer
Schädigung
(R. L. Maser, B. S. Magenheimer und J. P. Calvet (1994), Journal
of Biological Chemistry 269, S. 579–585; D. M. Tham, J. C. Whitin,
K. K. Kim, S. X. Zhu und H. J. Cohen (1998), American Journal Physiology 275:
G1463–1471).
Eine Herunterregulierung von pGPx, wie in Mpv17–/–-Zellen beobachtet, schwächt den Schutz
gegen eine extrazelluläre
oxidative Verletzung.
-
Die γ-GT-Aktivität in Mpv17–/–-Zellen
kontrolliert den Spiegel von pGPx-mRNA, da die Inhibition von γ-GT diese
Herunterregulierung abschwächt
(2B). Diese Kontrolle könnte nicht
im Gleichgewicht befindliche Spiegel von intra- oder extrazellulärem GSH
oder Superoxid aufgrund einer gesteigerten γ-GT-Aktivität beinhalten, die vermutlich
durch die Aktivierung von Superoxid-responsiven Transkriptionsfaktoren
wie z. B. NF-κB
oder AP-1 vermittelt ist (H. L. Pahl und P. A. Baeuerle (1994),
Bioessays 16, S. 497–502).
Allerdings beeinflusst die Entfernung von Superoxid weder die γ-GT-noch die GPx-Aktivität, was gegen
Superoxid als einem Regulator spricht.
-
Es
ist früher
gezeigt worden, dass mehrere Gene, die für die Entwicklung des Krankheitsphänotyps relevant
sind, d. h. MMP-2 und sein Regulator TIMP-2 in Mpv17–/–Mäusen hochreguliert
sind (A. Reuter, A. Nestl, R. M. Zwacka, J. Tuckermann, R. Waldherr,
E. M. Wagner, M. Hoyhtya, A. M. Meyer zum Gottesberge, P. Angel
und H. Weiher (1998) Molecular Biology of the Cell 9, S. 1675–1682).
Da eine Intervention mit Antioxidantien in unserem Modell bei der
Verhinderung des Phänotyps
wirksam ist (C. J. Binder, H. Weiher, M. Exner und D. Kerjaschki
(1999), American Journal of Pathology 154, S. 1067–1075),
sollten diese Veränderungen Folgen
statt Ursachen der Bildung von ROS sein. Im Gegensatz dazu deuten
die hier vorgestellten Daten darauf hin, dass eine Überproduktion
von γ-GT
in diesen Tieren ursächlich
für erhöhte ROS-Spiegel
ist (siehe nachstehend).
-
d) Ursprung der erhöhten ROS-Spiegel in Mpv17–/–-Mäusen
-
Die
am meisten betroffenen Enzyme in Mpv17–/–-Nieren und -Zellen, γ-GT und pGPx, üben ihre
Enzymaktivität
vor allem im extrazellulären
Raum aus. Insbesondere sind die γ-GT-Expression
und -Aktivität
in Abwesenheit der Mpv17-Funktion verstärkt. Zellen, die γ-GT überproduzieren,
sollten durch eine erhöhte
Versorgung mit intrazellulärem
GSH effizient gegen intrazelluläre
oxidative Schädigung
geschützt
sein. Extrazelluläres
GSH wird durch γ-GT
zu Glutamat und Cysteinylglycin metabolisiert, das im Gegensatz
zu GSH direkt in Zellen eindringen kann und diese somit mit einer
Quelle von Cystein versorgen kann (M. W. Lieberman, A. L. Wiseman,
Z. Z. Shi, B. Z. Carter, R. Barrios; C. N. Ou, P. Chevez-Barrios,
Y. Wang, G. M. Habib, J. C. Goldman, S. L. Huang, R. M. Lebovitz
und M. M. Matzuk (1996), Proceedings of the National Academy of
Science of the U. S. A. 76, S. 5606–5610). Das letztere liegt
in der geringsten Konzentration aller Aminosäuren vor und ist ein limitierender
Bestandteil für
die intrazelluläre
de novo-Synthese von GSH. Somit spielt γ-GT, das an der zum Lumen gewandten
Oberfläche
der proximalen Tubuli der Niere lokalisiert ist, eine Schlüsselrolle
bei der Homöostase
von Cystein und Gluthation bei der Aufrechterhaltung der zellulären GSH-Spiegel
(A. Kugelman, H. A. Choy, R. Liu, M. N. Shi, E. Gozal und H. J.
Forman (1994), American Journal Respiratory Cell and Molecular Biology
11, S. 586–592).
-
Gleichzeitig
könnte
eine erhöhte γ-GT-Aktivität zu einer
Verminderung von extrazellulärem
GSH führen
und dadurch die Resistenz gegen extrazelluläre ROS schwächen. Dies ist jedoch in Mäusen unwahrscheinlich,
da die Plasmaspiegel von GSH etwa 100-fach höher sind als in Menschen (O.
W. Griffith und A. Meister (1979), Proceedings of the National Academy
of Science of the U. S. A. 76, S. 5606–5610), was weit über einer
kritischen Substratkonzentration für pGPx-Aktivität von < 0,5 μM liegt (A.
Wendel und P. Cikryt (1980), FEBS Letters 120, S. 209-211). Stattdessen
kann erhöhte γ-GT-Aktivität in dem
Mpv17–/–-System
direkt Superoxid verstärken.
Eine solche direkte Produktion von Superoxid durch die γ-GT-Aktivität wurde
kürzlich
in einem in vitro-System gezeigt, das GSH und Transferrin als eine
Eisenquelle enthielt. Es wurde gezeigt, dass Superoxid durch die
Reaktion des GSH-Abbauprodukts Cysteinylglycin gebildet wurde (R.
Drozdz, C. Parmentier, H. Hachad, P. Leroy, G. Siest und M. Wellman
(1998), Free Radicals Biology and Medicine 25, S. 786–792). Superoxid
kann auf der Stelle eine Reaktion vom Fenton-Typ durchlaufen, um
sich in das hoch noxische Hydroxylradikal umzuwandeln, was eine
Lipid- und Protein-Peroxidierung verursacht (R. Drozdz, C. Parmentier,
H. Hachad, P. Leroy, G. Siest und M. Wellman (1998), Free Radicals
Biology and Medicine 25, S. 786–792).
In vivo sind die Bildung von Hydroxylradikal und Lipidperoxidierung
in Gegenwart von Metallen und unter Bedingungen einer erhöhten γ-GT-Aktivität in Rattenleber
früher
beschrieben worden (K. E. Brown, M. T. Kinter, T. D. Oberley und
D. R. Spitz (1998), Free Radical Biology and Medicine 24, S. 545–555; A.
A. Stark, E. Zeiger, D. A. Pagano (1993), Carcinogenesis 14, S.
183–189;
A. Paolicchi, R. Tongiani, P. Tonarelli, M. Comporti und A. Pompella
(1997), Free Radical Biology and Medicine 22, S. 853–860).
-
Die
vorstehend beschriebenen Experimente zeigen eindeutig, dass γ-GT-Aktivität eine Schlüsselrolle bei
der Bildung von extrazellulären
ROS spielt. Kürzlich
ist berichtet worden, dass eine Hochregulierung von γ-GT ursächlich für eine Oxidationsschädigung während einer
kurzzeitigen Ischämie
von Rattenniere ist und dass dieser Effekt durch Acivicin inhibierbar
war (J. C. Cutrin, B. Zingaro, S. Camandola, A. Boveris, A. Pompella
und G. Poli (2000), Kidney International 57, S. 526–533). Somit
stellt die Verwendung von γ-GT-Inhibitoren
auch in Menschen eine wirksame und nützliche Behandlung von degenerativen
ROS-Erkrankungen und Schädigungen
dar. Mpv17–/–-Mäuse, d.
h. Mäuse
der Glomerulosklerose-Referenzstämme,
werden gemäß dieser
Erfindung für
mehrere Wochen mit einer oralen Verabreichung von 5 bis 50 mg/kg
Activicin (AT-125) behandelt. Die schützende Verwendung von Activicin
wird mit Hilfe von pathologischen Verfahren und/oder molekularen
Methoden analysiert.