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Hämophilie
B ist eine ererbte Störung
der Blutgerinnung, die sich durch eine dauerhafte Neigung zu Hämorrhagie
infolge eines Defekts im Mechanismus der Blutgerinnung kennzeichnet.
Hämophilie
B wird durch einen Mangel an Faktor IX verursacht. Faktor IX ist
ein 55.000 Da großes
Einzelketten-Proenzym, das durch Faktor XIa oder den Gewebefaktor
VIIa-Komplex in eine aktive Protease (Faktor IXa) umgewandelt wird.
Faktor IXa aktiviert dann in Verbindung mit aktiviertem Faktor VIII
Faktor X. Hämophilie
B tritt bei 1 von 30.000 männlichen
Neugeborenen auf. Da die Erkrankung eine X-gekoppelte, rezessive
Vererbung zeigt, sind Frauen sehr selten davon betroffen.
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Eine
Hämophilieblutung
tritt Stunden oder Tage nach der Verletzung auf, kann jedes Organ
einschließen
und, wenn keine Behandlung erfolgt, für Tage oder Wochen andauern.
Dies kann zu großen Ansammlungen
von zum Teil geronnenem Blut führen,
wodurch Druck auf benachbarte, normale Gewebe ausgeübt wird,
und kann Muskelnekrose, Venenstau oder ischämische Schäden an Nerven verursachen.
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Hämophilie
B wird durch Verabreichen von entweder rekombinantem oder aus Plasma
stammendem Faktor IX an den Patienten behandelt.
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Manchmal
liefert eine Behandlung dieser Patienten mit Faktor IX weniger als
zufrieden stellende Ergebnisse und die Blutung dauert an.
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Die
WO-A-0185198 beschreibt
eine pharmazeutische Zusammensetzung, die Faktor VIIA und Faktor
XIII umfasst.
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Lancet,
355 (9215) Seite 1627-1632 beschreibt die Verwendung von aus Plasma
stammenden Faktor IX-Konzentraten zum Behandeln von Hämophilie
B.
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In „Seminars
in Thrombosis and Hemostasis" (1996),
Ausg. 22(5), Seite 427-436 ist das natürliche Vorkommen von Faktor
XIII im Plasma offenbart.
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In „Merck
Manual of Diagnosis and Therapy", 17.
Ausgabe, Seite 888 ist die Verwendung von cryo-präzipitiertem,
anti-hämophilem
Faktor (umfassend Faktor XIII) zum Behandeln von Hämophilie
offenbart.
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Die
WO-A-8901512 offenbart
die Behandlung von Hämophilie
unter Verwenden eines aus einem marinen Schwamm stammenden Enzyms,
das eine ähnliche
Aktivität
wie Faktor XIII besitzt.
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Es
besteht somit der Bedarf, zusätzliche Therapien
zum Behandeln von Hämophilie
B zu entwickeln.
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Die
vorliegende Erfindung erfüllt
diesen Bedarf, indem sie die Verwendung von rekombinantem Faktor
XIII zur Herstellung eines Medikaments zum Behandeln von Hämophilie
B bereitstellt, wobei das Medikament an ein Individuum in Verbindung
mit dem Faktor IX verabreicht wird.
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Hämophilie
B ist sowohl in ihrem klinischen Schweregrad als auch in ihrer molekularen
Pathogenese heterogen. Der klinische Schweregrad steht annähernd mit
dem Niveau der Faktor IX-Aktivität
in Verbindung. Bei schwerer Hämophilie
B wird der Patient weniger als 1 % an normalem Faktor IX in seinem
Plasma (ungefähr
0,1 U/ml Plasma) aufweisen. Wenn bestimmt wurde, dass eine Blutungsstörung vorliegt,
muss der Arzt die Ursache für
die Störung bestimmen.
Zu diagnostischen Zwecken wird das Hämostasesystem in zwei Teile
unterteilt: die Plasmagerinnungsfaktoren und die Blutplättchen.
Mit der Ausnahme des Mangels an Faktor XIII verlängert jeder der bekannten Defekte
bei Gerinnungsproteinen bei Laborscreening-Tests entweder die Prothrombinzeit
(prothrombin time, PT) oder die partielle Thromboplastinzeit (partial
thromboplastin time, PTT) oder beide. Ein PT wird durch Zugabe einer
Rohzubereitung von Gewebefaktor (gewöhnlich eines Extrakts aus dem
Hirn) zu mit Citrat antikoaguliertem Plasma, Rekalzifizierung des
Plasmas und Messung der Gerinnungszeit durchgeführt. Ein PTT-Test wird durch Zugabe
eines Oberflächenaktivators,
wie beispielsweise Kaolin, Silica oder Ellagsäure, und Phospholipid zu mit
Citrat antikoaguliertem Plasma durchgeführt. Nach Inkubation für eine zum Bereitstellen
der optimalen Aktivierung der Kontaktfaktoren ausreichende Zeit
wird das Plasma rekalzifiziert und die Gerinnungszeit gemessen.
Der Name des PTT-Tests geht aus den Phospholipid-Reagenzien hervor,
die ursprünglich
aus einem mit Lipiden angereicherten Extrakt eines vollständigen Thrombolplastins
stammen, daher die Bezeichnung partielles Thromboplastin. Der PTT-Test
hängt von
Faktoren sowohl des intrinsischen als auch des gemeinsamen Wegs
ab. Die PTT kann infolge eines Mangels an einem oder mehreren dieser
Faktoren oder infolge des Vorhandenseins von Inhibitoren, die die
Funktion derselben beeinträchtigen,
verlängert
sein. Obwohl allgemein angegeben wird, dass eine Abnahme des Faktor-Niveaus
auf annähernd
30 % des Normalwerts für
eine Verlängerung
der PTT erforderlich ist, sind in der Praxis die Schwankungen bei
der Empfindlichkeit verschiedener, kommerziell erhältlicher
PTT-Reagenzien für
die verschiedenen Faktoren erheblich. Tatsächlich können die Niveaus zwischen 25
% und 40 % variieren. Siehe Miale JB: Laboratory Medicine-Hematology,
6. Ausg., (CV Mosby, St. Louis, MS, 1982). Wenn die PT und die PTT
nicht normal sind, werden die quantitativen Tests für spezielle
Gerinnungsproteine dann unter Verwenden der PT- und PTT-Tests und
Plasma aus Individuen mit erblich bedingten Defizienzen als Substrat
durchgeführt.
Der korrigierende Effekt der variierenden Konzentration des Patientenplasmas
wird gemessen und als Prozentsatz eines Standards aus einem Pool
normaler Plasmen angegeben. Der Intervallbereich bei den meisten
Gerinnungsfaktoren liegt zwischen 50 und 150 Prozent dieses Mittelwerts
und das minimale Niveau der meisten einzelnen Faktoren, der für eine ausreichende
Hämostase
erforderlich ist, liegt bei 25 Prozent.
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Dosierung bei einer Faktor IX-Ersatztherapie
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Eine
Einheit von Faktor IX wird als die Menge der Faktor IX-Aktivität definiert,
die in 1 ml eines Pools aus normalem, humanem Plasma vorhanden ist
und einer Aktivität
von 100 % entspricht. Die Dosis an Faktor IX, die zum Erreichen
eines gewünschten Niveaus
der Aktivität
erforderlich ist, kann basierend auf der Abschätzung des Plasmavolumens des
Patienten und dem Wissen über
die Kinetik des Faktors IX berechnet werden.
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Das
Plasmavolumen kann als 5 % Körpergewicht
oder 50 ml/kg Körpergewicht
abgeschätzt
werden. Damit beträgt
das Plasmavolumen eines 70 kg schweren Patienten annähernd 3.500
ml. Damit die Aktivität
von Faktor IX 100 % beträgt,
müssen
bei einem solchen Patienten definitionsgemäß 1 U/ml Plasma oder insgesamt
3.500 U Faktor IX im Plasmavolumen vorhanden sein. Wenn eine schwere
Hämophilie
B vorliegt, kann angenommen werden, dass die Aktivität von Faktor
IX zu Beginn null ist. Um eine Aktivität von 100 % zu erreichen, müssen daher
mindestens 3.500 U Faktor IX verabreicht werden. Aufgrund einer
schnellen Umverteilung in den Extravaskulärraum und einer Adsorption
an Endothelzellen der Gefäßwände, sind
nach kurzer Zeit jedoch nur noch ungefähr 50 % des infundierten Faktors
IX im Blutkreislauf vorhanden. Um eine Aktivität von 100 % zu erreichen, sollte
die anfängliche
Dosis daher bei ungefähr
7.000 U Faktor IX liegen. Um dies für einen beliebig großen Patienten
mit beliebig hohem Faktor IX-Niveau zu Beginn und ein beliebiges
gewünschtes Ziel-Niveau
zu verallgemeinern, wird eine Infusion von 1 U/kg Körpergewicht
an Faktor IX das Niveau von Faktor IX um annähernd 1 % anheben. Beispielsweise
würde eine
Dosis von 1.750 U bei einem 50 kg schweren Patienten die Aktivität bei einem
anfänglichen
Faktor IX-Niveau von 15 % auf ein Ziel von 50 % Aktivität anheben.
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Nach
seiner anfänglichen
schnellen Umverteilung, weist der Faktor IX eine Halbwertszeit in
der zweiten Phase von annähernd
18-24 Stunden auf. Da die Schwankungen bei der Messung erheblich sind,
wird diese am besten in jedem einzelnen Patienten bestimmt, um so
eine exakte Dosierung zu ermöglichen.
Anhand dieser Daten würde
das Faktor IX-Niveau
eines Patienten, das auf 100 % Aktivität angehoben wurde, erwartungsgemäß annähernd 24 Stunden
nach der Infusion der anfänglichen
Dosis auf 50 % abfallen. Ein zweiter Bolus, der die halbe Menge
des ersten umfasst, sollte dann das Niveau von 50 % auf 100 % anheben.
Faktor IX wird üblicherweise
in Form von Boli alle 12-24 Stunden verabreicht. Bei dem rekombinanten
Faktor IX, BENEFIX®, Genetics Institute,
Cambridge, MA, sollte die zu verabreichende Anzahl an Internationalen
Einheiten (International Units, IU) von Faktor IX der Prozentanteil der
gewünschten
Zunahme an Faktor IX multipliziert mit 1,2 IU/kg Körpergewicht
sein.
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Faktor
IX wird von einer Reihe von Firmen sowohl in rekombinanten als auch
in aus Plasma stammenden Formulierungen hergestellt. Dazu gehören die
folgenden: BENEFIX® (rekombinates Produkt,
das von Genetics Institute, Cambridge, MA hergesellt wird), MONONINE®-Konzentrat
(Centeon, King of Prussia, PA), ALPHANINE® SD
(Alpha Therapeutic Corp. Los Angeles, CA), BEBULINE VH IMMUNO® (Immuno,
Rochester, MI), KONYNE 80® (Bayer Corporation, Biological,
West Haven, CT), PROPLEX T® (Baxter Healthcare, Glendale,
CA) und PROFILNINE SD® (Alpha Corporation).
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Behandlung von Hämophilie B mit Faktor IX und
Faktor XIII
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
verbessert die oben beschriebene Behandlung von Hämophilie
B durch Verabreichen von Faktor XIII in Verbindung mit Faktor IX.
Um entweder die Hämorrhagie
zu stoppen oder als Prophylaxe zu wirken, kann Faktor XIII zu einem
beliebigen Zeitpunkt allein oder zum gleichen Zeitpunkt wie Faktor
IX verabreicht werden.
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Faktor
XIII, der auch als Fibrin-stabilisierender Faktor bekannt ist, zirkuliert
im Plasma mit einer Konzentration von 10-20 mg/ml. Im Plasma liegt
das Protein als ein aus zwei A-Untereinheiten und zwei B-Untereinheiten
bestehendes Tetramer vor. Jede Untereinheit besitzt ein Molekulargewicht
von 85.000 Da und das gesamte Protein besitzt ein Molekulargewicht
von annähernd
330.000 Da. Faktor XIII katalysiert die Vernetzung zwischen den γ-Glutamyl-
und ε-Lysilgruppen
verschiedener Fibrinstränge.
Die katalytische Aktivität
von Faktor XIII liegt in den A-Untereinheiten. Bei Plasma-Faktor
XIII fungieren die B-Untereinheiten als Träger der A-Untereinheiten. Rekombinanter
Faktor XIII kann gemäß dem im
europäischen Patent Nr. 0 268 772
B1 beschriebenen Verfahren hergestellt werden. Siehe auch
US Patent Nr. 6,084,074 .
Das Faktor XIII-Niveau im Plasma kann auch durch Verabreichen eines
Faktor XIII-Konzentrats, das aus humaner Plazenta stammt, so genanntem
FIBROGAMMIN
® (Aventis
Corp.), oder durch Verabreichung von rekombinantem Faktor XIII erhöht werden.
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Eine
pharmazeutische Zusammensetzung, die Faktor XIII umfasst, kann mit
zur Zubereitung pharmazeutisch nützlicher
Zusammensetzungen bekannten Verfahren formuliert werden, wodurch
die therapeutischen Proteine in einer Mischung mit einem pharmazeutisch
verträglichen
Träger
kombiniert sind. Eine Zusammensetzung ist ein „pharmazeutisch verträglicher
Träger", wenn ihre Verabreichung von
einem Empfängerpatienten
toleriert werden kann. Eine geeignete pharmazeutische Zusammensetzung
von Faktor XIII wird 1 mM EDTA, 10 mM Glycin, 2 % Sucrose in Wasser
enthalten. Eine alternative Formulierung wird eine Zusammensetzung
von Faktor XIII sein, die 20 mM Histidin, 3 % Gew./Volumen Sucrose,
2 mM Glycin und 0,01 % Gew./Vol. Polysorat, pH 8 enthält. Die
Konzentration von Faktor XIII sollte vorzugsweise zwischen 1 und
10 mg/ml, besonders bevorzugt ungefähr 5 mg/ml betragen.
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Andere
geeignete Träger
sind Fachleuten allgemein bekannt. Siehe beispielsweise Gennaro (Hrsg.),
Remington's Pharmaceutical
Sciences, 19. Ausgabe (Mack Publishing Company 1995).
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Verabreichung von Faktor XIII
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Zur
Behandlung von Hämophilie
B kann Faktor XIII intravenös,
intramuskulär
oder subcutan verabreicht werden. Wenn die therapeutischen Proteine mittels
Injektion verabreicht werden, kann die Verabreichung über eine
kontinuierliche Infusion oder in Form eines einzelnen oder mehrerer
Boli erfolgen. Die Faktor XIII-Niveaus in einem Individuum können mit
im Stand der Technik allgemein bekannten Tests, wie beispielsweise
dem BERICHROM® F
XIII-Test (Dade Behring Marburgh GmbH, Marburg, Deutschland) bestimmt
werden. Ein normaler Erwachsener besitzt durchschnittlich ungefähr 45 ml
Plasma pro kg Körpergewicht.
Jeder Liter Blut weist 1.000 Einheiten (units, U) an Faktor XIII
auf. Die verabreichte Menge an Faktor XIII sollte dazu ausreichen,
das Faktor XIII-Niveau des Individuums im Plasma auf 100 % des normalen
Plasmas oder etwas darüber
auf 1-5 % oberhalb des Normalwerts zu bringen. Eine Dosis von 0,45
U/kg würde
das Niveau von Faktor XIII um ungefähr 1 %, verglichen mit den
Normalwerten, anheben. Eine Einheit an Faktor XIII beträgt ungefähr 10 μg des rekombinanten
Faktors XIII, der nur die dimerisierte A-Untereinheit enthält. Um das
Niveau von Faktor XIII um 1 % anzuheben, würden daher ungefähr 4,5 μg der A2-Untereinheit
pro Kilogramm Körpergewicht
des Individuums verabreicht werden. Um das Niveau um 30 % des Normalwerts
zu erhöhen, würden daher
13,5 U/kg verabreicht werden. Bei einem 75 kg schweren Individuum
würde dies
ungefähr 1.012,5
U betragen. Manche Patienten können
eine Verbrauchskoagulopathie haben, die den Verlust von Faktor XIII
beinhaltet. Bei solchen Fällen
können
eine höhere
Dosierung (z.B. 1-2
U/kg-%) oder mehrere Dosisgaben von Faktor XIII (z.B. 1-2 U/kg-%-Tag)
erforderlich sein.