-
Die
Erfindung betrifft einen Draht, Schlauch oder Katheter, der mit
wenigstens einer Schicht aus einem hydrophilen biologisch verträglichen
Material beschichtet ist, das eine pharmakologisch wirksame Verbindung enthält, eine
medizinische Vorrichtung für
die kontrollierte Freisetzung oder Abgabe (am Wirkungsort) pharmazeutisch
wirksamer Verbindungen und ein Verfahren zu ihrer Herstellung.
-
Metalldrähte und
-röhren,
Metallspiralen und Polymerkatheter werden in der klinischen Praxis,
insbesondere bei der nichtinvasiven Diagnostik oder Therapie, im
breiten Umfang verwendet. Wichtige Beispiele lassen sich in der
nicht-invasiven Kardiologie finden. Dabei sind in vielen Fällen die
Drähte,
Spiralen oder Katheter mit einer dünnen Beschichtung, die üblicherweise
aus Polytetrafluorethylen besteht, oder einem gleitfähigen hydrophilen
polymeren Material überzogen.
Erzeugnisse mit einer hydrophilen Beschichtung sind entworfen, um
ausgezeichnete Gleitfähigkeit
und ein hohes Maß an
biologischer Verträglichkeit
in dem Sinne aufzuweisen, dass sie eine geringe Gefahr der Auslösung von
Thrombosen, eine geringe oder keine Neigung zur Aktivierung der
mit ihnen in Berührung
kommenden Blutplättchen
und kein Vermögen
zur Reizung des sie umgebenden Gewebes besitzen.
-
Die
Verwendung von Drähten,
Spiralen und Kathetern im kardiovaskulären System ist übliche Praxis, beispielsweise
bei der Behandlung einer Herzerkrankung mittels PTCA (percutaneous
translmininary coronary angioplasty). Dabei besteht einer der Nachteile,
die mit dem Einsatz von Drähten,
Spiralen und Kathetern, die im Blutgefäßsystem verwendet werden, verbunden
sind, darin, dass es nach wie vor erforderlich ist, dem Patienten
ein die Blutgerinnung hemmendes Mittel zu verabreichen. Dieses Antikoagulanz
(üblicherweise
Heparin) verhindert die Koagulation von Blut als Folge von dessen
Berührung
mit der künstlichen
Oberfläche
des Drahts, der Spirale oder des Katheters. Dabei wird das Antikoagulanz
normalerweise intravenös
verabreicht. Aufgrund der nicht-selektiven Verabreichung der Antikoagulanzien
ist dieses Verfahren mit dem hohen Risiko einer Blutung verbunden.
Es ist äußerst schwierig,
die Blutung von mit Heparin versetztem Blut zu stillen, insbesondere
wenn sie im Körper
auftritt. Somit muss bei der Verabreichung von Antikoagulanzien
bei nicht-invasiven Eingriffen in das kardiovaskuläre System
eine sehr schwierige Balance eingehalten werden, da die Verabreichung
von zu viel Heparin den Patienten einem hohen Blutungsrisiko aussetzt
und die Verabreichung von zu wenig Heparin in einer Blutgerinnung
resultieren kann, die zur Bildung von Embolien und Blutklümpchen führt.
-
Deshalb
liegt der Erfindung als Aufgabe zugrunde, ein Abgabesystem für pharmakologisch
wirksame Verbindungen bereitzustellen, wodurch die kontrollierte
Freisetzung und/oder (ortsspezifische) Abgabe des Wirkstoffs möglich wird.
-
Eine
weitere erfindungsgemäße Aufgabe
besteht darin, eine effiziente Lösung
für das
Problem der adäquaten
Verabreichung eines Antikoagulanz vor, während und nach der Verwendung
von Drähten,
Spiralen oder Kathetern im kardiovaskulären System zu finden.
-
Dabei
ist festgestellt worden, dass das Aufbringen einer Beschichtung
aus einem quellfähigen,
hydrophilen biologisch verträglichen
polymeren Material, das mit pharmakologisch wirksamen Verbindungen
imprägniert
ist, auf einen Draht, Schlauch oder Katheter ein Erzeugnis ergibt,
durch welches ein System für
die Verabreichung dieser Wirkstoffe bereitgestellt wird. Indem der
Wirkstoff in das quellfähige
Polymer eingebaut wird, wird er nach dem Aufquellen des Polymers
freigesetzt.
-
Dementsprechend
betrifft die Erfindung einen Draht, Schlauch oder Katheter, der
mit wenigstens einer Schicht aus einem hydrophilen biologisch verträglichen
Material überzogen
ist, das mindestens eine pharmakologisch wirksame Verbindung enthält.
-
In
einer speziellen Ausführungsform
betrifft die Erfindung solche Drähte,
Schläuche
oder Katheter mit einer biologisch verträglichen Beschichtung, die für eine kontrollierte
Arzneimittelfreisetzung geeignet sind.
-
Die
erfindungsgemäßen Drähte, Spiralen
und Katheter besitzen derart eine hydrophile Polymerschicht oder
-beschichtung, dass die pharmakologisch wirksame Verbindung oder
das Arzneimittel in die polymere Beschichtung imprägniert ist.
-
Diese
Erzeugnisse sind grundsätzlich
für eine
vorübergehende
Verwendung vorgesehen, die typischerweise 5 bis 180 Minuten lang
dauert, wobei jedoch die Verwendung dieser Erzeugnisse für die kontrollierte
Freisetzung oder Abgabe von Arzneimitteln über einen längeren Zeitraum (Tage, Wochen)
hinweg sich auch innerhalb des Erfindungsumfangs befindet. Das erfindungsgemäße beschichtete
und mit einem Arzneimittel imprägnierte
Erzeugnis wird vor seiner Verwendung sterilisiert. Der Draht, die
Spirale oder der Katheter wird gemäß dein üblichen Vorgang in den Körper eingeführt. Dies
bedeutet, dass ein kleiner Einschnitt gemacht, und die Spitze des
Drahts, der Spirale oder des Katheters bis an die gewünschte Stelle
im Körper
geschoben wird. Dabei besteht das einzigartige Merkmal dieser Erfindung
darin, dass die hydrophile Beschichtung des Erzeugnisses sofort
zu quellen beginnt und das Arzneimittel nach Berührung mit einer wässrigen
Umgebung freisetzt.
-
Dabei
kann die wässrige
Umgebung das Gefäßsystem
bzw. die Harnwege sein oder sie wird vorgefunden, wenn der Draht,
die Spirale oder der Katheter (oder ein Teil davon) an eine andere
Stelle im Körper, beispielsweise
in den Bauchraum, ein Gelenk, eine Kapsel oder ein Auge eingeführt wird.
So bedeutet beispielsweise, wenn das Erzeugnis in das Blutgefäßsystem
eingeführt
wird, die Berührung
mit dein Blut in diesem Gefäßsystem
den Kontakt mit der wässrigen
Umgebung. Dementsprechend quillt das hydrophile Polymer und setzt
anschließend
das Arzneimittel frei.
-
Das
Quellen der Beschichtung sowie die Freisetzung des Arzneimittels
in den Blutkreislauf oder in andere Körperteile sind im Wesentlichen
Diffusionsvorgänge.
Ohne dass man sich an eine bestimmte Feststellung gebunden fühlt, wird
angenommen, dass das Quellen des biologisch verträglichen
Materials durch die Absorption von Wasser im Material verursacht
wird. Dies ist auch ein Kriterium für die Auswahl der hydrophilen Komponente
des biologisch verträglichen
Materials.
-
Die
Kinetik des Quellens und der Arzneimittelfreisetzung kann über die
Synthese der Polymerbeschichtung kontrolliert werden, da eine hydrophilere
Beschichtung ein schnelleres Quellen und eine damit einhergehende
schnellere Arzneimittelfreisetzung zeigt. Analog quillt, wenn eine
weniger hydrophile Beschichtung verwendet wird, diese weniger, was
zu einer langsameren Arzneimittelfreisetzung führt. Auch wird die Arzneimittelmenge,
die während
der Verwendung des Drahts, der Spirale oder des Katheters freigesetzt
wird, von der Arzneimittelkonzentration der Polymerbeschichtung
bestimmt. Dabei kann die freigesetzte Arzneimittelmenge weiterhin
durch Aufbringen einer zusätzlichen
Schicht aus demselben hydrophilen, biologisch verträglichen
quellfähigen
Material, die das Arzneimittel nicht enthält, oder durch Aufbringen eines
biologisch verträglichen,
quellfähigen
Materials bzw. eines sich langsam auflösenden Materials, um die Freisetzungskinetik
des Arzneimittels weiter zu beschleunigen, gesteuert werden.
-
Außer der
Verwendung, welche die kontrollierte Freisetzung von Heparin oder
einem anderen Antikoagulanz von der Oberfläche beschichteter Drähte, Schläuche oder
Katheter betrifft, sind weitere Anwendungen dieser neuen Strategie
zur kontrollierten lokalen Arzneimittelabgabe vorgesehen. Beispiele
für andere
Anwendungen sind: (I) die lokale Verabreichung eines Cytostatikums
vom äußersten
beschichteten Teil (Spitze) einer Spirale, eines Drahts, eines Schlauchs
oder eines Katheters, die/der durch das Gefäßsystem bis zu einem soliden
Tumor geschoben wird, (II) langsame Freisetzung eines oder mehrerer
Cytostatika von der Oberfläche eines
Drahts, einer Spirale oder eines Katheters im Blutkreislauf, (III)
langsame Freisetzung von Antibiotika von der Oberfläche eines
Drahts, einer Spirale oder eines Katheters, die/der in die Harnwege
eingeführt
worden ist, (IV) Herstellung von Kathetern, Drainagen oder anderen
Schläuchen,
die eine langsame Freisetzung eines Antibiotikums derart erfordern,
dass die Infektionsgefahr des Katheters verringert wird, und (V)
langsame Freisetzung eines Antibiotikums (beispielsweise Gentamicin)
von der Oberfläche
von beschichteten Drähten
oder Maschengebilden, um Infektionen, beispielsweise mit einem Biomaterial
verbundene Infektionen, zu bekämpfen.
-
Der
erfindungsgemäße Draht,
Schlauch oder Katheter wird aus einem Metall, einer Metalllegierung, einem
polymeren Material oder einer Kombination davon hergestellt. Beispiele
für geeignete
Metalle und Legierungen sind rostfreier Stahl, Tantal, Platin, Gold
und Legierungen mit Formerinnerungsvermögen wie Nitinol.
-
Dabei
ist die Form des Drahts, Schlauchs oder Katheters im Allgemeinen
nicht kritisch. Liegt jedoch der Draht, Schlauch oder Katheter in
Form einer Wicklung oder Spirale vor, wird dies als vorteilhaft
angesehen, da sie bei kleinem Volumen eine relativ große Oberflä che bietet.
Diese Gestaltung ermöglicht
eine genauere Kontrolle der Abgabe der geeigneten Arzneimittelmenge.
-
Die
Polymerbeschichtung wird auf eine solche Weise auf den Draht, Schlauch
oder Katheter aufgebracht, dass das Material eine anhaftende Matrix
bietet, die für
den Einbau von Arzneimitteln auf dem Draht, Schlauch oder Katheter
geeignet ist. Die Polymerbeschichtung wird auf die Oberfläche des
Erzeugnisses in einer der letzten Stufen von dessen Herstellung,
aber vor der Sterilisierung, aufgebracht. Das polymere Biomaterial
kann als Lösung
in einem flüchtigen
organischen Lösungsmittel über einen
Sprühvorgang,
einen Tauchvorgang oder auf eine andere Weise aufgebracht werden.
Darauf kann eine Behandlung des beschichteten Erzeugnisses bei erhöhter Temperatur
und/oder Vakuum folgen, um die Verdampfung des restlichen Lösungsmittels
zu erleichtern und/oder eine feste Haftung der Polymerbeschichtung
auf der Metalloberfläche
zu erreichen. Das Aufbringen einer Haftschicht, die zwischen der
Metalloberfläche
und dem polymeren Biomaterial angeordnet wird, kann vorteilhaft
sein. Die wie zuvor beschriebenen Copolymere können in einem flüchtigen
organischen Lösungsmittel
gelöst
sein und durch Tauchen oder Sprühen
auf das Erzeugnis aufgebracht werden. Es können auch andere Verfahren
angewendet werden, die zu einer geeigneten Beschichtung auf dem
Metall führen.
Die fertige hydrophile Polymerbeschichtung bietet im trockenen Zustand,
im vollständig
hydratisierten nassen Zustand sowie in einem beliebigen Zwischenzustand
der teilweisen Hydratisierung, welcher während des Vorgangs des Quellens
und Freisetzens des Arzneimittels in situ durchlaufen wird, eine
anhaftende Matrix. Dabei erleichtert das Quellen der Polymerbeschichtung
die Diffusion des Arzneimittels in den Blutkreislauf, wobei sich
das Polymermaterial nicht auflöst.
-
Die
Erfindung betrifft in einem weiteren Merkmal auch das hydrophile
biologisch verträgliche
Material und die Synthese dieses Biomaterials, aus welchem die das
Arzneimittel tragende Beschichtung aufgebaut wird.
-
Die
Beschichtung des Drahts, Schlauchs oder Katheters umfasst im Allgemeinen
eine quellfähige
Zusammensetzung. Ein quellfähiges
Polymer wird durch Herstellung eines Copolymers aus einer hydrophilen und
einer hydrophoben Komponente erhalten. Die hydrophile Komponente
ermöglicht
die Quellung des polymeren Materials, während die hydrophobe Komponente
die Auflösung
des polymeren Materials verhindert. In einer bevorzugten erfindungsgemäßen Ausführungsform
umfasst das hydrophile, biologisch verträgliche polymere Material eine
hydrophile und eine hydrophobe Komponente.
-
In
einer erfindungsgemäßen Ausführungsform
ist das polymere Beschichtungsmaterial ein Copolymer aus einem hydrophoben
reaktiven Monomer und einem hydrophilen reaktiven Monomer. Dabei
kann ein reaktives Monomer, das auf eine solche Weise chemisch reaktiv
ist, an radikalischen Polymerisierungen teilnehmen.
-
Die
gewünschten
Quelleigenschaften und die Freisetzungskinetik des Arzneimittels
werden vom Verhältnis
von hydrophilen zu hydrophoben Einheiten im polymeren Material beeinflusst.
Dabei resultiert der Einbau eines relativ großen Anteils an hydrophilen
Einheiten in einem polymeren Material, das sehr quellfähig ist und
dessen Berührung
mit einer wässrigen
Umgebung zu einer schnelleren Arzneimittelfreisetzung führt, als wenn
ein relativ niedriger Anteil an hydrophilen Einheiten im polymeren
Material eingebaut ist. Somit wird die Arzneimittelfreisetzung und/oder
-abgabe durch das Verhältnis
von hydrophiler zu hydrophober Komponente gesteuert. Dementsprechend
wird in einer bevorzugten erfindungsgemäßen Ausführungsform das Verhältnis von
hydrophiler zu hydrophober Komponente so eingestellt, dass die kontrollierte
Freisetzung und/oder Abgabe der pharmakologisch wirksamen Verbindung
gesteuert wird.
-
Das
Verhältnis
von hydrophiler zu hydrophober Komponente beträgt 0,1 bis 100, vorzugsweise
0,2 bis 75, und besonders bevorzugt 0,3 bis 50. Aber auch ein Verhältnis von
1 zu 10,2 zu 20,3 zu 30 ist möglich.
-
Das
hydrophobe Monomer wird aus hydrophoben Acrylaten und Methacrylaten,
vorzugsweise N-Butylmethacrylat, ausgewählt, kann aber auch aus anderen
hydrophoben (Meth-)Acrylaten wie sie beispielsweise in NL-A-1 001
746 offenbart sind, ausgewählt
werden.
-
Das
hydrophile Monomer ist chemisch auf eine solche Weise reaktiv, dass
es an radikalischen Polymerisationen teilnehmen kann. Eine weitere
Forderung besteht darin, dass das hydrophile Monomer unter Umgebungsbedingungen
wasserlöslich
ist.
-
Das hydrophile
reaktive Monomer ist N-Vinylpyrrolidinon
-
Die
reaktiven Monomere werden einer Polymerisation unterworfen und das
Produkt wird in einem organischen Lösungsmittel wie N-Methylpyrrolidinon
(NMP) gelöst.
-
Das
Molekulargewicht des erfindungsgemäßen biologisch verträglichen
Polymers beträgt
10 000 bis 100 000 und vorzugsweise 100 000 bis 500 000.
-
Anschließend wird
eine Lösung
des pharmakologischen Wirkstoffs unter kontinuierlichem Rühren zugegeben.
Die erhaltene Zusammensetzung wird für das Beschichtungsverfahren
verwendet. Polymerisationsreaktion und Beschichtungsverfahren sind
in NL-A-1 001 746 offenbart.
-
Das
erfindungsgemäße biologisch
verträgliche,
quellfähige
Material kann durch den Zusatz von Vernetzungsmitteln zu dem ursprünglichen
Monomergemisch modifiziert werden, wodurch Quellverhalten und Arzneimittelfreisetzungskinetik
weiter verändert
werden können.
Geeignete Vernetzungsmittel sind beispielsweise (I) Tetraethylenglykoldimethacrylat,
(II) Ethylenglykoldimethacrylat und (III) Ethylenglykoldiacrylat.
-
Die
erhaltenen Drähte
haben eine gleichmäßige, glatte,
dünne Polymerbeschichtung,
die das Arzneimittel in imprägnierter
Form enthält.
Die Drähte
können
aufgewickelt werden, ohne dass dabei in der Beschichtung Risse entstehen.
Die resultierenden Spiralen besitzen eine nicht beeinträchtigte
Gleitfähigkeit
und biologische Verträglichkeit.
Solche Spiralen wurden hinsichtlich einer kontrollierten Arzneimittelfreisetzung
in einer Reihe von in-vitro-Versuchen
getestet. In 1 ist ein
repräsentatives
Beispiel einer Metalldrahtspirale mit einer hydrophilen Beschichtung,
die ein pharmakologisch wirksames Arzneimittel (Heparin) enthält, gezeigt (Rasterelektronenmikroskopaufnahme),
wobei
-
1 eine Rasterelektronenmikroskopaufnahme
einer Metalldrahtspirale mit einer biologisch verträglichen,
hydrophilen Polymerbeschichtung, in welcher ein pharmakologischer
Wirkstoff physikalisch eingebaut ist,
-
2 kumulative Freisetzungskurven
von Rhodamin aus drei unterschiedlichen Spiralen und
-
3 die Freisetzung von Heparin
aus einer Metallspirale mit einer Heparin enthaltenden, hydrophilen Polymerbeschichtung
zeigt.
-
Die
Erfindung wird anschließend
anhand der folgenden Beispiele näher
erläutert.
-
Beispiel 1
-
Es
wurden Versuche zur kontrollierten Freisetzung eines Versuchsarzneimittels
aus drei unterschiedlichen Beschichtungen auf Metalldrähten durchgeführt. Als
Farbstoff wurde Rhodamin ausgewählt.
Rhodamin (C28H31ClN2O3, M = 479,0) ist
ein wasserlöslicher
Farbstoff (CI 45170) mit einem UV-Extinktionsmaximum bei λ = 528 nm,
der eine intensive Fluoreszenz zeigt. Rhodamin ist auch in NMP löslich. Der
Farbstoff wurde zu der Lösung
des Copolymers in NMP mit einem Verhältnis von 1 : 100 (Gew. Rhodamin
: Gew. Copolymer) vor dem Beschichten zugegeben. Die Beschichtungen
wurden entsprechend dem in NL-A-1 001 746 beschriebenen Verfahren
auf die Metalldrähte
aufgebracht. Dabei unterschieden sich die drei Drähte nur
hinsichtlich der Hydrophilie der Beschichtung (siehe Tabelle 1).
Die Drähte
wurden um eine Spindel mit einem Durchmesser von 2,0 min gewickelt.
-
-
Es
wurden relativ kurze Spiralen hergestellt (typische Länge = 20
cm). Ein Gesamtgewicht von 15,0 g (entspricht einer Länge von
78,9 m) wurde in 750 ml destilliertes Wasser getaucht. Die Konzentration
des im Puffer gelösten
Rhodamins wurde als Funktion der Zeit spektralphotometrisch bestimmt.
-
In 2 sind die kumulativen Freisetzungskurven,
gemessen für
die drei verschiedenen Spiralen mit einer Rhodamin enthaltenden
Beschichtung gezeigt. Es ist zu entnehmen, dass die hydrophilste
Beschichtung (95/5) der höchsten
Rhodaminkonzentration in der Lösung
entspricht, was erwartet worden war. Die Freisetzungskinetik war
von der Beschichtung nicht signifikant beeinflusst; die Rhodaminkonzentrationsprofile
zeigen ein Plateau, das etwa zwei Stunden nach dem Eintauchen erreicht
wurde. In allen Fällen
war zu sehen, dass immer noch Rhodamin in der Beschichtung der Spiralen
in dieser Stufe enthalten war. Deshalb wurden die Freisetzungsversuche
einige Wochen lang fortgesetzt, wobei jedoch die Rhodaminkonzentration
im Puffer sowie die Färbung
der Spiralen im Wesentlichen unverändert blieben. Massegleichgewichte
zeigten, dass ein relativ großer
Rhodaminanteil in der Beschichtung eingeschlossen war. Die berechneten
freigesetzten Rhodaminmengen betrugen 5,1 % für die 80/20-Beschichtung, 8,0
% für die
90/10-Beschichtung und 13,3 % für
die 95/5-Beschichtung.
-
Vergleichsbeispiel 2
-
Auf
einen rostfreien Stahldraht mit einem Durchmesser von 178 Mikrometern
und einer Länge
von etwa 1 000 Metern wurden vier Polymerbeschichtungen aufgebracht.
Die ersten zwei Schichten bestanden aus Polyethersulfon als Haftschicht
entsprechend dem Stand der Technik (J.H.L. Hansen, L.H. Koole, "Guidewire for medical
applications", Internationales
Patent Nr. 1 001 746, 27. November 1995). Die dritte und die vierte
Schicht (d.h. die äußeren Schichten)
wurden aus einer Emulsion aufgebracht, die aus N-Methylpyrrolidinon
(200 Milliliter), dem Copolymer 90/10 (siehe oben), Wasser (20 Milliliter)
und Heparin (1,00 Gramm) bestand. Diese Emulsion wurde kontinuierlich
gerührt,
um das Ausfällen
des Heparins aufgrund von Phasentrennung zu verhindern.
-
Die
erhaltenen beschichteten Drähte
wurden um eine Spindel aufgewickelt, und es wurden Führungsdraht-Prototypen
hergestellt. Dabei wurde beobachtet, dass das Aufwickeln nicht zur
Rissbildung oder anderweitigen Beschädigung der Polymerbeschichtung
führte.
Weiterhin zeigten diese Führungsdrähte ein ähnliches
Maß an
Gleitfähigkeit
wie ihre Gegenstücke,
die in der/den äußeren Schicht/en
kein Heparin enthielten.
-
Stücke aus
der Spirale (insgesamt etwa 20 Gramm) wurden in eine wässrige Pufferlösung (phosphatgepufferte
Kochsalzlösung,
pH 7,4) (200 Milliliter), die auf 37 °C gehalten wurde, eingetaucht.
In regelmäßigen Zeitabständen wurden
aus der Pufferlösung
1-Milliliter-Proben
entnommen. Die Heparinkonzentration dieser Proben wurde unter Anwendung
bekannter Verfahren bestimmt. Die Ergebnisse dieser Versuche sind
in 3 gezeigt. Es ist
die langsame Heparinfreisetzung von der Drahtoberfläche zu erkennen.
Dabei dient die hydrophile Polymerbeschichtung als zeitweiliges
Heparindepot. Die gerinnungshemmende Wirkung des Heparins nach der
Freisetzung ist im Ergebnis der Beschichtung und erneuten Auflösung nicht
beeinflusst. In diesem Beispiel wurde das Heparin über einen
Zeitraum von etwa zwei Stunden freigesetzt. Zu Beginn wurde das
Heparin relativ schnell freigesetzt. Die Freisetzung nahm allmählich ab
und kam etwa zwei Stunden nach Eintauchen der Spiralen in die Pufferlösung zum
Stillstand.
-
Im
Allgemeinen kann die Freisetzungskinetik des Arzneimittels über verschiedene
Strategien kontrolliert werden wie: (I) Änderung der Hydrophilie der
Polymerbeschichtung (eine hydrophobere Beschichtung führt zu einem
geringeren Quellen in einer wässrigen
Umgebung und zu einer langsameren Freisetzung des imprägnierten
Arzneimittels), (II) Erhöhung
oder Verringerung der Arzneimittelmenge, die in die Beschichtung eingebaut
wird, und (III) Ausbringen einer zusätzlichen hydrophilen Beschichtung,
die keine pharmakologisch wirksamen Verbindungen wie die Beschichtung
mit kontrollierter Freisetzung enthält. Dabei ist selbstverständlich,
dass jede dieser Strategien ihre Grenzen hat, so kann beispielsweise
die Erhöhung
der Hydrophilie der Beschichtung zu einem Ablösen der Polymerbeschichtung
vom Draht führen.
Diesem kann durch die Verwendung von Polymeren entgegengewirkt werden,
die eine Haftschicht (Primerbeschichtung) zwischen dem Draht und
der hydrophilen Beschichtung bilden, wodurch die Haftung der hydrophilen
Beschichtung verstärkt
wird. Eine Kombination der verschiedenen Strategien beschleunigt
die Freisetzungskinetik der gewünschten
Anwendung, beispielsweise bei einer Verwendung bei einem kardiologischen
Eingriff.
-
Aus
diesen Betrachtungen geht hervor, dass es möglich ist, eine kontrollierte
Freisetzung von Heparin, einem anderen Antikoagulanz oder einer
anderen Substanz mit pharmakologischer Wirkung von der Oberfläche eines
Drahtes, einer Spirale oder eines Schlauchs (Katheter), die/der
mit einem Polymer beschichtet ist, wobei das Grundmaterial ein Metall
oder ein Polymer sein kann, zu realisieren. Dabei markiert der Zeitpunkt der
Einführung
des Drahts, der Spirale oder des Schlauchs in den Blutkreislauf
den Beginn der Arzneimittelfreisetzung, da durch das Quellen der
Beschichtung die in ihr eingeschlossenen Moleküle des Heparins oder eines
oder mehrerer der anderen pharmakologischen Wirkstoffe im Wesentlichen
freigesetzt werden. Durch diese Strategie wird die Verwendung von
Drähten,
Spiralen oder Schläuchen
für einen
vorübergehenden
Einsatz im menschlichen Blutkreislauf, wie es beispielsweise bei
Routineoperationen bei einem kardiologischen Eingriff der Fall ist,
erleichtert. Dabei ist festzustellen, dass die Freisetzung von Heparin über einen
Zeitraum von zwei Stunden (siehe 3)
sehr nahe an dem liegt, was bei einem kardiologischen Eingriff erwünscht ist.
-
Bei
Heparin oder einem anderen Antikoagulanz ist es von Bedeutung, dass
eine solche kontrollierte Freisetzung genau dort stattfindet, wo
das Arzneimittel erforderlich ist, d.h. an der Grenzfläche des
Drahtes, der Spirale oder des Schlauchs (künstliche Oberfläche) mit
dem Blutstrom. Die Werte von 3 zeigen,
dass die lokale Heparinkonzentration in der Nähe der künstlichen Oberfläche ausreichend
hoch ist, um eine Blutgerinnung zu verhindern.
-
Die
wichtigste Schlussfolgerung aus diesen Ergebnissen besteht darin,
dass erfindungsgemäße mit Heparin
beladene Spiralen, Drähte
oder Schläuche
zusammen mit einer gesenkten systemischen Heparinisierung des Patienten
verwendet werden können.
Das hat seinerseits den bedeutenden Vorteil, dass die Gefahr von
Komplikationen durch eine Blutung verringert wird. Dies wird als
ein sehr wichtiger vorteilhafter Effekt der Erfindung angesehen.
-
Beispiel 3
-
Eine
weitere erfindungsgemäße Verwendung
ist die Imprägnierung
der hydrophilen Polymerbeschichtung von Drähten, Spiralen oder Schläuchen mit
einem Antibiotikum. Ein solches Mittel kann verwendet werden, um
mit einem Biomaterial verbundene Infektionen zu bekämpfen oder
die Gefahr ihres Auftretens zu verringern. Wichtige Beispiele umfassen:
(I) Infektionen, die bei Verwendung gelegter Katheter auftreten,
und (II) Infektionen, die nach Implantation einer Hüftprothese
oder einer anderen orthopädischen
Prothese auftreten. Hinsichtlich des letzteren Beispiels ist es übliche Praxis,
die Infektion (beispielsweise der Oberschenkelwunde) durch den Einsatz
von mit Gentamicin beladenen Kunststoffperlen zu bekämpfen, die
durch einen Metalldraht miteinander verbunden sind. Dies ist eine
adäquate
Lösung,
die jedoch den Nachteil hat, dass durch das Entfernen der auf dem
Draht aufgefädelten
Perlen im Oberschenkel eine schwere neue Wunde mit der ernsthaften Gefahr
einer erneuten Infektion verursacht werden kann. Eine Alternative
zur Verwendung von Gentamicin-Perlen ist die eines Maschengebildes
aus einem Metalldraht mit einer mit Gentamicin beladenen hydrophilen
Polymerbeschichtung. Eine solche Konstruktion kann erfindungsgemäß derart
hergestellt werden, dass (I) die Freisetzung des Gentamicins oder
eines anderen Antibiotikums über
einen festgelegten Zeitraum (beispielsweise zwei Wochen) hinweg
stattfindet und (II) die Konstruktion schlüpfrig ist und sich leicht aus
der Wunde entfernen lässt,
ohne eine neue zu verursachen.
-
Beispiel 4
-
Die
Verabreichung von Arzneimitteln auf den Glaskörper oder einen anderen Teil
des Auges ist eine große
technische Herausforderung, insbesondere wenn eine Perforation der
Sklera zu vermeiden ist. Dabei ist die Verabreichung von Arzneimitteln
auf den Glaskörper oder
einen anderen Teil des Auges extrem wichtig (beispielsweise Verabreichung
von Ganciclovir zur Bekämpfung
der Cytomegalie-Retinitis). Erfindungsgemäße kurze Drähte oder Spiralen werden als
vorübergehende
Träger
verwendet, um eine verbesserte Verabreichung von Arzneimitteln auf
das Auge zu erreichen. Dabei wird eine mit dem Arzneimittel beladene
Spirale in die Nähe
der Sklera parallel oder in das Sklera-Gewebe gebracht, aber auf
eine solche Weise, dass die Sklera nicht perforiert wird. Danach
findet die Freisetzung des Arzneimittels aus der hydrophilen Beschichtung
und seine Diffusion in das Auge statt. Nachdem der Draht oder die
Spirale leer ist, kann er/sie entfernt werden. Der/die leere Draht/Spirale
wird durch eine/n neue/n beladene/n Draht/Spirale ersetzt.