DE4229091C2 - Verfahren zu einer inhärent sicheren Beeinflussung der Reaktivität der Neutronen-Kettenreaktion von Kernreaktoren und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens - Google Patents
Verfahren zu einer inhärent sicheren Beeinflussung der Reaktivität der Neutronen-Kettenreaktion von Kernreaktoren und Vorrichtung zur Durchführung des VerfahrensInfo
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Description
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren für
selbsttätig wirkende, stabilisierende Steuerung der
Reaktivität der Neutronen-Kettenreaktion in Kernreakto
ren sowie auf eine Vorrichtung zur Durchführung des
Verfahrens.
Die Reaktivität der Neutronen-Kettenreaktion eines
Kernreaktors ist die relative Vermehrungsrate der Neu
tronenproduktion. Bei stationärem Normalbetrieb ist die
Reaktivität Null. Zur Leistungssteigerung wird die Re
aktivität vorübergehend angehoben, zur Leistungsminde
rung wird sie vorübergehend vermindert.
Die Reaktivität wird durch in den Reaktionsbereich der
Neutronen-Kettenreaktion eingebrachte Neutronenabsorber
beeinflußt. Diese sind in verfahrbaren Absorberstäben
untergebracht. Durch Einfahren bzw. Ausfahren der Ab
sorberstäbe wird die Reaktivität vermindert bzw. ver
größert.
Die Reaktivität wird - neben der Stellung der Absorber
stäbe - von vielen weiteren Parametern des Normalbe
triebs beeinflußt. Prinzipiell besteht die Gefahr einer
unkontrollierten Freisetzung von Überschuß-Reaktivität
mit der Folge des explosionsartigen Ansteigens der
Neutronenproduktion, was sich als Leistungsexkursion
auswirkt. Diese wiederum kann so groß sein, daß das
Reaktorcore zerstört wird und damit die wichtigsten
Barrieren in der Rückhaltung von radioaktiven Stoffen
nicht mehr vorhanden sind.
Aus diesen Gründen ist es von Interesse, eine inhärent
sichere Verminderung der Reaktivität der Neutronen-Ket
tenreaktion aufzubauen und anzuwenden. Solche selbsttä
tigen Eigenschaften von stabilisierender Art sind vor
handen. Beispiele dafür sind der negative Reaktivitäts-
Temperatur-Koeffizient des Brennstoffs und der negative
Reaktivitäts-Blasen-Koeffizient des Kühlmittels Siede
wasser.
Aus GB-PS 756 014 ist beispielsweise ein Nuklearreaktor
bekannt, bei dem durch einen regulierbaren, durch den
Boden des Reaktorkernbehälters aufwärts strömenden Flüssigkeits
strom, der zugleich als Moderator dient, die gesamten Pellets in dem Reaktorkernbehälter angehoben und
in einer nahezu frei beweglichen Lage gehalten werden,
so daß die gewünschte Kettenreaktion ablaufen kann. Bei
Störung des als Kühlmittel und Moderator fungierenden
Flüssigkeitsstromes fallen die Pellets schwerkraftbe
dingt auf den Boden des Reaktorkernbehälters, wo sie dann auf Grund
des geänderten Moderator/Pellet-Verhältnisses einen
unkritischen Zustand annehmen.
Es ist Aufgabe der Erfindung, ein weiteres Verfahren
und eine Vorrichtung zur selbständigen Stabilisierung
eines Kernreaktors zu schaffen.
Die Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren, bei dem
lediglich ein Teil des zur Neutronen-Kettenreaktion
beitragenden Brennstoffs durch mittels Kühlmittelströ
mung erzeugte Kräfte in dem entsprechenden Teil eines
nach unten hin aus dem Reaktionsbereich der Kettenreak
tion herausführenden Hohlraums, der von dem Reaktorkernbehälter räumlich getrennt ist, gehalten wird. Bei einer
Störung des Kühlmittelstroms fällt der in diesem Teil
befindliche Brennstoff aus dem Reaktionsraum heraus und
führt damit regelmäßig zu einer Heißabschaltung des
Reaktors.
Der Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt
darin, daß, anders als beim Stand der Technik, wo bei
einem Störfall das gesamte Brennmaterial in einen
unkritischen Zustand gebracht werden muß, erfindungsge
mäß lediglich ein kleiner Anteil des Brennmaterials,
insbesondere lediglich 1%, aus dem Reaktionsraum ent
fernt wird. Das ist problemlos möglich, da der Reaktions
raum außerhalb des Reaktorkernbehälters liegt.
Die Krafterzeugung durch die Normalbetriebsströmung er
folgt dadurch, daß die Strömung über siebartige
Ein- bzw. Austrittsöffnungen durch den länglichen Hohlraum
entgegengesetzt zur Schwerkraft geleitet wird. Der im
Hohlraum befindliche Brennstoff wird dann von der Strömung
in den oberen Raumbereich geschwemmt und dort gehalten.
Da dieser obere Teil des Hohlraumes im Reaktionsbereich der
Neutronen-Kettenreaktion liegt, trägt der Brennstoff
bei funktionierender Strömung zur Kettenreaktion bei.
Bei Ausfall der Strömung sinkt oder fällt der Brenn
stoff in den unteren Teil des Hohlraumes, der außerhalb des
Reaktionsbereiches liegt. Damit vermindert sich die Re
aktivität, was ggfs. zur Heißabschaltung des Reaktors
führt.
Vorteilhaft sind Hohlraum und der darin befindliche Brenn
stoff so dimensioniert, daß der Einfluß dieses Brenn
stoffs auf die Reaktivität 0,5% bis 1% beträgt. Um
die Reaktivität in der Größenordnung zu verändern, muß
sich etwa 0,5% bis 1% des gesamten Spaltstoffinven
tars im oberen Teil des Hohlraums befinden und bei Ausfall
der Strömung aus diesem herausfallen.
Ein Absinken der Reaktivität auf Werte zwischen -0,5%
bis -1% führt zur Heißabschaltung des Reaktors.
Beim erfindungsgemäßen Verfahren
wird ein Teil des Brennstoffs z. B. in Form umhüllter
Brennstoffteilchen einem mit dem Hauptstrom verbundenen
Nebenstrom zugefügt, der Nebenstrom mit den Brennstoff
teilchen entgegengesetzt zur Schwerkraft in den vorge
sehenen Raum hineingeleitet und aus diesem über die
Brennstoffteilchen heraussiebende Strukturen nach oben
hin herausgeleitet.
Umhüllte Brennstoffteilchen, bekannt z. B. beim Hochtem
peraturreaktor, werden von der Strömung bis zur siebar
tigen Struktur transportiert und tragen dort solange
zur Kettenreaktion bei, solange das Kühlmittel durch
den Raum strömt. Bewirkt ein Defekt den Ausfall der
Strömung, so sinkt automatisch aus genannten Gründen
die Reaktivität.
Zweckmäßig wird der Nebenstrom durch einen brenn
stofflosen Bereich geführt. Bei schnellen Reaktoren ist
folglich der Nebenstrom durch den Brutmantel und bei
thermischen Reaktoren durch den Reflektor zu leiten.
Zweckmäßigerweise wird
im Raum Brennstoff mit höherer Anreicherung
als im übrigen Reaktionsbereich eingesetzt. Hierdurch
wird die Effektivität gesteigert.
Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch eine Vorrichtung ge
löst, bei der ein außerhalb des Reaktorkerns angeordneter länglicher, mit seiner Längsachse paral
lel zur Richtung der Schwerkraft liegender Hohlraum
vorgesehen ist, der sich mit seinem oberen Teil im
Reaktionsbereich der Neutronenkettenreaktion befindet
und der an seinen Enden über siebartige Strukturen mit
dem Hauptkühlstrom so verbunden ist, daß durch ihn ein
Nebenkühlstrom entgegengesetzt zur Schwerkraft fließt
und daß sich zwischen den siebartigen Strukturen eine
Schüttung feinkörniger Brennstoffteilchen befindet.
Diese Vorrichtung eignet sich zur Durchführung des er
findungsgemäßen Verfahrens. Ein Teil der Brennstoff
teilchen befindet sich infolge der Strömung im Reakti
onsbereich und fällt aus diesem heraus, sobald der
Kühlmittelstrom ausfällt. Automatisch sinkt folglich
die Reaktivität des Reaktors.
Zweckmäßig sind der Hohlraum und der darin befindliche Brenn
stoff so dimensioniert, daß bei Ausfall des Kühlstroms
0,5% bis 1% des gesamten Spaltstoffinventars aus dem
Reaktionsbereich herausfällt. Dadurch wird die Heißab
schaltung des Reaktors bewirkt.
Vorteilhaft ist der obere Teil des Hohlraums bei
schnellen Reaktoren im Brutmantel und bei thermischen
Reaktoren im Reflektor angeordnet. Auf diese Weise
befindet sich die Vorrichtung im brennstofflosen
Bereich.
Bei Reaktoren mit ringförmigem Reaktorcore ist der
Hohlraum vorteilhaft durch die Mittelsäule geführt.
Zur Steigerung der Wirksamkeit ist der im Raum befind
liche Brennstoff höher als im übrigen Reaktionsbereich
angereichert.
Eine Ausführungsform der Erfindung wird in den Abbil
dungen schematisch dargestellt und im folgenden erläu
tert.
Es zeigen
Fig. 1: Querschnitt der Vorrichtung mit Strömung
Fig. 2: Querschnitt der Vorrichtung ohne Strömung
In der Fig. 1 ist ein ringförmiger Reaktorcore im
Querschnitt dargestellt. In der Mittelsäule befindet
sich ein länglicher Raum, der Brennstoffteilchen ent
hält. Der Raum ist über siebartige Strukturen derart
mit dem Core verbunden, daß der durch den Core
fließende Kühlmittelstrom den Raum der Länge nach
durchströmt. Die Strömungsrichtung erfolgt gegen die
Schwerkraft.
Die siebartigen Strukturen sind so angeordnet, daß
dadurch die Brennstoffteilchen nach oben hin nicht aus
dem Bereich der Neutronen-Kettenreaktion herausge
schwemmt werden und nach unten hin zwar nicht den Raum,
jedoch den Reaktionsbereich verlassen können. Die
Brennstoffteilchen halten sich aufgrund der Strömung
vorwiegend im Reaktionsbereich auf.
In Fig. 2 ist dieselbe Vorrichtung dargestellt mit dem
Unterschied, daß nun keine Strömung mehr angedeutet
ist. Aus diesem Grund befinden sich sämtliche Brenn
stoffteilchen außerhalb des Reaktionsbereichs auf dem
Boden des Raums, tragen also nicht mehr zur Neutronen-
Kettenreaktion bei. Gegenüber dem in Fig. 1 darge
stellten Fall hat die Reaktivität folglich abgenommen.
Claims (7)
1. Verfahren für selbsttätig wirkende, stabilisierende
Steuerung der Reaktivität der Neutron-Ketten-Reak
tion in Kernreaktoren,
- - wobei durch einen außerhalb des Reaktorkerns an geordneten, länglichen, mit seiner Längsachse parallel zur Richtung der Schwerkraft liegenden Hohlraum, dessen oberer Teil sich im Reaktionsbe reich der Neutronenkettenreaktion befindet und dessen Enden über siebartige Strukturen verfügen,
- - ein Nebenkühlstrom entgegengesetzt zur Schwer kraft fließt, der über die siebartige Strukturen mit dem durch den Reaktorkern fließenden Haupt kühlstrom verbünden ist,
- - und in dem sich zwischen den siebartigen Struktu ren eine Schüttung feinkörniger Brennstoffteil chen befindet, wobei sich die Brennstoffteilchen infolge der Strömung des Nebenkühlstromes vorwie gend im Reaktionsbereich aufhalten und aus diesem herausfallen, sobald der Kühlmittelstrom aus fällt, was eine Absenkung der Reaktoraktivität zur Folge hat.
2. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach
vorhergehendem Anspruch,
dadurch gekennzeichnet,
daß ein länglicher, mit seiner Längsachse parallel
zur Richtung der Schwerkraft liegender Hohlraum
vorgesehen ist, der sich mit seinem oberen Teil im
Reaktionsbereich der Neutronenkettenreaktion befin
det und der an seinen Enden über siebartige Struk
turen mit dem Hauptkühlstrom so verbunden ist, daß
durch ihn ein Nebenkühlstrom entgegengesetzt zur
Schwerkraft fließt und daß sich zwischen den sieb
artigen Strukturen eine Schüttung feinkörniger
Brennstoffteilchen befindet.
3. Vorrichtung nach vorhergehendem Anspruch,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Raum und der darin befindliche Brennstoff
so dimensioniert sind, daß bei Ausfall des
Kühlstroms 0,5% bis 1% des gesamten Spaltstoffin
ventars aus dem Reaktionsbereich herausfällt.
4. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche
2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß der obere Teil des Hohlraums bei schnellen
Reaktoren im Brutmantel angeordnet ist.
5. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche
2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet,
daß der obere Teil des Hohlraums bei thermischen
Reaktoren im Reflektor angeordnet ist.
6. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche
2 bis 5,
dadurch gekennzeichnet,
daß der Hohlraum bei Reaktoren mit ringförmigen
Reaktoren durch die Mittelsäule geführt ist.
7. Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche
2 bis 6 dadurch gekennzeichnet, daß der im Raum be
findliche Brennstoff höher als im übrigen Reakti
onsbereich angereichert ist.
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