DE3932405A1 - Mess- und regelsystem fuer neuroprothesen - Google Patents
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- A61N—ELECTROTHERAPY; MAGNETOTHERAPY; RADIATION THERAPY; ULTRASOUND THERAPY
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- A61N1/18—Applying electric currents by contact electrodes
- A61N1/32—Applying electric currents by contact electrodes alternating or intermittent currents
- A61N1/36—Applying electric currents by contact electrodes alternating or intermittent currents for stimulation
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- A61N1/3605—Implantable neurostimulators for stimulating central or peripheral nerve system
- A61N1/3606—Implantable neurostimulators for stimulating central or peripheral nerve system adapted for a particular treatment
- A61N1/36062—Spinal stimulation
Description
Die Erfindung betrifft ein Meß- und Regelsystem für
Neuroprothesen, die mit funktioneller neuromuskulärer
Stimulation im geschlossenen Regelkreis arbeiten.
Solche Neuroprothesen dienen dazu, verlorengegangene
motorische Funktionen bei Patienten mit Querschnitts
lähmungen und anderen zentralmotorischen Störungen
wenigstens teilweise wiederherzustellen. Insbesondere
sollen es solche Neuroprothesen dem Patienten ermöglichen,
aufzustehen, zu stehen oder zu gehen. Neuroprothesen
beruhen auf dem Prinzip, in Abhängigkeit von Kommandos und
von Sensoren am Körper des Pätienten elektrische Reize zu
erzeugen, durch welche die Nerven und Muskeln des
Patienten koordiniert so gereizt werden, daß durch die
Muskeln gewünschte Bewegungen eingeleitet werden. Man
bezeichnet dies als "funktionelle elektrische Stimulation"
(FES) oder "funktionelle neuromuskuläre Stimulation"
(FNS). Durch die Möglichkeit, Bewegungen auszuführen und
dabei die eigenen Muskeln für die Krafterzeugung zu
benutzen, werden nachteilige Auswirkungen auf Knochen
struktur, Bewegungsumfang der Gelenke, Kreislauf, Blase
und Darm sowie Muskelschwund jedenfalls vermindert.
In "J. Biomechanics" Bd. 19 (1956), 1-11 ist ein Regel
kreis beschrieben, durch welchen einem querschnitts
gelähmten Patienten das Stehen ermöglicht werden soll. Der
mathematischen Analyse des Regelkreises liegt eine verein
fachte Betrachtung des Patienten als "umgekehrtes Pendel"
zugrunde. Meßgröße ist der Winkel am Fußgelenk. Das
Reglerausgangssignal stimuliert einen auf das Fußgelenk
wirksamen Muskel.
In einer Veröffentlichung von Mulder, Verheyen und
Nÿmeÿer in "Advances in External Control of Human
Extremities" IX, Belgrad 1987 ist ein Meß-und Regelsystem
beschrieben, das ebenfalls dem Patienten ein Stehen
ermöglichen soll. Der mathematischen Behandlung des
Regelkreises liegt ein Modell zugrunde mit einem in drei
Abschnitte unterteilten Körper, nämlich in Unterschenkel,
Oberschenkel und (senkrechtem) Oberkörper. Die gemessene
Größe ist der Knickwinkel am Knie.
Eine Veröffentlichung in "IEEE Transactions on Biomedical
Engineering" Bd. BME 32 (1985), 668-676 beschreibt einen
Regelkreis zur stimulierten Erzeugung einer bestimmten
Muskelkraft.
Bei den bekannten Systemen erfassen die Sensoren Gelenk
winkel. Diese Systeme ersetzen nicht die Ansteuerung der
Muskeln in Abhängigkeit von "Signalen" des Gleichgewichts
organs des Patienten. Der Mensch hat ein Gefühl für oben
und unten. Auch dieses Gefühl liefert normalerweise
"Signale", welche Muskeln so ansteuern, daß der Mensch
sich z. B. aufrecht hält. Bei einem Querschnittsgelähmten
ist aber der "Signalpfad" zwischen Gleichgewichtsorgan und
Muskeln unterbrochen.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Meß- und
Regelsystem für Neuroprothesen zu schaffen, bei welchem es
dem Patienten erleichtert wird, beim Stehen oder Gehen das
Gleichgewicht zu halten.
Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe dadurch gelöst, daß es
zur Gleichgewichtsregelung inertiale Sensoren enthält.
Das Meß- und Regelsystem enthält Sensoren wie Kreisel oder
Beschleunigungsmesser, welche eine Orientierung im
inertialen Raum und zur Schwerkraft ermöglichen. Sie
bilden so den Orientierungs- und Gleichgewichtssinn des
Menschen nach. Die so von diesen inertialen Sensoren
gelieferten Signale können nach entsprechender
Verarbeitung zur Stimulation von Muskeln benutzt werden,
derart, daß eine gewünschte Orientierung im Raum und zur
Schwerkraft, beispielsweise eine aufrechte Haltung des
Oberkörpers, beibehalten wird.
Das Meß- und Regelsystem kann eine Sensoreinheit
aufweisen, die als inertiale Sensoren Winkelgeschwindig
keits- und Beschleunigungssensoren enthält, die Winkel
geschwingigkeits- bzw. Beschleunigungssignale liefern,
sowie einen Signalprozessor, auf welchen die Winkel
geschwindigkeitssignale und Beschleunigungssignale
aufgeschaltet sind und durch welchen aus diesen Signalen
eine Lotreferenz und Lagereferenzsignale erzeugbar sind
und nach vorgegebenen Regelalgorithmen Reglerausgangssig
nale berechenbar sind, welche die an einem Gelenk
aufzubringenden Drehmomente wiedergeben, eine
Stimulationselektronik, durch welche Reizmuster erzeugbar
und Elektroden zur Übertragung von Stimulationsströmen auf
Muskeln ansteuerbar sind, eine Schnittstelle zwischen dem
Signalprozessor und der Stimulationselektronik und ein
Bediengerät zur Vorgabe gewünschter Haltungs- und
Bewegungsmuster an den Signalprozessor.
Auf den Signalprozessor können zusätzlich Gelenkwinkel
signale von Goniometern aufschaltbar sein. Weiterhin
können auf den Signalprozessor zusätzlich Neigungs
winkelsignale von Neigungswinkelmessern aufschaltbar
sein.
Die Sensoreinheit kann Drehgeschwindigkeits- und Lage
winkelsignale liefern. Weiterhin können Mittel zur
Erzeugung eines die Winkelbeschleunigung darstellenden
Winkelbeschleunigungs-Signals vorgesehen sei. Das
Regelsystem kann so aufgebaut sein, daß es das Lage
winkelsignal mit einem ersten Faktor multipliziert, dem
Produkt das Winkelgeschwindigkeitssignal überlagert, die
so erhaltene Summe mit einem zweiten Faktor multipliziert,
der daraus erhaltenen Summe wiederum das Winkel
beschleunigungs-Signal überlagert. Die so erhaltene
Summe kann dann mit einer Übertragungsfunktion
zur Bildung eines Reglerausgangssignals aufgeschaltet
sein.
Aus dem Reglerausgangssignal und Signalen der Trägheits
sensoren können Schätzwerte von Störmomenten berechenbar
sein. Es kann dann der Sollwert eines die gewünschte
Haltung bestimmenden Lagewinkels nach Maßgabe des
Schätzwertes des Störmomentes veränderbar sein. Zur
Bildung des Schätzwertes des Störmomentes kann dabei das
Reglerausgangssignal mit einer die Dynamik des Muskels
annähernden Übertragungsfunktion mit negativem Vorzeichen
auf einen Summierpunkt aufschaltbar sein, das den Lage
winkel gegenüber der Vertikalen wiedergebende Lagewinkel
signal mit einem den Einfluß der Schwerkraft wieder
gebenden Faktor ebenfalls mit negativem Vorzeichen auf den
Summierpunkt aufschaltbar sein und schließlich das Winkel
beschleunigungs-Signal mit einem einen Schätzwert des
Trägheitsmoments des Patienten darstellenden Faktor mit
positivem Vorzeichen auf den Summierpunkt aufschaltbar
sein. Es kann dann das Störmoment dividiert durch den
besagten, den Einfluß der Schwerkraft wiedergebenden
Faktor auf den Sollwert des Lagewinkels am Eingang des
Reglers aufschaltbar sein.
Der Lagewinkel gegenüber der Vertikalen kann durch einen
Kreisel geliefert werden, der durch einen Beschleunigungs
messer gestützt ist. Zu diesem Zweck können durch eine
Kreiselanordnung Lagewinkel in Form einer Richtungs
kosinusmatrix geliefert werden. Beschleunigungswerte von
den Beschleunigungssensoren können dann durch die
Richtungskosinusmatrix in transformierte Beschleunigungs
werte transformiert werden, die auf ein lotfestes Bezugs
system bezogen sind. In dem lotfesten Bezugssystem erfolgt
dann eine Filterung und Schätzung des Lotfehlers, der in
Form einer Fehlermatrix ausgegeben wird. Die Richtungs
kosinusmatrix wird durch die Fehlermatrix korrigiert.
Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung wird nachstehend
unter Bezugnahme auf die zugehörigen Zeichnungen näher
erläutert.
Fig. 1 ist eine schematische Darstellung und veranschau
licht das Prinzip der Neuroprothesen.
Fig. 2 ist ein Blockschaltbild eines Meß- und Regel
systems für eine Neuroprothese mit geschlossenem
Regelkreis und inertialen Sensoren.
Fig. 3 zeigt das Prinzip der Lotstützung über
Beschleunigungsmesser bei einem Meß- und
Regelsystem für Neuroprothesen.
Fig. 4 ist ein Blockschaltbild des Lageregelkreises.
In Fig. 1 ist dargestellt, wie ein "Signal" normalerweise
vom Gehirn 10 über ein oberes motorisches Neuron 12, das
Rückenmark 14 zu einem peripheren Nerv 16 geleitet wird,
der ein unteres motorisches Neuron 18 enthält. Das untere
motorische Neuron 18 ist zu einem Muskel 20 geführt. In
Fig. 1 ist das obere motorisch Neuron 12 an einer Stelle 22
geschädigt. Die "Signale" vom Gehirn können daher nicht zu
dem Muskel 20 weitergeführt werden. Das Prinzip der
Neuroprothesen besteht nun darin, den Muskel durch
Elektrostimulation im peripheren Nervensystem mittels
geeigneter Elektroden 24 anzusteuern und zu Bewegungen zu
veranlassen.
Fig. 2 zeigt ein hierfür geeignetes Meß- und Regelsystem.
In Fig. 2 ist mit 26 eine Sensoreinheit bezeichnet. Diese
Sensoreinheit wird fest am Körper des Patienten
angebracht. Diese Sensoreinheit 26 enthält Kreisel und
Beschleunigungsmesser sowie die zugehörige Signalaufbe
reitung. Die Sensoreinheit 26 wird durch die Bewegung des
Patienten, die hier durch einen Block 28 "Biomechanik"
dargestellt ist, linearen Beschleunigungen und Winkel
geschwindigkeiten unterworfen. Die Beschleunigungen sind
in Fig. 1 durch einen Vektor ª dargestellt. Die Winkel
geschwindigkeiten sind zu einem Vektor ω zusammengefaßt.
Die Sensoreinheit 26 liefert Winkelgeschwindigkeits-
Signale l, Beschleunigungs-Signale ª und Winkelinkrement-
Signale ΔΦ an einen Signalprozessor 30. Der Signal
prozessor 30 erhält weiterhin Gelenkwinkel von
Goniometern 32. Der Signalprozessor 30 erhält weiterhin
Neigungswinkel von Neigungswinkelmessern 34. Ein
Bediengerät 36 gibt auf den Signalprozessor 30 Befehle
wie "Lagehaltung", "Lageänderung" oder "Schrittsteuerung".
Das Bediengerät 30 erzeugt eine Lotreferenz und Lage
referenzsignale. Nach geeigneter Signalaufbereitung werden
nach bestimmten Regelalgorithmen Reglerausgangssignale
erzeugt, welche jeweils bestimmten Gelenkmomenten
entsprechen, also Drehmomenten, welche an den
verschiedenen anzusteuernden Gelenken (oder ggf. nur einem
Gelenk) aufgebracht werden sollen. Über eine Schnittstelle
38 beaufschlagen diese Reglerausgangssignale eine
Stimulationselektronik 40. Die Stimulationselektronik
erzeugt geeignete Reizmuster und steuert Elektroden 24 an
den verschiedenen Muskeln 20 an (Fig. 1). Das ist in Fig. 2
durch den Block 42 "Muskeldynamik" dargestellt.
Die Muskeln 20 erzeugen Kräfte K M und Drehmomente T M,
wobei sich die Kräfte von den verschiedenen Muskeln
überlagern. Das ist in Fig. 2 durch das Summenzeichen
dargestellt. Diese Kräfte wirken auf die "Biomechanik"
gemäß Block 28.
Fig. 3 zeigt das Prinzip der Lagestützung über die
Beschleunigungsmesser.
Mit 44 sind in Fig. 3 die Kreisel mit der zugehörigen
Auswerteelektronik bezeichnet. Die Kreisel sind mit der
gesamten Sensoranordnung von inertialen Sensoren fest am
Körper des Patienten angebracht. Auf die Kreisel wirken
die Drehraten, die hier durch einen Pfeil 46 angedeutet
sind. Die Kreisel liefern Winkelinkremente, wie durch
Pfeil 48 angedeutet ist. Mit einer durch einen Pfeil 50
dargestellten Initialisierung, also der Vorgabe eines
Anfangszustandes, werden daraus durch Block 52 Lageinfor
mationen in Form einer Richtungskosinus- oder Transfor
mationsmatrix Cl erzeugt. Diese Richtungskosinusmatrix
transformiert einen Vektor aus einem körperfesten System
in ein lotfestes System.
Die Richtungskosinusmatrix Cl und die daraus gewonnene
Lageinformation wird gestützt durch Beschleunigungssignale
von Beschleunigungsmessern. Mit 54 sind in Fig. 3 die
Beschleunigungsmesser der Sensoreinheit 26 und die
zugehörge Auswerteelektronik bezeichnet. Auf die
Beschleunigungsmesser 54 wirkt einmal die Erdbeschleu
nigung, die durch Pfeil 56 dargestellt ist, und zum
anderen Newtonsche Beschleunigungen der Sensoreinheit 26
und damit des Körpers des Patienten. Diese Newtonschen
Beschleunigungen sind durch Pfeil 58 dargestellt. Die
Überlagerung ist durch einen Summierpunkt 60 symbolisiert.
Auf die Beschleunigungsmesser 54 wirkt eine resultierende
Beschleunigung, die durch einen Pfeil 62 dargestellt ist.
Die resultierende Beschleunigung 62 ist wieder auf das
körperfeste System bezogen. Transformationsmittel trans
formieren die den körperfest gemessenen Beschleunigungen
entsprechenden Beschleunigungssignale, die durch einen
Pfeil 66 dargestellt sind, mit einem Schätzwert der
Richtungskosinusmatrix ¹ in transformierte Beschleuni
gungswerte. Diese Beschleunigungswerte sind auf ein erd-
und lotfestes System bezogen. Die transformierten
Beschleunigungswerte sind durch einen Pfeil 68
dargestellt.
Die transformierten Beschleunigungswerte beaufschlagen
ein Filter 70 zur Filterung und Schätzung des Lotfehlers.
Wenn keine Newtonsche Beschleunigung auftritt oder eine
solche Beschleunigung im Mittel null sein muß, dann müssen
die mit dem Schätzwert der Richtungskosinusmatrix ¹
berechneten Horizontalkomponenten der transformierten
Beschleunigungen, d. h. insbesondere der Erdbeschleunigung
null sein. Wenn das nicht der Fall ist, ist die
Richtungskosinusmatrix mit einem Fehler behaftet.
Dieser Lotfehler wird durch eine Fehlermatrix ΔC¹. Die
Matrix des Lotfehlers ist in Fig. 3 durch Pfeil 72
dargestellt. Mit dem Lotfehler wird die aus den
Winkelinkrementen der Kreisel 44 gebildete Richtungskosi
nusmatrix Cl korrigiert. Die korrigierte Richtungskosi
nusmatrix beaufschlagt wiederum gemäß Pfeil 74 die
Transformationsmittel 64.
Im Endzustand ist der Lotfehler null. Der Schätzwert der
Richtungskosinusmatrix ¹ liefert die Transformation in
ein lotfestes System.
Fig. 4 ist ein Blockschaltbild eines Lageregelkreises,
wobei von einem stark vereinfachten System ausgegangen
wird. Der Patient wird hier als "umgekehrtes Pendel"
dargestellt. Die Lage wird durch einen Lagewinkel
repräsentiert, welcher der Winkel am Fußgelenk ist. Das
biomechanische Modell des Patienten ist dadurch sehr
vereinfacht: Wirksame Drehmomente dividiert durch das
Trägheitsmoment I, dargestellt durch Block 76, liefern die
Winkelbeschleunigung . Integration der Winkel
beschleunigung , dargestellt durch Block 78 mit der
Übertragungsfunktion 1/s, liefert die Winkelgeschwindig
keit . Integration der Winkelgeschwindigkeit ,
dargestellt durch Block 80 mit der Übertragungsfunktion
1/s, liefert den Neigungswinkel ϕ gegen die Vertikale. Der
Neigungswinkel bewirkt ein Drehmoment m*g*l. Dabei ist s
die Variable der Laplace-Transformation, m die Masse des
Patienten, g die Erdbeschleunigung und l die Höhe des
Schwerpunktes. Auf das "umgekehrte Pendel" wirkt einmal
ein Störmoment Mz und zum anderen ein Drehmoment, das von
dem Muskel durch die Stimulation ausgeübt wird. Das ist
ein stark vereinfachtes Modell der physikalischen
Gegebenheiten oder das biomechanische Modell. Es ist ohne
weiteres erkennbar, daß dieses Modell ohne ein Drehmoment
von dem Muskel instabil wäre. Jedes Störmoment und jede
Winkelabweichung von der Vertikalen würde zu einer weiteren
Vergrößerung der Winkelabweichung führen. Das "umgekehrte
Pendel" würde umfallen.
Es sind nun inertiale Sensoren in Form von Kreiseln
vorgesehen, welche die Winkelgeschwindigkeit liefern. In
der in Fig. 3 dargestellten Weise wird auch die durch
Beschleunigungssignale gestützte Richtungskosinusmatrix
ermittelt, die sich bei dem vereinfachten Modell auf den
Winkel ϕ reduziert. Schließlich wird durch Differentiation
auch die Winkelbeschleunigung gemessen. Diese Meßgrößen
werden auf den Regler 82 aufgeschaltet.
In dem Regler 82, der Teil des Signalprozessors 30 von
Fig. 2 ist, ist auf einen Summierpunkt 84 das Winkelsignal
geschaltet. Das Winkelsignal ϕ wird multipliziert mit
einem Faktor Kp. Das ist durch Block 86 dargestellt. In
einem Summierpunkt 88 wird dem so erhaltenen Produkt das
Winkelgeschwindigkeits-Signal mit negativem Vorzeichen
überlagert. Die so erhaltene Differenz wird mit einem
Faktor Kv multipliziert. Das ist durch einen Block 90
dargestellt. In einem Summierpunkt 92 wird dem als Ausgang
des Blocks 90 erhaltenen Produkt das Winkelbeschleu
nigungs-Signal mit negativem Vorzeichen überlagert. Die
so erhaltene Differenz ist mit einer Übertragungsfunktion
die durch Block 94 dargestellt ist, auf einen
Reglerausgang 96 geschaltet. Am Reglerausgang erscheint
ein Reglerausgangssignal u. Dieses Reglerausgangssignal u
steuert über die Schnittstelle 38 die Stimulations
elektronik 40 an (Fig. 2). Dadurch wird der Muskel zur
Erzeugung eines Drehmoments MM angeregt. Dieses Drehmoment
wirkt zusammen mit dem Störmoment Mz und dem durch die
Schwerkraft hervorgerufenen Drehmoment Mu auf das
Fußgelenk. In dem biomechanischen Modell ist das durch
einen Summierpunkt 98 dargestellt. Das Verhalten des
Muskels ist durch eine Übertragungsfunktion von der Form
zu beschreiben. Diese Übertragungsfunktion des Muskels ist
in Fig. 4 durch Block 100 dargestellt.
Durch bestimmte Bewegungen des Patienten können vorherseh
bare Störmomente auftreten. Wenn beispielsweise der
Patient seinen Arm nach vorn streckt, dann ist vorherseh
bar, daß ein Drehmoment auftreten wird, welches das
"umgekehrte Pendel" nach vorn zu neigen trachtet. Es ist
dann nicht zweckmäßig, zunächst zu warten, bis tatsächlich
eine solche Neigung eintritt und dann aufgrund der Sensor
signale das durch die Muskelkraft hervorgerufene Dreh
moment zu erhöhen. Einmal bringt eine solche Reaktion über
das Auftreten einer Regelabweichung eine Verzögerung, die
leicht zu einer Instabilität der Regelung führt. Zum
anderen führt eine Erhöhung der Muskelkraft bei ansonsten
unveränderter Geometrie zu einer unnötigen Beanspruchung
des Muskels und zu einer frühzeitigen Ermüdung. Der
gesunde Mensch reagiert meist auf solche Störmomente mit
einer Verlagerung des Körpers, so daß die von den Muskeln
aufgebrachten Kräfte minimiert werden können. In dem
soeben erwähnten Beispiel des nach vorn ausgestreckten
Armes wird der Mensch instinktiv in der Weise reagieren,
daß er sich zurücklehnt, also hier den Winkel verändert.
In der Regeltechnik gibt es den Begriff der "Störgrößen
aufschaltung". Eine vorhersehbare Störung wird durch eine
Kompensation der Störung weitgehend korrigiert, bevor
durch eine Regelabweichung der Regelvorgang im geschlos
senen Kreis erfolgt.
Hierzu muß das Störmoment geschätzt werden. Diesem
geschätzten Störmoment wird durch eine Änderung des Soll
wertes des Reglers, also durch eine Änderung der Körper
haltung entgegengewirkt. Das ist in Fig. 4 schematisch
dargestellt.
Das Reglerausgangssignal u liefert über eine Übertragungs
funktion
durch welche das Verhalten des Muskels angenähert wird,
einen Schätzwert M für ein von dem Muskel ausgeübtes
Drehmoment. Das ist in Fig. 4 durch Block 102 dargestellt.
Ein Schätzwert u für das durch die Schwerkraft hervor
gerufene Drehmoment ergibt sich aus dem Winkel ϕ durch
Multiplikation mit einem Schätzwert *g*. Das ist durch
Block 104 dargestellt. Diese beiden Drehmomente plus das
Störmoment Mz müssen Trägheitsmoment mal Winkelbe
schleunigung ergeben. Wenn man also von dem mit einem
Schätzwert des Trägheitsmomentes Î multiplizierten
Winkelbeschleunigungs-Signal die Schätzwerte des durch den
Muskel und durch die Schwerkraft hervorgerufenen Dreh
momente abzieht, dann erhält man einen Schätzwert für das
Störmoment. Die Multiplikation mit Î ist durch Block 104
dargestellt. Die Bestimmung des Schätzwertes für das
Störmoment durch die besagte Differenzbildung ist in Fig. 4
durch den Summierpunkt 106 angedeutet.
Der so erhaltene Schätzwert Mz des Störmomentes wird durch
ein Tiefpaßfilter 108 gefiltert und durch den Schätzwert
*g* dividiert. Diese Division ist durch Block 110
dargestellt. Das ergibt einen Winkel, um welchen die
Haltung des Patienten verändert werden muß, um ein dem
Störmoment Mz entgegenwirkendes schwerkraftbedingtes
Drehmoment zu erzeugen. Ein dem so erhaltene Winkel ψ
entsprechendes Signal wird in dem Summierpunkt 84 dem
Lagewinkelsignal "entgegengeschaltet". Der Muskel wird auf
diese Weise durch das Störmoment praktisch nicht
beansprucht.
Claims (10)
1. Meß- und Regelsystem für Neuroprothesen, die mit
funktioneller neuromuskulärer Stimulation im
geschlossenen Regelkreis arbeiten, dadurch
gekennzeichnet, daß es zur Gleichgewichtsregelung
inertiale Sensoren (55, 54) enthält.
2. Meß und Regelsystem nach Anspruch 1, gekennzeichnet
durch
- a) eine Sensoreinheit (26) die als inertiale Sensoren Winkelgeschwindigkeits- und Beschleunigungs sensoren enthält, die Winkelgeschwindigkeits- bzw. Beschleunigungssignale liefern,
- b) einen Signalprozessor (30), auf welchen die Winkelgeschwindigkeitssignale aufgeschaltet sind und durch welchen
- - aus diesen Signalen eine Lotreferenz und Lagereferenzsignale erzeugbar sind und
- - nach vorgegebenen Regelalgorithmen Regler ausgangssignale berechenbar sind, welche die an einem Gelenk aufzubringenden Drehmomente wiedergeben,
- c) eine Stimulationselektronik (40), durch welche Reizmuster erzeugbar und Elektroden (24) zur Übertragung von Stimulationsströmen auf Muskeln (20) ansteuerbar sind,
- d) eine Schnittstelle (38) zwischen dem Signal prozessor (30) und der Stimulationselektronik (40) und
- e) ein Bediengerät (36) zur Vorgabe gewünschter Haltungs- und Bewegungsmuster an den Signal prozessor (36).
3. Meß- und Regelsystem nach Anspruch 2, dadurch
gekennzeichnet, daß auf den Signalprozessor (30)
zusätzlich Gelenkwinkelsignale von Goniometern
(32) aufschaltbar sind.
4. Meß- und Regelsystem nach Anspruch 2, dadurch
gekennzeichnet, daß auf den Signalprozessor zusätzlich
Neigungswinkelsignale von Neigungswinkelmessern (34)
aufschaltbar sind.
5. Meß- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 2 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß
- a) die Sensoreinheit (26) Drehgeschwindigkeits- und Lagewinkelsignale liefert und
- b) weiterhin Mittel zur Erzeugung eines die Winkel beschleunigung darstellenden Winkelbeschleuni gungs-Signals vorgesehen sind,
- c) der Regelalgorithmus
- - das Lagewinkelsignal mit einem ersten Faktor (K ) multipliziert,
- - dem Produkt das Winkelgeschwindigkeitssignal überlagert,
- - die so erhaltene Summe mit einem zweiten Faktor (Kv) multipliziert,
- - der daraus erhaltenen Summe wiederum das Winkelbeschleunigungs-Signal überlagert und
- - die so erhaltene Summe mit einer Übertragungs funktion zur Bildung eines Reglerausgangssignals (u) aufgeschaltet ist.
6. Meß- und Regelsystem nach einem der Ansprüche 2 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß
- a) aus dem Reglerausgangssignal (u) und Signalen der Trägheitssensoren Schätzwerte von Störmomenten berechenbar sind und
- b) der Sollwert eines die gewünschte Haltung bestimmenden Lagewinkels nach Maßgabe des Schätzwertes (Mz) des Störmomentes veränderbar ist.
7. Meß- und Regelsystem nach den Ansprüchen 5 und 6,
dadurch gekennzeichnet, daß zur Bildung des
Schätzwertes des Störmomentes
- a) das Reglerausgangssignal (u) mit einer die Dynamik des Muskels annähernden Übertragungsfunktion (102) mit negativem Vorzeichen auf einen Summierpunkt (106) aufschaltbar ist,
- b) das den Lagewinkel gegenüber der Vertikalen wiedergebende Lagewinkelsignal mit einem den Einfluß der Schwerkraft wiedergebenden Faktor (104) ebenfalls mit negativem Vorzeichen auf den Summierpunkt (106) aufschaltbar ist und
- c) das Winkelbeschleunigungs-Signal mit einem einen Schätzwert des Trägheitsmoments (I) des Patienten darstellenden Faktor mit positivem Vorzeichen auf den Summierpunkt (106) aufschaltbar ist.
8. Meß- und Regelsystem nach Anspruch 7, dadurch
gekennzeichnet, daß das Störmoment (Mz) dividiert
durch den besagten, den Einfluß der Schwerkraft
wiedergebenden Faktor (110) auf den Sollwert des
Lagewinkels am Eingang (84) des Reglers (82)
aufschaltbar ist.
9. Meß- und Regelsystem nach Anspruch 8, dadurch
gekennzeichnet, daß der Lagewinkel gegenüber der
Vertikalen durch Kreisel (44) geliefert wird, die
durch Beschleunigungsmesser (54) gestützt sind.
10. Meß- und Regelsystem nach Anspruch 9, dadurch
gekennzeichnet, daß
- a) durch eine Kreiselanordnung (44) Lagewinkel in Form einer Richtungskosinusmatrix geliefert werden,
- b) Beschleunigungswerte von den Beschleunigungs sensoren (54) durch die Richtungskosinusmatrix in transformierte Beschleunigungswerte transformiert werden, die auf ein lotfestes Bezugssystem bezogen sind,
- c) in dem lotfesten Bezugssystem eine Filterung und Schätzung des Lotfehlers erfolgt, der in Form einer Fehlermatrix ausgegeben wird, und
- d) die Richtungskosinusmatrix durch die Fehlermatrix korrigiert wird.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE3932405A DE3932405A1 (de) | 1989-09-28 | 1989-09-28 | Mess- und regelsystem fuer neuroprothesen |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE3932405A DE3932405A1 (de) | 1989-09-28 | 1989-09-28 | Mess- und regelsystem fuer neuroprothesen |
Publications (2)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE3932405A1 true DE3932405A1 (de) | 1991-04-11 |
DE3932405C2 DE3932405C2 (de) | 1993-02-11 |
Family
ID=6390398
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
---|---|---|---|
DE3932405A Granted DE3932405A1 (de) | 1989-09-28 | 1989-09-28 | Mess- und regelsystem fuer neuroprothesen |
Country Status (1)
Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE3932405A1 (de) |
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