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ALS BLUTERSATZ VERWENDBARE FLüSSIGKEIT.
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Die Erfindung betrifft eine als Blutersatz mit physiologischen Puffereigenschaften
verwendbare Flüssigkeit.
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Die Physiologie des Warmblüters wird wesentlich bestimmt durch die
Transportmedien für den im Organismus ablaufenden Stoffwechsel. Die zum Transport
eingesetzten Flüssigkeiten, wie beispielsweise Blut oder Gewebsflüssigkeit, müssen
deshalb sehr häufig diagnostisch untersucht, therapeutisch beeinflusst oder ersetzt
werden. Dabei ist im ersten Falle die Eichung der benutzten Messanordnungen, im
zweiten Falle die Verträglichkeit mit dem Organismus von vorrangiger Bedeutung.
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Die bisher bekannten Eich-und-Ersatzflüssigkeiten insbesondere für
Blut, die künstlich herstellbar, reproduzierbar und sterilisierbar sein sollen,
haben Eigenschaften, die nur in mehr oder weniger engen Bereichen mit dem Messobjekt
oder dem Substituenten übereinstimmen.
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Die künstliche Herstellbarkeit dieser Stoffe ist dabei eine wesentliche
Eigenschaft. Die Gefahren nämlich, die bei Verwendung von aus natürlichem Blut hergestellten
Blutpräparaten auftreten, werden zunehmend schärfer gesehen und als sehr gross erkannt,
sodass ein starkes Bedürfnis besteht, synthetisierte und physiologisch beherrschbare
Stoffe zur Verfügung zu haben.
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So ist es gelungen, synt-hetische Flüssigkeiten zu entwickeln, die
die gleichen osmotischen und kolloidosmotischen Eigenschaften wie das Blut aufweisen
und zugleich die Viskosität des Blutes simulieren.
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Allerdings ist es bisher nicht gelungen, Ersatzflüssigkeiten zu erzeugen,
die dem Blut hinsichtlich der Blutgerinnung oder des Sauerstofftransports oder der
elektrolytischen Puffereigenschaft entsprechen.
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Beispielsweise ist beim Ersatz von Blut die respiratorische und die
nicht-respiratorische Pufferkapazität, bei Messungen zur Feststellung des Säures-Basen-Status
des Blutes der besondere funktionale Zusammenhang zwischen den Parametern, -pH-Wert,
CO2-Partialdruck, Konzentration von Bikarbonat und nichtflüchtigen Basen-, von Bedeutung.
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Zur Eichung der Apparaturen musste bisher mindestens eine Eichflüssigkeit
mit fest und sorgsam eingestellten elektrolytischen Parametern verwendet werden.
Dieses Verfahren ist aufwendig und es ergeben sich Kompatibilitätsprobleme für die
unter verschiedenen Beobachtern gewonnenen Messwerte.
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So sind zwar, unter anderem auch aus der US-PS 4266941 und der US-PS
4289648 Anordnungen und Flüssigkeiten zur Standardisierung bekannt. Es hat sich
jedoch bisher noch kein System allgemein durchsetzen können.
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Die Vergleichbarkeit der Messungen wird daher als dringend verbesserungsbedürftig
angesehen.
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Für die Therapie von Azidosen oder Alkalosen sind zwar Pufferlösungen
bekannt. Die Korrektur solcher Azidosen oder Alkalosen muss jedoch wegen der engen
Passbereiche der verwendeten Pufferlösungen sehr genau überwacht werden, weil diese
sich vollkommen anders verhalten als Blut.
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Für die Therapie von Azidosen beispielsweise stehen Lösungen von Natrium-Bikarbonat,
Natrium-Lactat oder Natrium-Acetat oder Lösungen von TRIS (Tris-hydroxymethyl-aminomethan)
zur Verfügung, für die Therapie von Alkalosen werden Lösungen von Argininhydrochlorid
oder Lysinhydrochlorid verwendet.
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Keine dieser Flüssigkeiten weist jedoch nur annähernd die physiologische
respiratorische und nicht-respiratorische Pufferkapazität des Blutes auf.
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Der Erfindung war demnach die Aufgabe gestellt, eine Flüssigkeit zu
schaffen, die möglichst weitgehend mit den elektrolytischen Puffereigenschaften
des Blutes übereinstimmt, sodass sie therapeutische oder Standardisierungsaufgaben
Lösen kann.
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Sie löst diese Aufgabe dadurch, dass: a. eine Lösung aus zwei Stoffen
A,B gebildet ist, b. der Stoff A ein Puffer mit einem pK-Wert von 7.9 bei 37 Grad
C ist, c. der Stoff B ein Puffer mit einem pK-Wert von 6.9 bei 37 Grad C ist, d.
die Stoffe nach Titration der Lösung auf pH=8.285 bei einem Partialdruck der Kohlensäure
von pC02=OmmHg zu etwa gleichen Teilen Pufferbasenkonzentrationen von zusammen 50
mmol/l aufweisen.
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Eine solche Lösung nach der Erfindung ist im pH-Bereich zwischen 6.5
und 8.5 hinsichtlich ihrer Puffereigenschaften dem Blut äquivalent. Sie stimmt in
ihrer respiratorischen Pufferkapazität voll, in ihrer nichtrespiratorischen Pufferkapazität
weitgehend mit Blut überein und ist hinsichtlich der letzteren sogar besser als
Blut.
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Sie kann deshalb ohne weiteres als sogenannter "Plasmaexpander" verwendet,
also zur Infusion in das
Gefässystem herangezogen werden. Dort ersetzt
sie elektrolytisch das Blut vollständig, weil sie sich bei Gleichgewichtsänderungen
des Organismus hinsichtlich der elektrolytischen Pufferung identisch zum Blut verhält.
Sie kann somit zur Therapie von Azidosen oder Alkalosen herangezogen werden. Dabei
ist die gegenüber Blut vergrösserte nichtrespiratorische Pufferkapazität ein therapeutischer
Vorteil.
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Sie kann weiterhin verwendet werden, um beispielsweise konservierte
Organe in Organbanken zu perfundieren, weil praktisch kein Unterschied zwischen
Organ und Perfusionslösung bezüglich der Puffereigenschaften besteht.
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Weiterhin ist die erfindungsgemässe- Flüssigkeit als Spülflüssigkeit
bei der Dialyse verwendbar, weil sie dort keine unkontrollierten Bikarbonatveränderungen
im Patientenkreislauf provozieren kann.
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Auch zur Standardisierung von Blutgasanalysatoren lässt sich die Lösung
mit Vorteil verwenden.
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Eine Lösung als Beispiel wird in der folgenden Weise hergestellt:
Von der Komponente A (pK=7.9) werden 34 mmol/l, von der Komponente B CpK=6.9) werden
27 mmol/l eingewogen und mit NaOH oder HCl in Abwesenheit von C02 auf einen pH-Wert
von 8.285 titriert.
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Zur Herstellung von anderen erfindungsgemässen Lösungen werden gängige
Sustanzen verwendet.
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Werden die folgenden Trivialnamen verwendet: BICIN : N,N-Bis-(2-hydroxyäthyl)glycin
BES : N,N-Bi s-(2-hydroxyäthyl)-2-aminoäthansulfonsäure
TAPS : N-Tris-(hydroxymethyl)methyl-3-aminopropansulfonsäure
TRICIN : N-Tris-(hydroxymethyl)methylglycin TRIS : Tris-(hydroxymethyl)aminomethan
sind folgende Lösungsansätze für ein Zweikomponentensystem möglich Komp.A conc.A
Komp.B conc.B Titer conc.
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(mmol/l) (mmol/l) (mmol/l) BICIN 28.0 IMIDAZOL 32.0 NaOH 14.3 BICIN
33.0 Na2HP04 33.0 NaOH 18.3 BICIN 30.0 BES 32.0 NaOH 46.1 TAPS 37.0 Na2HP04 30.6
NaOH 19.2 TRICIN 33.0 Na2HPO4 30.0 NaOH 20.0 TRIS 36.0 Na2HP04 26.0 HCl 13.0 TRIS
25.0 IMIDAZOL 30.0 HCl 8.0 TRIS 27.0 BES 30.0 NaOH 19.4 Für den Fall, dass keine
geeigneten Puffersubstanzen mit den genannten pK-Werten zur Verfügung stehen, können
Abweichungen durch Konzentrationsänderungen ausgeglichen werden, solange die Pufferbasenkonzentation
bei pH=8,285 den Wert von 50 +-2mmol/l aufweist.
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Als Richtwert kann gelten: eine Abweichung von 0,1 pK Einheiten wird
durch etwa Smmol/l Konzentrationsänderung ausgeglichen.
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Soll das Stoffgemisch aus mehr als zwei Komponenten bestehen, so sind
nach der Erfindung die pK-Werte der n-2 weiteren Stoffe etwa äquidistant zwischen
den pK-Werten 6.9 und 7.9 angeordnet und die Pufferbasenkonzentrationen der Stoffe
ergeben bei pH=8.285 und dem PartiaLdruck der Kohlensäure von pCO2=OmmHg zu etwa
gleichen Teilen zusammen 50 mmol/l.
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Bei einem Stoffgemisch aus drei Komponenten als Beispiel
ergibt
sich die folgentde Zusammensetzung: Stoff A : 23.5 mmol/l mit pK=7.9 Stoff B : 19.5
mmol/l mit pK=7.4 Stoff C : 17.0 mmol/l mit pK=6.9 Auf diese Weise lassen sich für
den jeweiligen Zweck besonders günstige Stoffkombinationen auswählen. Dabei kann
die Stoffkombination auch dadurch erreicht sein, dass ein einziger Stoff -beispielsweise
durch eine chemische Reaktion- aus mehrern Komponenten gebildet ist, die nach Lösung
in Wasser, pK-Werte gemäss der Erfindung zeigen.
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In Weiterentwicklung der Erfindung beträgt die Ionenstärke etwa I=160
mmol/l. Sie kann durch Zugabe eines Neutralsalzes entsprechend eingestellt werden.
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Durch diese Weiterentwicklung wird zwar die Pufferkapazität der Lösung
etwas verringert, sie entspricht dafür jedoch fast vollständig der des Blutes und
führt damit zu einer optimalen Stimulation der C02-Aquilibrierung des Blutes im
pH-Bereich von pH=6.6 (pC02=500 mm Hg) bis pH=8.285 (pC02=0 mm Hg).
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Ein derartiger Lösungsansatz hat zum Beisp-iel bei einem Zweikomponentensystem
die folgende Zusammensetzung: Komp.A conc.A Komp.B conc.B Titer conc. NaC (mmol/l)
(mmol/l) (mmol/l) (mmol TRIS 36.0 Na2HP04 34.0 HCl 12.0 10.
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In Weiterentwicklung der Erfindung beträgt die effektive CO2-Lös Ii
chkeit L=0.022 mmol/l/mmHg.
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Eine solche Löslichkeit lässt sich dadurch erreichen, dass solange
Glycerin, Saccharose oder ähnliche Kohlehydrate der Lösung zugegeben werden, bis
die nichtrespiratorische Pufferkapazität der erfindungsgemässen Lösung mit der nichtrespiratorsichen
Pufferkapazität des Blutes übereinstimmt.
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Der Vorteil dieser Weiterentwicklung der Erfindung besteht darin,
dass nunmehr eine Lösung herstellbar ist, die eine sehr genaue Standardisierung
von Blutanälysatoren ermöglicht, wie dies beispielsweise bei der Messung des Säure-Basen-Status
des Blutes oder auch von anderen Blutparametern erforderlich ist.
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Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, die Standardisierung der Messwerte
so zu verbessern, dass in den vers-chiedenen klinischen und wissenschaftlichen Bereichen
quantitative und territoriale Vergleichbarkeit der Messungen auch bei der Anwendung
verschiedener Methoden und verschiedener Geräte an verschiedenen Orten erreicht
wird.
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Dies ist bei der grossen Bedeutung dieser Messungen für Diagnose und
Therapie in Klinik und Wissenschaft ein nicht zu überschätzender Vorteil.
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Je nach Anwendungsbereich können oder müssen bestimmte Arten von Puffersubstanzen
verwendet werden.
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Während für ein Diagnostikum praktisch alle chemischen Puffersubstanzen
Verwendung finden können, müssen für den Fall eines Therapeutikums besondere, vor
allem nichttoxische Substanzen verwendet werden.
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Für diesen Fall können nebem dem erwähnten TRIS vor allem Mischungen
zweier Aminosäuren mit ensprechenden pK-Werten benutzt werden, oder es werden Dipeptide
ausgewählt, die die beiden notwendigen pK-Werte aufweisen.
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Als Beispiele seien dazu Zweikomponentensysteme aus Alanyl-Alanin
und Imidazol, Homocystine und Glycerol-1-Phosphat oder Einkomponentensysteme aus
Glycyl-Histidin oder 1-Methyl-Hystidin genannt.
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Zur Erläuterung der Erfindung ist in der Zeichnung die Abhängigkeit
des Plasma-pH-Wertes von der jeweiligen respiratorischen Belastung R, (C02-Belastung)
des Blutes dargestellt (Hb=159/dl, BE=Ommoll). Parameter der Kurven A bis F ist
die unterschiedliche Konzentration der im Blut vorliegenden "nichtflüchtigen Basen",
im wesentlichen die aus Protein und Phosphat bestehende "PP-Fraktion", die aufgrund
der nicht-respiratorischen Belastung NR verbleibt (meist als BE bezeichnet).
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Diese PP-Fraktion bestimmt fast ausschliesslich die Puffereigenschaften
des Blutes, da sie die Bikarbonatfraktion obligatorisch aus der jeweils vorliegenden
C02-lConzentration erzeugt. Darauf ist insbesondere deshalb hinzuweisen, weil das
Bikarbonat im wesentlichen im Plasma, die PP-Fraktion im wesentlichen innerhalb
der Erythrocyten angetroffen wird.(Vergl.auch DE-OS 31.13.797).
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Das so entstandene Bikarbonat erhöht seinerseits die Pufferwirkung
beträchtlich: Bei einem pC02-Wert von 40 mm Hg enthält das Blut etwa 17 mmol/l Bikarbonat.
Dies führt zu einem pH-Wert yon etwa 7.4 Die respiratorische Pufferkapazität beträgt
dabei etwa 25 mmol/l/pH, die nichtrespiratorische Pufferkapazität beträgt etwa 65
mmol/l/pH. Die nichtrespiratorische Pufferkapazität wird dabei etwa zu 40% von der
PP-Fraktion und zu 60X von der Bikarbonatfraktion repräsentiert.
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Die Puffereigenschaften des menschlichen Blutes zeigen damit ein sehr
komplexes Verhalten, da die Pufferung vom pH-Wert, vom C02-Partialdruck und der
Art des zugeführten
Elektrolyten abhängig ist.
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Die Zone UP in der Zeichnung ist der unphysiologische, die Zone PAP
der pathophysiologische, die Zone P ist der physiologische Bereich der Variablen
pH-pC02, die Abhängigkeiten der Puffereigenschaften von der Hämoglobinkonzentration
oder dem Hämatokrit sind dabei nicht berücksichtigt.
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Aus der Zeichnung lässt sich noch das folgende ablesen: Bei verschwindendem
pC02, wenn also nur noch nichtflüchtige Basen,-die PP-Fraktion-, im Blut verblieben
sind, schneidet die Kurve D, die auch im physiologischen Bereich P verläuft, die
Abszisse bei pH=8,285. Ein Blutersatz muss demnach diesen Schnittpunkt aufweisen.
Der Schnittpunkt kann durch entsprechende Titration mit NaOH oder HCl eingestellt
werden.
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Wird nunmehr die erfindungsgemässe Lösung, ein Zwei-oder Mehrkomponentensystem
mit eingestellter Ionenstärke I=160 mmol/l mit Kohlensäure, der wichtigsten flüchtigen
Säure, äquilibriert, dann bildet sich obligatorisch Bikarbonat. Der pH-Wert folgt
dabei genau dem des Blutes und die Kurve D wird vollständig nachgebildet. Damit
ist die wichtige respiratorische äquivalent von Blut und Ersatz lösung voll erreicht.
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Für Eichzwecke sollten aber auch die Anderungen NR des pH-Wertes der
erfindunggemässen Lösung bei Zugabe von nichtflüchtigen Basen den pH-Anderungen
von Blut entsprechen, weil sich dann auch beim Titrieren Blut und Eichlösung gleich
verhalten.
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Ein solches Verhalten wird zunächst dadurch genähert, dass die effektive
C02-Löslichkeit auf L=0.022 mmol/l/mmHg eingestellt wird.
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Die nichtrespiratorische Pufferung ist damit ebenfalls der des Blutes
vollständig angeglichen.
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Diese zur Standardisierung vorteilhafte Anpassung hat therapeutisch
allerdings den Nachteil, dass die ohne Korrektur der effektiven CO2-Löslichkeit
grössere nichtrespiratorische Pufferkapazität der Ersatzlösung nunmehr auf den physiologischen
Wert zurückgeführt wurde.
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