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Beschreibung Aufbereitungsverfahren für Mülldeponie-Sickerwasser
Die Erfindung betrifft ein Aufbereitungsverfahren für Mülldeponie-Sickerwasser,
wobei das Sickerwasser zunächst gesammelt und dann einer thermischen Behandlung
ausgesetzt wird.
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Mülldeponie-Sickerwässer sind mit Schmutzstoffen organischer und/oder
anorganischer Art in teilweise erheblichem Maße belastet, wobei es sich zwar nicht
nur um Schadstoffe handelt, aber die enthaltenen Stoffe dieses Bereiches stellen
den Umweltschutz vor große Probleme, denn die Forderung nach Beseitigung oder Vernichtung
der Schadstoffe läßt sich wesentlich leichter erheben als ihre Verwirklichung unter
tragbaren ökonomischen Bedingungen durchführen. Angesichts der immer größer werdenden
Müllmengen ist ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Aufwand und Ergebnis bei der
Müllbeseitigung und -verwertung ebenso unerlässlich wie der Umweltschutz als solcher,
anderenfalls gerade die höchstentwickelten Volkswirtschaften aus dem Gleichgewicht
kommen können. Hieraus folgt unmittelbar die Notwendigkeit eines möglichst geringen
technischen, insbesondere apparativen und damit energiesparenden Aufwandes für die
Aufbereitung des Mülls und des in seiner Begleitung auftretenden Sickerwassers.
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Es ist bekannt, flüssige Siedlungsabfälle thermisch aufzubereiten,
um Rückstände in Form von wässrigen Schlämmen zu erhalten, womit eine Volumenreduktion
bis zu 95% verbunden sein kann. Als Energieträger werden dabei regelmäßig fossile
Brennstoffe eingesetzt, und es müssen entsprechend aufwendige Anlagen mit apparativen
Wärmetauschern und dergleichen erstellt werden. Ein anderes thermisches Verfahren
arbeitet unmittelbar mit flüssigen Wärmeträgern, indem beispielsweise heißes O1
dem zu behandelnden Abwasser beigemischt und der hierdurch erzeugte Wasserdampf
über Kondensatoren zur Rückgewinnung des Wassers geleitet wird.
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In besonderen Fällen wird als Primärenergieträger elektrischer Strom
verwendet, um Abwasser aufzuheizen, womit jedoch ein besonders hoher Aufwand verbunden
ist. Andere Primärenergieträger wären - zumindest theoretisch - noch die Kern-,
Wind-und Sonnenenergie, von denen die beiden erstgenannten jedoch nur mittels bedeutender
technologischer Aufwendungen beigestellt werden können, während über ihre unmittelbare
Anwendung noch kein praktisches Wissen vorliegt. Mit Hilfe der Sonnenenergie ist
demgegenüber eine direkte Wasserverdampfung - ohne zusätzlichen apparativen Aufwand
- möglich, wie sie bei der Meerwasserentsalzung geschieht, wozu jedoch nahezu beliebig
große Anlageflächen zur Verfügung stehen müssen.
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Unter der Voraussetzung einer geeigneten Beschaffenheit sind Abwässer
auch schon unmittelbar in eigens hierfür konstruierten Kesseln verbrannt worden,
wobei Heizwertschwankungen durch sog. Stützfeuer, die in der Regel mit schwerem
Heizöl arbeiten, ausgeglichen werden können. In einer westdeutschen Großstadt wird
eine derartige, mehrstufige Anlage betrieben.
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Alle vorstehend umrissenen großtechnisch eingesetzten Verfahren -
mit Ausnahme der unmittelbar verwendeten Sonnenenergie - sind mit einem teilweise
sehr großen apparativen Aufwand verbunden,
der schon bei der sog.
Fronttechnologie beginnt, sich über die notwendigen Aufwendungen für Steuerung und
Überwachung fortsetzt und nicht zuletzt auch noch die Rauchgasreinigung einschließt,
damit nicht einerseits die Umwelt im Bereich des Wassers zwar gesäubert, die Umwelt
im Bereich der Luft aber zusätzlich verschmutzt wird. Im übrigen ergeben die bekannten
Verfahren mehr oder weniger feste Rückstände, die eine weitere Behandlung, nämlich
Deponierung, verlangen.
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Würden die solcher Art praktizierten Aufbereitungsmethoden für flüssige
Siedlungsabfälle nun auch für Mülldeponie-Sickerwässer angewendet, ergäbe sich ein
verhängnisvoller Teufelskreis: Das mit Schmutzstoffen und Schadstoffen verschiedener
Art belastete Sickerwasser wird verbrannt; ein Teil der Schadstoffe gelangt in das
Rauchgas und muß dort unter hohem apparativen Aufwand herausgelöst werden. Die dadurch
erhaltenen Feststoffe werden zusammen mit den Feststoffen der Verbrennung, die vorrangig
anorganisch belastet sind, wieder einer Deponie zugeführt, wo dann durch das Niederschlagswasser
(Tau, Regen, Hagel, Schnee) eine erneute Auslaugung der Schadstoffe zur wiederholten
und verstärkten Belastung des Sickerwassers führen muß, welches verbrannt wird usw.
usw.
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Der Erfindung liegt deshalb die Aufgabe zugrunde, ein Aufbereitungsverfahren
für insbesondere Mülldeponie-Sickerwasser zu schaffen, bei dem die Primärenergie
unmittelbar, d. h. ohne zusätzlichen technisch-apparativen Aufwand, zur Verdampfung
des Sickerwassers verwendet werden kann und bei dem zur Erzeugung dieser Primärenergie
die Abfallstoffe selbst herangezogen werden können. Darüberhinaus soll eine Rückführung
der sich ergebenen Produkte in den Naturkreislauf möglich sein.
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Die erfindungsgemäße Lösung dieser Aufgabe ergibt sich einschließlich
vorteilhafter Durchführungsformen aus dem Inhalt der Patentansprüche, welche dieser
Beschreibung vorangestellt
sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren bedient sich einer Erscheinung, die
bereits bei der Aufbereitung von flüssigen Siedlungsabfällen (Kloakenwasser) ausgenutzt
und u. a. in der Zeitschrift Der Städtetag", Verlag W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart,
Heft 5/1964, in einem Aufsatz von KNOLL und STRAUCH mit dem Titel Ein neuer Weg
zur Aufbereitung und Verwertung von Siedlungsabfällen" beschrieben worden ist. Danach
erreichen mittels der sog. Preßtrocknung brikettierte und dicht an dicht gelagerte
Formstücke aus Müll und Klärschlamm eine mikrobiell bedingte Aufheizung bis zu etwa
360 K, womit - und dies ist der Zweck des in der vorgenannten Literaturstelle beschriebenen
Verfahrens - Krankheitserreger, die mit dem Kloakenwasser in die Briketts hineingekommen
sind, nach einer Einwirkungszeit von ungefähr 70 Tagen mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit vollständig abgetötet werden können.
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Bei der Erfindung wird die Selbsterhitzung des gepreßten Haterials
dazu benutzt, das Mülldeponie-Sickerwasser zu verdampfen, wobei der während des
Rottens erzeugte Wasserdampf vorzugsweise ungenutzt in die Atmosphäre entlassen
wird, weil eine Wärmerückgewinnung die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens wieder
beeinträchtigen würde. Im übrigen ist Wasserdampf nicht umweltschädlich.
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Der nach Abschluß der Rotte zurückbleibende Kompost läßt sich entweder
zu Rekultivierungszwecken auf Mülldeponien oder auch anderweitig als Bodenverbesserungsmittel
landwirtschaftlich einsetzen.
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Somit bringt die Erfindung zahlreiche Vorteile mit sich, nämlich inbesondere
die Einsparung getrennt beizustellender Primärenergie und zusätzlich zur Verfügung
zu haltenden Prozeßwassers, wie es bei einigen Verfahren zur Aufbereitung von flüssigen
Siedlungsabfällen
herkömmlich ist. Der Fortfall einer apparativ ausgestalteten Verdampfungsanlage
entspricht der Aufgabenstellung, ebenso die Wiederverwendbarkeit der anfallenden
Rückstände, wobei es sich sogar um ein hochwertiges Produkt handelt. Ein wichtiger
Vorteil besteht schließlich noch darin, daß die Beseitigung der Sickerwässer am
Ort des Entstehens möglich ist, womit Transportprobleme ausgeschlossen sind.
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Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die Reaktionswärme des Rotteprozesses
ausschließlich dazu benutzt, das Sickerwasser zu verdampfen. Der Abbau der biologischen
Belastung des Sickerwassers findet dagegen durch die im Müll, insbesondere Hausmüll,
vorhandenen Bakterien statt. Dadurch ist es möglich, auf den in Klärwerken für Abwässer
eingesetzten Belebtschlamm zur Reduzierung der biologischen Abwasserbelastung zu
verzichten und die Reaktionswärme ausschließlich, unmittelbar und vollständig zum
Verdampfen des Sickerwassers zu nutzen.
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Bei einem praktischen Durchführungsbeispiel des erfindungsgemäßen
Verfahrens wird wie folgt vorgegangen: Die beiden Bestandteile des zu verrottenden
Gemenges - Mülldeponie-Sickerwasser einerseits und kompostierfähige Hausmüllfraktion
andererseits - werden zunächst getrennt vorbereitet und beigestellt. Der Hausmüll
wird in herkömmlicher Weise gesammelt und durch die Sammelfahrzeuge zu einer Aufbereitungsanlage
gebracht, in der er kompostierfähig gemacht werden kann.
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In der Anlage wird der Müll vorzugsweise mittels Hammermühle zerkleinert
und anschließend korngrößenmäßig fraktioniert.
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Ein geeignetes Korngrößenintervall, insbesondere 0 - 10 mm, wird dann
als kompostierfähige Müllfraktion vorgesehen und einer Anzahl von Sortierstufen
zugeführt, in denen außer den praktisch nicht rottbaren Metallen auch ein großer
Teil der Kunststoffe aus dem Müll entfernt werden, womit eine Intensivierung der
späteren Rotte erreicht werden kann. Die verbleibende Müllfraktion
enthält
nun fast nur noch kompostierfähiges Material, welches überwiegend aus Küchenabfällen
oder ähnlichem Gut besteht. Die Fraktion hat etwa 35 Gew.-% Feuchtigkeit und stellt
in dieser Form den einen Gemengebestandteil dar.
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Das Mülldeponie-Sickerwasser entstammt in der Regel der Dränage von
Deponiebecken. Diese werden vorschriftsmäßig mit einer Abdichtung gegenüber dem
Grundwasser ausgestattet, wobei zur Abdichtung entweder mineralische Stoffe wie
Lehm und Ton oder künstliche Dichteinrichtungen, z. B. Kunststoffbahnen, eingesetzt
werden. Zur Dränierung dieser Basisabdichtungen wird eine Kiesschicht aufgebracht,
in welcher Dränagerohre angeordnet werden, die das anfallende Wasser zentralen Sickerwasser-Sammelschächten
zuführen. Durch die Kiesfilterung ist der Feststoffgehalt des Wassers gering. Von
den Sammelschächten verlaufen Rohrleitungen mit eingeschalteten Pumpen zu einer
Kläranlage, wo das Sickerwasser in großen Vorratsbehältern von beispielsweise 100
m3 Inhalt zwischengebunkert wird. Hiermit steht das Sickerwasser als zweiter Gemengebestandteil
zur Verfügung.
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Die Vermengung der beiden Bestandteile kann nun auf verschiedene Weise
durchgeführt werden. Insbesondere empfiehlt sich ein Versprühen des Wassers in einer
mit der kompostierfähigen Hausmüllfraktion gefüllten umlaufenden Trommel oder auch
eine Berieselung eines Fördermittels, auf dem die kompostierfähige Hausmüllfraktion
derart bewegt wird, daß dabei eine Freilegung der Müllteile geschieht. Jedenfalls
kommt es darauf an, das Sickerwasser möglichst innig an die Hausmüllfraktion zu
binden, um ein wirkliches Mischprodukt zu erhalten. Der Einsatz von Zwangsmischern
ist dabei nicht erforderlich. Wesentlich ist jedoch, daß die Zugabe des Sickerwassers
zur Müll fraktion in einer solchen Dosierung vorgenommen wird, daß das Gemenge vor
der Preßtrocknung einen Wassergehalt von etwa 55 Gew.-% aufweist.
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Zur Vermeidung von Transportwegen ist es zweckmäßig, die beiden Gemengebestandteile
örtlich benachbart zur Verfügung zu halten
und auch die Preßtrocknung
in der Nähe anzuordnen. Dies gilt ebenfalls für die Rotte bzw. Lagerung.
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Die in der vorstehenden Beschreibung und in den Patentansprüchen enthaltenen
Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebigen Kombinationen
untereinander für die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Durchführungsformen
wesentlich sein.