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11Verfahren zur Bestimmung und/oder Regelung der Rollage
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eines Flugkörpers und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens"
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Rollagenbestimmung und/oder -regelung in
Geschossen und Flugkörpern und eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
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Für den Einsatz von Flugkörpern aller Art, z. B. Flugzeugen oder Geschossen,
ist häufig die Kenntnis der Rollage des Flugkörpers relativ zur Erdoberfläche wichtig;
das bedeutet, daß man ermitteln muß, wo relativ zur momentanen Lage des Flugkörpers
oben, d. h. der Himmel, bzw. unten, d. h. die Erdoberfläche ist. Je nach Art und
Aufgabe des Flugkörpers wird man entweder die Rollage selbst explizit ermitteln
oder durch geeignete Regeleinrichtungen die Rollage auf einen Sollwert einzustellen
versuchen.
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Das im folgenden vorgestellte Verfahren zur Bestimmung und/ oder Regelung
der Rollage geht aus von der aus Untersuchungen von Skolnik, M.J. in Radar Handbook,
McGraw Hill Book Co New York, Kap. 39, 1970 und Falco, C.V. und Johnson, W.J. in
AGARD
Conference Proceedings No. 29/1968, Paper 4, pp. 45-63, bekannten Tatsache, daß
der Himmel und die Erdoberfläche in guter Näherung als schwarze Körper im Sinne
der Strahlungsgesetze angesehen werden können, und daß die spektrale Verteilung
der von der Erdoberfläche emittierten Strahlung nach dem Planck'schen Strahlungsgesetz
einer Temperatur von etwa 280 K, die des Himmels einer Temperatur von etwa 10 K
entspricht.
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Der Erfindungsgedanke wird im folgenden anhand der Abbildungen eingehend
erläutert. Die Abbildungen zeigen im einzelnen: Fig. 1 Die scheinbare Strahlungstemperatur
Tu der Umgebung in Abhängigkeit vom gegen die Vertikale gemessenen Beobachtungswinkel
a; durchgezogene Linien: Meßwerte nach Falco & Johnson und Skolnik gestrichelte
Linien: vereinfachte Modellannahme.
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Fig. 2 Vereinfachtes Modell des Richtdiagramms einer im Flugkörper
untergebrachten Antenne in einer Ebene senkrecht zur Längsachse des Flugkörpers,
welche als senkrecht zur Zeichenebene stehend angenommen ist.
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Fig. 3 Aufteilung der rundum empfangenen Strahlungsleistung in vier
unterschiedlich charakterisierte Raumwinkelbereiche.
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Fig. 4 Sonderfall, daß die Hauptkeule des Diagramms nach Fig. 2 vollstandig
über (a) oder vollständig unter (b) dem Horizont liegt.
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Fig. 5 Abhängigkeit der empfangenen Strahlungsleistung P vom Rollwinkel
(p mit ß = 600 als Halbwertsbreite der Hauptkeule des Richtdiagramms der Antenne.
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Fig. 6 Abhängigkeit der empfangenen Strahlungsleistung P vom Rollwinkel
ç mit ß æ 90° als Halbwertsbreite der Hauptkeule des Richtdiagramms der Antenne.
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Die aus der Temperaturstrahlung bestimmte scheinbare Strahlungstemperatur
von Himmel bzw. Erde ist über einen weiten Bereich des Beobachtungswinkels a von
diesem kaum abhängig, wie die in Fig. 1 aufgetragenen Meßwerte von Skolnik und von
Falco & Johnson zeigen. Die Messungen wurden im Frequenzbereich des Ku-Bandes
(etwa 16 GHz) durchgeführt. Für nicht im Bereich um den Horizont (a = 900) liegende
Beobachtungswinkel ergibt sich aus diesen Messungen die scheinbare Strahlungstemperatur
der Erdoberfläche zu etwa 280 K und die des Himmels zu etwa 12 K.
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In dem Flugkörper befinde sich eine zum Empfang der Temperaturstrahlung
der Umgebung geeignete Einrichtung mit richtungsabhängiger Empfindlichkeitt z. B.
eine Antenne mit Richtcharakteristik, deren Antennennormale senkrecht auf der in
Flugrichtung liegenden Längsachse des Flugkörpers steht.
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Der Antenne ist ein geeigneter Detektor zum Nachweis der gesamten
aufgenommenen Strahlung nachgestellt. Dieser Empfänger gibt ein den Wert der gesamten
empfangenen Strahlungsleistung als Information enthaltendes Signal an eine nachgeschaltete
Auswerteeinrichtung ab, deren Aufgabe und Funktionsweise später eingehend beschrieben
ist.
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Zur Veranschaulichung des dem Verfahren zugrunde liegenden Erfindungsgednnkens
werden folgende vereinfachende, die Allgemeinheit nicht beschränkende Annahmen gemacht:
1)
Die Erdoberfläche zeigt unabhängig vom Beobachtungswinkel a die einheitliche scheinbare
Strahlungstemperatur TE, entsprechend zeigt der Himmel winkel unabhängig TH . Dies
ist veranschaulicht in Fig. 1 durch die gestrichelten Linien.
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2) Das Richtdiagramm der Antenne hat in der Ebene senkrecht zur Längsachse
des Flugkörpers eine wie in Fig. 2 dargestellte Form. Dieses schematische Richtdiagramm
berücksichtigt eine Hauptkeule im Bereich der Halbwertsbreite B mit der EmpSindlichkeit
EHE und nimmt außerhalb dieses Bereichs für die Nebenzipfel eine konstante Rundumempfindlichkeit
ENZ an. Im allgemeinen ist demnach ENZ < EHK-3) Die Erdoberfläche nehme ebenso
wie der Himmel einen Sichtwinkel von 1800 ein. Dies ist gleichbedeutend mit der
Annahme, daß die Längsachse des Flugkörpers horizontal liegt und auf den Horizont
zeigt.
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Die gesamte von der Antenne empfangene Strahlungsleistung läßt sich
für den allgemeinsten Fall aufteilen in vier Anteile entsprechend vier Raumwinkelbereichen,
die sich in der Ant ennenenfindlichkeit und/oder der Umgebungstemperatur unterscheiden.
Diese vier Bereiche sind aus Fig. 3 zu erkennen und zu unterscheiden. Die Längsachse
des Flugkörpers stehe senkrecht auf der Zeichenebene. Die do sind die auf die Ebene
proJizierten Raumwinkel. Die Leistung der aus den einzelnen Raumwinkelbereichen
von der Antenne aufgenommenen Strahlung ist proportional zu der Umgebungstemperatur
Tu, der Empfindlichkeit der Antenne und der Größe des Raumwinkels in dem jeweiligen
Bereich. Somit ergibt sich für die gesamte aufgenommene Strahlungsleistung P - TE
. EHK . d#1 + TE . ENZ . d#2 + TH . ENZ . d#3 + TH . EHK.d#4 (1)
Diese
gesamte aufgenommene Strahlungsleistung verändert sich mit dem Rollwinkel 9. Einer
bestimmten vom Detektor registrierten Strahlungsleistung läßt sich somit ein bestimmter
Rollwinkel zuordnen.
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Sonderfälle treten auf, wenn die Hauptkeule der Antenne vollständig
über (Fig. 4a) oder vollständig unter (Fig. 4b) dem Horizont liegt. In diesen Fällen
ist die von der Antenne aufgenommene Leistung über einen Winkelbereich von (1800-2ß)
konstant und der Wert des Rollwinkels nur mit einer Ungenauigkeit von 2ß behaftet.
Die Abhängigkeit der aufgenommenen Strahlungsleistung P vom Rollwinkel ç ist dargestellt
in Fig. 5 mit ß = 600 als Halbwertsbreite der Hauptkeule des Antennenrichtdiagramms.
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Für reale Bedingungen, auf die die vorstehend gemachten vereinrachenden
Annahmen nicht exakt zutreffen, erscheinen die einzelnen Summanden der Summe in
Gleichung (1) als Integrale über die einzelnen Raumwinkelbereiche d, insbesondere
wird a) die Umgebungstemperatur eine Funktion des Beobachtungswinkels in einem umgebungsfesten
Koordinatensystem, b) die Antennenempfindlichkeit E eine Funktion des Einfallswinkels
der Strahlung bezüglich eines flugkörperfesten Koordinatensystems.
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Die beiden Koordinatensysteme sind über den Rollwinkel ß eindeutig
miteinander verknüpft. Die Integration der einzelnen Summanden ist im allgemeinen
numerisch durchzuführen.
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Weitere Faktoren, die bei dieser numerischen Integration berücksichtigt
werden können, sind z. B. die unterschiedlichen Strahlungstemperaturen verschiedener
Erdobenflächen (Land, Wasser), die Flughöhe des Flugkörpers und damit die unterschiedlichen
Sehwinkel für Himmel und Erdoberfläche, sowie
klimatische Einflüsse
auf die scheinbaren Strahlungstemperaturen (Bewölkung o. ä.). Diese Faktoren gehen
alle ein in die Beobachtungswinkelabhängigkeit der Umgebungstemperatur Tu (a).
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Aus der Integration, bei der der Rollwinkel ç als Parameter erhalten
bleibt, ergibt sich eine Zuordnungsvorschrift, die es ermöglicht, zu einem bestimmten
Wert der empfangenen Strahlungsleistung einen Rollwinkel q? zu bestimmen. Eine solche
Zuordnungsvorschrift ist in der dem Detektor nachgeschalteten Auswerteeinrichtung
enthalten.
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Eine vorteilhafte Ausführung des Verfahrens verwendet das vom Detektor
abgegebene Signal in der Auswerteeinrichtung zur expliziten Bestimmung des momentanen
Rollwinkelwerts.
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Die Auswerteeinrichtung gibt ein den Wert des Rollwinkels als Information
enthaltendes Signal ab, das z. B. in einer im Flugkörper befindlichen geeigneten
Vorrichtung zur Anzeige der Rollage verwendet wird. Die Information kann auch mit
geeigneten Mitteln an einem vom Flugkörper unabhängigen Ort übertragen und dort
verarbeitet werden. Das Signal von der Auswerteeinrichtung kann des weiteren an
eine Regeleinrichtung abgegeben werden, die geeignet ist, die Rollage des Flugkörpers
zu verändern, und mit deren Hilfe die Rollage auf einen Sollwert eingestellt werden
kann. Dieser Sollwert kann konstant vorgegeben sein, z. B. in einem unbemannten
Flugkörper, oder veränderlich vorgebbar sein, z. B. in einem bemannten Flugkörper.
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Die Zuordnungsvorschrift kann in der Auswerteeinrichtung konstant
vorgegeben sein als feste Strahlungsleistung-Rollwinkel-Abhängigkeit. Sie kann aber
auch in parametrischer Form vorliegen, wobei als Parameter bestimmte Werte der empfangenen
Strahlungsleistung, z. B. Extremwerte, Mittelwerte o. ä., eingesetzt werden und
die Zuordnung dadurch
immer neu den Jeweiligen veränderlichen Umgebungsverhältnissen
angepaßt wird.
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Des weiteren kann die empfangene Strahlungsleistung mit der Strahlung
einer im Flugkörper befindlichen Strahlungsquelle mit Referenztemperatur verglichen
und über eine Anordnungsvorschrift zur Rollwinkelbestimmung verwendet werden.
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Bei einer anderen Ausführungsform des Verfahrens wird das vom Detektor
abgegebene Signal derart ausgewertet, daß das Signal auf einen Minimal- oder Maximalwert,
was z. B. einer Ausnchtung der Antennennormale auf den Himmel oder die Erdoberfläche
entspricht, eingeregelt wird mit Hilfe einer Regeleinrichtung, die geeignet ist,
die Rollage des Flugkörpers zu verändern.
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Die vorstehenden Ausführungen des erfindungsgemäßen Verfahrens können
mit beliebiger Bandbreite in einen beliebigen Frequenzbereich der empfangenen Strahlung
durchgeführt werden.
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Die grundlegende Vorrichtung zur Durchführung des beschriebenen Verfahrens
besteht aus einer Antenne mit Richtcharakteristik, deren Antennennormale senkrecht
auf der Längsachse des Flugkörpers steht, einen Detektor, der die von der Antenne
aufgenommene Strahlungsleistung nachweist und ein derselben proportionales Signal
abgibt, einer Auswerteeinrichtung, die dieses Signal aufnimmt und nach einer der
vorstehend beschriebenen Ausführungen des Verfahrens verarbeitet, und nachgestellten
Einrichtungen zur Anzeige oder Regelung der Rollage.
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Für die Antenne ist eine Ausführungsform mit einer Ealbwertsbreite
von annähernd 90° besonders vorteilhaft, da in diesem Fall die Bestimmung des Rollwinkels
über den gesamten
Winkelbereich mit gleich guter Genauigkeit erfolgen
kann, was in Fig. 6 unter Zugrundelegung der eingangs gemachten Vereinfachungen
veranschaulicht ist.
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Als Detektor kann grundsätzlich Jeder Radiometrie-Empfängertyp (z.
B. direkt messende Empfänger, Dicke-Empfänger, Empfänger mit variabler Referenztemperatur,
frequenzcodierte Empfänger, Korrelationsempfänger u. ä.) benutzt werden. In den
meisten Fällen wird man sich aber aus Aufwandsgründen darauf beschränken, direkt
messende Empfänger oder höchstens Dicke-Empfänger, bzw. eine dem jeweiligen Problem
angepaßte Modifikation dieser Verfahren zu verwenden.
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Die einfachste und billigste Lösung besteht in der Verwendung eines
einzigen direkt messenden Empfängers. Registriert der Empfänger maximale Strahlungsleistung,
so zeigt die Antennennormale zur Erde, entsprechend bei minimaler Strahlungsleistung
zum Himmel.
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Vorteilhaft ist auch die Verwendung eines Radiometers mit Referenztemperatur,
wie z. B. eines Dicke-Empfängers. Hierbei wird der Radiometrie-Empfänger in ständigem
Wechsel an die Empfangsantenne oder eine Strahlungsquelle mit bekannter Referenztemperatur
angeschlossen.
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Wenn der Flugkörper einen Drall um seine Längsachse hat, dann kann
man diesen Drall ausnutzen, um mit einem einfachen, direkt messenden Empfänger einen
Empfänger mit Referenztemperatur (wie bei Dicke z. B.) zu simulieren.
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Die Rolle des Schalters im Dicke-Radiometer übernimmt der Drall, die
beiden Temperaturquellen, die miteinander verglichen werden, sind Himmelstemperatur
TH und Erdtemperatur E. Die Genauigkeit des Verfahrens ist auch hier zunächst durch
die Halbwertsbreite des Antennenrichtdiagramms bestimmt.
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Die Genauigkeit läßt sich aber grundsätzlich steigern, wenn man nicht
die Extremwerte der empfangenen Strahlungsleistung zur Lagebestimmung nutzt, sondern
den Mittelwert, der bei horizontaler Stellung des Radiometers registriert wird.
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Eine Genauigkeitsverbesserung kann man erzielen, wenn man nicht nur
ein Radiometer verwendet, sondern ein oder mehrere Paare, deren Antennen jeweils
um 1800 versetzt sind; subtrahiert man die von jedem der beiden Radiometer registrierten
Signale, dann erhält man eine Art Minimumspeilung; das Minimum wird dann registriert,
wenn die Normalen der Radiometerantennen horizontal liegen. Die Meßgenauigkeit ist
dabei abhängig von der Anzahl der Radiometerpaare; doch schon bei einem Radiometerpaar
wird man eine Genauigkeitsverbesserung gegenüber einem einzigen Radiometer erreichen.
Auch dieses Verfahren kann sowohl mit direkt messenden Empfängern als auch mit Dicke-Emptängern
und anderen Anordnungen realisiert werden. Man kann aber auch auf die Subtraktion
verzichten und Jeweils ein Radiometer eines Paares als Referenz für das andere Radiometer
benutzen.
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schließlich kann man sich auch damit begnügen, nur einen einzigen
Empfänger zu benutzen und mehrere, vorzugsweise in Paaren und gegenseitig um 1800
versetzt angebrachte Antennen über einen 8chalter wechselweise mit dem Empfänger
zu verbinden. So erhält man mit einem direkt messenden Empfänger über die beiden
Antennen zwei Vergleichssignale, die zur Rollagensteuerung benutzt werden können;
sind beide Signale gleich, dann zeigen z. B. die Antennen horizontal, bei maximalem
Signalunterschied ist die Stellung beider Antennennormalen vertikal. Die Winkelgenauigkeit
dieses Verfahrens kann durch Verwendung von mehr als einem Antennenpaar verbessert
werden.
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Die Schaltungstechnische Ausgestaltung der Auswerteeinrichtung ist
für den Fachmann nach klarer Aufgabenstellung über die gewunschte Funktion der Einrichtung
ohne erfinderische Tätigkeit jederzeit möglich und wirft auch keine räumlichen Probleme
auf und ist daher ebenso wie die Je nach Flugkörper unterschiedliche technische
Verwirklichung der Einrichtung zur Regelung der Rollage nicht Gegenstand der vorliegenden
Erfindung.