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Die Erfindung betrifft eine Kontrollvorrichtung für ein Medizingerät und ein Interaktionselement.
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In der modernen Medizin werden häufig hochentwickelte Medizingeräte eingesetzt, um diagnostische und/oder therapeutische Funktionen zu erfüllen. Zu solchen Medizingeräten gehören beispielsweise Videoendoskope, elektrochirurgische Geräte, und Hilfsgeräte wie Pumpen oder ähnliches.
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Die Bedienung solcher Medizingeräte ist nicht trivial. Im Stand der Technik werden verschiedene Strategien für die Bedienung angewendet. Viele Medizingeräte weisen z.B. Bedienelemente direkt am Gerät auf. Diese Bedienelemente sind daher üblicherweise für eine behandelnde Person nicht unmittelbar erreichbar, so dass die Bedienung des Medizingeräts durch eine weitere Person erfolgen muss, welche Instruktionen von der die Behandlung durchführenden Person erhält. Andere Strategien beinhalten Bedienelemente, welche direkt an einem Applikationsgerät wie einem elektrochirurgischen Instrument, einem Endoskop, oder ähnlichem angeordnet sind. Solche Bedienelemente sind zwar für die behandelnde Person erreichbar, der Funktionsumfang ist jedoch eingeschränkt. Wieder andere Strategien beinhalten die automatische Erkennung von gesprochenen Instruktionen oder Gesten der behandelnden Person mittels Sprach- oder Bilderkennungssystemen. Eine häufig angewandte Strategie sieht die Verwendung von Fußschaltern vor, welche z.B. unter einer OP-Liege angeordnet sind und durch die behandelnde Person mit dem Fuß betätigt werden können.
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Bedienelemente können im Rahmen dieses Dokuments auch als Interaktionselemente bezeichnet werden.
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Bei allen Strategien, die Bedienelemente im direkten Einflussbereich der behandelnden Person vorsehen, müssen berücksichtigen, dass dieser Einflussbereich zumeist als steriler Bereich festgelegt ist, so dass die Bedienelemente nach jeder Verwendung aufwendig gereinigt, desinfiziert, und ggf. auch sterilisiert werden müssen. Die Bedienelemente müssen daher so ausgestaltet sein, dass sie aggressiven Reinigungsmitteln widerstehen können. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass Signalleitungen von solchen Bedienelementen zu den entsprechenden Medizingeräten die behandelnde Person behindern und sogar ein Unfallrisiko darstellen können. Während kabellos kommunizierende Bedienelemente vorgeschlagen wurden, ist bei solchen Bedienelementen die Energieversorgung aufwendig.
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Es besteht daher eine Aufgabe darin, eine Lösung zur Bedienung von Medizingeräten zur Verfügung zu stellen, welchen den obengenannten Anforderungen Rechnung trägt.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch eine Kontrollvorrichtung für ein Medizingerät, umfassend: ein Interaktionselement, ein optisches Erfassungselement, und eine Steuerung, wobei das Interaktionselement ein passives Interaktionselement ist, das optische Erfassungselement eingerichtet ist, Bilder einer Interaktion eines Benutzers mit dem Interaktionselement zu erfassen, und die Steuerung eingerichtet ist, aus den erfassten Bildern eine Art der Interaktion zu ermitteln, und aus der ermittelten Art der Interaktion Steuersignale für das elektrochirurgische System abzuleiten.
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Durch die erfindungsgemäße Ausführung ist zum einen eine kabellose Anbindung von Bedien- oder Interaktionselementen ermöglicht, da eine Interaktion eines Benutzers mit dem Interaktionselement erkannt wird, ohne dass zwischen dem Interaktionselement und der Steuerung eine elektrische oder anderweitige Signalleitung erforderlich ist. Gleichzeitig kann das passive Interaktionselement ohne jede Stromversorgung auskommen.
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Das Interaktionselement kann ein Fußschalterelement sein. Die Verwendung von Fußschaltern ist weit verbreitet und medizinisches Personal ist mit deren Benutzung vertraut.
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Das Interaktionselement kann ein flächiges Element mit wenigstens einer Erhebung aufweisen, und die Steuerung kann eingerichtet ein, eine Kontaktierung der wenigstens einen Erhebung durch den Fuß eines Benutzers zu erkennen. Das flächige Element kann beispielsweise nach Art einer Matte ausgeführt sein, so dass es leicht auf dem Boden eines OP-Saales platziert werden kann, ohne eine Stolpergefahr zu begründen. Die Erhebung kann der behandelnden Person als haptische Orientierung dienen. Gleichzeitig wird die Verarbeitung der von dem optischen Erfassungselement gelieferten Bilder vereinfacht, da eine zu erkennende Interaktion immer an der gleichen Stelle, nämlich an der Erhebung, stattfindet.
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Die wenigstens eine Erhebung kann elastisch ausgeführt sein und wobei die Steuerung kann eingerichtet sein, eine Kompression der wenigstens einen Erhebung durch den Fuß eines Benutzers zu erkennen. Durch die elastische Ausführung wird für die behandelnde Person das Verhalten eines klassischen Fußschalters nachgebildet. Gleichzeitig kann eine proportionale Auswertung erfolgen, um beispielsweise neben einfachen Ein-/Aus-Befehlen auch eine dynamische Steuerung von Arbeitsparametern des Medizingeräts ermöglicht wird.
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Die wenigstens eine Erhebung kann mit einem Signalelement derart gekoppelt sein, dass bei einer Kompression der Erhebung eine Formänderung des Signalelements erfolgt. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass eine optische Erkennung einer Interaktion mit hoher Präzision auch dann erfolgen kann, wenn die Erhebung selbst, mit welcher die Interaktion erfolgt, durch den Fuß der behandelnden Person verdeckt ist. Die wenigstens eine Erhebung kann beispielsweise pneumatisch mit dem Signalelement gekoppelt sein. Das Signalelement kann dabei nach Art eines Ballons aufgeblasen werden, wenn die Erhebung komprimiert wird, und sich dabei von dem Interaktionselement aus nach oben ausdehnen. Somit kann aus der Höhe, in welche sich das Signalelement ausdehnt, auf den Druck geschlossen werden, welcher auf die Erhebung ausgeübt wird. Somit stehen mehr Daten für die Steuerung des Medizingerätes zur Verfügung.
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Das Interaktionselement kann mehrere Interaktionsabschnitte umfassen, und die Steuerung kann eingerichtet sein, in Abhängigkeit von dem Interaktionsabschnitt, mit welchem ein Benutzer interagiert, unterschiedliche Steuersignale zu erzeugen. So können beispielsweise bei elektrochirurgischen Prozeduren unterschiedliche Signalformen von Therapiestrom von einem elektrochirurgischen Generator an ein elektrochirurgisches Instrument abgegeben werden. Die mehreren Interaktionsabschnitte zur Orientierung für einen Benutzer optisch unterscheidbar gekennzeichnet sein.
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In einer Weiterbildung kann die Kontrollvorrichtung eines aus einer Mehrzahl von unterschiedlichen Interaktionselementen umfassen, wobei die unterschiedlichen Interaktionselemente optisch unterscheidbare Kennzeichnungen aufweisen, und die Steuerung eingerichtet ist, anhand der von dem optischen Erfassungselement ermittelten Bilder zu bestimmen, mit welchem Interaktionselement die Kontrollvorrichtung ausgestattet ist. Unterschiedliche Interaktionselemente können beispielsweise unterschiedliche Anzahlen von Interaktionsabschnitten aufweisen. Die optisch unterscheidbaren Kennzeichnungen können beispielsweise Barcodes und/oder QR-Codes umfassen.
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Das optische Erfassungselement kann eine Kamera umfassen oder sein. Die Steuerung kann eine Bildverarbeitungsschaltung umfassen.
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Das Interaktionselement kann zur einmaligen Verwendung eingerichtet sein. Das Interaktionselement zur mehrmaligen Verwendung eingerichtet sein.
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Die Aufgabe wird weiterhin gelöst durch ein Interaktionselement einer Kontrollvorrichtung, welches entsprechend den obigen Angaben ausgeführt ist. Bezüglich der dadurch erreichbaren Vorteile und Wirkungen wird auf das oben gesagte explizit verwiesen.
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Im Folgenden wir die Erfindung anhand einiger beispielhafter Darstellungen näher erläutert. Dabei sollen die dargestellten Ausführungsbeispiele lediglich zum besseren Verständnis der Erfindung beitragen, ohne diese einzuschränken.
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Es zeigen:
- 1: ein Medizingerätesystem,
- 2: eine schematische Schnittdarstellung eines Interaktionselements,
- 3a, b: verschiedene Interaktionselemente,
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1 zeigt ein Medizingerätesystem 1 mit einem Medizingerät 10, einer Steuerung 20, einem Interaktionselement 30 und einem optischen Erfassungselement 40.
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Bei dem Medizingerät 10 kann es sich beispielsweise um einen elektrochirurgischen Generator handeln, der elektrochirurgische Therapiesignale für ein nicht dargestelltes elektrochirurgisches Instrument bereitstellt.
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Um einem Benutzer die Steuerung des Medizingeräts 10 zu ermöglichen, umfasst das Medizingerätesystem 1 eine Kontrollvorrichtung, welche das Interaktionselement 30, das optischen Erfassungselement 40, und die Steuerung 20 beinhaltet.
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Das Interaktionselement 30 umfasst im dargestellten Beispiel ein flächiges Element in Form einer Matte 31, auf der eine Erhebung 32 angeordnet ist. Ein Benutzer kann beispielsweise mit seinem Fuß 50 mit der Erhebung 32 interagieren, so dass das Interaktionselement 30 als Fußschalterelement einsetzbar ist.
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Das optische Erfassungselement 40, welches im dargestellten Beispiel als Kamera ausgeführt ist, ist eingerichtet, um Bilder der Interaktion des Benutzers mit dem Interaktionselement 30 zu erfassen. Beispielsweise kann die Kamera Videobilder des Interaktionselements 30 aufnehmen und als kontinuierlichen Datenstrom an die Steuerung 20 senden.
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Die Steuerung 20 ist eingerichtet, die von der Kamera empfangenen Bilder auszuwerten, um eine Art der Interaktion des Benutzers mit dem Interaktionselement 30 zu erkennen. Dazu kann die Steuerung 20 ein Bildverarbeitungssystem umfassen, welches als Software ausgestaltet ist, welche auf einer in der Steuerung 20 vorgesehenen Computerhardware ausgeführt wird. Die Steuerung kann alternativ oder zusätzlich spezifisch zur Bildverarbeitung entwickelte Hardware umfassen. Die Bildverarbeitung kann deterministische Algorithmen und/oder KI-basierte Methoden beinhalten.
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In 1 ist die Steuerung als separate Baugruppe dargestellt. In manchen Ausführungen kann die Steuerung 20 auch in dem Medizingerät 10 integriert sein.
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Die Steuerung kann beispielsweise eingerichtet sein, um zu erkennen, wenn der Fuß 50 die Erhebung 32 des Interaktionselements 30 berührt und/oder deformiert.
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Aus der erkannten Art der Interaktion leitet die Steuerung 20 Steuersignale ab, welche an das Medizingerät 10 gesendet werden. So kann beispielsweise eine bestimmte Aktion des Medizingeräts 10 ausgelöst werden, wenn der Benutzer mit seinem Fuß 50 die Erhebung 32 des Interaktionselements 30 berührt oder deformiert. Wenn das Medizingerät 10 ein elektrochirurgischer Generator ist, kann so die Ausgabe eines bestimmten Therapiesignals an ein elektrochirurgisches Instrument ausgelöst werden, ohne dass eine drahtgebundene oder drahtlose Signalverbindung zwischen dem Interaktionselement 30 und dem Medizingerät 10 erforderlich ist.
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Wie bereits erwähnt kann die Erhebung 32 des Interaktionselements 30 elastisch ausgeführt sein, so dass der Benutzer die Erhebung 32 mit dem Fuß 50 deformieren und/oder komprimieren kann.
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Das in 1 dargestellte Interaktionselement 30 umfasst weiterhin ein Signalelement 35, welches so ausgeführt ist, dass eine Kompression der Erhebung 32 eine Formänderung des Signalelements 35 bewirkt. Dadurch ist sichergestellt, dass eine optische Veränderung des Interaktionselements 30 in einem Bereich erfolgt, welcher nicht durch den Fuß 50 des Benutzers verdeckt ist.
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In 2 ist ein Interaktionselement 130 in einer schematischen Schnittdarstellung gezeigt. Das Interaktionselement 130 umfasst wieder eine Matte 131 mit einer Erhebung 132 und einem Signalelement 135. Die Erhebung 132 und das Signalelement 135 sind als elastische Hohlkörper ausgeführt, welche durch einen Luftkanal 136 in der Matte 131 verbunden sind. Wird nun die Erhebung 132 durch den Fuß (in 2 nicht dargestellt) des Benutzers komprimiert, so strömt Luft aus der Erhebung 132 durch den Luftkanal 136 in das Signalelement 135, welches dadurch seine Form ändert. Diese Formänderung wird durch die Steuerung 20 erkannt, so dass ein entsprechendes Steuersignal erzeugt werden kann. Das Signalelement 135 kann sich dabei z.B. nach Art eines Ballons von dem Interaktionselement 130 aus nach oben hin ausdehnen. Aus der Stärke der Ausdehnung kann dann auf den Druck geschlossen werden, welcher auf die Erhebung 132 ausgeübt wird.
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Das Signalelement 135 kann mit einer dünneren Wand ausgeführt sein als die Erhebung 132, und so leichter deformierbar sein. In einer nicht dargestellten Weiterbildung kann das Signalelement optische Markierungen tragen, beispielsweise ein Strichgitter. Solche optischen Markierungen können die Erkennung einer Formänderung durch die Steuerung 20 vereinfachen.
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In den 3a, 3b sind unterschiedliche Interaktionselemente 230, 330 dargestellt. Das Interaktionselement 230 in 3a umfasst zwei Interaktionsabschnitte 230', 230", in welchen jeweils eine Erhebung 232', 232" angeordnet ist. Die Interaktionsabschnitte 230; 203" bzw. die Erhebungen 232', 232" sind zur besseren Orientierung eines Benutzers optisch unterscheidbar gekennzeichnet. Dies ist in den 3a, 3b durch unterschiedliche Schraffuren angedeutet, kann aber auch durch unterschiedliche Farbmarkierungen realisiert sein. Die Signalelemente 235', 235" können ebenfalls optisch unterscheidbar gekennzeichnet sein, was in den 3a, 3b jedoch nicht dargestellt ist.
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Das Interaktionselement 330 in 3b umfasst drei Interaktionsabschnitte 330; 330'; 330''', in welchen jeweils eine Erhebung 332; 332'; 332''' angeordnet ist. Die Interaktionsabschnitte 330', 330" entsprechen dabei den Interaktionsabschnitten 230', 230'' der 3a, während in dem Interaktionsabschnitt 330''' eine etwas kleinere Erhebung 332''' angeordnet ist. Entsprechend ist der Erhebung 332''' auch ein etwas kleineres Signalelement 335''' zugeordnet. Der Interaktionsabschnitt 330''' kann beispielsweise von der Steuerung 20 als „Toggle-Button“ interpretiert werden, bei dessen Aktivierung durch den Benutzer ein Steuersignal abgeleitet wird, welches das Medizingerät 10 zum Umschalten zwischen zwei oder mehr Betriebsarten veranlassen kann.
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Die in den 3a, 3b dargestellten Interaktionselemente 230, 330 können je nach Anwendungsfall alternativ zueinander in der Kontrollvorrichtung der 1 eingesetzt werden. Um der Steuerung 20 die Erkennung des richtigen Interaktionselements 230, 330 zu ermöglichen oder zu vereinfachen, sind die Interaktionselemente 230, 330 mit optisch unterscheidbaren Kennzeichnungen 239, 339 ausgestattet. In dem dargestellten Beispiel handelt es sich dabei um alphanumerische Markierungen, welche auch für einen Benutzer ohne Weiteres lesbar sind. In einer nicht dargestellten Ausführung können alternativ oder zusätzlich maschinenlesbare Elemente wie Barcodes oder QR-Codes vorgesehen sein.
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Die Interaktionselemente 30, 130, 230, 330 können relativ einfach und kostengünstig hergestellt werden. Beispielsweise kann ein Interaktionselement steril verpackt zur einmaligen Verwendung vorgesehen sein. Das Interaktionselement kann dann unmittelbar vor der Verwendung entpackt und am Anwendungsort platziert werden. Nach der Verwendung kann das Interaktionselement dann entsorgt bzw. dem Materialrecycling zugeführt werden. In anderen Varianten kann ein Interaktionselement aus einem robusten Material hergestellt sein, welches einer gründlichen chemischen und/oder thermischen Aufbereitung unterzogen werden kann. Ein solches Interaktionselement ist dann zur mehrmaligen Verwendung geeignet.