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Orthesen zur Entlastung eines Schultergelenkes eines Patienten werden nach Operationen oder Verletzungen im Bereich des Schultergelenkes, wie Plexusparese nach einem Motorradunfall, Schultersubluxation nach neurologischen oder neuroorthopädischen Erkrankungen oder Sehnen- oder Bänderverletzungen der Schulter verwendet, um die Gewichtskraft des am Schultergelenk ansetzenden Armes wenigstens teilweise zu kompensieren. Die zu kompensierende Gewichtskraft des Armes beträgt dabei bei einem erwachsenen Patienten etwa 6% des Gesamtkörpergewichtes.
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Das zu entlastende Schultergelenk wird im weiteren als „betroffenes Schultergelenk“ bezeichnet; das andere Schultergelenk des Patienten als „nicht-betroffenes Schultergelenk“. Durch eine Schulterorthese wird die Belastung der Haltemuskulatur und der Bänder im Bereich des betroffenen Schultergelenkes stark reduziert.
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Aus der Patentliteratur sind Schulterorthesen bekannt, bei denen Teile des Armes eines betroffenen Schultergelenkes mittels Spanngurten oder mittels Klettverbindungen am Körperstamm oder am Schultergürtel des Patienten befestigt werden.
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Aus dem Dokument
DE1020212009107A1 ist eine Orthese zur Immobilisierung eines Schultergelenkes eines Patienten bekannt, bei der ein Armabschnitt des Ellenbogens im angelegten Zustand der Orthese frontal am Körper des Patienten mittels diesen umschlingenden Gurtanordnungen fixiert wird, wobei eine erste Gurtanordnung vorgesehen ist, die eine adduzierende Kraft mit einer Kraftkomponente auf den Armabschnitt ausübt, welche parallel zur Frontalebene des Patienten und horizontal verläuft und eine zweite Gurtanordnung vorgesehen ist, die eine Kraft mit einer Kraftkomponente auf den Armabschnitt ausübt, welche parallel zur Sagittalebene des Patienten und eine zweite Kraftkomponente aufweist, welche horizontal verläuft, wobei die Orthese einen einstellbaren Zirkulargurt/Rumpfgurt und einen einstellbaren Schultergurt aufweist, welche miteinander lösbar mittels einer mechanischen Verschlusseinrichtung verbindbar sind.
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Aus dem Dokument
DE102016121202A1 ist eine Vorrichtung zum Unterstützen eines Armes bekannt, bei der der Arm von einer wenigstens ein Gelenk aufweisenden Lenkeranordnung gehalten wird, welche einerseits an einem am Rumpf des Patienten angeordneten Grundkörper und andererseits an einer den Arm haltenden Armschale befestigt ist und wobei das Gelenk elektromagnetisch durch Verwendung einer magnetorheologischen Flüssigkeit festsetzbar ist.
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Bekannte dynamische Schulterorthesen weisen den Nachteil auf, dass bei der Kompensation der Schwerkraft des Armes bei Bewegung des Armes unerwünschte, schmerzbehaftete Drehmomente im Schultergelenk auftreten.
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Es besteht der Bedarf an einer einstellbaren dynamischen Schulterorthese zur Gewichtsentlastung eines betroffenen Schultergelenkes ohne dass bei Bewegung des Armes ein Drehmomenteintrag in das Schultergelenk erfolgt.
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Die Aufgabe wird durch eine Orthese mit den Merkmalen des Hauptanspruches gelöst.
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Die neuheitliche Orthese wird anhand der Figuren erläutert. In 1 ist die an einem Patienten angelegte Orthese in einer schematischen Ansicht dargestellt. Die Orthese weist einen gabelförmigen Tragbügel 100 auf, der in 3a in der Seitenansicht und in den 3b und 3c in verschiedenen Ausführungen in der Draufsicht schematisch dargestellt ist. Der Tragbügel 100 ist vorzugsweise aus Stahldraht geformt und weist ein offenes oberes Ende 105, eine Basis 107, einen ersten Tragschenkel 102 und einen zweiten Tragschenkel 103 auf, wobei die Tragschenkel 102, 103 jeweils ein bogenförmiges Ende 106 aufweisen. In 3c ist eine Ausführungsform eines Tragbügels 100 dargestellt, der an den Enden der Tragschenkel 102, 103 Haken 108, 108' zur Befestigung von weiter unten beschriebenen Gurten aufweist. Die Basis 107 des gabelförmigen Tragbügels 100 ist vorzugsweise geradlinig ausgebildet und die Tragschenkel 102 und 103 sind gebogen und vorzugsweise auch manuell verbiegbar, um einen Kontakt der Tragschenkel 102, 103 mit der Patientenkontur zu verhindern.
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Von dem Tragbügel 100 sind in den 1 und 2 die Tragschenkel 102 und 103 dargestellt. Die Basis 107 des Tragbügels 100 ist in einem Schwenklager 140 schwenkbar gelagert, wobei die Schwenkachse in der Sagittalebene203 senkrecht zu der nicht dargestellten Körperachse verläuft. Das Schwenklager 140 ist an einem am Patienten mittels eines Hüftgurtes 10 lösbar angebrachten Hüftpolster 12 angeordnet. Das Schwenklager 140 ist vorzugsweise als textiles Lager mit einer textilen Lagerschale, vorzugsweise in Form eines durch eine Klettverbindung offen- und schließbaren Saumes ausgebildet.
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Das Hüftpolster 12 ist auf der Körperseite des zu entlastenden Schultergelenkes, im Folgenden „betroffenes Schultergelenk“ genannt, mittels eines geteilten, in der Länge einstellbaren, den Körper des Patienten umschlingenden Hüftgurtes 10 am Patientenkörper fixiert. Der Hüftgurt 10 weist dabei im Verbindungsbereich der Enden vorzugsweise eine verstellbare Klettverbindung aus Flausch und Haken auf.
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Im Bereich des betroffenen Schultergelenks mit der Gelenkkugel/dem Humeruskopf 3 ist weiterhin ein Schlüsselbeinpolster 120 am Patienten angeordnet, das mittels eines geteilten, in der Länge einstellbaren, den Oberkörper des Patienten umschlingenden Achselgurtes 122 gehalten wird. Der Achselgurt 122 verläuft dabei von dem Schlüsselbeinpolster 120 auf der Oberseite des Schlüsselbeins der betroffenen Seite des Patienten auf der Brustseite unter der Achsel hindurch und auf der Rückenseite zurück zum Schlüsselbeinpolster 120.
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Das Schlüsselbeinpolster 120 weist eine erste Befestigungsstelle 162 für einen ersten Abspanngurt 160 und eine zweite Befestigungsstelle 163 für einen zweiten Abspanngurt 161 auf. Der erste Abspanngurt 160 ist an einer dritten Befestigungsstelle 164 am ersten Tragschenkel 102 befestigt und der zweite Abspanngurt 161 ist an einer vierten Befestigungsstelle 165 am zweiten Tragschenkel 103 befestigt. Bei der am Patientenkörper angelegten Orthese wirken durch die Abspanngurte 160, 161 jeweils Zugkräfte auf das Schlüsselbeinpolster 120, die vom Achselgurt 122 und der Auflagekraft des Schlüsselbeinpolsters auf dem Schlüsselbein kompensiert werden und ein Verrutschen des Schlüsselbeinpolsters 120 am Patientenkörper verhindert. Der Achselgurt 122 ist am Schlüsselbeinpolster 120 an einer ersten Achselgurtbefestigungsstelle 168 und an einer zweiten Achselgurtbefestigungsstelle 169 befestigt.
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Die Abspanngurte 160, 161 weisen jeweils nicht dargestellte Verstellbereiche auf und sind längenverstellbar unter Verwendung von Klemmschnallen oder Haken-Flausch-Klettverbindungen ausgeführt. Durch die Längenveränderung der Abspanngurte 160, 161 ist der Schwenkwinkel 201 des Tragearmes 102 bezüglich der Sagittalebene 203 verstellbar und an die Abmessungen des Patientenkörpers anpassbar.
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Der erste Tragschenkel 102 weist an seinem Ende in der Nähe des offenen Endes 105 des Tragbügels 100 eine fünfte Befestigungsstelle 166 und der zweite Tragschenkel 103 weist an seinem Ende in der Nähe des offenen Endes 105 des Tragebügels 100 eine sechste Befestigungsstelle 167 auf.
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An der fünften Befestigungsstelle 166 ist ein erster elastischer Sagittalzügel 130 und an der sechsten Befestigungsstelle 167 ist ein zweiter elastischer Sagittalzügel 131 befestigt. Der Neigungswinkel 201 des gabelförmigen Tragbügels 100 wird dabei mittels der verstellbaren Abspanngurte 160, 161 derart an die Anatomie des Patientenkörpers angepasst, dass die fünfte Befestigungsstelle 166 und die sechste Befestigungsstelle 167 in der die Gelenkkugel bzw. den Humeruskopf 3 des betroffenen Schultergelenks enthaltende Sagittalebene 202 liegt.
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Die Sagittalzügel 130, 131 weisen jeweils einen bandförmigen Gurt mit einer vorgegebenen Kraft-Dehnungslängen-Charakteristik auf. Es ist vorgesehen, dass die Sagittalzügel jeweils zweiteilig aus zwei Teilgurten ausgeführt sind und die beiden Teilgurte jeweils einen elastisch dehnbaren Abschnitt umschließen. Die Sagittalzügel 130, 131 sind sind in ihrer Länge einstellbar, wobei die Einstellung einmalig durch Ablängen eines der Teilgurte oder durch eine Längenverstellung unter Verwendung von Klemmschnallen oder Haken-Flausch-Verbindungen erfolgt.
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Die Sagittalzügel 130, 131 sind am oberen Ende an den Befestigungsstellen 166, 167 befestigt und verlaufen längs der Vorder- und der Rückseite des Oberarmes 4 und tragen an ihren unteren Enden eine Unterarm-/Ellbogenmanschette 7, die das Ellbogengelenk 5 und den oberen Teil des Unterarmes 6 umfasst. Die Befestigungsstellen der Sagittalzügel 130, 131 an der Unterarm-/Ellbogenmanschette 7 liegen dabei in der Sagittalebene 202.
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Zur Anpassung der Haltekraft der Sagittalzügel 130, 131 an die Gewichtskraft des Armes des Patienten, werden die Längen der Sagittalzügel 130, 131 derart eingestellt, dass die Haltekraft gemäß der Kraft-Dehnungslängen-Charakteristik der Gewichtskraft des Armes entspricht. Dadurch ist sichergestellt, dass im statischen Fall eines ruhig hängenden Armes des Patienten die Gewichtskraft des Armes im Schultergelenk kompensiert wird und der Humeruskopf 3 ohne Zug- oder Druckbelastung in der Gelenkpfanne des Schultergelenks liegt.
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Im dynamischen Fall bewegt der Patient den Arm seitlich am Körper in der Sagittalebene. Bei einer Armbewegung nach vorne wird der auf der Vorderseite des Oberarmes 4 liegende Sagittalzügel 130 teilweise entlastet, wohingegen der auf der Rückseite des Oberarmes 4 liegende Sagittalzügel 131 eine Dehnung erfährt und eine gegenüber der Haltekraft im Ruhezustand erhöhte rückstellende Kraft auf die Unterarm-/Ellbogenmanschette 7 ausübt. Analog wird bei einer Armbewegung nach hinten der auf der Rückseite des Oberarmes 4 liegende Sagittalzügel 131 teilweise entlastet, wohingegen der auf der Vorderseite des Oberarmes 4 liegende Sagittalzügel 130 eine Dehnung erfährt und eine erhöhte rückstellende Kraft auf die Unterarm-/Ellbogenmanschette 7 ausübt.
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Es ist vorgesehen, dass die Sagittalzügel 130, 131 eine Ellbogen-Unterarmschlinge oder eine Unterarm-/Handorthese für einen im Ellbogengelenk abgewinkelten Unterarm tragen.
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In den 4 und 5 sind vorteilhafte Ausführungen der dritten bis sechsten Befestigungsstellen 164, 165, 166, 167 schematisch dargestellt. Dazu ist am bogenförmigen Ende 106 der Tragschenkel 102, 103 jeweils ein Köcher 116 vorgesehen, der die jeweiligen Enden der Tragschenkel 102, 103 umschließt. Der Köcher 116 kann mit nicht dargestellten Ösen zur Befestigung der Abspanngurte 160, 161 und der Sagittalzügel 130, 131 ausgestattet sein, wobei der Köcher vorzugsweise einstückig aus Kunststoff ausgeführt ist. Es ist weiterhin vorgesehen, anstelle der Ösen jeweils Haken-Flausch-Klettverbindungen für die dritten bis sechsten Befestigungsstellen 164, 165, 166, 167 vorzusehen. Der Köcher 116 wird in diesem Fall vorteilhafterweise aus einem Klettmaterial mit einem außenliegenden Flauschmaterial durch eine Naht 118 gebildet.
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Es ist weiterhin vorgesehen, an dem Köcher 116 die zu befestigenden Gurte mittels Haken-Flausch-Verbindungen zu befestigen. Beispielhaft ist dies für einen elastischen Sagittalzügel 130 mit einer Klettschlaufe 117 in 5 schematisch dargestellt. Es ist ferner vorgesehen,einige der Befestigungsstellen 164 bis 167 durch Aufnähen der Gurte zu realisieren, wie dies beispielhaft für den ersten Abspanngurt 160 in 5 dargestellt ist, welcher mit einer Naht 119 am Köcher 116 angenäht ist.
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Die dynamische Schulterorthese zur Entlastung eines Schultergelenkes von der Gewichtskraft des Armes weist auf:
- - ein am Patientenkörper mittels eines Hüftgurtes 10 gehaltenes Hüftpolster 12,
- - ein am Patientenkörper mittels eines Achselgurtes 122 gehaltenes Schlüsselbeinpolster 120,
- - einen gabelförmigen Tragbügel 100 mit einem offenen oberen Ende 105, einer Basis 107, einem ersten Tragschenkel 102 und einem zweiten Tragschenkel 103 mit jeweils bogenförmigen Enden 106, wobei der gabelförmige Tragbügel 100 mit der Basis 107 in einem am Hüftpolster 12 gehaltenen Schwenklager 140 um eine horizontal in der Sagittalebene 203 verlaufende Drehachse verschwenkbar gelagert ist,
- - eine das Ellenbogengelenk 5 umschließende Unterarm-/Ellbogenmanschette 7, die mit in der Sagittalebene 202 der Gelenkkugel / des Humeruskopfes 3 angeordneten und am bogenförmigen Ende 106 des gabelförmigen Tragbügels 100 befestigten, längenveränderbaren elastischen Sagittalzügeln 130, 131 mit gleichen Kraft-Dehnungslängen-Charakteristiken, wobei der erste elastische Sagittalzügel 130 an einer fünften Befestigungsstelle 166 und der zweite elastische Sagittalzügel 131 an einer sechsten Befestigungsstelle 167 befestigt ist und die beiden elastischen Sagittalzügel 130, 131 jeweils gleiche Dehnungslängen und Zugkräfte aufweisen, die zusammen der Gewichtskraft von Oberarm 4, Unterarm 6 und Unterarm-/Ellbogenmanschette 7 entsprechen,
- - zwei längenverstellbare Abspanngurte 160, 161, die einerseits an einer dritten und einer vierten Befestigungsstelle 164, 165 der Tragschenkel 102, 103 und andererseits an einer ersten und einer zweiten Befestigungsstelle 162, 163 am Schlüsselbeinpolster 120 befestigt sind, wobei durch Längenänderung der Abspanngurte 160, 161 der Neigungswinkel 201 des gabelförmigen Tragbügels 100 gegenüber der Sagittalebene 202 einstellbar ist.
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Verzeichnis der Abbildungen:
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- 1: Schematische Ansicht einer am Patienten angelegten neuartigen dynamischen Schulterorthese.
- 2: Schematische Draufsicht der dynamischen Schulterorthese.
- 3: Ansichten verschiedener Tragbügel
- 4: Tragschenkels mit Köcher aus Klettmaterial
- 5: Köcher mit aufgekletteten und aufgenähten Gurten
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Bezugszeichenliste:
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- 3
- Gelenkkugel/Humeruskopf
- 4
- Oberarm
- 5
- Ellenbogengelenk
- 6
- Unterarm
- 7
- Unterarm-/Ellbogenmanschette
- 10
- Hüftgurt
- 12
- Hüftpolster
- 100
- gabelförmiger Tragbügel
- 102
- erster Tragschenkel
- 103
- zweiter Tragschenkel
- 105
- offenes Ende
- 106
- bogenförmiges Ende
- 107
- Basis
- 108, 108'
- Haken
- 116
- Köcher
- 117
- Klettschlaufe
- 118
- Naht
- 119
- Naht
- 120
- Schlüsselbeinpolster
- 122
- Achselgurt
- 130
- erster elastischer Sagittalzügel
- 131
- zweiter elastischer Sagittalzügel
- 140
- Schwenklager
- 160
- Erster Abspanngurt
- 161
- Zweiter Abspanngurt
- 162
- Erste Befestigungsstelle
- 163
- zweite Befestigungsstelle
- 164
- dritte Befestigungsstelle
- 165
- vierte Befestigungsstelle
- 166
- fünfte Befestigungsstelle
- 167
- sechste Befestigungsstelle
- 168
- erste Achselgurtbefestigungsstelle
- 169
- zweite Achselgurtbefestigungsstelle
- 200
- Patientenkörper
- 201
- Neigungswinkel
- 202
- Sagittalebene
- 203
- Sagittalebene
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 1020212009107 A1 [0004]
- DE 102016121202 A1 [0005]