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Die vorliegende Erfindung betrifft einen Bürstendichtung zum Abdichten eines beweglichen Hubtisches gegen einen Pulverschacht in einer Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie eine Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen nach Anspruch 8.
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Bürstendichtungen sind berührende Dichtungen und können Drähte oder Fasern als flexible Dichtungselemente aufweisen. Diese flexiblen Dichtungselemente können sich adaptiv an die zu dichtenden Flächen anpassen. Bürstendichtungen können dynamische und statische Dichtungsfunktionen übernehmen. Sie sind in unterschiedlichen Einsatzbereichen anwendbar, beispielsweise im allgemeinen Maschinenbau, in der Luftfahrtindustrie und in Dampf- sowie Industriegasturbinen. Bürstendichtungen können eine Alternative zu Labyrinthdichtungen oder zu anderen berührenden Dichtungen darstellen, beispielsweise zu Gleitdichtungen. In Anlagen zur generativen Herstellung von Bauteilen werden zum Abdichten des Bauraums zwischen dem Hubtisch und dem Pulverschacht oft Gleitdichtungen eingesetzt. Gleitdichtungen weisen in der Regel eine begrenzte Ausdehnungskapazität bei hohen Temperaturunterschieden auf. Dies kann zum Abdichten des Bauraums in Anlagen zur generativen Herstellung von Bauteilen nachteilig sein, sodass beispielsweise loses Pulvermaterial aus dem Bauraum in die Dichtungen eintreten kann. Dies kann zum Verlust der Dichtwirkung führen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Bürstendichtung zum Abdichten eines beweglichen Hubtisches gegen einen Pulverschacht in einer Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen vorzuschlagen. Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen mit einer Bürstendichtung vorzuschlagen.
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Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch eine Bürstendichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Ferner wird die erfindungsgemäße Aufgabe durch eine Anlage mit den Merkmalen des Anspruchs 8 gelöst.
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Erfindungsgemäß wird eine Bürstendichtung zum Abdichten eines beweglichen Hubtisches gegen einen Pulverschacht in einer Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen vorgeschlagen. Die Bürstendichtung umfasst ein Borstengehäuse, welches eine untere Deckscheibe und eine obere Deckscheibe aufweist. Das Borstengehäuse ist an dem Hubtisch angeordnet. Die Anordnung an dem Hubtisch weist eine zur Achsmitte des Hubtischs hin gerichteten, innere Anlagefläche sowie eine untere und eine obere Anlagefläche des Borstengehäuses an dem Hubtisch auf. Die Achsmitte kann als Bewegungsachse des Hubtisches bezeichnet werden. In dem Borstengehäuse sind Borsten gefestigt, die mit ihren freien Enden zu dem Pulverschacht hin ausgerichtet sind. Die Borsten weisen, bezogen auf eine Hubebene des Hubtisches, einen Legewinkel a zwischen 20 Grad und 70 Grad auf, wobei der Legewinkel a von der Senkrechten der zu den Borsten hin ausgerichteten Pulverschachtoberfläche gemessen wird. Die Hubebene des Hubtisches kann eine beliebige Ebene zwischen dem unteren und oberen Anschlag des Verfahrweges des Hubtisches in dem Pulverschaft sein. Der Legewinkel a wird in einer Hubebene bestimmt.
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Erfindungsgemäß wird weiterhin ein Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen vorgeschlagen, die eine erfindungsgemäße Bürstendichtung umfasst. Die Anlage kann eine Bürstendichtung aufweisen, die in einer Nut in einem Hubtisch der Anlage mittels einer Adapterplatte fixiert ist. Weiterhin kann die Anlage eine Bürstendichtung aufweisen, in der der Legewinkel a eine Funktion der Anpresskraft der Dichtbürste an die Oberfläche des Pulverschachts ist.
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Vorteilhafte Weiterentwicklungen der vorliegenden Erfindung sind jeweils Gegenstand von Unteransprüchen und Ausführungsformen.
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Erfindungsgemäße, beispielhafte Ausführungsformen können eines oder mehrere der im Folgenden genannten Merkmale in beliebiger Kombination aufweisen, sofern eine, oder die, konkrete Kombination für den Fachmann nicht als offenkundig technisch unmöglich erkennbar ist. Auch die Gegenstände der Unteransprüche geben jeweils erfindungsgemäße, beispielhafte Ausführungsformen an.
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Bei allen oben gemachten und unten folgenden Ausführungen ist der Gebrauch des Ausdrucks „kann sein“ bzw. „kann haben“ usw. synonym zu „ist vorzugsweise“ bzw. „hat vorzugsweise“ usw. zu verstehen und soll erfindungsgemäße, beispielhafte Ausführungsformen erläutern.
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Wann immer hierin Alternativen mit „und/oder“ eingeführt werden, so versteht der Fachmann das darin enthaltene „oder“ vorzugsweise als „entweder oder“ und vorzugsweise nicht als „und“.
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Hierin genannte Ausführungsformen sind als erfindungsgemäße, rein exemplarische Ausführungsformen der vorliegenden Erfindung zu verstehen, die nicht als beschränkend zu verstehen sind.
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Eine Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen kann als Anlage bezeichnet und verstanden werden, die Bauteile mittels generativer Fertigungsverfahren herstellt. Ein generatives Fertigungsverfahren kann als additives Fertigungsverfahren, als Verfahren zur additiven Fertigung oder als additive Fertigung (eng.: Additive Manufacturing, abgekürzt AM) bezeichnet werden. Bei einem generativen Fertigungsverfahren kann aus formlosen (Flüssigkeiten, Gelen/Pasten, Pulvern oder ähnlichem) Werkstoffen bzw. Materialien mittels chemischer und/oder physikalischer Prozesse ein Bauteil hergestellt werden.
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Das generative Fertigungsverfahren kann beispielsweise ein Verfahren mittels Laserstrahlschmelzen (englisch: Selective Laser Melting, abgekürzt SLM) oder mittels Elektronenstrahlschmelzen (englisch: Electron Beam Melting, abgekürzt EBM) sein. Diese beiden Verfahren können den Hochtemperaturverfahren zugeordnet werden. In diesen Verfahren werden in der Regel Metallpulver eingesetzt bzw. aufgeschmolzen. Weiterhin kann das generative Fertigungsverfahren ein Verfahren mittels Lasersintern sein, bei dem Polymere, Keramiken oder Metalle als Werkstoffe zum Herstellen der Bauteile eingesetzt werden können.
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Im Folgenden werden insbesondere die pulverbettbasierten Schmelzverfahren als generative Fertigungsverfahren diskutiert, zu denen das SLM-Verfahren und das EBM-Verfahren zuzuordnen sind. Bei den pulverbettbasierten Schmelzverfahren werden Pulver, insbesondere Metallpulver, schichtweise zum Erstellen der Bauteile aufgeschmolzen. Das Pulver befindet sich dabei in der Regel in einem Pulverschacht. Innerhalb des Pulverschachts kann der Hubtisch während des Herstellverfahrens verfahren bzw. abgesenkt werden.
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Die Bürstendichtung dichtet den beweglichen Hubtisch gegen den Pulverschacht in der Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen ab. Der Hubtisch kann beispielsweise in einer vorbestimmten Weise abgesenkt werden, so dass das Bauteil auf der Oberfläche des Hubtisches schichtweise verfestigt wird. Der Hubtisch kann an seinem oberen Ende weitere Hubtischelemente aufweisen. Zunächst kann eine Adapterplatte befestigt sein, auf der optional eine Heizplatte angeordnet ist. An der Heizplatte kann am äußeren Umfang in einer nach oben offenen Nut stirnseitig die Bürstendichtung angeordnet sein. Nach der Montage der Bürstendichtung kann von oben ein sogenannter Niederhalter die Bürstendichtung in der Nut fixieren. Der Niederhalter kann beispielsweise ringförmig ausgestaltet sein, der in eine Ringnut an der Heizplatte von oben eingelegt wird. Anschließend kann auf der Heizplatte mit dem Niederhalter die Bauplattform angeordnet werden. Die Bauplattform kann beispielsweise mit der Heizplatte verschraubt werden. Auf der Bauplattform kann während des Fertigungsprozesses das Bauteil oder können mehrere Bauteile schichtweise ausgehärtet werden. Während dieses Fertigungsprozesses kann der Hubtisch beispielsweise mittels einer vorgegebenen Steuerfunktion kontinuierlich oder schrittweise nach unten bewegt werden. Bei dieser Bewegung ist es wichtig, dass die Bürstendichtung ein Eindringen von einem optional losen Pulver als Material zur Bauteilfertigung, beispielsweise einem Metallpulver, in die Dichtung verhindert. Durch ein Eindringen von Pulver in die Dichtung könnte diese beschädigt werden, sodass das Pulver durch den Spalt zwischen dem Hubtisch und dem Pulverschacht nach unten fällt. Dies kann zu Pulververlusten führen, welches dann für die Bauteilfertigung nicht mehr zur Verfügung steht. Weiterhin kann die gesamte Anlage dadurch beschädigt werden. Eine Demontage des Hubtisches und weiterer Anlagenteile kann dadurch zu Produktionsausfällen und weiteren Folgen führen. Daher ist es wichtig, mittels der erfindungsgemäßen Bürstendichtung die Dichtfunktion bei allen möglichen Betriebszuständen möglichst lange sicherzustellen. Insbesondere bei hohen Temperaturschwankungen, wie sie bei Hochtemperaturanwendungen bei SLM-Anlagen oder EBM-Anlagen auftreten können, werden an diese Dichtung erhöhte Anforderungen gestellt, beispielsweise durch die Materialausdehnungen des Hubtisches mit der Heizplatte sowie dem Pulverschacht.
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Mittels der erfindungsgemäßen Bürstendichtung können sich die Borsten mit ihren freien Enden, die zu der inneren Oberfläche des Pulverschachts hin ausgerichtet sind, anlegen und somit die Dichtfunktion herstellen. Dabei sind die Borsten erfindungsgemäß nicht senkrecht auf die Oberfläche des Pulverschachts ausgerichtet. Eine derartige senkrechte Ausrichtung hätte ein Stauchen der Borsten im montierten Zustand zur Folge, was möglicherweise zu erhöhten Materialbelastungen der Borsten und einem frühzeitigen Versagen der Bürstendichtung führen könnte. Weiterhin würde ein Ausgleich der Materialausdehnungen bei Hochtemperaturanwendungen bei dieser Bauform zu Verformungen der Borsten führen und dadurch die Dichtwirkung beeinträchtigen. Daher werden die Borsten erfindungsgemäß mittels eines Legewinkels a zwischen 20 Grad und 70 Grad ausgerichtet. Diese Ausrichtung erfolgt in einer Hubebene, sodass sich die Borsten in Umfangsrichtung an die Oberfläche des Pulverschachts anlegen können. Würde sich die Ausrichtung nicht auf eine Hubebene beschränken, könnten sich die Borsten auch in der Bewegungsrichtung des Hubtisches nach unten und/oder nach oben ausrichten, was die Dichtwirkung verringern könnte. Erst bei einer Bewegung des Hubtisches bei der schichtweisen Erstellung des Bauteils können die Borsten geringfügig in die Bewegungsrichtung des Hubtisches umgelenkt bzw. ausgelenkt werden. Diese Auslenkungen werden wiederum durch die Deckplatten des Borstengehäuses und gegebenenfalls durch ein Abstandselement, wenn mehrere Dichtbürsten in Reihe (in Bewegungsrichtung des Hubtisches) angeordnet sind, begrenzt. Bei einem theoretischen Legewinkel a von 90 Grad würden die Borsten tangential an der Oberfläche des Pulverschachts anliegen, wodurch die notwendige radiale Vorspannung der Borsten und damit die Dichtwirkung der Borsten nicht erreichbar wären. Deshalb wird erfindungsgemäß der Legewinkel a zwischen 20 Grad und 70 Grad begrenzt.
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In einigen, erfindungsgemäßen Ausführungsformen weisen die Borsten einen Legewinkel a zwischen 40 Grad und 50 Grad auf. Insbesondere kann der Legewinkel a ca. 45 Grad betragen. Im Einbauzustand, also wenn die Bürstendichtung an dem Hubtisch montiert ist und die Borsten mittels einer radialen Vorspannung an der Oberfläche des Pulverschachts anliegen, kann sich der Legewinkel a je nach gewünschter radialer Vorspannung und den geometrischen Verhältnissen verändern. Bei einem Legewinkel a zwischen 40 Grad und 50 Grad kann die radiale Vorspannung vorteilhaft einfach definiert eingestellt und optimiert werden, um beispielsweise einen materialschonenden Toleranzausgleich zwischen dem Anliegen der Borsten und der Oberfläche zu ermöglichen.
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In einigen, erfindungsgemäßen Ausführungsformen sind die Borsten in Form einer Dichtbürste zwischen einem Kernelement und einem Ringelement festgeklemmt. Die Borsten können beispielsweise um einen Kerndraht als Kernelement zu annähernd 360 Grad herumgelegt bzw. herumgebogen werden, sodass die Borsten den Kerndraht ummanteln. Anschließend können die Borsten in dieser Position mittels eines Ringelements von außen festgeklemmt werden, sodass die Borsten lediglich aus einem offenen Umfangssegment des Ringelements herausgeführt werden. Diese gesamte Anordnung aus Borsten, Kernelement und Ringelement kann vorteilhaft modular in unterschiedlichen Borstengehäusen montiert werden. Die Borstengehäuse können länglich bzw. streifenförmig oder bogenförmig sein. Die Borstengehäuse können zu einer vollständigen, geschlossenen Ringdichtung, beispielsweise für einen runden Hubtisch, zusammengesetzt werden. Der runde Hubtisch kann in einem zylindrischen bzw. rohrförmigen Pulverschacht bewegt werden. Ebenso können die Borstengehäuse gerade sein und beispielsweise für einen rechteckförmigen Hubtisch zusammengesetzt werden.
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In einigen, erfindungsgemäßen Ausführungsformen sind die Borsten aus einem Metall und/ oder aus einem Kunststoff hergestellt oder weisen ein solches Material auf. Die Borsten können bei materialsensitiven Anwendungen aus sortenreine Materialien bestehen. Materialsensitive Anwendungen können beispielsweise medizinische Anwendungen sein, bei denen Implantate oder Bauteile mit Kontakt zu menschlichem oder tierischem Gewebe gefertigt werden. Bei diesen materialsensitiven Anwendungen sind Materialverunreinigungen so weit wie möglich zu vermeiden oder zumindest auf ein zulässiges Mindestmaß zu reduzieren. Materialsensitive Anwendungen können weiterhin hochbelastete technische Anwendungen sein, bei denen Fremdmaterialien weitgehend vermieden werden sollten.
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Borstenmaterialien aus Metall können Nickel-Legierungen sein, die beispielsweise als hochtemperaturbeständige Legierungen in der Luft- und Raumfahrt eingesetzt werden. Rein exemplarisch kann eine Nickel-Legierung die aushärtbare Nickel-Chrom Legierung mit der DIN-Bezeichnung NiCr19Fe19NbMo3 sein. Diese Legierung weist alternativ die Werkstoffnummer 2.4668 oder die Markenbezeichnung INCONEL™ 718 (IN718) auf.
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Borstenmaterialien aus Kunststoff können beispielsweise Aramide bzw. Polyamide sein oder solche umfassen. Aramide werden auch Polyaramide oder aromatische Polyamide genannt. Zu den Aramiden ist beispielsweise das Poly(p-phenylenterephthalamid), abgekürzt PPTA, zu zählen. Das Aramid mit dem Markennamen KEVLAR® ist beispielsweise ein PPTA. Aramide sind als chemisch beständige Kunststoffe vorteilhaft in Anlagen zur generativen Herstellung von Bauteilen einsetzbar.
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Weiterhin können andere Materialien als Borstenmaterialien eingesetzt werden, die je nach prozessrelevanten Bedingungen und Vorgaben bei der generativen Herstellung auswählbar sind.
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In einigen, erfindungsgemäßen Ausführungsformen weisen die einzelnen Borsten einen Durchmesser zwischen 0,01 mm und 0,2 mm auf. Bei einem geringen Durchmesser können entsprechend mehr Borsten pro Dichtbürste verwendet werden. Als charakteristisches Maß kann die Einheit Bürsten oder Fasern pro Millimeter (englisch: Bristles per mm, abgekürzt Bpmm; Fibres per mm, Fpmm) verwendet werden. Rein exemplarisch können die folgenden Unterteilungen angewendet werden. Metallborsten: Drahtdurchmesser 0,07 mm - 100 Bpmm; 0,07 mm - 200 Bpmm; 0,1 mm - 140 Bpmm; 0,15 mm - 50 Bpmm; Kunststoffborsten (z. B. Aramid): Faserdurchmesser 0,012 mm - 4000 Fpmm; 0,012 mm - 6350 Fpmm.
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Manche oder alle erfindungsgemäßen Ausführungsformen können einen, mehrere oder alle der oben und/oder im Folgenden genannten Vorteile aufweisen.
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Die erfindungsgemäße Bürstendichtung ermöglicht es, den Verschleiß der Dichtung im Vergleich zu anderen berührenden Dichtungen wie beispielsweise Gleitdichtungen zu reduzieren. Dadurch können beispielsweise die Betriebszeiten der Dichtung vorteilhaft verlängert werden, was zu geringeren Kosten, weniger Ausfallzeiten und reduzierten Ersatzteilen führen kann.
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Mittels der erfindungsgemäßen Bürstendichtung können Wärmedehnungen der dichtenden Bauteile ausgeglichen werden und die Dichtfunktion auch bei hohen Temperaturunterschieden aufrechterhalten werden. Hohe Temperaturunterschiede treten beispielsweise bei Hochtemperaturanwendungen in SLM-Anlagen oder EBM-Anlagen auf. Dies ist besonders vorteilhaft bei Anlagen mit rundem Bauraum, ist aber auch in eckigen Bauräumen vorteilhaft.
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Mittels der erfindungsgemäßen Bürstendichtung, die einen Legewinkel a der schräg angeordneten Borsten zwischen 20 Grad und 70 Grad aufweist, ist vorteilhaft ein materialschonender Toleranzausgleich beispielsweise der Spaltbreite zwischen dem Hubtisch und der inneren Oberfläche des Pulverschachts möglich. Ebenso können Oberflächenunebenheiten oder ähnliches mittels der erfindungsgemäßen Bürstendichtung ausgeglichen werden. Tritt beispielsweise eine höhere Dichtbelastung durch einen engeren Spalt oder durch Oberflächenunebenheiten auf, werden die Borsten lediglich stärker gebogen. Dies ist im Vergleich zu geraden Borsten, die bei diesem Belastungsfall stärker gestaucht werden, wesentlich materialschonender.
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Die erfindungsgemäße Bürstendichtung mit den schräg angeordneten Borsten ermöglicht es vorteilhaft, die Vorspannung der Borsten zur Gegenfläche definiert einstellen zu können. Je nach Legewinkel a der Borsten kann die Kraft auf die Gegenfläche verändert werden.
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Der modulare Aufbau der erfindungsgemäßen Bürstendichtung ermöglicht es, das Material der Borsten je nach Anwendung zu wählen. Beispielsweise ist bei materialsensitiven Anwendungen eine Anlage zum generativen Herstellen von Bauteilen mit sortenreinen Materialien sehr wichtig. Bei medizinischen Anwendungen müssen oft Verunreinigungen, wie sie durch einen Materialabrieb an Dichtungen mit nicht sortenreinen Materialien auftreten können, vermieden werden. Ebenso ist bei hochbelasteten, technischen Anwendungen eine Verunreinigung durch Fremdmaterial zu vermeiden. Ebenso ist der Einsatz von hochtemperaturbeständigen und chemisch beständigen Kunststoffen, wie beispielsweise Aramid-Kunststoffe, als Materialeinsatz für die Borsten vorteilhaft möglich. Weiterhin können prozessrelevante Borstenmaterialien verwendet werden.
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Mittels einer variablen Auslegung der Bürstenbreite ist vorteilhaft eine optimale Auslegung der Bürstendichtung möglich. Zu den Auslegungsparametern ist beispielsweise die Quersteifigkeit der Borsten und/oder die Breite des Dichtpakets der Borsten zu zählen. Ebenso kann mittels der Wahl der Drahtstärke, also des Durchmessers von Metallborsten, die Bürstendichtung je nach Anwendungsfall ausgelegt werden.
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Die vorliegende Erfindung wird im Folgenden anhand der beigefügten Zeichnungen, in welcher identische Bezugszeichen gleiche oder ähnliche Bauteile bezeichnen, exemplarisch erläutert. In den stark schematisch vereinfachten Figuren gilt:
- 1 zeigt einen Ausschnitt als Längsschnitt einer Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen mit einer erfindungsgemäßen Bürstendichtung;
- 2 zeigt einen Ausschnitt aus 1 mit der erfindungsgemäßen Bürstendichtung zum Abdichten des Pulverraums; und
- 3 zeigt die Ausrichtung der Borsten in einer Hubebene mit einem Legewinkel von ca. 45 Grad.
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1 zeigt einen Ausschnitt als Längsschnitt einer Anlage 100 zur generativen Herstellung von Bauteilen 1 mit einer erfindungsgemäßen Bürstendichtung 200.
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Die Anlage 100 zeigt in dem dargestellten Ausschnitt unter anderem einen Hubtisch 6 mit einem möglichen Verfahrweg 22 nach oben und unten, eine Achsmitte 10 des Hubtisches 6, einen Pulverschacht 4 und einen Maschinentisch 5. An dem Hubtisch 6 ist stirnseitig oben eine Adapterplatte 7 befestigt. Daran anschließend ist eine Heizplatte 8 montiert, mit der der Bauraum einschließlich einem Pulver 2 zum Erzeugen eines Bauteils 1 erwärmt werden kann.
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Rein exemplarisch ist der Bauraum mit dem Pulverschacht 4 rund bzw. kreisförmig ausgeführt. In anderen Ausführungsformen kann der Bauraum rechteckig oder anders ausgestaltet sein. Zwischen dem runden Pulverschacht 4 und der Heizplatte 8 ist die erfindungsgemäße Bürstendichtung 200 in einer Hubebene 21 angeordnet. Die Hubebene 21 verändert sich mit dem Verfahrweg 22 des Hubtisches 6. Die Details der Bürstendichtung 200 werden in der 2 näher beschrieben. Die kreisrunde Bürstendichtung 200 ist in einer kreisrunden, außenliegenden und nach oben offenen Nut an der Heizplatte 8 außen angeordnet. Zur Montage der Bürstendichtung 200 wird diese zunächst in die Nut der Heizplatte 8 eingelegt bzw. eingeschoben und anschließend mit einem Niederhalter 9 in dieser Position fixiert. Der Niederhalter 9 weist eine Ringform auf und kann beispielsweise in eine Aussparung auf der Oberseite der Heizplatte 8 eingelegt und befestigt werden.
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Oberhalb der Heizplatte 8 wird die Bauplattform 3 montiert, beispielsweise mittels Verschraubungen. Auf der Bauplattform 3 wird während des Fertigungsprozesses das Bauteil 1 schichtweise aufgebaut. Auf der Bauplattform 3 können ein oder mehrere Bauteile 1 gleichzeitig gefertigt werden. In 1 sind exemplarisch zwei Bauteile 1 dargestellt. Das schichtweise Aufbauen erfolgt mittels Verfestigen des Pulvers 2, beispielsweise mittels einer Laserstrahlschmelz-Anlage (Selective Laser Melting, SLM), einer Elektronenstrahlschmelz-Anlage (Electron Beam Melting, EBM) oder einem anderen Verfahren. Bei den beiden genannten Verfahren SLM und EBM werden in der Regel Metallpulver 2 verarbeitet.
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2 zeigt einen Ausschnitt aus 1 mit der erfindungsgemäßen Bürstendichtung 200 zum Abdichten des Pulverraums mit dem Pulver 2. Die Bürstendichtung 200, die in diesem Ausführungsbeispiel exemplarisch kreisrund ausgeführt ist, ist in der außenliegenden und nach oben offenen Nut an der Heizplatte 8 außen angeordnet. Die Bürstendichtung 200 liegt mit einer inneren Anlagefläche 14 und einer unteren Anlagefläche 15 in der Nut. Nach dem Einlegen der Bürstendichtung 200 in die Nut wird der Niederhalter 9 von oben montiert. Daher liegt die Bürstendichtung 200 mit einer oberen Anlagefläche 16 an der Unterseite dieses Niederhalter 9 an und wird dadurch fixiert.
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Die Bürstendichtung 200 weist in dieser Ausführungsform zwei übereinander angeordnete Dichtbürsten 12 auf, die durch ein Abstandselement 13 voneinander getrennt sind. Das Abstandselement 13 kann als Spacer 13 bezeichnet werden. Diese exemplarische Ausführungsform mit zwei Dichtbürsten 12 kann die Dichtwirkung gegenüber nur einer Dichtbürste 12 erhöhen. Ebenso sind Bürstendichtungen 200 mit mehr zwei Dichtbürsten 12 möglich.
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Die Dichtbürsten 12 weisen jeweils ein Bündel aus Borsten 17 auf, die um ein Kernelement 18 herumgeschlungen sind. Das Kernelement 18 kann beispielsweise ein Kerndraht sein. Das Bündel aus Borsten 17 ist in 2 schematisch vereinfacht dargestellt. Die Borsten 17 können beispielsweise Metallborsten oder Faserborsten aus Kunststoff sein. Der Borstendurchmesser kann rein exemplarisch einen Wert zwischen ca. 0,01mm und ca. 0,2mm annehmen. Nach dem Umschlingen des Borstenbündels um das Kernelement 18 werden die Borsten 17 mittels eines Ringelements 19 festgeklemmt.
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Die Borsten 17 liegen mit einem Legewinkel a an der Oberfläche des Pulverschachts 4 an. Dieser Legewinkel a wird in der Schnittebene 20, die in 3 dargestellt ist, näher beschrieben. In 2 ist der Legewinkel a senkrecht zur Zeichenebene angeordnet und daher nicht sichtbar. Weiterhin liegen die Borsten 17 an der oberen und unteren Deckscheibe 11 an. Nur der Endbereich der Borsten 17, der unmittelbar an der Oberfläche des Pulverschachts 4 angeordnet ist, liegt nicht an den Deckscheiben 11 an. Dieser Endbereich, der sich in die Zeichenebene hinein erstreckt, wirkt unmittelbar als Dichtung für das Pulver 2 aus dem Pulverschacht 4.
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3 zeigt die Ausrichtung der Borsten 17 in einer Hubebene 21 mit einem Legewinkel a von ca. 45 Grad in der Schnittebene 20 der Bürstendichtung 200. Die Enden der Borsten 17 liegen direkt an der Oberfläche des Pulverschachts 4 an. Würde sich die Spaltbreite zwischen der Heizplatte 8 und dem Pulverschacht 4 verändern, beispielsweise durch Unebenheiten der Oberfläche oder bedingt durch den Antrieb des Hubtisches, würden die Bürstenenden einen geringfügig anderen Legewinkel a annehmen.
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Wenn die Bürstendichtung 200 in die Anlage 100 eingebaut wird, werden die Borsten 17 mit einer radialen Vorspannung versehen. Dies bedeutet, der Legewinkel a vergrößert sich direkt an der Oberfläche des Pulverschachts 4 um einige Grad. Aufgrund dieser Vorspannung liegen die Borsten 17 dicht an der Oberfläche an und bewirken die Dichtwirkung, sodass kein Pulver 12 aus dem Pulverschacht 4 nach unten durch die Dichtung fallen kann.
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Die radiale Vorspannung hängt von mehreren Parametern ab. Zunächst unmittelbar von der Einbauposition, also wie weit die Borsten 17 gegen die Oberfläche angedrückt werden und den Legewinkel a entsprechend vergrößern. Weiterhin hängt die radiale Vorspannung von dem Borstenmaterial, dem Borstendurchmesser, der Anzahl der Borsten 17 in der Dichtbürste 17 und anderen Parametern ab. Somit kann durch eine geeignete Wahl dieser Parameter die Vorspannung der Bürstendichtung 200 zur Gegenfläche angepasst bzw. eingestellt werden. Die Wahl der Vorspannung kann beispielsweise in Anhängigkeit des Pulvermaterials eingestellt werden.
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Bezugszeichenliste
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- 100
- Anlage zur generativen Herstellung von Bauteilen
- 200
- Bürstendichtung
- 1
- Bauteil
- 2
- Pulver; Metallpulver
- 3
- Bauplattform
- 4
- Pulverschacht
- 5
- Maschinentisch
- 6
- Hubtisch
- 7
- Adapterplatte
- 8
- Heizplatte
- 9
- Niederhalter
- 10
- Achsmitte des Hubtisches
- 11
- Deckscheibe
- 12
- Dichtbürste
- 13
- Abstandselement; Spacer
- 14
- innere Anlagefläche
- 15
- untere Anlagefläche
- 16
- obere Anlagefläche
- 17
- Borsten
- 18
- Kernelement
- 19
- Ringelement
- 20
- Schnittebene der Bürstendichtung
- 21
- Hubebene
- 22
- Verfahrweg des Hubtisches; Hubrichtung