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Die Erfindung betrifft eine Vorrichtung zur videobasierten automatischen Einschätzung von Schmerzen, z.B. bei Patienten im Krankenhaus, auf der Intensivstation, im Aufwachraum nach OP, bei Dementen in Pflegeeinrichtungen, noch nicht sprechenden Kindern etc.
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Bisher wird wird zur Einschätzung von Schmerzen vor allem auf die Einschätzung der Patienten selbst zurückgegriffen („Self-Report“), was jedoch bei einigen der oben genannten Personengruppe gar nicht möglich ist oder nur unzuverlässige Ergebnisse bringt. Z.T. wird das Verhalten des Patienten durch eine Pflegekraft beobachtet, um die erlittenen Schmerzen einzuschätzen. Dies ist jedoch mit großem Aufwand verbunden, für den in den engen Dienstplänen kaum Platz ist, so dass die Einschätzung oft lückenhaft oder zu oberflächlich erfolgt. Außerdem ist die Fremdeinschätzung der Schmerzen subjektiv und von sozialen Faktoren abhängig.
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Zusätzlich gibt es Verfahren, die auf der Messung von physiologischen Signalen oder Schmerzreflexen beruhen. Diese erfordern jedoch die „Verkabelung“ des Patienten und sind mit Aufwand für das Anbringen und die Überprüfung der Elektroden sowie das Sicherstellen der Sterilität verbunden. Die Firma MEDASENSE BIOMETRICS LTD offenbart in
US9498138 B2 („System and method for pain monitoring using a multidimensional analysis of physiological signals“) ein System und Verfahren zu Klassifikation und Monitoring von Schmerzen auf Basis mehrerer physiologischer Signale.
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DoloSys GmbH offenbart in
US2012226186 die Messung von Schmerzreflexen, auch bekannt aus http://www.dolosys.de/Technologie.htm
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In
EP000001629294A1 wird ein „SYSTEM UND VERFAHREN ZUR DETEKTION VON SCHMERZ UND SEINER KOMPONENTEN MITTELS MAGNETISCHER RESONANZSPEKTROSKOPIE“ beschrieben.
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Desweiteren sind automatische kamerabasierte Systeme zur permanenten Schmerzüberwachtung bekannt, z.B. Hammal und Kunz, „Pain monitoring: A dynamic and context-sensitive system“, 2012. Diese sind jedoch praktisch noch nicht einsatzfähig, da es noch Probleme im automatischen Bildverstehen gibt:
- a) Im Anwendungsbereich Klinik, Altersheim etc. kann die Beleuchtungssituation nicht wie im Labor an die Anforderungen des Systems angepasst werden. Umgebungslicht z.B. durch Sonneneinstrahlung oder einseitige Beleuchtung führt zu Abschattungen und Überblendungen, die den aktuellen Verfahren Probleme bereiten.
- b) Probleme entstehen zudem durch die Bewegungsfreiheit des Patienten, denn dieser schaut nicht immer, wie beispielsweise nach Instruktion im Labor, zur Kamera und kann sich z.T. aus dem Bild bewegen. Zur automatischen Analyse der Mimik oder des Pupillendurchmessers ist jedoch ein nahezu frontales Bild des Gesichtes nötig.
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Vor diesem Hintergrund besteht die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, die zuvor genannten Nachteile zu überwinden.
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Gelöst wird diese Aufgabe mit einer Vorrichtung gemäß Anspruch 1, einem Krankenhausinformationssystem nach Anspruch 8 und einem Verfahren zur Einschätzung von Schmerzen an Personen nach Anspruch 9, sowie den weiteren vorteilhaften Ausführungsformen gemäß den Unteransprüchen.
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Vorgeschlagen wird eine Vorrichtung (1) zur automatischen Einschätzung von Schmerzen an Personen (P), umfassend zumindest:
- - eine Kamera (2) zur Aufzeichnung von Videodaten der Person (P),
- - eine Beleuchtungseinheit (3) zur Beleuchtung der Person (P) mit nicht sichtbarem Licht im Infrarot-Spektralbereich, wobei die Kamera (2) einen optischen Filter umfasst, der für den Spektralbereich durchlässig ist, in welchem die Beleuchtungseinheit (3) Licht emittiert,
- - eine Aufnahmesteuereinheit (4),
- - eine Datenauswerteeinheit (5) zur Generierung von Schmerzindices aus den Videodaten und
- - eine Datenausgabeeinheit (6) zur Ausgabe der Schmerzindices, vorzugsweise in Zahlenform und/oder grafisch, wobei
- - die Kamera (2) und die Beleuchtungseinheit (3) derart mit der Aufnahmesteuereinheit (4) verbunden sind, dass die Lichtstärke der Beleuchtungseinheit (3) sowie Parameter der Kamera (2), insbesondere die Belichtungszeit und/oder Blende, mittels der Aufnahmesteuereinheit (4) regelbar sind und wobei die Aufnahmesteuereinheit (4) mit der Datenauswerteeinheit (5) und die Datenauswerteeinheit (5) mit der Datenausgabeeinheit (6) derart verbunden sind, dass die Videodaten an die Datenauswerteeinheit (5) übertragbar sind und die ermittelten Schmerzindices zur Ausgabe auf der Datenausgabeeinheit (6) übertragbar sind.
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Somit können mit der Vorrichtung (1) permanent, d. h. im Sinne von kontinuierlichem Monitoring, Schmerzreaktionen nicht nur des Gesichts, sondern ggf. auch des restlichen Körpers bildbasiert erfasst und automatisch interpretiert werden, um auf die Intensität der empfundenen Schmerzen rückschließen zu können. Die gewonnenen Informationen werden vorteilhafterweise zur Einsicht durch das medizinische Personal (MP) dargestellt und optional aufgezeichnet. Zudem ermöglicht die Vorrichtung eine automatische Alarmierung des medizinischen Personals in Abhängigkeit vom Schmerzzustand eines Patienten.
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Im Zentrum der Anordnung der Beleuchtungseinheit oder -einheiten sowie der Kamera bzw. Kameras befindet sich die Person oder ein Patient, z.B. in einem Bett, deren/dessen Schmerzzustand überwacht werden soll.
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Die Beleuchtungseinheit(en) beleuchten den Patienten mit nicht sichtbarem Licht im Infrarot-Spektralbereich. Sie sind im Umfeld der Kamera(s) so angeordnet, dass ihre Lichtkegel den Patienten gleichmäßig beleuchten. Eine oder mehrere Kameras sind auf das Gesicht des Patienten gerichtet.
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Abschattungen und Überblendungen können mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung vermieden werden. Um die Abhängigkeit von der für die Menschen genutzten Umgebungsbeleuchtung, d.h. des sichtbaren Lichts zu reduzieren, wird die Vorrichtung im nicht-sichtbaren Spektralbereich betrieben, vorzugsweise im Nahinfrarotbereich. Der Patient wird künstlich beleuchtet, um für die automatische Auswertung günstige Rahmenbedingungen zu schaffen.
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Die Beleuchtung im nicht-sichtbaren Spektralbereich ist für den Menschen unsichtbar und daher nicht störend, d.h. sie kann z.B. auch nachts eingesetzt werden ohne den Schlaf des Patienten zu stören. Der unsichtbar beleuchtete Patient wird mit einer Kamera aufgenommen, die mit einem optischen Filter, vorzugsweise Bandpassfilter, versehen ist, der sicherstellt, dass nur die künstliche Beleuchtung, nicht aber das sichtbare Licht die Bilder beeinflusst.
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Die Aufnahmesteuereinheit regelt die Lichtstärke der Beleuchtungseinheit(en) und die Aufnahmeparameter der Kameras, insbesondere Belichtungszeit und Blendenöffnung, so dass für die Auswertung vorteilhaft ausgeleuchtete Videobilder aufgenommen werden können. Sie stellt auch die Synchronität der Datenaufnahme sicher. Wenn Kamera(s) und/oder Beleuchtungselemente mittels Antriebselemente(n) bewegt werden können, steuert die Aufnahmesteuereinheit deren Position.
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Die Datenauswerteeinheit erhält von der Aufnahmesteuereinheit die Videobilder der Kamera(s) und analysiert den Inhalt der Bilder. Sie wandelt die hochdimensionalen Videosignale in eindimensionale Zeitreihensignale, im Folgenden Schmerzindices genannt, die mit etablierten Skalen zur Bewertung von Schmerzen korreliert sind. Diese werden auf der oder den Ausgabeeinheiten in Zahlenform und grafisch angezeigt.
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Die erfindungsgemäße Vorrichtung (1) bietet gegenüber momentan eingesetzten Vorrichtungen zur klinischen Schmerzbewertung folgende Vorteile:
- - Das System ist unabhängig von der Umgebungsbeleuchtung und kann auch nachts eingesetzt werden, ohne den Patienten zu beeinträchtigen.
- - Die Messung ist komfortabler für den Patienten und mit weniger Aufwand für das medizinische Personal verbunden als kabelbasierte Lösungen (basierend auf physiologischen Signalen / Reflexen).
- - Durch die automatische Auswertung ist die Methode objektiver als menschliche Einschätzungen (die zahlreichen Einflüssen unterliegen).
- - Ein permanentes Monitoring und schnelles Reagieren auf Ereignisse ist möglich.
- - Im Gegensatz zur Selbstauskunft kann das System für nicht mitteilungsfähige Patienten eingesetzt werden.
- - Bei mitteilungsfähigen Patienten ergibt sich eine zusätzliche Informationsquelle zur besseren Einschätzung von Schmerzen.
- - Das automatische System kann direkt ergänzende Informationen für digitale Patientenakte bereitstellen, um eine bessere Bewertung und Behandlung von Schmerzen zu ermöglichen.
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Der optionale Einsatz von mehreren Kameras und einer größeren Anzahl an Beleuchtungsquellen führt dazu, dass das Sichtfeld des Systems vergrößert wird und dass Abschattungen und Überblendungen der Person bzw. des Patienten verhindert werden.
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Zusätzlich kann zumindest ein Spiegel eingesetzt werden, um eine (nahezu) frontale Ansicht auf das Gesicht auch bei wenig Platz im Raum zu ermöglichen.
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Zudem können zusätzlich zu Bildinformationen weitere Signale hinzugezogen werden, um die Qualität der automatischen Schmerzbewertung zu verbessern, z.B. physiologische Signale des Patienten oder Tonaufnahme zur akustischen Erfassung von Schmerzreaktionen.
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In einer Ausführungsform der Erfindung umfasst die Vorrichtung (1) mehrere Kameras (2) und/oder Beleuchtungseinheiten (3).
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Zur Vergrößerung der Bewegungsfreiheit des Patienten und des Sichtfeldes des Systems kann die Vorrichtung optional um weitere Kameras mit Infrarot-Filtern sowie Infrarot-Beleuchtungselementen ergänzt werden, die aus anderen Richtungen auf den Patienten gerichtet sind. Diese erlauben auch dann eine detaillierte und vollständige Bilderfassung des Gesichts, wenn dieses von der primären Kamera weggedreht wird, wodurch die Messgüte für diese Situationen verbessert werden kann. Kameras können auch so platziert werden, dass sie Videobilder anderer Körperteile oder des gesamten Körpers des Patienten aufnehmen, um neben der Mimik auch andere Verhaltensreaktionen zu erfassen.
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Nach einer weiteren Ausbildung der Erfindung ist zumindest ein Spiegel (8) vorgesehen wobei das Licht der Beleuchtungseinheit (3) in einer ersten Pfeilrichtung (Pf1) über den Spiegel (8) in einer zweiten Pfeilrichtung (Pf2) auf die Person (P) leitbar ist und von der Person (P) in einer dritten Pfeilrichtung (Pf3) über den Spiegel (8) in einer vierten Pfeilrichtung (Pf4) zur Kamera (2) gelangt.
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Optional kann die Anordnung aus 1. und 2. um einen oder mehrere Spiegel ergänzt werden (siehe Skizze 2). Diese ermöglichen wie bei 2. die detaillierte und vollständige Bildaufnahme des Gesichts, wenn dieses von der primären Kamera weggedreht wird, auch mit einer geringeren Anzahl von Kameras. Des Weiteren ermöglicht dies die Anwendung in kleinen Räumen oder an Wänden, wo eine Positionierung der Kameras wie in 2. nicht möglich ist.
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Eine weitere Ausführungsform der Erfindung sieht vor, dass die Vorrichtung (1) zusätzlich zumindest folgende Bestandteile aufweist:
- - ein Mikrofon zur Aufnahme von hörbaren Verhaltensreaktionen der Person (P) und/oder
- - optische Sensoren und/oder Bewegungssensoren zur Aufnahme motorischer Verhaltensreaktionen der Person (P) und/oder
- - Sensoren zur Aufnahme physiologischer Signale der Person (P), insbesondere Hautleitwert und/oder Elektrokardiogramm (EKG) und/oder Elektromyogramm (EMG) und/oder Hauttemperatur und/oder Atmung und/oder Blutdruck,
wobei oben genannte Sensorik derart mit der Aufnahmesteuereinheit (4) oder der Datenauswerteeinheit (5) verbunden ist, dass die aufgezeichneten Signale in die Generierung der Schmerzindices mittels der eine Datenauswerteeinheit (5) einbezogen werden können.
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Optional können neben der Bildaufnahme zur Mimikauswertung weitere Signale aufgenommen werden, die durch Schmerzen bzw. Schmerzreaktionen beeinflusst werden. Dazu gehört die Bildaufnahme oder andere sensorische Erfassung von Verhaltensreaktionen des Körpers (v.a. Motorik der Extremitäten), die Aufnahme von Audiosignalen hörbarer Verhaltensreaktionen mittels Mikrofon, sowie die Aufnahme von psychobiologischen Parametern des Patienten mittels Kontaktsensoren (Schweiß, EKG, EMG, Hauttemperatur, Atmung, Blutdruck).
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Die Synchronität der zusätzlichen Daten wird durch die Aufnahmesteuereinheit sichergestellt. Die Analyse der Daten erfolgt durch die Datenauswerteeinheit, die sie in eindimensionale Schmerzindex-Zeitreihensignale wandelt, welche mit etablierten Skalen zur Bewertung von Schmerzen korreliert sind
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In einer weiteren Ausbildung der Erfindung ist vorgesehen, dass in der Vorrichtung (1) eine Datenspeichereinheit (7) vorgesehen ist, die mit der Aufnahmesteuereinheit (4), der Datenauswerteeinheit (5) und der Datenausgabeeinheit (6) zur Speicherung und zum späteren Abrufen von Informationen, insbesondere der ermittelten Zeitreihen von Schmerzindices, verbunden ist.
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Optional ist die Vorrichtung mit einer Datenspeichereinheit ausgestattet, die mit der Aufnahmesteuereinheit, der Verarbeitungseinheit sowie der Ausgabeeinheit verbunden ist. Sie ermöglicht das Speichern der ermittelten Zeitreihen von Schmerzindices über einen langen Zeitraum, um frühere Schmerzbewertungen abrufen und die zeitliche Entwicklung nachvollziehen zu können. Optional können auch komprimierte Eingabedaten (Videos, Audio oder andere Signale), Zwischenergebnisse der Datenanalyse oder über interaktive Ausgabeeinheiten hinzugefügte Informationen gespeichert werden.
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Eine Weiterbildung der Erfindung sieht vor, dass in der Vorrichtung (1) die Kamera (2) und/oder Beleuchtungseinheit (3) und/oder Aufnahmesteuereinheit (4), und/oder die Datenauswerteeinheit (5) und/oder die Datenausgabeeinheit (6) und/oder die Datenspeichereinheit (7) in einem Gerät angeordnet sind.
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Die Unterbringung mehrerer Komponenten in einem Gerät (z.B. Kombination von Kameras und Beleuchtung oder Aufnahmesteuereinheit, Datenauswerteeinheit und Datenausgabeeinheit) reduziert den Verkabelungsaufwand und bringt u.a. Vorteile beim Aufstellen bzw. Anbringen sowie bei der Reinigung der Vorrichtung.
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Vorteilhafterweise umfasst die Ausgabeeinheit (6) der Vorrichtung (1) zusätzlich zumindest:
- - Eingabemöglichkeiten zur Interaktion mit medizinischem Personal (MP), insbesondere zur Steuerung der Vorrichtung und/oder Annotation der Daten und/oder
- - technische Mittel zur Einstellung eines Schwellwertes bezüglich der Schmerzindices und zur Ausgabe eines Alarmtons und/oder visuell wahrnehmbaren Alarmsignals bei Überschreitung des Schwellwertes und/oder
- - technische Mittel zur Erzeugung und Ausgabe von Grafiken und Tabellen.
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Optional können zusätzliche oder erweiterte Ausgabeeinheiten eingesetzt werden, für die eine beliebige Kombination der folgenden Merkmale zutrifft. Die Ausgabeeinheit verfügt auch über Eingabemöglichkeiten zur Interaktion mit dem Nutzer, insbesondere das medizinischen Personal (MP). Diese ermöglichen das Einblenden des aktuellen bzw. der aktuellen Videobilder. Diese können durch Überlagerung mit Symbolen, Markierungen, Text und farblichen Hervorhebungen mit zusätzlichen Informationen angereichert werden, insbesondere mit Zwischenergebnissen der Datenanalyse, welche die ermittelte Schmerzbewertung nachvollziehbar machen.
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Die Ausgabeeinheit ermöglicht auch das Betrachten von Grafiken und Tabellen, welche die zeitliche Entwicklung der Schmerzindices auch über einen längeren Zeitraum zusammenfassen. Hier können auch Ereignisse (z.B. Behandlungen) mit Zeitpunkt und textuellen Zusatzinformationen eingetragen werden. Über den Abruf der gespeicherten Daten von der Datenspeichereinheit können frühere Situationen nochmals mit Eingabesignal (z.B. Video), Zwischenergebnissen der Datenanalyse sowie den ermittelten Schmerzindices abgespielt werden. Desweiteren können Schwellwerte für die Schmerzindices eingetragen werden, bei deren Über- oder Unterschreiten eine akustische Meldung ausgegeben wird (Alarmton), um das medizinische Personal (MP) zu rufen.
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Vorgeschlagen wird ein Krankenhausinformationssystem, umfassend zumindest eine erfindungsgemäße Vorrichtung (1).
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Optional kann die Vorrichtung an IT-Systeme wie Patientendatenmanagementsysteme gekoppelt werden, um die erhobenen Zeitverläufe der Schmerzindices zu dokumentieren und dem medizinischen Personal die Betrachtung der Daten im Zusammenhang mit anderen patientenbezogenen Daten zu ermöglichen.
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Vorgeschlagen wird ein Verfahren zur Einschätzung von Schmerzen an Personen (P) mittels einer Vorrichtung (1), umfassend zumindest die folgenden Schritte:
- - Bereitstellung von Videodaten der Person (P), die mittels der Kamera (2), der Beleuchtungseinheit (3) und der Aufnahmesteuereinheit (4), generiert worden sind,
- - Weiterleitung der Videodaten an die Datenauswerteeinheit (5) und Wandlung der Daten in Schmerzindices und
- - Darstellung der Schmerzindices auf der Datenausgabeeinheit (6).
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Die Einschätzung von Schmerzen von Personen mittels der Vorrichtung basiert auf der Aufnahme von Videobildern mittels der Kamera(s). Die Aufnahmesteuereinheit regelt die Lichtstärke der Beleuchtungseinheit(en) und sowie die Kameraaufnahmeparameter, um eine gleichmäßige Ausleuchtung der Videobilder (Vermeidung von Überblendung und Abschattung) sowie ein gutes Signal-RauschVerhältnis sicherzustellen.
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Die Videodaten, optional von mehreren Kameras und/oder verschiedene Ansichten der Person durch einen oder mehrere Spiegel und optional weitere Sensordaten werden in der Datenauswerteeinheit in Schmerzindices gewandelt, indem die Daten analysiert und darin auftretende Schmerzreaktionen automatisch erkannt und bewertet werden. Die Schmerzindices werden zahlenmäßig und grafisch auf der Datenausgabeeinheit visualisiert.
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Eine vorteilhafte Ausgestaltung des Verfahrens sieht vor, dass die Wandlung der Daten/Videodaten in Schmerzindices mittels der Datenauswerteeinheit (5) anhand einer Funktion erfolgt, deren Parameter mittels maschinellen Lernens gewählt worden sind, und wobei die Wandlung vorzugsweise in zumindest folgenden Schritten erfolgt:
- - Lokalisierung des Gesichtes der Person (P) und/oder der Pupillen und/oder anderer Teile des Gesichts und/oder anderer Körperteile in den Videodaten,
- - Extraktion von Merkmalen aus diesen Regionen sowie dem zeitlichen Kontext und Anwendung der gelernten Funktion zur Berechnung von Schmerzindices und
- - wobei die Wahl der Parameter der Funktion vorzugsweise mittels überwachten Lernens anhand einer umfangreichen Menge zuvor erhobener und mit Schmerzeinschätzungen annotierter Daten erfolgt.
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Die automatische Auswertung der erhobenen Videodaten und ggf. weiterer erhobenerer Signale zur Ermittlung der Schmerzindices kann durch folgendes Verfahren erfolgen. In den Videodaten werden zunächst das Gesicht, Teile des Gesichts oder andere Körperteile lokalisiert. Aus diesen Regionen sowie dem zeitlichen Kontext werden Merkmale extrahiert aus denen mittels einer gelernten Funktion Schmerzindices berechnet werden. Aus den Sensordaten, die bereits als eindimensionale Zeitreihen vorliegen, z.B. Audio oder Hautleitwert, ist keine räumliche Lokalisierung nötig und es werden direkt Merkmale extrahiert, die in eine gelernte Funktion eingegeben werden.
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Vorzugsweise werden die Funktion bzw. die Funktionen zur Prädiktion der Schmerzindices mittels überwachten Lernens parametrisiert. Für eine umfangreiche Menge erhobener Daten, z.B. Videos, Audio etc., wird hierfür bewertet, wie stark der vom Patienten empfundene Schmerz war.
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Hierfür kann entweder direkt die Schmerzbewertung des jeweils betroffenen Patienten erhoben werden oder die Bewertung wird im Nachhinein von Experten vorgenommen. Bei experimentell induzierten Schmerzen kann alternativ die Intensität des applizierten Schmerzstimulus zur Einschätzung der Schmerzintensität herangezogen werden.
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Die vorgegebenen Schmerzbewertungen werden anschließend genutzt, um mittels maschineller Lernverfahren Modelle zu parametrisieren, welche die gewünschten Schmerzbewertungen aus den Eingabedaten, bzw. aus von den Eingabedaten abgeleiteten Merkmalen prädizieren können. Bei Verfügbarkeit mehrerer Eingabekanäle werden die jeweils ermittelten Schmerzindices zusätzlich zu einem kombiniert, wobei die jeweilige Unsicherheit der Prädiktion berücksichtigt wird.
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Beispielhaft werden Ausführungsformen der Erfindung in den nachfolgenden Figuren dargestellt und näher beschrieben, wobei die Erfindung nicht hierauf beschränkt ist.
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Es zeigen:
- 1: schematisch den Aufbau einer Vorrichtung (1) zur automatischen Einschätzung von Schmerzen an Personen (P),
- 2: schematisch den Aufbau der Vorrichtung (1) aus 1 mit mehrere Kameras (2) und/oder Beleuchtungseinheiten (3) und
- 3: schematisch den Aufbau der Vorrichtung (1) aus 1 mit einem Spiegel (8).
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In der 1 wird schematisch der Aufbau der Vorrichtung (1) zur automatischen Einschätzung von Schmerzen an Personen (P) gezeigt.
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Die Vorrichtung (1) umfasst dabei zumindest:
- - eine Kamera (2) zur Aufzeichnung von Videodaten der Person (P),
- - eine Beleuchtungseinheit (3) zur Beleuchtung der Person (P) mit nicht sichtbarem Licht im Infrarot-Spektralbereich, wobei die Kamera (2) einen optischen Filter umfasst, der für den Spektralbereich durchlässig ist, in welchem die Beleuchtungseinheit (3) Licht emittiert,
- - eine Aufnahmesteuereinheit (4),
- - eine Datenauswerteeinheit (5) zur Generierung von Schmerzindices aus den Videodaten und
- - eine Datenausgabeeinheit (6) zur Ausgabe der Schmerzindices, beispielsweise in Zahlenform und/oder grafisch, wobei
- - die Kamera (2) und die Beleuchtungseinheit (3) derart mit der Aufnahmesteuereinheit (4) verbunden sind, dass die Lichtstärke der Beleuchtungseinheit (3) sowie Parameter der Kamera (2), insbesondere die Belichtungszeit und/oder Blende, mittels der Aufnahmesteuereinheit (4) regelbar sind und wobei die Aufnahmesteuereinheit (4) mit der Datenauswerteeinheit (5) und die Datenauswerteeinheit (5) mit der Datenausgabeeinheit (6) derart verbunden sind, dass die Videodaten an die Datenauswerteeinheit (5) übertragbar sind und die ermittelten Schmerzindices zur Ausgabe auf der Datenausgabeeinheit (6) übertragbar sind.
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Zusätzlich ist eine Datenspeichereinheit (7) vorgesehen, die mit der Aufnahmesteuereinheit (4), der Datenauswerteeinheit (5) und der Datenausgabeeinheit (6) zur Speicherung und zum späteren Abrufen von Informationen, insbesondere der ermittelten Zeitreihen von Schmerzindices, verbunden ist.
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Im Zentrum der Anordnung der Beleuchtungseinheiten sowie der Kamera bzw. Kameras befindet sich die Person oder ein Patient, z.B. in einem Bett, deren/dessen Schmerzzustand überwacht werden.
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Desweiteren ist das für die Betreuung der Person (P) zuständige medizinische Personal (MP) abgebildet, das die von der Vorrichtung (1) über die Datenausgabeeinheit zur Verfügung gestellten Informationen nutzt sowie die Vorrichtung (1) bedient.
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Aus 2 ist schematisch der Aufbau der Vorrichtung (1) aus 1 zu erkennen.
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In dieser Ausführungsform der Erfindung umfasst die Vorrichtung (1) mehrere Kameras (2) und/oder Beleuchtungseinheiten (3).
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Die Vorrichtung (1) kann zusätzlich folgende Bestandteile umfassen:
- - ein Mikrofon zur Aufnahme von hörbaren Verhaltensreaktionen der Person (P) und/oder
- - optische Sensoren und/oder Bewegungssensoren zur Aufnahme motorischer Verhaltensreaktionen der Person (P) und/oder
- - Sensoren zur Aufnahme physiologischer Signale der Person (P), insbesondere Hautleitwert und/oder Elektrokardiogramm (EKG) und/oder Elektromyogramm (EMG) und/oder Hauttemperatur und/oder Atmung und/oder Blutdruck,
wobei oben genannte Sensorik derart mit der Aufnahmesteuereinheit (4) oder der Datenauswerteeinheit (5) verbunden ist, dass die aufgezeichneten Signale in die Generierung der Schmerzindices mittels der eine Datenauswerteeinheit (5) einbezogen werden können.
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3 zeigt schematisch Aufbau der Vorrichtung (1) aus 1 mit einem Spiegel (8). Nach dieser Ausbildungsform der Erfindung ist zumindest ein Spiegel (8) vorgesehen ist, wobei das Licht der Beleuchtungseinheit (3) in der ersten Pfeilrichtung (Pf1) über den Spiegel (8) in der zweiten Pfeilrichtung (Pf2) auf die Person (P) geleitet wird und von der Person (P) in der dritten Pfeilrichtung (Pf3) über den Spiegel (8) in der vierten Pfeilrichtung (Pf4) zur Kamera (2) gelangt.
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Die Ausgabeeinheit (6) der Vorrichtung (1) umfasst optional zusätzlich:
- - Eingabemöglichkeiten zur Interaktion mit medizinischem Personal (MP), insbesondere zur Steuerung der Vorrichtung und/oder Annotation der Daten und/oder
- - technische Mittel zur Einstellung eines Schwellwertes bezüglich der Schmerzindices und zur Ausgabe eines Alarmtons und/oder visuell wahrnehmbaren Alarmsignals bei Überschreitung des Schwellwertes und/oder
- - Technische Mittel zur Erzeugung und Ausgabe von Grafiken und Tabellen.
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Verfahrensgemäß kann die Vorrichtung (1) zur Einschätzung von Schmerzen an Personen (P) nach folgenden Schritten genutzt werden:
- - Bereitstellung von Videodaten der Person (P), die mittels der Kamera (2), der Beleuchtungseinheit (3) und der Aufnahmesteuereinheit (4), generiert worden sind,
- - Weiterleitung der Videodaten an die Datenauswerteeinheit (5) und Wandlung der Daten in Schmerzindices und
- - Darstellung der Schmerzindices auf der Datenausgabeeinheit (6).
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Die Wandlung der Daten/Videodaten in Schmerzindices kann mittels der Datenauswerteeinheit (5) anhand einer Funktion erfolgen, deren Parameter mittels maschinellen Lernens gewählt worden sind und wobei die Wandlung dabei in zumindest in folgenden Schritten erfolgt:
- - Lokalisierung des Gesichtes der Person (P) und/oder der Pupillen und/oder anderer Teile des Gesichts und/oder anderer Körperteile in den Videodaten,
- - Extraktion von Merkmalen aus diesen Regionen sowie dem zeitlichen Kontext und Anwendung der gelernten Funktion zur Berechnung von Schmerzindices und
- - wobei die Wahl der Parameter der Funktion vorzugsweise mittels überwachten Lernens anhand einer umfangreichen Menge zuvor erhobener und mit Schmerzeinschätzungen annotierter Daten erfolgt.
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Bezugszeichenliste
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- (1)
- Vorrichtung zur automatischen Einschätzung von Schmerzen
- (2)
- Kamera
- (3)
- Beleuchtungseinheit
- (4)
- Aufnahmesteuereinheit
- (5)
- Datenauswerteeinheit
- (6)
- Datenausgabeeinheit
- (7)
- Datenspeichereinheit
- (8)
- Spiegel
- (P)
- Person, Patient
- (MP)
- Medizinisches Personal
- (Pf1)
- erste Pfeilrichtung
- (Pf2)
- zweite Pfeilrichtung
- (Pf3)
- dritte Pfeilrichtung
- (Pf4)
- vierte Pfeilrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- US 9498138 B2 [0003]
- US 2012226186 [0004]
- EP 000001629294 A1 [0005]