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Stand der Technik und Stand der Wissenschaft
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Ruder an Seefahrzeugen. In Fahrt und insbesondere beim Manövrieren von Seefahrzeugen ist neben der hohen mechanischen Belastung der strömungsmechanisch wirksamen Bauteile im Bereich des Unterwasserschiffes die optimale und an Strömungswiderständen arme Funktionsweise entscheidend für höchste Fahrleistungen. Grundsätzlich sind insbesondere bei der Konstruktion von leistungsoptimierten Seefahrzeugen nach Stand der Technik und all ihren Bauteilen Robustheit, Formhaltigkeit, Funktion und Lebensdauer bei geringem Gewicht von Bedeutung. Zu den fluidmechanisch wirksamen Leitflächen im Unterwasserbereich von Seefahrzeugen gehören die Ruderanlage, bzw. die Ruderblattfläche.
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In Fahrt bilden fluidmechanisch wirksame Leitflächen im Unterwasserbereich mit symmetrischen Profil nach Stand der Technik dann einen fluiddynamisch wirksamen Tragflügel aus, wenn eine nicht axiale Anströmung gegeben ist. Die aus dem hydrodynamischen Auftriebsgebaren der Ruderblattfläche resultierende Querkraft wird beim Manövrieren genutzt. Ruder nach Stand der Technik sind üblicherweise aus symmetrisch profiliertem Vollmaterial. Für die Kontur des vom Schiffskörper abweisenden, freien Ruderblattflächenendes sind unterschiedliche Formen bekannt.
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Klappenruder. In einer Achse senkrecht zur Hauptströmungsrichtung scharnierartig klappbare Ruderblätter an Seefahrzeugen sind Stand der Technik. Die Klappbewegung muss von Außen gesteuert und/oder zwangskinematisch erzwungen werden.
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Winglets. Die Verhältnisse beim Manövrieren in Wasser sind denen die an einer aerodynamisch wirksamen Rudertagfläche an Luftfahrzeugen herrschen, physikalisch ähnlich. An aerodynamisch wirksamen Auftriebskörpern wie Tragflächen an Flugzeugen und anderen Luftfahrzeugen, zum Zwecke der Minderung auftriebsbedingter Randwirbelbildung angebrachte Ableitflügel, sind Stand der Technik. Die „Winglets” genannten Ableitflügel sind starr mit dem Randbogen der Tragfläche verbunden, bzw. integraler Bestandteil der Tragflügelkonstruktion.
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Biologie, Fluidik. Aus der Analyse biologischer Flieger, wie etwa landsegelnden Vögeln sind, den induzierten Widerstand mindernde, Gefiederauffingerungen bekannt. Eine durch das biologische Vorbild inspirierte technische Übertragung stellen die „Winglets” (s. o.) an Flugzeugtragflächen nach Stand der Technik dar. Die den induzierten Widerstand mindernden Effekte sind bei Luftfahrzeugen energetisch relevant.
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Biologie. Kinematik. Eine Vielzahl von Gelenken rezenter Wirbeltierskelette, wie beispielsweise Mittelhandknochen und Ellenbogengelenke, bilden mehrachsige, räumliche Getriebesysteme aus. Ein sinnfälligeres Verständnis dieser räumlichen Kinematiken von Wirbeltiergelenken liefert ein Blick in die evolutionsbiologische Vorgeschichte der Gliedmaßenentstehung. Quasi als Konstruktionsprinzip einer Vierachsigen(Zwangs-)Kinematik darf das „Hand”-Gelenk des Tiktaalik, eines Lebewesens das anatomisch und physiologisch zwischen Fischen und Landbewohnern stand und vor 375 Millionen Jahren lebte, gelten. Das Handgelenk des Fossils kann als anthropologisch- biologisches Vorbild für eine vierachsige Kinematik dienen.
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Das kinematische Wirkprinzip einer (technischen) Vierachsen-Scharnier-Kinematik ist das von vier dreidimensional verbundenen, zwangsbewegten Klappen, deren Scharnier-Drehachsen einen gemeinsamen Schnittpunkt besitzen. Je nach Zuordnung der Freiheitsgrade der im Sinne einer kinematischen Kette ein räumliches Getriebe bildenden Scharniere, stellen die zwangskinematischen dreidimensionalen Winkelbewegungen der Plattenebenen des kinematischen Systems ein Untersetzung- oder eine Übersetzung dar.
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Problembeschreibung
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Profilform. Bei Rudern und anderen fluidmechanisch wirksamen, Querkraft erzeugenden Tragflächen im Unterwasserbereich von Seefahrzeugen taucht das Problem der beidseitigen fluidischen Beaufschagbarkeit auf. Deshalb haben Rudertragflächen nach Stand der Technik in der Regel symmetrische Profile. Beim Manövrieren sind flexible, nichtsymmetrische Ruderblattprofile willkommen. Allerdings erfordern in einer Achse senkrecht zur Hauptströmungsrichtung scharnierartig klappbare Ruderblätter nach Stand der Technik die von Außen gesteuert und/oder deren Beweglichkeit zwangskinematisch erzwungen werden muss, einen hohen Steuer- und Kontrollaufwand.
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Randwirbel. Neben der aus dem fuidmechanischen Auftriebsgebaren an Rudertragflächen von Seefahrzeugen erzielbaren Querkraft tritt ein physikalische Effekt auf, der als so genannter „Induzierter Widerstand” bezeichnet wird. Der Induzierte Widerstand hat seine Ursache in einem stromabwärts abfließenden Randwirbel, der aus der durch das Auftriebsgebaren bedingten Fluidumströmung um das freie, dem Schiffskörper abgewandte Tragflächenende des Ruders resultiert. Dieser Randwirbel bindet einen erheblichen Teil der zur Schiffsbewegung aufgebrachten Energie, was als Strömungswiderstand spürbar wird und negativ in die Energiebilanz des Gesamtsystems eingeht.
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Die aus der Analyse biologischer Flieger bekannten, den induzierten Widerstand mindernden Gefiederauffingerungen, sind aufgrund der wechselseitigen Beaufschlagbarkeit fluidmechanisch wirksamer Leitflächen im Unterwasserbereich von Seefahrzeugen in Geometrie, Gestalt und Funktion nicht unmittelbar auf technische Tragflächen zu übertragen. Gleiches gilt für die durch das biologische Vorbild inspirierte technische Übertragung, die so genannten „Winglets” an Flugzeugtragflächen.
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Problemlösung
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Die fluiddynamisch wirksame Rudertragfläche des Seefahrzeugs ist in einer vertikal zur Strömungshauptrichtung beweglich gelagert ausgeführt (Klappenruder). An die Rudertragflächen ihrerseits werden bewegliche, passiv adaptive, vom Strömungsdruck beaufschlagbare, nachfolgend „strömungsadaptiver Leitflügel” benannte Strömungskörper, an dem freien, vom Schiffskörper abgewandten Ruderblattflächenende derart angeordnet, dass diese (1.) bei nichtaxialer Anströmung der Rudertragfläche automatisch nach Luv (auf die der Strömung abgewandte Seite) wenden und (2.) durch eine Vierachsen-(Scharnier-)Kinematik dem in vertikaler Achse beweglichen Rudertragflügel zwangskinematisch eine fluidmechanisch günstige Form aufprägen. Die luvwärtige Passivbewegung der strömungsadaptiven Leitflügel folgt der Hauptströmungsrichtung des Fluids, bzw. der Bewegung des Ruders bei seiner funktionsbestimmungsgemäßen Auslenkung.
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Erreichbare Vorteile
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Durch die luvwärtige Passivbewegung der strömungsadaptiven Leitflügel an Rudertragflächen wird erreicht, dass eine den induzierten Widerstand mindernde Wirkung in beide fluidische Beaufschlagungsrichtungen erzielt wird, und die Profilkontur der Rudertragfläche eine strömungsgünstige, eine den Formwiderstand mindernde Gestalt automatisch, d. h. geometrisch autoadaptiv und energetisch autonom annimmt.
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Die Widerstandsminderung im Bereich des Unterwasserschiffs beeinflusst die Energiebilanz des Gesamtsystems positiv. Auf Grund der zwangskinematischen Autoadaption wird der Steuerungs- und Kontrollaufwand minimiert.
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Aufbau, und bauliche Ausführung und Wirkungsweise
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Die fluidmechanisch wirksamen Rudertragflächen und von Seefahrzeugen sind in der Regel profiliert und das vom Schiffskörper abgewandten Ruderblattflächenende ist als Randbogen mit typenbedingt unterschiedlichen Konturen ausgebildet. Für Klappenruder nach Stand der Technik sind unterschiedliche Profile und Profilkombinationen bekannt. Bauweisen und Bauausführungen der Anmontage eines Ruders, bzw. einer Ruderanlage an ein Seefahrzeug sind nicht Gegenstand der Erfindung. Dieser Ausschluss ist sinngemäß schematisch dargestellt in Abbildung, 3 zu ersehen (transparent dargestellte Anbauten Y).
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Aufbau. Das bugwärtige Rudertragflächenteil R1, das heckwärtige Rudertragflächenteil R2, die scharnierartig ausführbaren und Rudertragflächenteil R1 und Rudertragflächenteil R2 verbindenden Gelenke 1 und 2, sowie das Leitflächenelement F1, das Leitflächenelement F2 und das F1 und F2 verbindende scharnierartig ausführbare Gelenk 4, sowie das R1 und F1 verbindende Gelenk 5 und das R2 und F2 verbindende Gelenk 3 bilden zusammen eine konstruktive und funktionale Einheit. Die Gelenkebenen GE1 der Gelenke 1 und 2, die Gelenkebene GE5 des Gelenks 5, die Gelenkebene GE3 des Gelenks 3 und Gelenkebene GE4 des Gelenks 4 besitzen einen gemeinsamen Schnittpunkt. Die Gelenke 1, 2, 3, 4 und 5 sind als Differentialkonstruktion scharnierartig oder als Biegebauteil mit wählbarer Steifigkeit ausführbar. Das Rudertragflächenteil R1, das heckwärtige Rudertragflächenteil R2, das Leitflächenelement F1, das Leitflächenelement F2 sind in klassischen Holzbau nach Stand der Technik oder urformend aus Kunststoff fertigbar. Die Gelenke 1, 2, 3, 4 und 5 sind form- und stoffschlüssig im Sinne von Verbindungselementen zu platzieren und zu fügen. Größe und Steifigkeit der Gelenke 1, 2, 3, 4 und 5 sind Konstruktionsparameter und skalierbar. Der Rotationswinkel des Gelenkes 5 in der Gelenkebene GE5 ist funktionsbedingt festgelegt und beträgt 90° + 90° = 180°. Der Rotationswinkel der Gelenke 1 und 2 in der Gelenkebene GE1 ist ein Konstruktionsparameter. Der Rotationswinkel des Gelenks 4 in der Gelenkebene GE4 funktional abhängig vom gewählten Rotationswinkel der Gelenke 1 und 2. Die schematische Abbildung, 3 zeigt den Zusammenbau sinngemäß.
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Kinematische Wirkungsweise.
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Die symbolhafte Skizze 1 zeigt schematisch die Anordnung der Flächenelemente einer Vierachsen-(Scharnier-)Kinematik mit Fixation des Flächenelements A in nicht beaufschlagten Zustand. Flächenelement A ist mit Flächenelement B in der Ebene LAB mit dem Gelenk GAB gekoppelt. Flächenelement A ist mit Flächenelement C in der Ebene LAC mit dem Gelenk GAC gekoppelt. Flächenelement B ist mit Flächenelement D in der Ebene LBD mit dem Gelenk GBD gekoppelt. Flächenelement C ist mit Flächenelement D in der Ebene LCD mit dem Gelenk GCD gekoppelt. Die Gelenkebene LBD bildet mit der Gelenkebene LAC den Winkel W1 aus. Die Gelenkebene LBD ist rechtwinklig gegenüber der der Gelenkebene LCD. Die Gelenkebene LBD bildet mit der Gelenkebene LCD den Winkel 90° + W1 aus. Die symbolhafte Skizze 2 zeigt schematisch die Anordnung der Flächenelemente einer Vierachsen-(Scharnier-)Kinematik mit Fixation des Flächenelements A in beaufschlagten Zustand. Das Flächenelement A (Ebene A) ist gegenüber dem Flächenelement B (Ebene B) genau dann um den Winkel W1 geneigt, wenn das Flächenelement B (Ebene B) gegenüber dem Flächenelement D (Ebene D) einen Winkel von W2 = 90° einnimmt. Die Neigung des Flächenelementes A (Ebene A) gegenüber dem Flächenelement C (Ebene C) ergibt sich zwangskinematisch. Die Neigung des Flächenelementes C (Ebene C) gegenüber dem Flächenelement D (Ebene D) ergibt sich zwangskinematisch.
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Fluidmechanische Wirkungsweise.
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Bei nichtaxialer Anströmung arbeitet ein reguläres Yachtruder als fluiddynamische und querkrafterzeugende Auftriebsfläche. Ein aus dem Auftriebsgebaren der Rudertragfläche resultierender Randwirbel entsteht am offenen, vom Schiffskörper abgewandten Ende der Rudertragfläche. Dieser Randwirbel produziert den so genannten „auftriebsbedingten, induzierten Widerstand” des Ruders (des Schwertes), der negativ auf die Energiebilanz des fluidischen Gesamtsystems wirkt.
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Zur strömungsbedingten passiven Bewegung der Leitflügel. Schematisch in der Abbildung 3 dargestellt ist das bugwärtige Rudertragflächenteil R1, das heckwärtige Rudertragflächenteil R2, das Leitflächenelement F1, das Leitflächenelement F2 und alle, die Ruder- und Leitflächen verbindenden, scharnierartig ausführbaren Gelenke 1, 2, 3, 4 und 5. Bei einem Ruder mit beweglichen, strömungsadaptiven Leitflügeln nach Anspruch 1 bewirkt eine nichtaxiale Anströmung des Mediums, dass die strömungsadaptiven Leitflügel F1 und F2 der Hauptströmungsrichtung des Fluids passiv folgen und der Strömung abgewandt nach Luv ausgelenkt werden.
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Zur physikalischen Wirkungsweise der Leitflügel: Aus experimentellen Untersuchungen an Strömungskörpern mit Windkanälen ist bekannt, dass eine zusätzliche, am Randbogenende einer Auftrieb erzeugenden Tragfläche angeordneter Zusatzleitfläche (die im Falle aerodynamisch wirksamer Auftriebskörper „Winglet” genannt wird, s. o.) den aus dem Auftriebsgebaren resultierenden Randwirbel deformiert, was zu einer Reduzierung des induzierten Widerstands führt. Das am Windkanal mit dem Medium Luft Gezeigte, gilt nach physikalischen Gesetzen und fluidmechanischen Ähnlichkeitsbetrachtungen für Fluide im Allgemeinen und ist damit auf eine im Wasser arbeitende fluidmechanisch wirksame Rudertragfläche übertragbar. Nach dem heutigem Stand der Wissenschaft gilt es als erwiesen, dass bei fluidmechanischen Auftriebskörpern eine (oder gegebenenfalls mehrere) Zusatzleitfläche(n) in das Umströmungsgeschehen am Tragflügelende einwirken derart, dass der Entstehungsvorgang des umströmungsbedingten Randwirbels frühzeitig gestört wird. Hieraus kann die Deformation der energetisch schädlichen Randwirbelstruktur erklärt werden kann, die als Ursache Widerstand mindernder Effekte gilt.
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Zur Zwangskinematik bei Beaufschlagung. Bei Fixation des bugwärtigen Rudertragflächenteils R1 bewirkt eine nichtaxiale Anströmung des Mediums, dass die strömungsadaptiven Leitflügel F1 und F2 der Hauptströmungsrichtung des Fluids passiv folgen und der Strömung abgewandt nach Luv ausgelenkt werden und in Wechselwirkung mit Leitflächenelements F1 und des Leitflächenelements F2 im Sinne einer Vierachsen-(Scharnier-)Kinematik treten. Dadurch kommt es zu einer Winkelung zwischen den Ebenen des bugwärtigen Rudertragflächenteils R1 und dem heckwärtigen Rudertragflächenteil R2. Die luvwärtige Passivbewegung der strömungsadaptiven Leitflügel an Rudertragflächen bewirkt eine Minderung des induzierten Widerstands und zwingt die Profilkontur der Rudertragfläche in eine strömungsgünstige, die zu erzeugende Querkraft vergrößernde und den Formwiderstand der Rudertragflächen mindernde Gestalt. Der Vorgang erfolgt automatisch, d. h. geometrisch autoadaptiv und energetisch autonom.