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Stand der Technik
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Satelliten
dienen zur Erfüllung wissenschaftlicher, kommerzieller
und militärischer Zwecke. Um die Grundausrichtung oder
die Ausrichtung z. B. der Sende- und Empfangsantennen in den optimalen Sende-
und Empfangsbereich zu garantieren, wird der Satellit ständig
in den drei Freiheitsgraden der Rotation neu ausgerichtet. Dies
kann unter anderem durch die Spin- oder Drallstabilisierung, mit
Hilfe von Magnetspulen um den Satelliten oder durch Reaktionsräder
geschehen. Reaktionsräder werden aufgrund der geringen
Kosten und hohen Flexibilität sehr häufig angewandt.
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Bei
Verwendung von drei Reaktionsrädern werden die Rotationsachsen
jeweils im rechten Winkel zueinander angeordnet. Damit wird es ermöglicht, den
Satelliten jede gewünschte Winkelposition im Raum einnehmen
zu lassen. Ferner werden vier Reaktionsräder in Tetraederanordnung
eingesetzt, damit beim Ausfall eines Rades, die restlichen drei
den Satelliten immer noch korrigieren können. Die Ausrichtung
erfolgt durch eine Veränderung der Drehgeschwindigkeit
oder auch Drehrichtung der Reaktionsradschwungmassen. Je nach Beschleunigung
der Drehbewegung erfährt der Satellit ein entgegengesetztes
Drehmoment.
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Die
Ansteuerung der Reaktionsräder erfolgt über elektrische
Leitungen durch ein separates Lageregelungssystem. In den Gehäusen
der Räder befinden sich häufig auch die Ansteuerungs-
und Ausleseelektronik. Diese liefern ständige Information über Drehzahl,
Stromaufnahme, Spannung, Beschleunigungsreserven und Temperatur.
Die drei/vier Räder werden auf einen gemeinsamen Träger
justiert, dessen Grundkörper vorzugsweise aus gealterten
und beruhigten Materialien hergestellt sind.
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Die
Reaktionsräder werden während der Mission, unter
anderem beim Start, bei Bahn- und Lageregelungsmanövern
sowie Trennvorgängen, verschiedenen Belastungen, vor allem
Vibrationen, ausgesetzt. Vibrationen die von der Trägerrakete
auf die Nutzlast übertragen werden, sind vom Typ des Trägersystems
abhängig. Dazu erfolgen entsprechend den Belastungen spezifische
Vibrations-, Akustik-, Schock- und statische Qualifikations- und
Abnahmetests. Als Systemanforderungen werden nur die Spezifikationen
der ESA-Norm ECSS-E10-03 für Instrumente
mit Massen < 50
Kg und einer Eigenfrequenz < 100
Hz betrachtet. Diese Norm beschreibt die generellen Anforderungen
an Instrumente für den Einsatz in der Raumfahrt. Um Reaktionsräder
für den Start mit einer Rakete zu qualifizieren, muss das Flugmodell
dem Vibrationsspektrum in allen drei Hauptachsen ausgesetzt werden
und diese Testbedingungen ohne Beschädigungen überstehen.
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Mangel am Stand der Technik
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Die
Lagerung der rotierenden Masse eines Reaktionsrads wird meist mechanisch
durch Kugellager realisiert. Während der Start- und Flugphase
treten starke Vibrationen auf, die sich auf die Kugellager auswirken
und den späteren Betrieb beeinflussen. Es entstehen radeigene
Mikrovibrationen, die zum einen Störmomente bei der Lagerregelung
hervorrufen und sich zum anderen negativ auf die Elektronik auswirken.
Der neue Trend geht dahin, dass die Schwungmasse magnetisch gelagert
wird, um Reibungsverluste und Verschleiß zu minimieren.
Jedoch bewirkt die vorhandene Magnetkraft durch das Erdmagnetfeld
ein Abdriften des Satelliten.
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Nun
gilt es eine Vorrichtung zu finden, welche die durch die Vibrationen
erzeugten Schwingungen kompensiert und zusätzlich die Lagerkräfte
minimiert.
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Eine
bereits bekannte Lösung ist der Einsatz eines Faltenbalges.
Das Prinzip beruht auf einer flexiblen Struktur, durch die das dynamische
Schwingverhalten der Motoraufnahme definiert beeinflusst werden
kann. Die 2 zeigt das Schema eines Reaktionsrades,
dass im DIR-Forschungssatelliten BIRD (Start) eingesetzt wurde.
In axialer und lateraler Richtung ist die Bewegungsfreiheit der
Schwungmasse (1) durch Dämpfungselemente (2)
begrenzt. Diese bestehen aus einen, durch einen Metallring fixierten,
Kunststoffring. Zur Minimierung der Lagerkräfte werden
Schwungmasse und Motor (3) über den flexiblen
Faltenbalg (4) mit dem Gehäuse verbunden.
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Diese
Ausführung des Reaktionsrades unterliegt jedoch einer starken
Anfälligkeit gegenüber Thermalwechselzyklen. Es
kam während mehrerer Tests zur permanenten Verkippung und
damit zur Hemmung und Blockierung der Schwungmasse. Die Funktion
des Reaktionsrades kann daher unter Weltraumbedingungen nur eingeschränkt
gewährleistet werden.
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Ausführungsbeispiel
einer Vorrichtung zur Vibrationsminimierung
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Eine
Vorrichtung zur Lagerung von Motor und Schwungmasse soll das Schwingungsverhalten in
axialer und radialer Richtung derart beeinflussen, dass die Lager
im Elektromotor bei Einwirkung von Vibration und statischer Beschleunigung
nicht überlastet oder geschädigt werden.
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Die
Lösung des Problems kann durch eine zylindrische Motoraufnahme
realisiert werden, die einseitig geschlossen ist und somit eine
federnde und dämpfende Struktur erzeugt. Das neu entwickelte Bauteil
ist in 1 dargestellt und besteht aus einer raumfahrttauglichen
hochfesten Aluminiumlegierung (AlZnMgCu1.5F51). Die Konstruktion
ist so aufgebaut, dass der steife Randbereich (5) tragende
Funktionen des Rades übernimmt und der flexible Innenbereich
(6) die Motoraufnahme bildet. Der Gehäuseflansch
ist in 3 im montierten Zustand eines Reaktionsrades dargestellt.
Der Randbereich trägt neben dem Gehäuse (7)
die Regelelektronik (8) und die Dämpfungselemente
(2). Diese sollen die Bewegung der Schwungmasse (1)
begrenzen. Durch die federnden und dämpfenden Eigenschaften
im mittleren Bereich des Flansches wird das System im dynamischen
Verhalten beeinflusst. Die Kräfte werden über die
Motorwelle (9), den beiden Lagern (10) und dem Motorgehäuse
auf die Gehäuseflanschstruktur (12) übertragen
und von dieser aufgenommen.
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Für
die Optimierung und Modifikation des Gehäuseflansches erfolgten
FEM-Berechnungen um das Schwingverhalten abzustimmen und Grenzwerte bei
dynamischer Belastung nicht zu überschreiten. Das heißt,
es wurde aufgrund der vorliegenden Anregungsfrequenzen zwischen
100...400 Hz (nach ECSS-E-10-03A) Eigenfrequenzen der Struktur zwischen
60...90 Hz angestrebt, damit eine Anregung im Resonanzbereich vermieden
wird. Weiterhin ist eine hohe Maßhaltigkeit nach mechanischer
Belastung gefordert, dass heißt die Verformung der des
Gehäuseflansches darf nur im linear-elastischen Bereich
erfolgen. Zur Ermittlung der maximal auftretenden Beanspruchungen
wurde eine konstruktionsbedingte Verschiebung von 0,3 mm in x-,
y- und z-Richtung als Testlast ausgewählt. Das verwendete
FE-Modell zeigt die 4.
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Die
resultierende Beanspruchung unter der definierten Testlast ist in 5 dargestellt.
Dabei zeigen die Isolinien der Vergleichsspannung kritische Beanspruchungszonen
des modifizierten Gehäuseflansches. Diese Konstruktion
besitzt maximal ausgeformte Federelemente (maximale Biegelänge)
mit einer nahezu konstanten Steifigkeit der Stege.
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Daraus
ergibt sich eine gleichmäßige Spannungsverteilung
entlang der Federelemente. Der Maximalwert (von Mises Vergleichsspannung)
tritt im Übergang vom senkrechten zum oberen waagerechten
Steg auf (13), mit einem für die Al.-Legierung
zulässigen Beanspruchungswert von 210 N/mm2.
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Nachfolgend
ist durch experimentelle Voruntersuchungen am Modell des Gehäuseflansches
das dynamische Verhalten ermittelt und die Haltbarkeit durch Dauertests überprüft
worden. Die Untersuchung erfolgt vorerst an einem vereinfachten
Modell auf einem Schwingregelsystem (Typ TiraVib51010/LS) (6),
mit dem ein Prüfkörper in alle drei Achsen angeregt
werden kann. Der Versuchsaufbau ist in 7 dargestellte
und zeigt das Modell, bei dem die Kräfte direkt in das
Bauteil eingeleitet werden. Der Flansch (14) ermöglicht
die Montage an das Schwingregelsystem (15), so dass die
geforderten Belastungslevel erzeugt werden können. Durch
den offenen Aufbau ist die Möglichkeit gegeben, signifikante
Stellen mit Beschleunigungsaufnehmer (Typ 4371 und 4375 vom Hersteller
Brüel & Kjaer)
zu versehen (16) und das dynamische Verhalten des Reaktionsrades
mit den Dämpfungselementen zu untersuchen. Durch die Messung
am Bauteil erfolgt somit ein Vergleich des Soll- und Istwertes um die
Resonanzfrequenz zu ermitteln.
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Weiterhin
wurde der Gesamtaufbau des Reaktionsrades den geforderten mechanischen
Vibrationen mittels des oben genannten Schwingregelsystems ausgesetzt.
Die Anregung erfolgt auch hier nacheinander in allen drei Achsen.
Eventuelle Beschädigungen in der gegebenen Struktur kann
durch den Vergleich von Resonanztestdaten vor und nach jeder Belastung
sichtbar gemacht werden. Eine Resonanzverschiebung weist dabei auf
eine beschädigte Struktur hin. Zum Nachweis der Haltbarkeit
der neu entwickelten Gehäuseflanschstruktur erfolgten Dauertests.
Die Belastung basiert dabei auf den Belastungsleveln des Qualifikationstests
(nach ECSS – European Cooporation for Space Standardization). Der
Gehäuseflansch selbst und der gesamte Aufbau des Reaktionsrades
unter Verwendung des neu entwickelten Dämpfungssystems
absolvierten die Belastungstests ohne Beschädigung und
wurden nachfolgend nach den Normen der European Cooperation for
Space Standardization mit positivem Ergebnis qualifiziert. Die Resultate
verifizieren die FE-Berechnungen, bestätigen das Konzept
des modifizierten Gehäuseflansches.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- - ESA-Norm ECSS-E10-03 [0004]