-
Die
Erfindung bezieht sich auf eine Aktoreinrichtung mit einem Aktorelement
aus einem Memory-Metall,
- – das in einem Ausgangszustand
eine erste (Niedertemperatur-)Form einnimmt,
- – dem
thermomechanisch eine zweite (Hochtemperatur-)Form eingeprägt ist,
- – dem
Mittel zum Aufheizen auf ein Temperaturniveau zugeordnet sind, bei
dem die zweite (Hochtemperatur-)Form eingenommen wird,
und
- – das
zumindest in einem Teilbereich mit einem Kunststoffteil kraftschlüssig verbunden
ist.
-
Eine
derartige Aktoreinrichtung geht aus der WO 03/069644 A1 hervor.
-
In
Legierungsform vorliegende Memory-Metalle, die auch Formgedächtnislegierungen
oder „Shape Memory
Alloys" (Abkürzung: „SMA") bezeichnet werden,
weisen in Abhängigkeit
von der Temperatur zwei Gefügezustände auf,
die als Martensit (Niedertemperatur-Form) und Austenit (Hochtemperatur-Form)
bezeichnet werden. Eine Umwandlung zwischen diesen beiden Gefügezuständen kann
durch Erwärmung
bzw. Abkühlung herbeigeführt werden.
Die Umwandlung bei einer entsprechenden Formumwandlungstemperatur
bezeichnet man als Martensit-Austenit-Umwandlung.
-
Die
Gefügeumwandlung
geht einher mit einer Änderung
der Gestalt eines entsprechenden Elementes aus der SMA (= nachfolgend
verwendete Bezeichnungsweise für „Memory
Metall"). Eine solche
Formänderung
einer SMA kann für
den Bau von Aktoren oder Sensoren herangezogen werden. Entsprechende
Aktoren liegen vorwiegend in Form von Drähten, Federn oder Biegestreifen vor.
Sie sind in der Lage, bei einem thermisch ausgelösten Phasenwechsel (Gefügezustandsänderung)
von Martensit zu Austenit hohe Verformungen, beispielsweise bis
zum 8 %, und große
Kräfte
zu entfalten.
-
Im
Allgemeinen werden für
industrielle Anwendungen Elemente aus SMAs mit so genanntem Ein-Weg-Effekt
vorgesehen. Dabei handelt es sich um die Eigenschaft, dass eine
SMA bei Erwärmung
in eine vorher bei einer Glühtemperatur
eingeprägte
Form übergeht,
bei Abkühlung
jedoch nicht selbständig
in den ursprünglichen
Verformungszustand zurückkehrt.
Die Hochtemperatur-Form (Austenit) ist dabei dem Element in einer
thermomechanischen Behandlung bei einer höheren Glühtemperatur aufgeprägt worden.
Bei Temperaturerhöhung über eine
vorbestimmte, materialabhängige
Formumwandlungstemperatur nimmt dann das Element die aufgeprägte Form
an. Bei einem anschließenden
Abkühlen
verbleibt jedoch das Bauteil in dieser Form, ändert aber seinen Phasenzustand
hin zum Martensit. Setzt man ein entsprechendes Ein-Weg-Aktorelement
ein, so muss die Rückstellung
in die Niedertemperatur-Form (Martensit) extern gewährleistet
werden. Hierzu wird beispielsweise eine zusätzliche Feder vorgesehen, die
eine mechanische Rückstellung
des Aktorelementes bewirkt. Elemente mit einem so genannten Zwei-Wege-Effekt, bei
denen zwischen den beiden Formen reversibel hin- und hergeschaltet
werden kann, unterliegen einem kosten- und zeitintensiven Trainingsprozess
im Rahmen einer thermomechanischen Vorbehandlung des Elementes.
Aus diesem Grunde wird bevorzugt eine Kombination aus einem Ein-Weg-Aktorelement
und einer konventionellen Rückstellfeder,
z.B. einer Spiralfeder aus Stahl, angewendet.
-
Für Aktoranwendungen
besonders geeignet ist, eine gezielte Herbeiführung der Martensit-Austenit-Umwandlung
durch eine Bestromung eines Aktorelementes aus der SMA herbei zu
führen.
Die ohmschen Verluste in der Metalllegierung führen nämlich zu einer Erwärmung des
Aktorelementes und damit zu der erwähnten Phasenumwandlung. Nach
Beendigung der Bestromung kühlt
sich die Legierung ab, wodurch sich die ursprüngliche Form des Aktorelementes
wieder einstellt. Das Material wandelt sich bei der Abkühlung von der
Austenit-Form in die Martensit-Form wieder um.
-
Entsprechende
Metalllegierungen und deren Memory-Eigenschaften sind allgemein
bekannt (vgl. z.B. das Buch von D. Stöckel [Hrsg.]: „Legierungen
mit Formgedächtnis", Expert-Verlag,
Ehningen (DE), 1988, insbesondere die Seiten 64 bis 79). Hauptvertreter
sind Nickel-Titan-Legierungen mit unterschiedlichen Legierungszugaben
wie z.B. Kupfer, Hafnium, Zirkon oder Niob zur Einstellung der Austenit-Martensit-Umwandlungstemperatur
oder Kupfer-Zink-Aluminium- oder Kupfer-Zink-Nickel-Legierungen.
-
Bei
Aktorelementen aus SMAs sind im Hinblick auf ihre Einsatzmöglichkeiten
unter anderem die folgenden Probleme gegeben:
-
Problem 1
-
Die
Geschwindigkeit der Rückstellung
oder die Rückstelldauer
des Aktorelements hängt
von der eingestellten Temperatur der Legierung nach einer Bestromung,
der Umgebungstemperatur, dem Vorhandensein von thermischen Konvektionen – so beschleunigen
strömende
Luft bzw. Kühlgase
eine Abkühlung – sowie
von außen
auf das Aktorelement wirkende Rückstellkräfte, z.B.
durch eine Spiralfeder, Blattfeder oder ein an dem Aktorelement
fixiertes Massestück
auf Grund einer Gewichtskraft. Ohne eine Rückstellkraft bleibt die Austenit-Form
erhalten. Bei einem Draht aus einer SMA mit einem Durchmesser > 0,5 mm erfolgt z.B.
die Rückstellung
relativ langsam, typischerweise innerhalb von 5 bis 10 s. bei einer
Umgebungstemperatur von 20°C.
Für zahlreiche
Anwendungen ist eine schnellere Rückstellung des Aktorelementes
nach der Bestromung gefordert. Eine schnellere Rückstellung der SMA würde den
Bau von entsprechend schnelleren Aktorelementen ermöglichen,
die pro Zeiteinheit mehr Aktorbewegungen zulassen. Damit würden sich
neue Möglichkeiten
für den
Einsatz von Aktorelementen in schnellen Regelkreisen eröffnen. Dabei
ist zu berücksichtigen,
dass eine Erhöhung
der an dem Aktorelement angreifenden äußeren Rückstellkräfte in diesem Zusammenhang
erfahrungsgemäß zu keiner
signifikanten Beschleunigung der Rückstellung des Elementes führen wird.
Vielmehr bewirken hohe Rückstellkräfte auf
Grund einer zu hohen Vorspannung des Aktorelementes irreversible
Veränderungen
der Gefügestruktur
der Legierung und damit sogar zu einer Abnahme des Memory-Effektes.
-
Problem 2
-
Bei
einem Einsatz von Elementen aus reinen SMAs in elektronischen und
elektrotechnischen Geräten ergeben
sich vielfach durch eine kompakte oder integrierte Bauweise Schwierigkeiten
bzgl. der Erwärmung und
der elektrischen Isolation des Elementes. Außerdem kommt es bei einer Verlegung
von Drähten
aus SMAs über
bewegliche Auflagepunkte zu Biegewechselbelastungen, die die Lebensdauer
des Drahtes auf Grund von Reibungseffekten reduzieren. Auch ist
wegen der verhältnismäßig schlechten
Wärmeleitung
der Umgebungsluft die Zykluszeit eines Aktorelementes aus einer
SMA limitiert. So werden beispielsweise an 100 mm langen und ca.
0,2 mm dicken Drähten
aus einer SMA bei kurzen Bestromungen von unter 200 ms Abklingzeiten
für die
Rückumwandlung
von der Austenit- in die Martensit-Phase von ca. 5 s gemessen.
-
Problem 3
-
Sieht
man Aktorelemente aus SMAs mit Umhüllungen aus thermoplastischen
Kunststoffen vor, so sind Prozesstemperaturen von im Allgemeinen
oberhalb 150°C
erforderlich. Systeme mit Teflonbeschichtung erfordern sogar eine
Temperung der Aktorelemente bei Temperaturen über 300°C. Dabei ist im Allgemeinen
schon bei Temperaturen über
200°C zu
beobachten, dass die der SMA aufgeprägte Formänderung zu degradieren beginnt.
D.h., Zuverlässigkeit
und Effektstabilität
der SMA nehmen ab. Aus diesem Grund ist ein Einsatz von thermoplastischen
Elastome ren als Ummantelungsmaterialien mit einer Verarbeitungstemperatur
von maximal 200°C
nur bedingt möglich.
-
Problem 4
-
Die
schlechte Wärmeabfuhr
bzw. Wärmespeicherung
in geschlossenen Systemen durch erhöhte Temperatur führt zu einer
langsameren martensitischen Rückwandlung
des SMA-Aktorelementes.
-
Aktorelemente
aus SMAs werden seit einiger Zeit auf verschiedenen technischen
Gebieten eingesetzt, wie z.B. in elektrischen Schalteinrichtungen
(vgl.
DE 100 30 394
C1 ). Bisher bekannte Anwendungen setzen SMAs im Allgemeinen
in ihrer metallischen Form ohne besondere Ummantelungen ein. wegen
der erwähnten
Probleme bei der Entwärmung
und elektrischen Isolierung kommen entsprechende Aktorelemente nur
begrenzt in der Elektronik zum Einsatz. Umhüllungen aus Kunststoffen für Aktorelemente
mit SMAs werden zur Optimierung des Gleitverhaltens und der Biokompaktibilität von superelastischen
Memory-Elementen in
der Medizintechnik eingesetzt. Hierbei ist hinsichtlich des Werkstoffverbundes
Memory-Metall mit Polymeren unter anderem eine Beschichtung von
entsprechenden Metalldrähten
mit einer dünnen
Schicht aus Teflon bekannt, wobei die Schichtdicke etwa 10 μm beträgt. Die
Teflonschicht dient hier in erster Linie nur zur Verbesserung der
Gleiteigenschaften. Zur Verbesserung insbesondere der Gleiteigenschaften
ist auch eine Beschichtung von Elementen aus SMAs mit Schichtdicken
von wenigen Mikrometern bekannt.
-
Aufgabe
der vorliegenden Erfindung ist es nun, die Aktoreinrichtung mit
den eingangs genannten Merkmalen dahingehend auszugestalten, dass
die erwähnten
Probleme bezüglich
ihres Aktorelementes zumindest weitgehend nicht gegeben sind.
-
Diese
Aufgabe wird mit den in Anspruch 1 angegebenen Maßnahmen
gelöst.
Demgemäß soll bei
der Aktoreinrichtung mit den eingangs genannten Merkmalen vorgesehen
sein, dass der Kunststoffteil beim oder zum Übergang des Aktorelementes
von sei ner zweiten in seine erste Form auf dieses eine Rückstellkraft
derart ausübt,
dass eine Rückstellung
in die erste Form erfolgt oder unterstützt wird, wofür der Kunststoffteil
aus einem gummi-elastischen Kunststoffmaterial besteht, dessen Glasübergangsbereich
unterhalb des Temperaturniveaus des Übergangs von der ersten in
die zweite Form liegt. Der Beginn dieses Übergangs ist durch die so genannte
Austenit-Start-Temperatur
des Memory-Metalls festgelegt.
-
Die
von dem Kunststoffteil ausgeübte
Rückstellkraft
soll dabei mindestens so groß sein,
dass die Rückstellung
in einem mindestens um 10 % kürzeren
Zeitintervall gegenüber
einem Zeitintervall erfolgt, das von einem entsprechenden Aktorelement
ohne vorhandenem Kunststoffteil beansprucht wird. Der Glasübergangsbereich
des gummi-elastischen Kunststoffmaterials ist in bekannter Weise
(vgl. DIN 7724) durch die deutliche Abnahme des Schubmoduls G bei
Temperaturen oberhalb des Temperaturbereichs des energieelastischen
Verhaltens des Kunststoffes gekennzeichnet. Hauptvertreter dieser
Kunststoffe sind Elastomere (vgl. „Römpp Chemie-Lexikon", 9. Aufl., 1990,
Seiten 1105 bis 1107).
-
Bei
den erfindungsgemäßen Maßnahmen
wird davon ausgegangen, dass während
der Martensit-Austenit-Umwandlung in dem gummielastischen Kunststoffmaterial
Deformationsenergie aus der Aktorbewegung elastisch gespeichert
wird. Die hierfür
benötigte
Energie wird durch das Aktorelement in den Kunststoffteil eingebracht.
Die im Kunststoffmaterial elastisch gespeicherte Energie wird dann
bei der Abkühlung
des Aktorelementes freigesetzt und in das Aktorelement rücktreibende
mechanische Energie umgewandelt (so genannte „Entropieelastizität"; vgl. z.B. „Kunststoff-Lexikon", 8.Aufl., 1992,
Hanser Verlag München
[DE], Seite 174). Diese Rückwandlung
des SMA-Materials bei der Austenit-Martensit-Umwandlung wird somit
vorteilhaft zeitlich verkürzt.
-
Bei
einer Auslegung der von dem Kunststoffteil aus dem gummielastischen
Kunststoffmaterial auf das Aktorelement aus der SMA ausgeübten Rückstellkraft
ist zu unterscheiden, ob die SMA vom Ein-Weg- oder Zwei-Wege-Typ
ist:
- Beim Ein-Weg-Typ erfolgt nach der Einnahme der zweiten
Form (Austenit) bei Temperaturabsenkung kein selbständiges Zurückgehen
in die erste Form (Martensit); d.h., hier muss der Kunststoffteil
aus dem gummi-elastischen Kunststoffmaterial die Rückstellkraft
zum Überführen des
Elementes in die erste Form entweder vollständig oder teilweise aufbringen.
Bei einem Teilweise-Aufbringen muss eine weitere Kraft z.B. durch eine
Feder oder ein Gewicht bereitgestellt werden. Die teilweise Rückstellkraft
seitens des Kunststoffteils sollte dabei mindestens 10 % der insgesamt
erforderlichen Rückstellkraft
ausmachen. Die bessere Wärmeabführung bewirkt
in diesem Fall eine schnellere Rückstellung.
- Beim Zwei-Wege-Typ erfolgt der Übergang von der zweiten in
die erste Form bei Temperaturabsenkung an sich von allein. Hier
stellt der Kunststoffteil aus dem gummielastischen Kunststoffmaterial
eine zusätzliche Rückstellkraft
zur Verfügung,
die zu einer schnelleren Rückstellung
führt und
ebenfalls mit einer besseren Wärmeabfuhr
einhergeht.
- Daraus folgt, dass für
die Aktoreinrichtung nach der Erfindung prinzipiell beide Typen
von SMAs geeignet sind.
-
Sämtliche
Anwendungen von Aktorelementen von beiden Typen verlangen im Allgemeinen
eine hohe Zahl von Kontraktionen und Dehnungen. Die vorgesehene
kraftschlüssige
Zuordnung mit dem gummi-elastischen Kunststoffmaterial beeinflusst
dabei vorteilhaft weder den Memory-Effekt noch die Zykluszeit und
führt auch
nicht zu einer vorzeitigen Ermüdung
des Aktorelementes.
-
Besonders
vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Aktoreinrichtung sind in
den abhängigen
Ansprüchen
aufgeführt.
-
So
kann der Kunststoffteil als eine Ummantelung des Aktorelementes
ausgebildet sein. Mit entsprechenden, das Aktorelement allseitig
umschließenden
Ummantelungen lassen sich definierte, hinreichend hohe Rückstellkräfte erzeugen.
-
Auch
aus diesem Grunde sind bevorzugt Aktorelemente zu verwenden, die
eine Band- oder Drahtform aufweisen. Entsprechende Elemente lassen
sich auf einfache Weise mit Teilen aus dem besonderen Kunststoffmaterial
versehen.
-
Als
Kunststoffmaterial kommen vorzugsweise Elastomere in Frage. Solche
Materialien mit unterhalb der Raumtemperatur liegender Glasübergangstemperatur
sind allgemein bekannt.
-
Um
die mechanischen Eigenschaften in weiten Grenzen an Erfordernisse
anpassen zu können,
lassen sich Kunststoffmaterialien mit insbesondere elektrisch isolierenden
Funktionsfüllstoffen
versehen. Falls elektrische Isolationsfragen keine Rolle spielen,
können
auch nicht-isolierende Füllstoffe
zum Einsatz kommen. Für die
einzelnen Materialien geeignete Füllstoffe sind allgemein bekannt.
-
Vorteilhaft
lassen sich entsprechende Aktorelemente für Hub- oder Zugbewegungen, Kippbewegungen,
Drehbewegungen in der Automatisierungs-, Automobil-, Informationstechnik
und Medizintechnik sowie für Schalter,
Elemente der Mikroelektromechanik, der Elektronik, Robotik sowie
für Klappensteller,
die Klimatechnik, die Gehäusetechnik
oder für
Regler verwenden.
-
Weitere
vorteilhafte Ausgestaltungen der erfindungsgemäßen Aktoreinrichtung sind den
vorstehend nicht angesprochenen Ansprüchen und der Figurenbeschreibung
zu entnehmen.
-
Zur
Erläuterung
der Erfindung wird nachfolgend auf die Zeichnung Bezug genommen,
in der Einzelheiten einer vorteilhaften Ausgestaltung eines Aktorelementes
einer erfindungsgemäßen Aktoreinrichtung
veranschaulicht sind. Dabei zeigen
-
deren 1 einen
SMA-Draht mit gummi-elastischer Kunststoffummantelung,
-
deren 2 in
einem Diagramm die verschiedenen temperaturabhängigen Eigenschaften eines
gummielastischen Kunststoffmaterials und die davon abhängige Auswahl
des SMA-Materials,
-
deren 3 in
Teilfiguren 3a und 3b Diagramme
mit dem zeitabhängigen
Stromverlauf bzw. der zeitabhängigen
Kontraktion eines SMA-Drahtes,
-
deren 4 die
Drahtkontraktion in Abhängigkeit
von der Stromstärke,
-
sderen 5 in
einem Diagramm den Kontraktion-Rückstellzeit-Verlauf
verschiedener SMA-Drähte,
-
deren 6 in
einem Diagramm den Kontraktion-Rückstellzeit-Verlauf
bei aufeinander folgenden Stromimpulsen,
-
deren 7 in
einem Diagramm die Kontraktion in Abhängigkeit von der Rückstellzeit
und
-
deren 8 den
zeitlichen Verlauf der Kontraktion ohne äußere Rückstellkraft.
-
Aktorelemente,
wie sie sich für
Aktoreinrichtungen nach der Erfindung vorsehen lassen bzw. Teile
von diesen bilden, sind allgemein bekannt. Sie sind mit ebenfalls
geläufigen
SMAs (Formgedächtnis-Legierungen, Shape-Memory-Alloys)
aufgebaut und weisen im Allgemeinen eine langgestreckte Band- oder
Drahtform auf. Gegebenenfalls sind auch Helix- oder Schraubenformen
für die
Aktorelemente von erfindungsgemäßen Einrichtungen
vorzusehen.
-
Für das für
1 ausgewählte Ausführungsbeispiel
sei als Aktorelement
2 einer erfindungsgemäßen Aktoreinrichtung
ein Draht aus einer SMA wie z.B. einer TiNi-Legierung ausgewählt (vgl.
z.B. die genannte
DE 100
30 394 C1 ). Der SMA-Draht
2 ist zumindest in einem
Teilbereich mit einem Kunststoffteil
3 kraft- und im Allgemeinen
auch formschlüssig
verbunden. Der Kunststoffteil ist bevorzugt als eine Ummantelung
ausgebildet und besteht aus einem erfindungsgemäß auszuwählenden gummielastischen Kunststoffmaterial.
Für eine Aufheizung
des Drahtes
2 auf ein über
einer Formumwandlungstemperatur liegendes Temperaturniveau, bei dem
die (zweite) Hochtemperatur-Form (Austenit-Form) eingenommen wird,
dient eine Beheizung des Drahtes
2 mittels eines durch
ihn geleiteten Stromes I. Auf diese Weise lassen sich kurze Schaltzeiten
realisieren, indem der gesamte SMA-Draht rasch auf Temperaturen über die
so genannte Austenit-Finish-Temperatur A
f erwärmt wird
(vgl. auch
2). Diese einzustellende Temperatur
muss hierzu über
dem gesamten zu schaltenden (in seiner Form zu ändernden) Teil des Drahtes
kurzzeitig über
A
f liegen. Die vorgesehene Kunststoffumhüllung bzw.
-ummantelung
3 sollte dabei praktisch keine merklichen
Temperaturgradienten über
den Draht in Längsrichtung
verursachen. Die im Vergleich zu Luft verhältnismäßig hohe Wärmeleitfähigkeit von ungefüllten Kunststoffen
von beispielsweise 0,2 bis 0,35 W/mK sorgt zusammen mit dem hohen
Wärmeübergangskoeffizienten
zwischen der SMA und dem Kunststoffmaterial für eine schnelle Abkühlung und
Rückumwandlung
des Aktorelementes in die martensitische Phase. Umgekehrt bewirkt
der niedrige Wärmeübergangskoeffizient
des Kunststoffmaterials eine Wärmeisolierung
gegenüber
Schwankungen in der Umgebungstemperatur.
-
Geeignete
Ummantelungsmaterialien für
SMA(Memory-Metalllegierungs)-Aktorelemente sind alle gummi-elastischen
Kunststoffe wie z.B. Silikonelastomere, Polyurethan-Elastomere,
Kohlenwasserstoff-Harze oder Acryl-Elastomere. Die Aushärtung dieser
Materialien erfolgt im Allgemeinen thermisch, vorzugsweise bei Raumtemperatur.
Eine Härtung
bei leicht erhöhter
Temperatur ist ebenfalls möglich,
sofern die Härtungstemperatur
nicht die so genannte Austenit-Start-Temperatur As der verwendeten
Memory-Metall-Legierung überschreitet.
Ebenfalls möglich
ist eine kontinuierliche Umhüllung
von z.B. SMA-Drähten mit
UV-härtenden
Reaktionsharzen, die im ausgehärteten
Zustand gummi-elastische Eigenschaften aufweisen.
-
Als
Mantelmaterial eignen sich bevorzugt gummi-elastische Kunststoffe
mit einer Shore A-Härte < 80 (gemessen nach
DIN 53505). Besonders vorteilhaft werden solche Kunststoffe mit
einer Shore A-Härte < 50 vorgesehen.
-
Mit
insbesondere elektrisch isolierenden Funktionsfüllstoffen ausgerüstete Ummantelungsmaterialien können ebenfalls
vorgesehen werden. Als Funktionsfüllstoff können insbesondere Partikel
verwendet werden, welche die thermische Leitfähigkeit der Kunststoffummantelung
erhöhen.
Der Füllgrad
muss jedoch den benötigten
gummi-elastischen Eigenschaften des Mantelwerkstoffes angepasst
sein. Denn zu hochgefüllte
Compounds (= gefüllte
Materialien) zeigen keine ausreichenden gummielastischen Eigenschaften,
so dass sie die Rückumwandlung
des Aktorelementes in die Martensitform behindert.
-
2 zeigt
in einem Diagramm die Abhängigkeit
des Schubmoduls G eines erfindungsgemäß zu verwendenden gummielastischen
Materials von der Temperatur T (vgl. die genannte Textstelle aus „Römpp Chemie-Lexikon"). Wie aus dem Verlauf
der mit Kk bezeichneten Kurve für dieses
Kunststoffmaterial ersichtlich, ist mit zunehmender Temperatur T
zwischen einem Glaszustandsbereich GLB, einem mit GED bezeichneten
Bereich des gummi-elastischen Zustandes (vgl. das genannte „Kunststoff-Lexikon", Seite 254) und
einem Zersetzungsbereich ZSB zu unterscheiden. Im Allgemeinen liegt
dabei die Raumtemperatur RT in dem Bereich GEB des Materials. Zwischen
dem Glasübergangsbereich
GLB und dem gummi-elastischen Bereich GE liegt die so genannte Glasübergangstemperatur
Tg, die insbesondere bei gummi-elastischen
Elastomeren deutlich unterhalb der Raumtemperatur RT liegt.
-
Nach
der Erfindung soll ein solches SMA-Material gewählt werden, dass die Glasübergangstemperatur
Tg deutlich unterhalb der Austenit-Start-Temperatur
As liegt, bei der das Material von seiner
ersten (Martensit-)Form in seine zweite (Austenit-)Form bei Temperaturerhöhung überzugehen
beginnt (mit zunehmender Temperatur). D.h., die Glasübergangstemperatur
soll deutlich unter den Martensit- und Austenit-Umwandlungstemperaturen
liegen. In dem Diagramm ist eine zweite, mit KSMA bezeichnete
Kurve mit Hysteresis-Form eingezeichnet, die die Abhängigkeit
Weges bzw. der Länge
s des SMA-Materials von der Temperatur T zeigt (vgl. z.B. das genannte
Buch von D. Stöckel,
Seite 68). An dieser Kurve KSMA sind explizit
die Austenit-Start-Temperatur As und die
so genannten Austenit-Finish-Temperatur
Af eingetragen, bei der die Endform des
Austenit-Zustandes
erreicht ist. Beide Temperaturen liegen im Allgemeinen oberhalb
der Raumtemperatur RT. Außerdem
sind an der Kurve KSMA noch die Martensit-Start-Temperatur
Ms sowie die Martensit-Finish-Temperatur
Mf vermerkt.
-
Eine
dauerhafte Anbindung zwischen Ummantelungskunststoff und Aktorelement
aus der SMA ist für die
beschriebenen Effekte unerlässlich.
Die Anbindung zwischen Kunststoff und SMA-Aktorelement wird vorzugsweise folgendermaßen durchgeführt, indem
- – die
Oberfläche
des Aktorelementes zur Erhöhung
der effektiven Verbundfläche
aufgeraut wird oder
- – die
Oberfläche
des Aktorelementes z.B. mit Aceton oder Isopropanol gereinigt und
enthärtet
wird.
-
Darüber hinaus
kann die mechanische Anbindung dieser beiden Teile durch chemische
Vorbehandlung der SMA und durch Einsatz von Haftvermittlern verbessert
werden.
-
So
kann insbesondere der Kunststoffteil als eine Ummantelung des Aktorelementes
ausgebildet sein. Eine solche Ummantelung mit angepassten mechanischen
Eigenschaften, die neben einer besseren Gleitfähigkeit auch eine kontrollierte
Wärmeabfuhr
von dem Aktorelement ermöglicht,
verbessert die Zuverlässig keit des
Elementes und verkürzt
die Rückstellzeiten.
Ferner erleichtert eine Kunststoffummantelung des Aktorelementes
dessen Systemintegration in Kunststoffbauteile. Sie erhöht zudem
die Beständigkeit
der SMA gegenüber
schädlichen
Umgebungseinflüssen
wie z.B. Schadgasen oder Lösungsmittel.
-
Nachfolgend
wird auf die Diagramme der 3 bis 8 näher eingegangen.
Den Diagrammen lagen dabei Untersuchungen zugrunde, die an SMA-Drähten aus
einer Ni-Ti-Memory-Metalllegierung mit der Warenbezeichnung „Nitinol" (Abkürzung für Ni-Ti-„Naval
Ordonance Laboratory")
vorgenommen wurden. Diese SMA-Drähte
waren vom Ein-Weg-Typ, so dass zu einer Rückstellung von ihrer zweiten
in die erste Form von Gewichten aufgebrachte Rückstellkräfte angewandt wurden. Die Drähte hatten
einen Durchmesser von 200 μm.
Die Kontraktion der als Aktorelemente verwendeten Drähte wurde
durch einen Stromimpuls mit definierter Impulsdauer herbeigeführt. Die
Bewegung des Aktorelementes wurde mit einem Wegaufnehmer aufgezeichnet.
Als gummi-elastische Mantelmaterialien wurden zwei Silikonkautschuke
untersucht. Wichtige Eigenschaften dieser Produkte sind in der nachfolgenden
Tabelle zusammengefasst.
-
-
Der
Durchmesser der Ummantelung betrug dabei 1 mm. Die Ummantelung der
Drähte
wurde wie folgt realisiert: Der SMA-Draht wurde zentrisch in eine
Aluform gespannt. Die Form wurde so dann mit Silikonharz aufgefüllt. Die
Aushärtung
des Harzes erfolgt bei Raumtemperatur über 24 Stunden.
-
3 zeigt
schematisch den Verlauf von Stromimpulsen durch den verwendeten
Draht (3a) bzw. dessen damit bewirkten
Längenänderungen
(3b). Ein kurzer Stromimpuls induziert die Martensit-Austenit-Umwandlung
und damit eine Kontraktion ε des
Aktorelementes. Nach Ende der Bestromung kühlt der Draht ab. Die Kontraktion
des Drahtes sinkt ab und der Draht nimmt wieder seine ursprüngliche
Länge an.
-
4 zeigt
den Verlauf der Kontraktion ε von
SMA-Drähten
als Funktion der Stromstärke
I. Ein luft-umströmender
SMA-Draht mit Luftkonvektion
als Randbedingung erreicht bei gleicher Impulsdauer des Stromes den
Maximalwert der Kontraktion bei etwas höheren Stromstärken. Die
Ursache hierfür
ist darin zu sehen, dass die strömende
Luft das Aktorelement auch während
der Bestromung kühlt.
Die resultierende Deformation des Drahtes ist deshalb etwas geringer.
Ein mit dem verwendeten Silikonmaterial „Elastosil RT 622" ummantelter Draht
erreicht bei einer Stromstärke
von 2 A und einer Stromimpulsdauer von 500 ms ebenfalls den Maximalwert
der Kontraktion ε von
etwa 4,5 %. Die an den Kurven angegebenen Zeitwerte beziehen sich
auf die jeweilige Impulsdauer.
-
5 zeigt
den zeitlichen Verlauf der Kontraktion und Rückstellung verschiedener SMA-Proben.
Ein nicht-isolierter SMA-Draht zeigt die langsamste Rückstellung
(Kurve a, als „Luft" bezeichnet). Ein
Luftstrom mit Konvektion beschleunigt hingegen die Rückstellung
des SMA-Drahtes nach der Bestromung (Kurve b, als „Konvektion" bezeichnet). Ein
mit dem erwähnten
Silikon-Elastomer ummantelter Draht zeigt hingegen eine vergleichbar
schnelle Rückstellung
(Kurve c; als „Elastosil
RT622" bezeichnet)
wie der luftumströmte SMA-Draht
(Kurve b). Die im Elastomer gespeicherte Deformationsenergie treibt
dabei das Aktorelement in die Ausgangsform zurück. Die an den Kurven angegebenen
Werte beziehen sich auf die angelegten Stromimpulse. Die an den
Kurven angegebenen Strom- und Zeitwerte beziehen sich auf die jeweilige
pulsförmige
Bestromung.
-
6 zeigt
den zeitlichen Verlauf der Kontraktion und Rückstellung von SMA-Drähten bei
kurz aufeinander folgenden Stromimpulsen mit den angegebenen Bestromungsparametern.
Ein nicht-ummantelter SMA-Draht wandelt innerhalb der Kühlphase
nicht vollständig
in den Ausgangszustand zurück.
Es bleibt eine Restkontraktion (Kurve d, mit „Luft" gekennzeichnet). Der mit dem erwähnten Silikon-Elastomer
umhüllte
Draht zeigt hingegen eine deutliche schnelle Rückstellung (Kurve e, mit „Elastosil
RT 622" gekennzeichnet).
Ein entsprechendes Aktorelement erlaubt deshalb deutlich kürzere Schaltintervalle.
-
7 zeigt
den Zusammenhang zwischen Kontraktion ε und Rückstellzeit tr.
Die erfindungsgemäße gummi-elastische
Ummantelung eines SMA-Aktorelementes führt zu einer signifikanten
Reduzierung der Aktor-Rückstellzeiten
bei nahezu gleicher Kontraktion, d.h, zu einer entsprechenden Erhöhung der
Aktor-Effizienz.
In dem Diagramm sind unter Angabe der Bestromungsparameter gekennzeichnet
mit „Luft" der Punkt für reine
Abkühlung
in Luft (ohne zusätzlich
angefachte Konvektion), mit „Konvektion" der sich für zusätzliche
Luftkonvektion ergebende Punkt und mit „Elastosil RT 675 bzw. „Silastic
T-2" die sich für erfindungsgemäße Ummmantelungen
aus den genannten Materialien ergebenden Punkte.
-
8 zeigt
den zeitlichen Verlauf der Kontraktion e von zwei Memory-Metall-Drähten, an
denen die von den erwähnten
Gewichten hervorgerufenen äußeren Rückstellkräfte angreifen.
Ein mit dem erwähnten
Silikon-Elastomer „Elastosil
RT622" zusätzlich ummanteltes
Aktorelement wandelt nach einer Bestromung mit den angegebenen Parametern
deutlich schneller in die Ausgangsform zurück (Kurve f) als ein nicht-umhüllter Draht
(Kurve g).
-
Unter
Bezugnahme auf die Figuren ergeben sich mit den erfindungsgemäßen Maßnahmen
demnach folgende Vorteile:
- – Bei einem mit dem erwähnten Silikon-Elastomer
ummantelten Draht wird der Memory-Effekt nicht eingeschränkt. Die
Weg-Kraftänderungen
unterscheiden sich nicht von den blanker SMA-Drähte (vgl. 4).
- – Die
Kunststoffummantelung führt
aber im Vergleich zu blanken Drähten
zu einer verbesserten Abfuhr der durch Bestromung erzeugten Wärme am SMA-Element
an die Umgebung. Im Vergleich zu nicht-isolierten SMA-Drähten wird
die Rückstellung
des SMA-Drahtes nach Bestromung durch eine verstärkte Luftkonvektion beschleunigt.
Der mit dem Silikon-Elastomer
ummantelte Draht zeigt eine vergleichsweise schnellere Rückstellung
wie der Luft-umströmte
SMA-Draht (vgl. 5). Die Rückstellzeit reduziert sich
bei den ummantelten Drähten
um über
50 %.
- – Die
Kunststoffummantelung übernimmt
durch Anpassung der mechanischen Eigenschaften des Polymermantels
die Funktion einer Rückstellfeder
zur Rückstellung
des Aktorelementes. Die im gummi-elastischen Kunststoff gespeicherte
elastische Deformationsenergie bewirkt im Vergleich zu einem Standardaktorelement
ohne Kunststoffumhüllung
damit neben der besseren Wärmeleitung
die schnellere Rückstellung
des SMA-Aktorelementes während
der Austenit-Martensit-Umwandlung, d.h. während der Abkühlphase.
Die im Elastomer gespeicherte Deformationsenergie treibt dabei das
Aktorelement sozusagen in die Ausgangsform zurück (vgl. 6).
Dadurch lassen sich pro Zeiteinheit mehr Aktorbetätigungen
realisieren. Unter idealen Bedingungen kann auf zusätzlich von
außen
auf den Aktor wirkende Rückstellelemente
wie z.B. Stahlfedern verzichtet werden. Dies erlaubt den Bau von
noch kompakteren Aktoreinrichtungen.
- – Die
Kunststoffummantelung schützt
das SMA-Aktorelement vor schädlichen
Umgebungseinflüssen
wie z.B. Schmutz, Lösungsmitteln
oder Schadgasen.
- – Die
Kunststoffummantelung schützt
das Aktorelement auch vor einer mechanischen Beschädigung an Kontaktstellen
wie z.B. an Umlenkrollen.
- – Die
Kunststoffummantelung bewirkt ferner eine Verbesserung der Gleiteigenschaften
des SMA-Aktorelementes.
- – Durch
die Kunststoffummantelung werden insbesondere dünne SMA-Drähte mit Durchmessern von unter 200 μm einfacher
handhabbar, beispielsweise einfacher montierbar.
- – Die
Kunststoffumhüllung
kann bevorzugt elektrisch isolierend wirken und kann so umliegende
Bauelemente bzw. Personen vor elektrischen Überschlägen schützen.
-
Die
an den vorstehend angesprochenen Ausführungsbeispielen gewonnenen
Eigenschaften gelten generell für
alle erfindungsgemäß ausgebildeten
Aktoreinrichtungen mit Aktorelementen aus anderen SMAs und anderen
Form des kraftschlüssig
mit ihnen verbundenen Kunststoffteils.