Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Erfassung
einer Objektform.
Es gibt verschiedene Anwendungen, bei denen es von Wichtigkeit ist, die äußere Form
eines Objektes genau zu kennen. Eine solche Anwendung liegt beispielsweise auf dem
Gebiet der Medizintechnik. So werden Patienten vor chirurgischen oder
strahlentherapeutischen Maßnahmen z. B. mittels einer Computertomographie gescannt,
um die Lage einer Gewebsveränderung im Körper oder in einem Körperteil
festzustellen. Dabei werden auch Marker oder hervorgehobene Punkte am Körperteil
mitgescannt, deren Positionsdaten später in einem chirurgischen Navigationssystem, das
den Behandlungsraum interoperativ überwacht, um als Hilfestellung für den Chirurgen
oder Strahlentherapeuten zu dienen, verwertet werden.
Bei solchen Verfahren muß nachteiligerweise vor der Behandlung mit Hilfe des
Navigationssystems eine aufwendige Zuordnung der Lagedaten aus dem CT-Scan zu den
tatsächlichen Raumdaten im Operationsraum erfolgen. Diese Zuordnung ist einerseits
aufwendig, da entsprechende Marker auf der Haut per Hand mit einem
Referenzierungsgerät angefahren und identifiziert werden müssen; andererseits ist sie
des öfteren ungenau, da sich beispielsweise Hautmarker beim Referenzierungsvorgang
sehr leicht verschieben können. Automatische Referenzierungen mit Markern oder
anhand von natürlichen Landmarken sind sehr rechenaufwendig.
Ein weiterer Nachteil solcher Lage- und Formzuordnungsverfahren besteht darin, daß
sie zum Zeitpunkt der Behandlung oder Operation nicht unbedingt die genauen
tatsächlichen Lagedaten für die Außenform oder eine Innenform wiedergeben. Diese
Formdaten stammen nämlich beispielsweise aus einer Computertomographie, die zeitlich
vor dem Eingriff durchgeführt wurde und lediglich die Markerpositionen werden aktuell
erfaßt. Es kann nun vorkommen, daß sich durch Verschiebungen die Position von
Gewebepunkten zu den Markern ändert, und zwar schon beim Transport vom
Computertomographen in den Behandlungssaal. Dadurch wird die Form- und
Lageerfassung im Navigationssystem unkorrekt und kann zu Fehlbehandlungen führen.
Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren sowie eine Vorrichtung
zur Erfassung einer Objektform bereitzustellen, welche dazu in der Lage sind, die oben
genannten Nachteile des Standes der Technik zu überwinden. Insbesondere soll eine
schnelle und aktuell genaue Objektformerfassung ermöglicht werden.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren zur Erfassung einer
Objektform mit den folgenden Schritten gelöst:
- a) ein Kamerabild des Objektes wird erstellt;
- b) ein Umriß des Objektes in einer ersten Ebene, der in dem Kamerabild scharf erscheint,
wird durch eine mit der Kamera verbundene Auswertungseinheit erfaßt;
- c) der Fokussierungsabstand der Kamera wird verändert;
- d) ein scharfer Umriß des Objektes in einer zweiten Ebene wird durch die
Auswertungseinheit erfaßt;
- e) die Schritte b) bis d) werden wiederholt, bis eine ausreichende Zahl von Umrissen
erfaßt ist, so daß die räumliche Form des Objektes festgestellt werden kann.
Dieses erfindungsgemäße Verfahren hat den großen Vorteil, daß es automatisch und sehr
schnell erfolgen kann. Nach der Durchführung des Verfahrens steht die äußere Form des
Objektes genau und vor allen Dingen aktuell fest, so daß hierauf folgende
Referenzierungen ebenfalls mit einer hohen Genauigkeit durchgeführt werden können.
Dies verkürzt insbesondere auf dem Gebiet der chirurgischen und strahlentherapeutischen
Behandlungen die Vorbereitungszeit für den Eingriff, macht diese Eingriffsvorbereitung
einfacher und unterstützt die Genauigkeit der Behandlung, wodurch Fehlbehandlungen
vermieden werden können.
Bei einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung wird durch eine Erfassung von
Kontrastunterschieden festgestellt, welcher Umriß in dem Kamerabild scharf erscheint.
Wenn in der Auswertungseinheit nunmehr bekannt ist, welcher Fokussierungsabstand
vorliegt, werden in diesem Bereich, nämlich in dem Bereich der größten Schärfe des
Bildes, auch die höchsten Kontrastunterschiede vorhanden sein. Demnach ist der gesuchte
Umriß derjenige, bei dem die Kontrastunterschiede am höchsten sind, und sein Abstand,
das heißt die Lage der Ebene, in der er von der Kamera entfernt liegt, ist bekannt, so daß
auf dieser Ebene eine eindeutige Umrißzuordnung stattfinden kann. Es ist hierbei
beispielsweise auch möglich, den Fokussierungsabstand bei der Erfassung eines Umrisses
an einer Ebene vorübergehend zu variieren, um durch Mittelwertbildung die stärksten
Kontrastunterschiede und damit die genaue Lage der gesuchten Ebene zu ermitteln.
Wenn dies für eine genügende Anzahl von Ebenen und Umrissen in diesen Ebenen erfolgt,
kann damit eine äußerst genaue Erfassung der Objektform stattfinden.
Eine besonders genaue Umrißerfassung läßt sich erreichen, wenn eine Videokamera
verwendet wird, deren Schärfentiefe sehr gering ist. Eine solche sehr geringe
Schärfentiefe sorgt dafür, daß ein scharfer Umriß nur in einem sehr kleinen
Abstandsbereich um den Fokussierungsabstand der Kamera herum erscheint. Mit einer
Schärfentiefe, die gegen Null geht, könnte deshalb theoretisch der exakte Abstand der
Ebene, in welcher der erfaßte Umriß liegt, erfaßt werden. Mit sehr geringen
Schärfentiefen lassen sich deshalb sehr genaue Erfassungen vornehmen.
Grundsätzlich können gemäß der Erfindung an dem zu erfassenden Objekt Markierungen
angebracht werden, um bestimmte Objektpunkte eindeutig erfaßbar zu machen. Es kann
sich hierbei um Lichtmarkierungen, aufgesetzte Marker oder aufgeklebte Muster handeln,
welche beispielsweise die Erfassung des schärfsten Bildes bzw. der höchsten
Kontrastunterschiede vereinfachen.
Die Auswertungseinheit, die beim erfindungsgemäßen Verfahren verwendet wird, ist
vorzugsweise ein Computer mit einem Bildverarbeitungsprogramm, wobei analoge
Bildsignale (durch einen Analog-/Digitalwandler), die von der Kamera erfaßt werden,
digitalisiert und dann verarbeitet werden.
Eine besonders vorteilhafte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird
dann erzielt, wenn die Kamera eine Kamera eines chirurgischen Mikroskops ist. Bei
hohen Vergrößerungen wird nämlich die Schärfentiefe geringer, so daß die oben in diesem
Zusammenhang schon angesprochenen Vorteile erzielt werden können. Im medizinischen
Bereich und in Kombination mit einem Navigationssystem kann die vorliegende
Erfindung grundsätzlich in zweierlei Art und Weise Anwendung finden. Einerseits kann
die Form eines zu behandelnden Körperteils eines Patienten als Objekt erfaßt werden,
wobei die erfaßte Form durch ein das Behandlungsgebiet überwachendes
Navigationssystem verarbeitet wird, um so die äußere Form des Körperteils bei der
Navigation einbeziehen zu können. Andererseits besteht die Möglichkeit, am Objekt
mindestens einen durch das Navigationssystem erfaßbaren Marker anzubringen, um die
auch die von der Kamera erfaßte Markerposition zu verwenden, um die Lage und Form
des Objekts dem Navigationssystem zuzuordnen.
Natürlich können für die Zuordnung im Navigationssystem auch natürliche Landmarken
und künstliche Marker in Kombination verwendet werden.
Wenn eine natürliche Landmarke zur Zuordnung verwendet wird, wird gemäß dem
erfindungsgemäßen Verfahren am Objekt mindestens ein durch das Navigationssystem
erfaßbarer Punkt ausgewählt (beispielsweise die Nasenwurzel eines Patienten), um über
die auch von der Kamera erfaßte Position dieses Punktes bzw. mehrerer dieser Punkte die
Lage und Form des Objekts dem Navigationssystem zuzuordnen.
Das erfindungsgemäße Verfahren kann zur Verifizierung und Aktualisierung der
gewünschten Positionsdaten zusammen mit einem Navigationssystem zur
Lagereferenzierung verwendet werden, und zwar vorzugsweise bei einem
Strahlentherapieverfahren oder bei einem chirurgischen Eingriff. Dies erhöht die
Behandlungsgenauigkeit.
Vorteilhafterweise wird hierbei die erfaßte Form eines Körperteils derjenigen zugeordnet,
welche durch ein präoperatives Scanverfahren, z. B. eine Computertomographie oder eine
Kernspintomographie, bestimmt wurde. Hierdurch kann, auch wenn sich während des
Patiententransportes eine Lageveränderung ergeben hat, also die CT- oder
Kernspintomographie-Positionsdaten nicht mehr vollständig korrekt sind, ein Abgleich
und eine Lagekorrektur durchgeführt werden, wodurch wiederum Fehlbehandlungen
vermieden werden können. Ein großer Vorteil ist hierbei, daß der erfindungsgemäße
Erfassungsvorgang durchaus auch während einer Operation, das heißt während eines
chirurgischen Eingriffs, am offenen Körperteil vorgenommen werden kann. Dabei können
natürlich auch die Umrisse in der geschaffenen Körperöffnung erfaßt und zur
Abgleichung des gescannten Bildes verwendet werden. Die schon entfernten Teile können
dann auch in dem vom Navigationssystem gelieferten Bild ausgeschnitten werden, um
dem behandelnden Chirurgen eine bessere und aktuellere Behandlungsunterstützung zu
gewähren. Dabei werden jeweils beispielsweise Dichtewerte erstellt, die genau der neuen
Oberfläche entsprechen.
Des weiteren kann das erfindungsgemäße Verfahren natürlich auch dazu verwendet
werden, einen intelligenten Autofokus zur Verfügung zu stellen. Hierzu wird die erfaßte
Objektform, die in der Auswertungseinheit schon vorliegt, dazu verwendet, um
automatisch durch den Benutzer vorgegebene Objektpunkte bzw. -ebenen zu fokussieren.
Der Benutzer kann also beispielsweise in sein Navigationssystem eingeben, in welcher
Umrißebene er ein scharfes Bild erhalten möchte, und zwar z. B. durch
Koordinateneingabe oder durch die Verwendung eines taktilen Bildschirms. Die Kamera
kann dann exakt diese Umrißebene fokussieren.
Ferner ist es durch die vorliegende Erfindung möglich, ein "superscharfes Bild" bzw. ein
"unendlich scharfes Bild" zu erhalten. Die erfaßte Objektform kann nämlich auch dazu
verwendet werden, ein in jeder Tiefe scharfes Bild zu erstellen. Hierzu wird jeweils der
scharfe Bereich (Kontur) - z. B. ein Ring von 2 mm bis 3 mm Breite - aus jedem Bild
extrahiert und mit den anderen scharfen Bereichen aus anderen Fokussierungsebenen zu
einem Gesamtbild zusammengesetzt.
Ganz allgemein soll hier noch hinzugefügt werden, daß Objekte gemäß dem
erfindungsgemäßen Verfahren durchaus von verschiedenen Seiten her aufgenommen
werden können, wobei entweder über eine genau bekannte neue Kameraposition oder
durch die Zuordnung von künstlichen Markern oder natürlichen Landmarken rechnerisch
eine Zuordnung der beiden Erfassungen erfolgt, so daß ein Gesamtbild entsteht.
Dadurch können auch Probleme vermieden werden, die durch Hinterschneidungen am
Objekt entstehen und die Erfassung kann vervollständigt werden.
Die erfindungsgemäße Vorrichtung zur Erfassung einer Objektform weist eine Kamera
auf, die eine Einrichtung zur automatisch oder manuell ansteuerbaren Änderung des
Fokussierungsabstandes hat. Ferner umfaßt sie eine Auswertungseinheit, die mit der
Kamera verbunden ist und die in verschiedenen Fokussierungsabständen bzw. -ebenen
scharf erscheinende Umrisse des Objektes nacheinander erfaßt, bis eine ausreichende
Zahl von Umrissen erfaßt ist, so daß die räumliche Form des Objektes festgestellt
werden kann.
Wie schon oben erwähnt, ist es hierbei von Vorteil, wenn die Kamera eine Videokamera
(digital oder analog) ist, deren Schärfentiefe sehr gering ist. Wie ebenfalls schon bei der
Beschreibung des erfindungsgemäßen Verfahrens erläutert wurde, ist die
Auswertungseinheit vorzugsweise ein Computer mit einem Bildverarbeitungsprogramm,
wobei digitale Bildsignale verarbeitet werden bzw. analoge Bildsignale, die von der
Kamera erfaßt werden, digitalisiert und dann verarbeitet werden, und wobei das
Bildverarbeitungsprogramm insbesondere durch eine Erfassung von Kontrastunter
schieden feststellt, welcher Umriß in dem Kamerabild scharf erscheint. Die Kamera ist
bevorzugt diejenige an einem chirurgischen Mikroskop.
Die Erfindung wird nun im weiteren anhand einer bevorzugten Ausführungsform und
unter Bezugnahme auf die beiliegende Zeichnung näher erläutert.
In der Zeichnung ist schematisch eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur Erfassung der
Form eines Objektes dargestellt. In dem dargestellten Beispiel trägt das vereinfacht
dargestellte Mikroskop 3 eine Kamera 1, und zwar in diesem Fall eine Videokamera mit
einer sehr geringen Schärfentiefe.
Die Videokamera 1 erstellt ein Kamerabild des Objektes 2 in dem gestrichelt
dargestellten Aufnahmebereich.
Das Objekt 2 hat eine unregelmäßige Außenform. Zur Erfassung der Form des Objektes
2 wird nunmehr beispielsweise von oben herab eine Ebene nach der anderen durch die
Veränderung, insbesondere automatische Veränderung des Fokussierungsabstandes der
Kamera 1 scharf gestellt. In der Zeichnung sind als Beispiel drei Ebenen 4, 5 und 6
gezeigt, die nacheinander angefahren werden. Tatsächlich wird bei der Formerfassung
natürlich eine sehr viel größere Anzahl von Ebenen angefahren, und zwar so viele, wie
zur genauen Erfassung der Objektform notwendig sind. Bei sehr komplizierten
Objektformen kann auch automatisch in bestimmten Abstandsbereichen die Anzahl der
Fokussierungsebenen erhöht werden.
Beim Anfahren der Ebenen 4, 5 und 6, wie sie in der Figur dargestellt sind, wird jeweils
ein Umriß des Objektes 2 scharf erscheinen, der in der Zeichnung für die jeweiligen
Ebenen gepunktet in Projektion dargestellt ist. Die äußersten Punkte sind für die
jeweiligen Ebenen linksseitig mit 7, 8 und 9 bezeichnet und etwas verstärkt dargestellt.
Wenn die Kamera 1 automatisch ihren Fokussierungsabstand beispielsweise auf die
Ebene 4 einstellt, werden alle Punkte 7 am Objekt 2 in dieser Ebene scharf erscheinen
und aus diesen scharfen Punkten kann nunmehr der Umriß des Objekts 2 in der Ebene 4
ermittelt werden. Dazu werden die Bilddaten aus der Kamera 1 über eine Datenleitung
10 zu einem Computer C übertragen, der die analogen Bildsignale digitalisiert und
mittels eines Bildverarbeitungsprogramms die Umrißdaten feststellt.
Wenn dieser Vorgang dann für weitere Ebenen, z. B. die Ebenen 5 und 6, in den meisten
Fällen jedoch auch für viele dazwischenliegende Ebenen, wiederholt wird, läßt sich
damit die Form des Objektes 2 genau und aktuell erfassen.