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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von Stahl aus Roheisen,
Schrott sowie Zuschlägen in
einem Konverter gemäß dem Oberbegriff
des Patentanspruches 1.
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Bei
der Erzeugung von Stahl im Konverter ist die Ermittlung der optimalen
Solltemperatur für
den Abstich des Stahles in die Gießpfanne von entscheidender
Bedeutung für
die nachgeschalteten Prozeßstufen
wie Sekundärmetallurgie
und Strangguß.
Bei einer zu hoch kalkulierten Solltemperatur muß zur Einstellung der für den Gießprozeß geforderten
Gießtemperatur
Kühlschrott
in die Schmelze eingespült
werden. War die Solltemperatur zu niedrig kalkuliert, führt dies
dazu, daß die
in der Sekundärmetallurgie
durchzuführenden
metallurgischen Arbeiten nicht oder nur in ungenügendem Maße durchgeführt werden können, und/oder
die Badtemperatur für
den Abguß der
Schmelze im Strangguß nicht
ausreicht und somit als flüssiger
Schrott in die Vorstufe (Konverter oder Mischer) zurückgeführt werden
muß. Beides
ist mit erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen verbunden.
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Neben
der Temperaturführung
ist die Desoxidation des Stahles für die nachfolgenden Prozeßschritte von
entscheidender Bedeutung. Ziel ist hier, möglichst frühzeitig den sogenannten „beruhigten
Zustand" einzustellen,
d. h. den gelösten
Sauerstoff abzubinden, und die damit verbundene frühzeitige
Reduktion der mit den Desoxidationsmitteln reduzierbaren oxidischen
Bestandteile der Schlacke. Folge einer frühzeitigen, beschleunigt ablaufenden
Desoxidation wäre
eine damit verbundene frühzeitige
und beschleunigt ablaufende Entschwefelung. Der Prozeß der Entstickung
unter Vakuum kann ebenfalls erst ablaufen, wenn eine ausreichende
Desoxidation und Reduktion der Schlacke erfolgt ist.
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Die
Vorteile, die bei einer frühzeitigen
Einstellung des "beruhigten
Zustandes" zu erzielen
sind, Gegen zum einen in einer Verkürzung und Beschleunigung des
Desoxidationsprozesses selbst und zum anderen in einer Verkürzung und
Beschleunigung der Entschwefelung und Spülbehandlung.
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Die
frühzeitige
Einstellung des „beruhigten
Zustandes" der Schmelze
und die ausreichende Reduzierung der Schlacke, ohne die Obergrenzen
des gütespezifischen
Aluminium- bzw. Silizium zu überschreiten, gelingt
nur durch eine hinreichend genaue Kalkulation der Desoxidationsmittelmenge,
die zur Abbindung des gelösten
und des in der Schlacke an Eisen, Mangan und Phosphor gebundenen
Sauerstoffs erforderlich ist. Da dies auch mit einer Messung des
Sauerstoffgehaltes nach Blasende mittels einer EMK-Sonde bislang
nicht in ausreichendem Maß gelingt,
muß die
Desoxidation in mehreren zeitaufwendigen Einzelschritten durchgeführt werden.
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In
der DE-Z "Stahl
und Eisen", 117
(1997) Nr. 2, S. 97-102 ist für
die Prozessautomation im LD-Stahlwerk bei Tisco ein Korrektur- und
ein Abstich-Legierungsmodell zur Steuerung des Frischens offenbart.
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Beim
Korrekturmodell wird zunächst
der Stahlbadzustand mit den tatsächlich
chargierten Fluss- und Kühlmitteln
ermittelt. Die Korrekturfunktion berechnet danach die benötigten Mengen
an Zuschlägen
und Sauerstoff, um die Sollanalyse und die Solltemperatur zu erreichen.
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Nach
dem Abstich-Legierungsmodell wird mit der aktuellen oder berechneten
Sollanalyse bei Blasende und der Sollanalyse nach Abstich die Menge
der benötigten
Legierungselemente während
des Abstichs ermittelt. Dabei wird das Desoxidationspotential der
Legierungselemente berücksichtigt
und zusätzlich
die durch den Legierungsprozess verursachte Stahlbadtemperaturänderung
berechnet.
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Aufgabe
der Erfindung ist es, ein Verfahren anzugeben, das es ermöglicht,
zum einen die Menge der benötigten
Desoxidationsmittel und zum anderen die für den Konverterprozeß nachgeschalteten
Prozeßstufen ausreichende
und optimal angepaßte
Soll-Abstichtemperatur
zu kalkulieren.
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Diese
Aufgabe wird ausgehend vom Oberbegriff in Verbindung mit den kennzeichnenden
Merkmalen des Patentanspnrches 1 gelöst. Vorteilhafte Ausgestaltungen
sind Bestandteil von Unteransprüchen.
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Erfindungsgemäß wird der
Desoxidationsmittelabbrand und somit die erforderliche Desoxidationsmittelmenge
und/oder ein aus dem Abbrand des Desoxidationsmittels resultierender
Temperaturzuschlag für
die Soll-Konverterabstichtemperatur aus Prozeßparametern der Konverterstufe
ermittelt und so eine dem nachfolgenden Prozeßgeschehen in der Sekundärmetallurgie
angepaßte
Desoxidationsmittelmenge in die Gießpfanne zugegeben und/oder
Soll-Konverterabstichtemperatur kalkuliert. Die Prozeßparameter
sind zum einen die ab einem Referenzzeitpunkt kurz vor Blasende
noch einzublasende Sauerstoffmenge und zum anderen die Liegezeit
der Schmelze. Dabei ist die Liegezeit die Zeit von Blasende bis
Abstichbeginn. Der Referenzzeitpunkt wird vorzugsweise durch einen
definierten CO-Gehalt im Abgas festgelegt. Die genannten Prozeßparameter
beeinflussen den Sauerstoffgehalt von Stahl und Schlacke maßgeblich.
So nimmt dieser mit zunehmender Zusatzsauerstoffmenge stark zu und
mit zunehmender Liegezeit als Folge der Konverterbodenspülung stark
ab. Insbesondere der Einfluß der
Liegezeit auf den Sauerstoffgehalt war bisher nicht bekannt.
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Darüber hinaus überrascht
den Fachmann das Ausmaß des
Einflusses beider Prozeßparameter
auf den Desoxidationsmittelabbrand und somit auf den daraus resultierenden
und bislang nicht in Anrechnung gebrachten Temperaturgewinn bei
der Desoxidation der Charge in der Sekundärmetallurgie. So liegt beispielsweise
der Abbrand von Aluminium bei geringen Zusatzsauerstoffmengen und
langer Liegezeit im Bereich von 1,5 kg/tStahl und
weniger, und bei hohen Zusatzsauerstoffmengen und kurzer Liegezeit
im Bereich von 3,2 kg/tStahl und mehr. Durch
eine statistische Analyse von Betriebsdaten können die den jeweiligen betrieblichen Bedingungen
optimal angepaßten
Abbrandwerte ermittelt werden.
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Die
Erfindung basiert auf der Erkenntnis der vorstehend erläuterten
technologischen Zusammenhänge und
beinhaltet das Konzept, den Desoxidationsmittelabbrand und/oder
den daraus resultierenden Temperaturgewinn auf Basis der genannten,
den gelösten
und gebundenen Sauerstoff stark beeinflussenden Prozeßparameter
zu kalkulieren und bei der Sollwertvorgabe für die Desoxidationsmittelmenge
und/oder Konverterabstichtemperatur in Anrechnung zu bringen.
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Der
Zuschlag für
die Abstichtemperatur wird so gewählt, daß er dem vom zusätzlich eingebrachten Sauerstoff
abhängigen
Abbrand des Desoxidationsmittels entspricht. Dabei ist der niedrigsten
Zusatzsauerstoffmenge der höchste
Temperaturzuschlag und der höchsten
Zusatzsauerstoffmenge der kleinste Temperaturzuschlag zugeordnet.
Die erforderliche Desoxidationsmittelmenge wird als ein auf das
Schmelzgewicht bezogener Mengenwert in Kg/t ermittelt und direkt
der zu verblasende Sauerstoff der Kalkulation zu Grunde gelegt.
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Bei
einer Desoxidation mit einer Mischung aus verschiedenen Desoxidationsmitteln
vorzugsweise Al, Si, C wird mittels einer über jedes eingesetzte Desoxidationsmittel
gesteuert durchzuführenden
Wärmebilanzierung
der sich ergebene Temperaturgewinn ermittelt.
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Die
Reaktion des Desoxidationsmittels mit dem an verschiedene Elemente,
insbesondere an Eisen aus mitgeführter
Konverterschlacke, gebundenen Sauerstoff wird bei der Kalkulation
des Abbrandes berücksichtigt.
Ebenso muß der
mit zunehmender Liegezeit abnehmende Abbrand von Desoxidationsmitteln
bei der Kalkulation des Temperaturzuschlages berücksichtigt werden. Dabei ist
die Liegezeit die Zeit von Blasende bis zum Abstichbeginn.
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Anhand
zweier Beispiele wird das erfindungsgemäße Verfahren näher erläutert.
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Beispiel A
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Kalkulation
der vorläufigen
Soll-Konverterabstichtemperatur
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(Die
Schmelze ist noch nicht erzeugt und die Einsatzstoffe wie Roheisen
und Schrott sind noch nicht ermittelt. Auf Basis der ab einem Referenzpunkt
vorgesehenen, für
das Erreichen der Zielanalyse der zu erzeugenden Güte abhängigen Zusatzsauerstoffmenge,
wird im Vorfeld der daraus resultierende Temperaturgewinn ermittelt,
und bei der Kalkulation der vorläufigen
Soll-Konverterabstichtemperatur berücksichtigt.)
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Für die ausgewählte Stahlgüte wird
aus entsprechenden Tabellen eine Liquidustemperatur von 1491°C abgelesen.
Mittels der bekannten Temperaturzuschläge wird nach herkömmlicher
Verfahrensweise eine Soll-Konverterabstichtemperatur
von 1669°C
nach Prozeßende
ermittelt.
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bisherige
Herleitung der Solltemperatur:
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Für das Rechenbeispiel
(siehe unten) wurde als vergleichsweise niedriger Sauerstoffmengenwert
für das
Endpunktblasen 250Nm3 (z. B. für Stahlgüten mit
hoher Phosphorobergrenze) und als vergleichsweise hoher Sauerstoffmengenwert
1250 Nm3 (z.B. für Stahlgüten mit niedriger Phosphorbergrenze)
gewählt,
was bei einem Schmelzgewicht von 250t im ersten Fall 1Nm3/tStahl und im zweiten
Fall 5Nm3/tStahl entspricht.
Die Differenz zwischen den beiden Fällen beträgt 1000Nm3 bzw.
4Nm3/t. Dieser Differenz wird im Fall von
1250Nm3 Sauerstoff (= 5Nm3/t)
gegenüber
dem 250Nm3- Fall (= 1Nm3/t)
ein Temperaturminderbedarf von 30°C
zugeordnet (= 0,03°C/Nm3). Dies entspricht einem zusätzlichen
Aluminiumabbrand von ca. 250kg/250tStahl =
1 kg Aluminium/tStahl.
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Gegenüber der
konventionellen Ableitung, die zu einer Soll-Konverterabstichtemperatur von 1669°C führt, wird
bei dem erfindungsgemäßen Verfahren
differenziert im ersten Fall einer mit 1250Nm3 Sauerstoff schon
stark heruntergefrischten Schmelze eine gegenüber der alten um 30°C/2 = 15°C niedrigere
Abstichtemperatur von 1654°C
und im fünften
Fall (siehe Beispiel Fall 5) bei lediglich 250Nm3,
bei dem es noch nicht zu einer übermäßigen Eisenverschlackung
gekommen ist und somit geringere Gehalte an gelöstem Sauerstoff vorliegen,
eine um 30°C/2
= 15°C höhere Abstichtemperatur
von 1684°C
ermittelt.
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Beispielhafte
Herleitungen der Soll-Konverterabstichtemperatur, die den oben ausgeführten Zusammenhängen, nämlich dem
mit zunehmendem Endpunktblassauerstoff zunehmenden Energiegewinn
bzw. Temperaturgewinn bei der Desoxidation und Schlackenreduktion
Rechnung tragen:
- 1. Fall: 1250Nm3/250t
= 5Nm3/t Sauerstoff (+0°C)
- 2. Fall: 1150Nm3/250t = 4,6Nm3/t Sauerstoff (30°C·100Nm3/1000Nm3 = 3°C)
- 3. Fall: 1050Nm3/250t = 4,2Nm3/t Sauerstoff (30°C·200Nm3/1000Nm3 = 6°C)
- 4. Fall: 950Nm3/250t = 3,8Nm3/t Sauerstoff (30°C·300Nm3/1000Nm3 = 9°C)
- 5. Fall: 250Nm3/250t = 1Nm3/t
Sauerstoff (30°C·1000Nm3/1000Nm3 = 30°C)
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Um
die Beispielrechnungen möglichst
einfach und überschaubar
zu halten, wurde ein mit zunehmendem Blassauerstoff linear zunehmender
Aluminiumabbrand angenommen.
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Vorteilhaft
ist eine rechnerische Feinkorrektur des jeweiligen Abstichtemperaturwertes
in zwei bis drei Iterationsschritten.
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Beispiel B
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Kalkulation
der endgültigen
Soll-Konverterabstichtemperatur (Der Zeitpunkt und Ausgangswert
für diese
Rechnung ist die eintreffende In-Blow-Messung)
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Für die ausgewählte Stahlgüte wird
aus entsprechenden Tabellen eine Liquidustemperatur von 1491°C abgelesen.
Mittels der bekannten Temperaturzuschläge wird eine Soll-Konverterabstichtemperatur von
1700°C ermittelt.
(In diesem Beispiel ist der Temperaturzuschlag für Abstich und Reserve z. B.
auf Grund aufwendigerer sekundärmetallurgischer
Behandlung der Schmelze um 31°C
höher als
beim ersten Rechenbeispiel.
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Für das Einstellen
der Zielanalyse wird für
die ausgewählte
Stahlgüte
aus Tabellen eine Zusatzsauerstoffmenge von 400 Nm3/250tStahl abgelesen. Auf Grund von Untersuchungen
ist es bekannt, daß,
bezogen auf ein Schmelzgewicht von 250t, 1000 m3 verblasene
Sauerstoffmenge beim Endpunktblasen einem Temperaturanstieg von
65°C entspricht.
Somit ergibt 400 Nm3 × 0,065°C/Nm3 =
26°C. Zieht
man diesen Temperaturanstieg von der ermittelten Soll-Konverterabstichtemperatur
ab, so wird bei der In-Blow-Messung eine Temperatur 1700°C – 26°C = 1674°C erwartet.
Bei dieser Ausgangssituation müssen
nachfolgend drei Fälle
unterschieden werden.
- a) Die In-Blow-Messung
ergibt eine Temperatur um 1674°C.
In diesem Fall ist nichts zu veranlassen. Die Schmelze wird mit
den zur Einstellung der Zielanalyse nötigen 400 Nm3 Sauerstoff
planmäßig auf
die ursprünglich
kalkulierte Abstichtemperatur von 1700°C zu Ende gefrischt.
- b) Die In-Blow-Messung ergibt eine Temperatur oberhalb von 1674°C. Dann muß die Schmelze
heruntergekühlt
werden, üblicherweise
durch Zugabe von Kühlmitteln
wie z.B. Erz, Sinter, Schlacke, Schrott oder dergleichen.
- c) Die In-Blow-Messung ergibt eine Temperatur unterhalb von
1674°C,
beispielsweise 1640°C.
Dies bedeutet, daß diese
34°C unterhalb
des Erwartungswertes von 1674°C
liegt. Es müssen
daher 34°C/0,065°C/Nm3 = 523 Nm3 Sauerstoff
zusätzlich
zu den zur Einstellung der Zielanalyse nötigen 400 Nm3 Sauerstoff
eingeblasen werden. Dabei geht zusätzlich Sauerstoff in Lösung bzw.
wird an Eisen gebunden, was bei der späteren Desoxidation in der Gießpfanne
zu einem zusätzlichen,
nicht geplanten Temperaturgewinn durch Abbrand von Desoxidationsmitteln
führt.
1000 Nm3/250 tStahl,
zusätzlicher
Blassauerstoff verursachen einen zusätzlichen Aluminiumabbrand von
ca. 250 kg, der zu einem Temperaturanstieg der Schmelze von ca.
30°C führt. 523
Nm3 zusätzlicher
Blassauerstoff ergeben so einen Temperaturanstieg von 0,03°C/Nm3 × 523
Nm3 = 16°C.
Erfindungsgemäß werden
die 16°C,
die bei einer korrekten Wärmebilanz, also
einer In-Blow-Messung von 1674°C
nicht als späterer
Temperaturgewinn bei der Desoxidation auftreten würden, von
der ursprünglichen
Soll-Konvertertemperatur von 1700°C
abgezogen. Die neue Soll-Konvertertemperatur beträgt nun 1700°C – 16°C = 1684°C. Vorteilhaft
ist eine rechnerische Feinkorrektur dieses Wertes in zwei bis drei
Iterationsschritten.