DE19728663C1 - Reagentienlose Biosensorsysteme zur Formaldehydbestimmung - Google Patents
Reagentienlose Biosensorsysteme zur FormaldehydbestimmungInfo
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Description
Die Erfindung betrifft Verfahren zur quantitativen Bestimmung
von Formaldehyd sowie neue, reagentienlose, elektroenzymati
sche Biosensorsysteme zur Durchführung dieser Verfahren.
Formaldehyd ist eine sehr reaktive organische Verbindung. Er
wird als Industriechemikalie in einer Vielzahl industrieller
Prozesse, z. B. der Kunststoff-/Kunstharzproduktion, Farb
stoffsynthese, Leim- und Bindemittelherstellung eingesetzt.
Weiterhin findet Formaldehyd Anwendung als Desinfektions- und
Konservierungsmittel. Unproblematisch sind diese Anwendungs
felder jedoch nicht, denn Formaldehyd-Dämpfe sind gesundheits
schädlich und sogar eine kanzerogene Wirkung wird diskutiert.
Aufgrund der großen Anwendungsbreite und der nicht geringen
toxischen Eigenschaften des Formaldehyds ist es wünschenswert
und erforderlich, auf ein einfaches, spezifisches und sensiti
ves Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Formaldehyd zu
rückgreifen zu können. Deshalb existieren auch schon eine Rei
he von Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Formaldehyd,
die z. B. auf spektralphotometrischen, elektrochemischen, gas
chromatographischen oder auf HPLC-Meßmethoden beruhen. Diese
Verfahren haben aber erhebliche Nachteile, weil sie entweder
nicht empfindlich bzw. nicht spezifisch genug sind oder weil
toxische und/oder teure und nicht wiederverwendbare Chemikali
en eingesetzt werden müssen.
Neben den genannten Methoden besteht auch die Möglichkeit der
quantitativen Formaldehydbestimmung mit Biokatalysatoren. Dazu
wurden in der Literatur bisher Formaldehyd-Dehydrogenasen (DE-
OS 37 20 506 und Anal. Chim. Acta, 215, 249-257, 1988) be
schrieben. Diese Verfahren zur Formaldehydbestimmung haben al
lerdings den Nachteil, daß das dafür benötigte teure Coenzym
NAD+ nach der erfolgten quantitativen Bestimmung des Formalde
hyds nicht wieder verwendet werden kann. Da bisher auch der
Einsatz von Methoden zur Coenzym-Regenerierung in analytischen
Systemen zur Formaldehydbestimmung nicht erfolgreich gelöst
und eingeführt werden konnte, finden solche Analysenmethoden
auch wenig Akzeptanz in der Praxis.
In der Literatur sind auch Biosensoren zur quantitativen Be
stimmung von Formaldehyd beschrieben. Bei diesen technischen
Vorrichtungen zur Formaldehydbestimmung wird ein Formaldehyd
metabolisierender Biokatalysator in engen Kontakt zu einem
physikalischen Transducer gebracht, der ein aus der Formalde
hyd-Metabolisierung durch den Biokatalysator entstehendes Pro
dukt, das in definierten Mengen aus dem Formaldehyd gebildet
wird, quantitativ erfaßt. Sofern diese Metabolisierungen auch
auf der Basis der Oxidation von Formaldehyd zu Ameisensäure
mit Hilfe der Formaldehyd-Dehydrogenase und dem Coenzym NAD+
beruhen (Sens. Actuators, B 1996, B34 (1-3), 516-523, Biosen.
Bioelectron. 1996, 11(3), 239-246), Lebensmittelchemie, 1996,
50(5), 103-105), Anal. Chem. 1995, 67(21), 3936-3944), bieten
diese Entwicklungen lediglich eine Verbesserung hinsichtlich
der Wiederverwendung des teuren Enzyms, nicht jedoch eine sol
che in Bezug auf den Wiedereinsatz des Coenzyms NAD+.
Die beschriebenen Nachteile der Biosensoren auf der Basis iso
lierter Formaldehyd-Dehydrogenasen zur Formaldehydbestimmung
können jedoch auf verschiedenen Wegen überwunden werden. So
wurde z. B. ein sogenannter reagentienloser Biosensor zur Form
aldehydbestimmung ohne Coenzym-Verbrauch mit einem piezoelek
trischen Kristall entwickelt (GBF-Monographie, 1987, 10, 187).
Bei diesem Biosensor wird die Formaldehyd-Dehydrogenase auf
einem Piezo-Kristall immobilisiert. Formaldehyd kann mit der
immobilisierten Formaldehyd-Dehydrogenase in Wechselwirkung
treten, und die dabei eintretende Masseänderung wird durch den
Piezo-Kristall hochempfindlich gemessen. Bei diesem Sensor
wird nur die Affinität des Formaldehyds zur Formaldehyd-Dehy
drogenase ausgenutzt und im Gegensatz zu den Metabolismus-
Sensoren zur Formaldehydbestimmung der Substratumsatz des
Formaldehyds zu Ameisensäure abgekoppelt, so daß das Coenzym
NAD+ nicht benötigt wird. Nachteilig bei dieser Biosensorkon
struktion ist allerdings, daß der Formaldehyd nicht in wäßri
gen Lösungen gemessen werden kann, sondern nur in der Gaspha
se. Des weiteren bereitet die Regenerierung des Sensors nach
dem Messen zum Erreichen seines Ausgangszustandes erhebliche
Schwierigkeiten, und dieser piezoelektrische Biosensor ist
nicht nur gegenüber Formaldehyd empfindlich, sondern auch ge
genüber anderen Aldehyden.
Eine weitere Möglichkeit zur Entwicklung von reagentienlosen
Biosensoren zur Formaldehydbestimmung mit Hilfe von Biokataly
satoren besteht darin, daß anstelle einer Formaldehyd metabo
lisierenden Formaldehyd-Dehydrogenase ein die gleichen Eigen
schaften besitzender Mikroorganismus in engste Verbindung mit
einem physikalischen Transducer gebracht wird. Solche Kon
struktionen sind beschrieben in der Literatur (DE 42 18 937,
Anal. Biochem. 1993, 215(2) 216-222). Bei ihnen wird zur Bio
sensorentwicklung die Eigenschaft einiger Mikroorganismen aus
genutzt, Formaldehyd unter Freisetzung von Ameisensäure als
Energie- und Kohlenstoffquelle zu verwerten. Die Menge der ge
bildeten Ameisensäure kann mit pH-Werte anzeigenden Meßgeräten
erfaßt und quantitativ ausgewertet werden. Vorteil dieser mi
krobiellen Formaldehydsensoren ist, daß auch sie kein Coenzym
NAD+ zu ihrer Funktion benötigen. Die Nachteile solcher mikro
bieller Biosensoren bestehen allerdings darin, daß sie weniger
sensitiv und weniger selektiv sind als die Biosensoren auf En
zymbasis zur Formaldehydbestimmung. Und schließlich ist auch
der Zeitaufwand für eine Formaldehyd-Analyse wesentlich grö
ßer, weil die Katalyse durch die Mikroorganismen im Vergleich
zur Enzymkatalyse langsamer erfolgt und weil die Regeneration
des mikrobiellen Biosensors in Vorbereitung für eine neue Mes
sung länger dauert.
Aufgabe der Erfindung ist es, Biosensorsysteme und Verfahren
zur Formaldehydbestimmung zu entwickeln, die nicht die be
schriebenen Nachteile bisher bekannter Biosensoren und der an
deren Verfahren zur Formaldehydbestimmung besitzen. Die Bioka
talysatorkomponente des Biosensors bzw. Biosensorsystems soll
- um die Wiederverwendung des Enzyms zu gewährleisten - aus
einem immobilisierten Enzym bestehen, mit dem der Formaldehyd
einfach, schnell, kostengünstig, zuverlässig, spezifisch und
empfindlich bestimmt werden kann. Das Verfahren der Formalde
hydbestimmung soll breit einsetzbar sein, z. B. in der Mikro
biologie, in der Chemie, in der Medizin, im Umweltschutz sowie
in der Textil-, Holz-, Kunststoff-, Kosmetik- oder Nahrungs
mittelindustrie. Zur Durchführung des Bestimmungsverfahrens
sollen auch keine toxischen Verbindungen verwendet werden.
Gegenstand der Erfindung ist Biosensorsysteme zur quantitati
ven Formaldehydbestimmung, die dadurch gekennzeichnet sind,
daß sie das Enzym Formaldehyd-Dismutase entweder immobilisiert
an der pH-sensitiven Fläche eines pH-Werte messenden elektro
chemischen Transducers oder als Immobilisat an sphärischen
Partikeln in einem Reaktor mit nachgeschaltetem pH-Werte mes
senden elektrochemischen Transducer enthalten.
Als pH-Werte messende elektrochemische Transducer können die
verschiedenen am Markt erhältlichen bekannten Sensoren einge
setzt werden, z. B. Glas- oder Metallelektroden, pH-sensitive,
ionenselektive Feldeffekttransistoren oder mit einer pH-sensi
tiven Polymermembran versehene, chemisch modifizierte Senso
ren.
Das erfindungsgemäß eingesetzte Enzym Formaldehyd-Dismutase,
das in Agric. Biol. Chem. 1984, 48, 2017-2023 beschrieben ist,
besitzt ein pH-Optimum von 6,8 und katalysiert ohne externe
Cofaktorzugabe die Bildung von Ameisensäure als Produkt aus
Formaldehyd. Es ist gekennzeichnet durch ein Molekulargewicht,
das bei 216.000 ± 16.000 Dalton liegt und aus vier identischen
Untereinheiten besteht. Der apparente Km-Wert des Enzyms im
Rohextrakt liegt über 100 mmol Formaldehyd und die maximale
Umsatzgeschwindigkeit vmax über 300 Mikromol Formaldehyd pro
Minute und Milligramm Protein. Diese Formaldehyd-Dismutase ist
spezifisch für Formaldehyd, andere Aldehyde, weder aliphati
sche noch aromatische, werden mit Raten unter 0,5 Prozent im
Vergleich zu Formaldehyd umgesetzt. Das Temperatur-Optimum der
Formaldehyd-Dismutase liegt bei 35-40°C. Bei einer Temperatur
von 20-25°C weist die Formaldehyd-Dismutase noch 80 Prozent
Aktivität im Vergleich zur optimalen Temperatur auf.
Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur quantitati
ven Bestimmung des Formaldehyds in wäßrigen Medien, das da
durch gekennzeichnet ist, daß man
- (a) das Enzym Formaldehyd-Dismutase an der pH-sensitiven Oberfläche eines pH-Werte messenden elektrochemischen Transducers immobilisiert,
- (b) en pH-Werte messenden Sensor mit der immobilisierten Formaldehyd-Dismutase mit definierten Mengen wäßriger Meßmedien mit bekanntem Formaldehydgehalt eicht,
- (c) den pH-Werte messenden Sensor mit der immobilisierten Formaldehyd-Dismutase mit der gleichen, wie bei der Ei chung verwendeten, definierten Menge des zu untersuchen den wäßrigen Mediums mit unbekannter Formaldehydkonzen tration in Kontakt bringt und daß man die pH-Wertände rung, die durch die in einem definierten Zeitintervall durch das Enzym Formaldehyd-Dismutase aus Formaldehyd er zeugten Produkte verursacht worden ist, als Meßsignal er faßt und
- (d) die Formaldehydkonzentration des zu untersuchenden, wäß rigen Mediums durch Vergleich dieser Meßsignale mit den Meßsignalen der Meßmedien bekannter Formaldehydkonzentrationen bestimmt.
Die Formaldehyd-Dismutase kann nach bekannten Methoden (be
schrieben in Biosensoren, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg,
1995, 22-31) am Transducer irreversibel immobilisiert werden.
Als Immobilisierungsverfahren kommen für die Immobilisierung
der Formaldehyd-Dismutase
- (i) die Rückhaltung hinter einer inerten, formaldehyddurch lässigen Membran,
- (ii) die physikalische Adsorption an einer auf die Transdu ceroberfläche aufgebrachte inerte, den Formaldehyd durchlassende Membran,
- (iii) die Vernetzung der Formaldehyd-Dismutase mit bifunktio nellen Reagentien in Gegenwart eines oder ohne ein ver netzungsfähiges Makromolekül
- (iv) der Einschluß in polymere Matrices oder
- (v) die kovalente Bindung an eine auf die Transducerober fläche aufgebrachte Membran mit funktionellen Gruppen,
nach dem Fachmann bekannten Methoden, die beispielsweise in
der Patentschrift DE 42 18 937 beschrieben sind, in Frage.
Neben dieser direkten Immobilisierung auf der pH-sensitiven
Oberfläche eines pH-Werte messenden Transducers kann die Form
aldehyd-Dismutase auch an sphärischen Trägermaterialien nach
den bekannten Methoden der adsorptiven und/oder kovalenten
oder quervernetzenden Bindung immobilisiert werden und zur
Formaldehydbestimmung in der Anordnung eines analytischen
Durchflußreaktorsystems, wie es noch näher beschrieben wird,
mit einem pH-Werte messenden Transducer kombiniert werden.
Als besonders geeignete Methoden zur Immobilisierung der Form
aldehyd-Dismutase erwiesen sich die direkte, quervernetzende
Immobilisierung auf pH-sensitiven Oberflächen, vorzugsweise in
Gegenwart eines ebenfalls vernetzungsfähigen Makromoleküls,
beispielsweise Polyvinylalkohol oder Gelatine, mit bifunktio
nellen Vernetzungsmitteln, vorzugsweise Glutaraldehyd oder der
Einschluß in eine polymere Matrix direkt auf der pH-sensitiven
Oberfläche des Transducers, z. B. in eine Polyurethanmatrix.
Die Bestimmung unbekannter Formaldehydkonzentrationen beginnt
zunächst mit der Eichung des erfindungsgemäßen Biosensors,
d. h. mit der Erstellung einer Eichkurve. Dazu wird der Biosen
sor zunächst in einer Meßzelle, in der sich ein Meßpuffer be
findet, plaziert, danach - in der einfacheren Variante - mit
einer kommerziell erhältlichen Auswerteeinheit (pH-Meßgerät)
verbunden und anschließend mit mehreren wäßrigen Lösungen be
kannter Formaldehydkonzentrationen in Kontakt gebracht. Dabei
wird so vorgegangen, daß, angefangen mit niedrigen Formalde
hydkonzentrationen in wäßrigen Lösungen, eine Formaldehydlö
sung mit bekanntem Formaldehydgehalt in die mit dem Meßpuffer
gefüllte Meßzelle gegeben wird, nach einer bestimmten Zeit
(der sogenannten Meßzeit) die Signaländerung erfaßt wird, die
Meßzelle danach geleert wird, durch Meßpufferwechsel der
Grundzustand (das Grundsignal) des Biosensors wieder einge
stellt wird und danach der Meßvorgang mit einer neuen Formal
dehydlösung mit bekannter Formaldehydkonzentration wiederholt
wird. Nach diesen Eichmessungen werden die erhaltenen Meßwerte
verwendet zur Erstellung der Eichkurve, bei der die Formalde
hydkonzentrationen gegen die erhaltenen Meßsignale aufgetragen
werden. Nach seiner Eichung wird der Biosensor im nächsten
Schritt mit Formaldehydlösungen unbekannter Konzentration in
gleicher Weise kontaktiert. Die dabei erhaltenen Meßwerte wer
den in Vergleich gesetzt zur erstellten Eichkurve und aus die
ser die Konzentration des Formaldehyds der unbekannten wäßri
gen Probe abgelesen.
Mit moderneren Varianten der Meßwerterfassung und Meßwertaus
wertung, wie sie beispielsweise in Bioinstrumentation: Re
search, Developments and Applications, D. I. Wise, ed., Butter
worth, Boston, London, 1990 beschrieben sind, können die Meß
werte der Formaldehydmessungen mit Hilfe von (dem Fachmann be
kannten) mathematischen Gleichungen in Konzentrationseinheiten
an Formaldehydgehalt in den vermessen wäßrigen Lösungen umge
rechnet werden und diese direkt, ohne Erstellung einer Eich
kurve, angezeigt bzw. ausgedruckt werden. Bei dieser Vorge
hensweise ist allgemein auch nur eine Einpunkteichung mit ei
ner Formaldehydlösung bekannter Konzentration erforderlich.
Die Art und das eingesetzte Volumen der Meßpuffer beeinflussen
das Meßergebnis in entscheidender Weise, daß sie großen Ein
fluß auf die Meßsignalgröße haben, die wiederum für die Meß
wertrichtigkeit bedeutsam ist. Als Pufferart sind Phosphatpuf
fer mit niedrigen Pufferkapazitäten besonders geeignet für das
Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Formaldehyd, auch
wegen der guten Stabilität der Formaldehyd-Dismutase darin. So
liegt beim erfindungsgemäßen Verfahren die Pufferkapazität der
Meßpuffer bzw. auch der zu vermessenden Formaldehydproben im
Bereich von 1 × 10-5 und 1 × 10-2 mol/l, vorzugsweise aber im Be
reich von 5 × 10-3 bis 5 × 10-4 mol/1. Die pH-Werte der Meßpuffer
liegen zwischen 4,0 und 9,0 mit besonderem Vorteil zwischen
6,5 und 7,5.
Die Meßvolumina sind in erster Linie abhängig von der Form und
Größe der verwendeten pH-Sensoren. Große Volumenmengen sollten
aber vermieden werden. Bevorzugte Meßvolumina betragen bis zu
50 ml, vorzugsweise liegen sie aber im Bereich von 1 bis 5 ml.
Kleinere und größere als die angegebenen Volumina sind aber
ebenfalls möglich.
Zur Bestimmung der Formaldehydkonzentration wird vom erfin
dungsgemäßen Biosensor diejenige pH-Wertänderung bzw. die ihr
entsprechende Potentialänderung erfaßt, die in einem vorgege
benen definierten Volumen und in einem definierten Zeitinter
vall durch die Wechselwirkung der Formaldehyd-Dismutase mit
dem Formaldehyd (Bildung von Ameisensäure) verursacht wird.
Die Meßzeitintervalle liegen im Bereich von 0 bis 10 Minuten,
längere Meßzeiten sind durchaus möglich. Entscheidend für die
Meßdauer ist das Erreichen eines genügend hohen Meßsignales,
welches abhängig ist von der Qualität der Immobilisierung der
Formaldehyd-Dismutase.
In der Reaktorvariante des elektrochemischen Biosensors zur
quantitativen Formaldehydbestimmung wird beispielsweise eine
mit einem Formaldehyd-Dismutase-Immobilisat gefüllte Säule
(Säuleninhalt ist abhängig von der Immobilisierungsausbeute)
in den Kreislauf eines Flow-Injektions-Analysensystems inte
griert. Solche Flow-Injektions-Analysensysteme sind dem analy
tischen Chemiker an sich bekannt. Sie werden u. a. für die
quantitative Bestimmung von Enzymsubstraten eingesetzt und
sind dadurch gekennzeichnet, daß das/die immobilisierte(n) En
zym(e), das/die zur quantitativen Bestimmung seiner(s)
Substrate(s) eingesetzt wird/werden und ein Transducer in ein
geschlossenes Durchflußsystem integriert werden und in dessen
Flüssigkeitsstrom das zu bestimmende Enzymsubstrat über ein
Dosierventil injiziert wird. Durch den Flüssigkeitsstrom wird
das Enzymsubstrat zu den(m) immobilisierten Enzym(en) trans
portiert, durch diese(s) in ein Produkt oder mehrere umgewan
delt, welche(s) durch den Transducer erfaßt und durch eine
Auswerteeinheit quantitativ ausgewertet wird/werden. Die Vor
teile solcher Flow-Injektions-Analysensysteme bestehen darin,
daß sie automatisierte Probenvorbereitungen und Spülvorgänge
gestatten, eine einfache Nachkalibrierung von Nullpunkt und
Empfindlichkeit durch Null- und Referenzproben ermöglichen und
hinsichtlich vorgeschalteter Probentrennungen und der Immobi
lisierungsverfahren für Enzyme mehr Variationsmöglichkeiten
bieten.
Der Säule nachgeschaltet wird ebenfalls in den Kreislauf einer
der beschriebenen - diesmal jedoch unbeschichteten - pH-Senso
ren, der wiederum mit einem pH-Meter oder einer anderen Poten
tialänderungen auswertenden elektronischen Einheit verbunden
ist. Die Formaldehydmessung wird in diesem Fall gestartet
durch die Injektion einer Formaldehydprobe, im Falle der Ei
chung mit einer solchen bekannten Formaldehydgehaltes und da
nach mit einer solchen unbekannten Formaldehydgehaltes, in den
Pufferstrom des Systems. Im Falle der Reaktoranordnung zur
Formaldehydbestimmung werden die Meßergebnisse in gleicher
Weise erhalten, wie es für die Membranvariante des Biosensors
beschrieben wurde, d. h. mit Hilfe der Eichkurve oder der di
rekten elektronischen Auswertung. Die Meßzeit beginnt hier mit
der Injektion der Formaldehydproben in den Meßpufferstrom des
Flow-Injektions-Systems und es gelten die gleichen Meßzeitin
tervalle, wie für die Membranvariante oben beschrieben.
Mit der Formaldehyd-Dismutase ist in jüngster Zeit ein neues
Enzym aufgefunden worden, das den Formaldehyd in einer Dispro
portionierungsreaktion in Ameisensäure und Methanol metaboli
siert. Die dabei gebildete Ameisensäure erlaubt damit erstma
lig die Entwicklung eines reagentienlosen, potentiometrischen
Biosensors zur Formaldehydbestimmung mit Hilfe eines Enzyms,
ohne daß dazu Coenzyme benötigt werden. Damit verringern sich
die Kosten pro quantitative Analyse des Formaldehyds wesent
lich.
Im Vergleich zu den erwähnten mikrobiellen Biosensoren zur
quantitativen Bestimmung von Formaldehyd kann mit dem erfin
dungsgemäßen elektroenzymatischen Biosensor und dem dazugehö
rigen Verfahren der Formaldehyd in wäßrigen Medien zudem ein
facher, schneller, reproduzierbarer, spezifischer und sensiti
ver bestimmt werden. Gegenüber chemischen und physikalischen
Bestimmungsmethoden ist das neue Verfahren weniger kostenin
tensiv, und es werden keine toxischen Reagentien zu seiner
Durchführung benötigt.
Mit der Immobilisierung der Formaldehyd-Dismutase wurde im
Vergleich zum gleichen Zweck der Formaldehydbestimmung verwen
deten löslichen Enzym eine wesentlich verbesserte Stabilität
des Enzyms erreicht, z. B. beim Aufbewahren und während der
Meßzyklen. In immobilisierter Form ist die Formaldehyd-Dis
mutase auch mehrfach einsetzbar, was ebenfalls die Analysenko
sten verringert.
Der elektroenzymatische Biosensor und das mit ihm durchgeführ
te Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Formaldehyd ist
breit und in vielen Gebieten einsetzbar, d. h. überall dort, wo
Formaldehyd in Produktionsprozessen oder als Desinfektions-
bzw. Konservierungsmittel verwendet wird. Bevorzugte Anwen
dungsbereiche sind daher in der Mikrobiologie, Chemie, Medizin
und im Umweltschutz sowie in der Holz-, Textil-, Kunststoff-,
Kosmetik- oder Nahrungsmittelindustrie zu finden.
50 Mikroliter einer Lösung mit 10,5 Enzymaktivitätseinheiten
Formaldehyd-Dismutase werden mit 12,5 Mikroliter einer 5%igen
(w/v) Polyvinylalkohollösung versetzt und gut durchmischt. An
schließend wird das Gemisch auf der pH-sensitiven Fläche einer
pH-Glaselektrode gleichmäßig verteilt und schließlich bei Zim
mertemperatur an der Elektrodenoberfläche angetrocknet. Die
mit der Enzymschicht belegte pH-sensitive Oberfläche der pH-
Elektrode wird danach 2 Minuten zur quervernetzenden Immobili
sierung in eine auf einen pH-Wert von 6,80 eingestellte 2,5%-
ige (v/v) Lösung von Glutaraldehyd eingetaucht. Nach dem Her
ausnehmen des nun vorliegenden elektroenzymatischen Biosensors
zur Formaldehydmessung aus der Glutaraldehydlösung wird dieser
mit destilliertem Wasser und einem Phosphatpuffer (pH 6,80; 1
mM) gewaschen, an ein pH-Meßgerät angeschlossen und zur Äqui
librierung bis zum Erreichen eines konstanten Grundsignals im
gleichen Phosphatpuffer, der später auch der Meßpuffer ist,
gelagert. Zur Messung des Formaldehyds wird der Biosensor aus
der Äquilibrierlösung herausgenommen und in einer geeigneten
Meßzelle plaziert.
Mit der Messung des Formaldehyds wird begonnen, indem in die
Meßzelle mit dem darin befindlichen Biosensor 5 ml eines 1
mmolaren Phosphatpuffers mit einem pH-Wert von 6,80 gefüllt
werden. In der Meßzelle wird der Puffer gerührt und auf einer
konstanten Meßtemperatur von 25°C gehalten. Die Zugabe einer
Formaldehydlösung mit bekanntem Formaldehydgehalt bewirkt eine
pH-Änderung in der Enzymmembran, die diffusionsbedingt auf die
pH-sensitive Fläche der pH-Elektrode übertragen wird, von die
ser erfaßt und durch das an den Biosensor angeschlossene pH-
Meßgerät als Potentialänderung angezeigt wird. Auf diese Weise
kann jeder bekannten Formaldehydkonzentration eine ihr ent
sprechende Potentialänderung zugeordnet werden, die Basis für
die Erstellung der Eichkurve ist. Die Meßzeit eines einzelnen
Meßvorgangs beträgt 2 Minuten. Danach wird die Meßzelle ent
leert und mit dem Meßpuffer gewaschen, bis das Grundsignal
wieder erreicht ist und ein neuer Meßvorgang begonnen werden
kann. Eine auf die beschriebene Weise erstellte Eichkurve ist
als Fig. 1 dokumentiert.
Die Konzentrationen an Formaldehyd in unbekannten Meßproben
werden mit Hilfe der Eichkurve bestimmt.
Der lineare Meßbereich geht für diesen Formaldehydsensor bis
etwa 20 mmol. Der elektroenzymatische Biosensor besitzt eine
sehr gute Lagerstabilität und lange Arbeitsstabilität. Noch
nach etwa einer Woche konnte der Biosensor zur Formaldehydbe
stimmung bei einem Aktivitätsverlust des Enzyms von 40 Prozent
eingesetzt werden. Die Reproduzierbarkeit der Meßergebnisse
ist ebenfalls sehr gut. Der Variationskoeffizient liegt bei
der Vermessung von 20 Meßproben bei 2%.
Claims (7)
1. Biosensorsysteme zur quantitativen Formaldehydbestimmung,
dadurch gekennzeichnet, daß sie das Enzym
Formaldehyd-Dismutase entweder immobilisiert an der pH-sensi
tiven Fläche eines pH-Werte messenden elektrochemischen Trans
ducers oder als Immobilisat an sphärischen Partikeln in einem
Reaktor mit nachgeschaltetem pH-Werte messenden elektrochemi
schen Transducer enthalten.
2. Biosensorsysteme nach Anspruch 1, dadurch gekenn
zeichnet, daß der elektrochemische Transducer aus
der Gruppe bestehend aus Glas- oder Metallelektroden, pH-sen
sitiven ionenselektiven Feldtransistoren oder mit einer pH-
sensitiven Polymermembran versehenen, chemisch modifizierten
Sensoren ausgewählt ist.
3. Biosensorsysteme nach Anspruch 1 oder 2, dadurch ge
kennzeichnet, daß die Formaldehyd-Dismutase ein
Molekulargewicht von 216.000 ± 16.000 Dalton besitzt und aus
vier identischen Untereinheiten besteht.
4. Biosensorsysteme nach den Ansprüchen 1 bis 3, dadurch
gekennzeichnet, daß das Formaldehyd-Dismutase-
Immobilisat an sphärischen Partikeln in einem Reaktor mit
nachgeschaltetem pH-Werte messenden elektrochemischen Transdu
cer in ein Flow-Injektions-Analysensystem integriert ist.
5. Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Formaldehyd in
wäßrigen Medien, dadurch gekennzeichnet, daß
man
- a) das Enzym Formaldehyd-Dismutase an der pH-sensitiven Oberfläche eines pH-Werte messenden elektrochemischen Transducers immobilisiert,
- b) den pH-Werte messenden Sensor mit der immobilisierten Formaldehyd-Dismutase mit definierten Mengen wäßriger Meßmedien mit bekanntem Formaldehydgehalt eicht,
- c) den pH-Werte messenden Sensor mit der immobilisierten Formaldehyd-Dismutase mit der gleichen, wie bei der Ei chung verwendeten, definierten Menge des zu untersuchen den wäßrigen Mediums mit unbekannter Formaldehydkonzen tration in Kontakt bringt und daß man die pH-Wertände rung, die durch die in einem definierten Zeitintervall durch das Enzym Formaldehyd-Dismutase aus Formaldehyd er zeugten Produkte verursacht worden ist, als Meßsignal er faßt und
- d) die Formaldehydkonzentration des zu untersuchenden, wäß rigen Mediums durch Vergleich dieser Meßsignale mit den Meßsignalen der Meßmedien bekannter Formaldehydkonzentra tionen bestimmt.
6. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekenn
zeichnet, daß man das Enzym Formaldehyd-Dismutase
auf der pH-sensitiven Oberfläche des pH-Werte messenden elek
trochemischen Transducers quervernetzend immobilisiert oder
zwischen der Sensoroberfläche und einer wasserunlöslichen, für
Formaldehyd und für die Produkte der Formaldehyd-Dismutase-
Reaktion permeablen Membran in löslicher oder unlöslicher Form
einschließt.
7. Verfahren zur quantitativen Bestimmung von Formaldehyd in
wäßrigen Medien, dadurch gekennzeichnet, daß
man
- a) das Enzym Formaldehyd-Dismutase an sphärischen Partikeln, eingebracht in einem Reaktor mit nachgeschaltetem pH- Werte messenden elektrochemischen Transducer, immobili siert,
- b) den Reaktor mit dem nachgeschalteten pH-Werte messenden elektrochemischen Transducer in ein Flow-Injektions-Ana lysensystem integriert,
- c) den pH-Werte messenden elektrochemischen Transducer mit definierten Mengen wäßriger Meßmedien mit bekanntem Form aldehyd-Gehalt eicht, dergestalt, daß man in den Flüssig keitsstrom des Flow-Injektions-Analysensystems das wäßri ge Meßmedium mit bekanntem Formaldehyd-Gehalt über ein Dosierventil injiziert, so daß durch den Flüssigkeits strom das Enzymsubstrat, d. h. die Formaldehydlösung, zu der immobilisierten Formaldehyd-Dismutase in den Reaktor transportiert wird, wodurch dieses in ein Produkt umge wandelt wird, welches durch den Transducer erfaßt und durch eine Auswerteeinheit quantitativ ausgewertet wird,
- d) die gleiche wie bei der Eichung verwendete definierte Menge des zu untersuchenden wäßrigen Mediums mit unbe kannter Formaldehyd-Konzentration in das Flow-Injektions- Analysensystem injiziert und daß man die pH-Wertänderung, die durch die in einem definierten Zeitintervall durch das Enzym Formaldehyd-Dismutase aus Formaldehyd erzeugten Produkte verursacht worden ist, als Meßsignal durch den Transducer erfaßt, und
- e) die Formaldehydkonzentration des zu untersuchenden wäßri gen Mediums durch die Auswerteeinheit des Flow-Injek tions-Analysensystems quantitativ bestimmt.
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