DE19632671A1 - Verfahren zur Diagnostik der Alzheimer-Krankheit - Google Patents
Verfahren zur Diagnostik der Alzheimer-KrankheitInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Diagnostik der
Alzheimer-Krankheit. Anwendungsgebiete der Erfindung sind die
Medizin und die pharmazeutische Industrie.
Die Alzheimer-Erkrankung ist die häufigste Form des senilen
Schwachsinns, sie führt über beginnende Verschlechterungen der
mentalen Funktionen und eine pathologische Persönlichkeits
veränderung kontinuierlich zu einem Abbau der Gesamtpersön
lichkeit mit erheblicher Einbuße der Lebensqualität, Pflege- und
Betreuungsbedürftigkeit und schließlich nach 6-8 Jahren nach
Erkennung der Erkrankung zum Tode.
Die Häufigkeit der Krankheit zeigt deutlich steigende Tendenz
und läßt eine erhebliche Zunahme der Betreuungskosten erwarten.
Statistische Erhebungen zeigen, daß 5% der über 70jährigen und
20% der über 80 jährigen von dieser Krankheit befallen werden.
Exakte, wissenschaftlich begründete bzw. beweisende Zahlen über
Erkrankungshäufigkeit und Pflege- bzw. Betreuungsaufwendungen
liegen nur unvollständig vor, so daß von einer noch höheren
Krankheitsrate ausgegangen werden kann. In den USA gibt es
derzeit ca. 4 Millionen erfaßte Alzheimer-Fälle, eine
Verdreifachung dieser Anzahl bis zum Jahr 2050 wird
vorhergesagt, da sich die Lebenserwartung weiter steigern wird.
Die finanzielle Gesamtbelastung infolge notwendiger Betreuungs-
und Pflegekosten sowie Bereitstellung von Hilfsmitteln wird in
den USA im Jahre 1994 mit 80-100 Milliarden Dollar angegeben, so
daß die durch die Alzheimer-Krankheit bedingten Ausgaben nach
Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs an dritter Stelle stehen.
Charakteristische neuropathologische Merkmale der Erkrankung
sind extraneuronale, unlösliche Proteinablagerungen (senile
Plaques), intraneuronale Knäuel verdrehter Proteinfäden
(neurofibrilläre Bündel) und neuronale Degeneration. Trotz einer
Reihe bekannter Risikofaktoren (wie fortgeschrittenes Alter,
genetische Veranlagung oder ein Immundefekt) ist die auslösende
Ursache der Krankheit bisher nicht bekannt.
Die definitive Diagnose der Erkrankung kann erst nach dem Tode
anhand der histopathologischen Veränderungen im Gehirn gestellt
werden. Die klinische Diagnose einer Alzheimer-Erkrankung wird
gegenwärtig durch Anwendung und Beurteilung einer Vielzahl von
anamnestischen, klinischen, laborchemischen, psychometrischen
und aufwendigen bildgebenden Untersuchungsverfahren gestellt.
Dabei ist jedoch stets nur eine wahrscheinliche, aber nicht
beweisende Zuordnung der Untersuchungsergebnisse möglich. Bei
Anwendung aller dieser Methoden unter der Voraussetzung
fachkompetenter und geriatrisch-neurologisch erfahrener
Beurteilung ist eine 85-90%ige Diagnosesicherheit im Vergleich
zum post mortem erhobenen histopathologischen Befund möglich.
Neue diagnostische Möglichkeiten werden im Zusammenhang mit dem
vermehrten Vorkommen des sog. E4-Allels des Apolipoprotein
E-Gens bei Alzheimer-Kranken (Rebeck et al., Neuron 11 (1993) 575)
gesehen. Auch veränderte Immunparameter wurden auf ihr
diagnostisches Potential hin angesprochen (Singh, Molec.
Neurobiol. 9 (1994) 73; Shalit et al., Clin. Immunol.
Immunopathol. 75 (1995) 246), aber nicht systematisch
untersucht. Veränderte zelluläre Kaliumkanäle bei der Alzheimer-
Demenz (Fortschr. Med. 112 (1994) 6,14) blieben bisher den Beweis
ihrer diagnostischen Tauglichkeit unter klinischen Bedingungen
und im Frühstadium der Erkrankung schuldig.
Einfache und bessere Diagnoseverfahren mit hoher Treffsicherheit
können dazu beitragen, daß bei dem Verdacht auf das Vorliegen
einer Alzheimer-Erkrankung routinemäßig eine deutlich geringere
Anzahl von Diagnosekriterien zur Anwendung kommen kann, eine
breite Anwendung insbesondere auch im ambulanten
Gesundheitswesen ermöglicht, eine frühzeitige Zuweisung in
spezialisierte Einrichtungen realisierbar und die therapeutische
Sicherheit hinsichtlich Anwendung kurativer Verfahren bei
unterschiedlichen Formen der Demenz deutlich erhöht wird. Daraus
dürften infolge einer möglichen frühzeitigeren Intervention
erhebliche Vorteile für den Betroffenen als auch für die
pflegenden Angehörigen sowie für die Gesamtgesellschaft
resultieren.
Das Ziel der Erfindung ist es, ein neues und empfindliches
diagnostisches Verfahren zu finden, das eine einfache und
periphere Diagnose der Krankheit ermöglicht, ohne dabei den
Patienten wesentlich zu belasten.
Ausgangspunkt der Erfindung ist der überraschende Befund, daß
sich der pathologische Alzheimer-Prozeß nicht nur im Gehirn,
sondern auch spezifisch im peripheren Blut manifestiert. Daraus
abgeleitet war die Aufgabe der Erfindung, ein diagnostisches
Verfahren zu finden, das wesentliche Seiten des Alzheimer-
Prozesses im Gehirn durch den Nachweis der analogen Reaktionen
im peripheren Blut charakterisiert.
Ein wesentliches und charakteristisches Merkmal der Alzheimer-
Krankheit ist die chronische Aktivierung und dramatische
Vermehrung der gehirnresidenten Mikrogliazellen zu reaktiven
Gehirnmakrophagen in Reaktion auf ein bisher unbekanntes
auslösendes Agens. Der äquivalente Prozeß im peripheren Blut ist
eine chronische Aktivierung und Vermehrung von Monozyten bzw.
der aus ihnen differenzierenden Makrophagen, die durch
gesteigerte Phagozytose (Aufnahme und Abbau) apoptotischer
Zellen deren pathologisch erhöhter Produktion entgegenwirkt. Im
letzten, schweren Stadium III der Erkrankung bricht der Prozeß
der Phagozytose apoptotischer Zellen zunehmend zusammen.
Die gegebene Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein
diagnostisches Verfahren gemäß Anspruch 1 und die
Bestimmungsvarianten gemäß den Ansprüchen 2 bis 4 gelöst.
Mit der Verfahrensvariante gemäß Anspruch 2 wird im Probanden
blut die Zahl der apoptotischen Zellen im Vergleich zu den
entsprechenden Normalwerten bei gesunden, etwa gleichaltrigen
Personen bestimmt. Zur Realisierung dieser Variante sind
sämtliche herkömmlichen Methoden geeignet, die dem quantitativen
Nachweis apoptotischer Zellen dienen, wie z. B. der immun
histochemische Nachweis von Apoptose-Markern oder die Durchfluß-
Zytometrie.
Die Verfahrensvariante nach Anspruch 3 bestimmt bei Probanden
die Aktivierung von Monozyten/Nakrophagen im Vergleich zu den
entsprechenden Normalwerten bei gesunden, etwa gleichaltrigen
Personen. Zur Realisierung dieser Variante sind sämtliche
herkömmlichen Methoden geeignet, die die Aktivierung von
Monozyten/Makrophagen messen, wie z. B. ihre Vermehrung, ihre
Adhäsion an Plasteoberflächen, ihre Aufnahmekapazität für
Testpartikel, die Expression von Aktivierungs- und
Proliferationsmarkern oder die Sekretion von Aktivierungs- und
Proliferationsfaktoren.
Zur Erfindung gehört auch die Kombination der Verfahrens
varianten gemäß Anspruch 4. Diese Kombination ist dann
zweckmäßig, wenn sich die gemessenen Parameter im Verlauf der
Erkrankung nicht kontinuierlich ändern. So steigt z. B. der
Anteil der adhärenten Monozyten/Makrophagen im I. (leichten) und
II. (mittelgradigen) Stadium der Erkrankung an und fällt dann
zum III. (schweren) Stadium wieder ab. Die Unterscheidung
zwischen Stadium I und III wird dann erfindungsgemäß mittels der
parallelen Bestimmung des Anteils apoptotischer Zellen möglich.
Im Falle einiger anderer Erkrankungen von Probanden sind zur
Diagnostik der Alzheimer-Demenz differentialdiagnostische
Kriterien anzuwenden: So ist bei den Krankheitsbildern AIDS
(Aquired immune deficiency syndrome) und SLE (Systemic lupus
erythematosus) ebenfalls eine erhöhte Anzahl apoptotischer
Zellen im peripheren Blut (Oyaizu et al., Blood 82 (1993) 3392;
Emlen et al., J. Immunol. 152 (1994) 3685) sowie die
beschriebene Makrophagenreaktion darauf zu erwarten. Bei einem
Phagozytose-Defekt ist zwar eine erhöhte Anzahl apoptotischer
Zellen im peripheren Blut, jedoch nicht die entsprechende
Makrophagenreaktion darauf zu erwarten.
In Fällen einer reinen vaskulären Demenz spricht das
erfindungsgemäße Diagnose-Verfahren erwartungsgemäß nicht an.
Allerdings weisen klinisch diagnostizierte vaskuläre Demenzen
post mortem im histopathologischen Befund häufig zusätzlich
Alzheimer-Merkmale auf (Jellinger, Acta Neuropathol. 91 (1996)
219).
Mit der Anwendung der Verfahrens steht eine neue und relativ
einfache diagnostische Methode für die Alzheimer-Krankheit zur
Verfügung, die bekannte Methoden im Hinblick auf spezifische
Aspekte der Erkrankung ergänzt und eine frühzeitige Erkennung
zuläßt. Es ist ein wesentlicher Vorteil dieses Verfahrens, daß
es nicht nur eine qualitative Diagnostik, sondern durch die
Abhängkeit der gemessenen Blutparameter vom Schweregrad der
Alzheimer-Demenz auch eine quantitative Diagnostik sowie
Verlaufskontrollen ermöglicht. Ferner ist auf einfache Weise
eine Differentialdiagnostik gegen die reine vaskuläre Demenz
möglich.
Die Erfindung soll nachfolgend an einem Ausführungsbeispiel
näher erläutert werden.
Dem Probanden wird eine Probe venösen Bluts entnommen, um damit
Parameter gemäß Anspruch 1-4 zu bestimmen.
10 ml venöses Blut in Citratpuffer als Antikoagulant werden in
bekannter Weise dazu benutzt, um die mononuklearen Zellen zu
isolieren. Im unmittelbaren Anschluß daran wird unter diesen
einerseits der prozentuale Anteil apoptotischer Zellen mittels
Durchfluß-Zytometrie und andererseits der prozentuale Anteil
von Zellen mittels Zellzählung bestimmt, der nach einstündiger
Inkubation der Zellsuspension bei 37°C in Plaste-Kulturplatten
durch Adhärenz zurückbleibt.
Ein Vergleich der Ergebnisse für verschiedene, nach Alters- und
Geschlechtszusammensetzung vergleichbare Personengruppen:
- 1. Kontrolle (Mittleres Alter: 74 Jahre; n = 15)
- 2. Alzheimer-Demenz (Mittleres Alter: 76 Jahre) Stadium I-II, n = 10; Stadium II-III, n = 10; Stadium III, n = 10
- 3. Vaskuläre Demenz (Mittleres Alter: 75 Jahre; n = 15, alle Stadien gemischt)
zeigt für die Alzheimer-Kranken im Vergleich zur Kontrollgruppe
eine mit dem Schweregrad der Demenz zunehmende Akkumulation
apoptotischer Zellen, die im Stadium III beträchtlich ist (Abb.
1A). Als Reaktion darauf wächst der Anteil adhärenter Zellen im
Stadium I-II und II-III signifikant an, um im Stadium III wieder
abzunehmen (Abb. 1B).
In der Gruppe der vaskulären Demenzen ist zwar die Zahl der
adhärenten Zellen mit 18% gegenüber der Kontrollgruppe mit 14%
erhöht, jedoch nicht die Zahl der apoptotischen Zellen.
Prozentualer Anteil apoptotischer (A) und adhärenter
mononuklearer Zellen (B) im peripheren Blut gesunder
Kontrollpersonen und von Alzheimer-Patienten in Abhängigkeit vom
Schweregrad der Demenz. Fehlerbalken zeigen die
Standardabweichung des Mittelwertes.
Claims (4)
1. Verfahren zur Diagnostik der Alzheimer-Krankheit, dadurch
gekennzeichnet, daß krankheitsbedingt auftretende Veränderungen
beim Abbau apoptotischer Zellen im peripheren Blut der Probanden
festgestellt werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die
Diagnose anhand des bei der Krankheit auftretenden erhöhten
Anteils apoptotischer mononuklearer Zellen im peripheren Blut
der Probanden erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die
Diagnose anhand der bei der Krankheit auftretenden Aktivierung
von Monozyten/Makrophagen im peripheren Blut der Probanden
erfolgt.
4. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die
Bestimmungen nach den Ansprüchen 2-3 miteinander kombiniert
werden.
Priority Applications (6)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE1996132671 DE19632671A1 (de) | 1996-08-14 | 1996-08-14 | Verfahren zur Diagnostik der Alzheimer-Krankheit |
DE59706309T DE59706309D1 (de) | 1996-03-06 | 1997-03-03 | Differentialdianostisches verfahren zum nachweis verschiedener stadien der alzheimer-krankheit |
PCT/DE1997/000522 WO1997033175A1 (de) | 1996-03-06 | 1997-03-03 | Verfahren zur diagnostik der alzheimer-krankheit sowie mittel zur therapie |
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ES97920514T ES2175400T3 (es) | 1996-03-06 | 1997-03-03 | Procedimiento para el diagnostico diferencial de los diferentes estadios de la enfermedad de alzheimer. |
EP97920514A EP0885392B1 (de) | 1996-03-06 | 1997-03-03 | Differentialdianostisches verfahren zum nachweis verschiedener stadien der alzheimer-krankheit |
Applications Claiming Priority (1)
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