DE19620706C1 - Numerisches Verfahren zur Regelung für lineare Regelvorgänge, insbesondere geeignet zur schnellen und exakten Lage- und Drehzahlregelung von Elektromotoren - Google Patents
Numerisches Verfahren zur Regelung für lineare Regelvorgänge, insbesondere geeignet zur schnellen und exakten Lage- und Drehzahlregelung von ElektromotorenInfo
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Description
Die Erfindung wird anhand einer Lageregelung gemäß Fig. 1
erläutert. Sie läßt sich analog auf andere lineare
Regelvorgänge übertragen, insbesondere wenn sich die
Regelgröße aus der zweifachen zeitlichen Integration der
Stellgröße ergibt. Das Beispiel der Lageregelung ist daher
nicht in einschränkendem Sinne zu verstehen.
Der Motor 1 bewegt die Last 2, deren Lage geregelt werden
soll. Die tatsächliche Lage der Last 2 wird mit einer
Positionsmessung 3, z. B. durch einen inkrementalen Drehgeber,
festgestellt und als Regelgröße 4 an den Regler 5 gemeldet.
Aufgabe des Systems ist es, die Regelgröße 4 (= Lage-Istwert
= Sist) schnell und exakt auf die Führungsgröße
(= Lage-Sollwert 6 = Zielposition = Ssoll) einzustellen, die
dem Regler 5 von dem äußeren Leitsystem 7 vorgegeben ist. Der
Regler 5 bildet dazu die Stellgröße 8 in Form eines Wertes für
den Motorstrom 9. Der entsprechende Motorstrom wird dem
Motor 1 vom Leistungsverstärker 10 eingeprägt. Er bewirkt ein
Drehmoment an der Motor-Achse und damit eine Beschleunigung
der Last 2, die die Last 2 in die Zielposition verschiebt.
Neben dem Lage-Sollwert kann dem Regler 5 als zweite
Führungsgröße ein Geschwindigkeits-Sollwert 11 (Vsoll)
vorgegeben werden. Die Last 2 erreicht das Ziel dann mit der
gewünschten Geschwindigkeit. Auf diese Weise lassen sich
beliebige Bahnkurven (Ssoll=f(t) und Vsoll=f′ (t)) abfahren,
indem der Regler 5 eine ununterbrochene Folge von Stützpunkten
der Bahnkurve ansteuert.
Derartige Regelkreise sind Stand der Technik (z. B. Ludwig
Merz et al.: Grundkurs der Regelungstechnik, 9. Auflage, R.
Oldenbourg Verlag, 1988, S. 268 und Hans-Jürgen Schaad:
Praxis der digitalen Antriebsregelung, Franzis-Verlag, 1992,
S. 17). Konventionell werden dazu PD- oder PID-Regler
eingesetzt, die teilweise mehrfach ineinander verschachtelt
sind (Kaskadenregelung). Jedoch neigen diese Regelungen
entweder zum Überschwingen in der Zielposition oder die Last
schleicht zu langsam an die Zielposition heran, was zu langen
Ausregelzeiten führt. Das Zeitverhalten kann zwar mit dem
Verfahren aus der US 4694229 verbessert werden, aber bei allen
bekannten Reglern ist der Ankunftszeitpunkt nicht genau
vorhersagbar und die Ankunft kann sich verzögern, falls
externe Störeinflüsse auf den Bewegungsablauf einwirken.
Außerdem bewirkt die Regelcharakteristik einen unnötig hohen
Energieverlust des Motors.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein
Regelungsverfahren zu entwickeln, das die ebengenannten
Nachteile vermeidet und das als genau, schnell, stabil,
überschwingungsfrei, robust, energiesparend und einfach
charakterisiert werden kann. Die Aufgabe wird durch die Lehre
der Patentansprüche gelöst.
Bei der Diskussion der Regeleigenschaften wird auf die
Fig. 2 bis 14 Bezug genommen. Sie zeigen exemplarisch den
zeitlichen Verlauf der drei Größen Motorstrom (IMotor),
Last-Geschwindigkeit (Vist) und Entfernung der Last vom Ziel
(Sist - Ssoll) unter verschiedenen Betriebsbedingungen:
Fig. 2 Neues Regelprinzip unter idealen Bedingungen
Fig. 3 Dreiecksförmiges Geschwindigkeitsprofil
Fig. 4 Verlauf bei negativer Anfangsgeschwindigkeit
Fig. 5 Verlauf bei positiver Anfangsgeschwindigkeit
Fig. 6 Konstante "Trägheit" ist 33% zu hoch eingestellt
Fig. 7 Konstante "Trägheit" ist 33% zu niedrig eingestellt
Fig. 8 Geschwindigkeit durch externe Einflüsse gestört
Fig. 9 Die Lage wird durch externe Einflüsse gestört
Fig. 10 Vom Stillstand zu einer positiven Endgeschwindigkeit
Fig. 11 Identische Anfangs- und Endgeschwindigkeit
Fig. 12 Verlauf bei negativer Endgeschwindigkeit
Fig. 13 Konstante Beschleunigung gemäß Gleichung (11)
Fig. 14 Linear abnehmende Beschleunigung nach Gleichung (12).
Ausgangspunkt ist die bekannte physikalische Erkenntnis, daß
sich die Geschwindigkeit eines Körpers aus dem Integral der
Beschleunigung ergibt und daß das Integral der Geschwindigkeit
den zurückgelegten Weg beschreibt. Aus diesen Naturgesetzen
der Bewegungslehre lassen sich zwei Bedingungen für den
Verlauf der Beschleunigung der Last aLast(t) formulieren, die
erfüllt sein müssen, damit das Regelungsziel (Ssoll, Vsoll) bei
Ablauf der Ausregelzeit ta tatsächlich erreicht wird:
Es bedeuten:
ta = Ausregelzeit bis zum Erreichen der Zielposition [s]
aLast = Beschleunigung der Last [m/s²]
Vist = Geschwindigkeits-Istwert [m/s] = Start-Geschwindigkeit (zum Zeitpunkt t=0)
Vsoll = Geschwindigkeits-Sollwert [m/s] (zum Zeitpunkt t=ta)
Sist = Lage-Istwert [m] = Start-Position (zum Zeitpunkt t=0)
Ssoll = Lage-Sollwert [m] = Zielposition (zum Zeitpunkt t=ta).
ta = Ausregelzeit bis zum Erreichen der Zielposition [s]
aLast = Beschleunigung der Last [m/s²]
Vist = Geschwindigkeits-Istwert [m/s] = Start-Geschwindigkeit (zum Zeitpunkt t=0)
Vsoll = Geschwindigkeits-Sollwert [m/s] (zum Zeitpunkt t=ta)
Sist = Lage-Istwert [m] = Start-Position (zum Zeitpunkt t=0)
Ssoll = Lage-Sollwert [m] = Zielposition (zum Zeitpunkt t=ta).
Wie durch Einsetzen von (3) in (1) und (2) nachgeprüft werden
kann, wurde mit der folgenden Geradengleichung (3) eine
Funktion für aLast(t) gefunden, die beide Gleichungen (1) und
(2) erfüllt:
aLast(t) = k₁ + k₂ × t mit 0 t ta und (3)
Der lineare Verlauf der Beschleunigung ist vorteilhaft für
den Energieverbrauch des Motors (s. u.) und führt zu einem
relativ einfachen Regelalgorithmus zur Berechnung des
Motorstromes. Es können aber auch Varianten dieser Gleichung
mit Funktionen höherer Ordnung benutzt werden, wenn sie
gleichfalls die Bewegungsgleichungen (1) und (2) einhalten.
Um nach diesem Verfahren die Last-Beschleunigung aLast zu
bestimmen, ist die Kenntnis der Ausregelzeit ta erforderlich.
ta gibt die Zeit an, die das System für den laufenden
Regelvorgang bis zum Erreichen der Zielposition benötigen
wird. Wesentliches Element des neuen Reglers ist daher ein
Zeit-Register (vgl. 12 in Fig. 1), das den Wert ta für die
Berechnung bereitstellt. Sobald das Leitsystem eine neue
Zielposition vorgibt, ist das Zeit-Register zu initialisieren.
Dafür bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten:
- a) ta wird als Bestandteil der Führungsgrößen vom Leitsystem vorgegeben (vgl. Fig. 1, Schalterstellung "a"). Dies ist dann empfehlenswert, wenn das Leitsystem den Zeitpunkt kennt, zu dem die Last die Zielposition eingenommen haben soll, z. B. bei Maschinen, die einem bestimmten Arbeitstakt unterworfen sind. So kann bei einem mehrachsigen Roboter für alle Achsen der gleiche Wert für ta vorgegeben werden. Achsen, die nur einen relativ kurzen Weg zurückzulegen haben, führen die Bewegung dann entsprechend sanft aus, d. h. ruckfrei, verschleißarm und energiesparend.
- b) ta wird vom Regler automatisch bestimmt (vgl. Fig. 1,
Schalterstellung "b"). Dieses Vorgehen empfiehlt sich,
falls die Zielposition schnellstmöglich erreicht werden
soll oder falls ein herkömmlicher Regler (z. B. PD-Regler)
ersetzt werden soll und das Leitsystem deshalb für die
Mitteilung der Ankunftszeit ta nicht vorbereitet ist.
Werden für die Beschleunigung der Last aLast (bzw. für den Motorstrom IMotor, vgl. Gleichung (5)) die zulässigen Maximalwerte angenommen, so läßt sich durch Umstellen der Gleichung (3) errechnen, welche Ausregelzeit ta für den Bewegungsablauf mindestens erforderlich ist. Die Betrachtung braucht nur für t=0 und t=ta geführt zu werden, da aufgrund des linearen Verlaufes der Beschleunigung das Maximum der Beschleunigung nur an einem der beiden Endpunkte der Bewegung auftreten kann. Es ergeben sich zwei quadratische Gleichungen, deren Lösungen den zulässigen Wertebereich für ta eingrenzen. Von diesen Lösungen ist der kleinstmögliche Wert für ta zu wählen, der noch gewährleistet, daß dem System nur Beschleunigungen innerhalb seiner physikalischen Grenzen (z. B. maximales Motor-Drehmoment) abverlangt werden.
Nach erfolgter Initialisierung muß der Regler den Inhalt des
Zeit-Registers 12 ständig aktualisieren, z. B. indem der
Regler die Ausregelzeit ta in regelmäßigen Abständen um den
Betrag der jeweils abgelaufenen Zeit vermindert.
Der Regler errechnet die angestrebte Last-Beschleunigung
gemäß Gleichung (3) mit t=0:
Alle hierzu erforderlichen Werte sind bekannt: Ssoll und Vsoll
wurden vom Leitsystem vorgegeben, ta wird dem Zeit-Register
entnommen, Sist ist eine gemessene Regelgröße und Vist kann
entweder ebenfalls direkt gemessen werden (z. B. mit einem
Tachogenerator) oder Vist wird aus den Lage-Istwerten
abgeleitet (Vist=ΔSist/Δt).
Der Motorstrom IMotor ist so einzustellen, daß sich die mit
Gleichung (4) bestimmte Last-Beschleunigung ergibt. Bei
handelsüblichen Servo-Motoren besteht meist ein linearer
Zusammenhang zwischen dem Motor-Strom und dem
Motor-Drehmoment, d. h. der Motor-Strom IMotor und die
Last-Beschleunigung aLast sind zueinander proportional:
IMotor = Trägheit × αLast (5)
Es bedeuten:
IMotor= Motor-Strom [A]
Trägheit= Systemspezifische Konstante [As²/m], proportional zum Trägheitsmoment der bewegten Massen und umgekehrt proportional zur Motor-Drehmoment-Konstante
aLast= Last-Beschleunigung [m/s²] nach Gleichung (4), (10), (11) oder (12)
IMotor= Motor-Strom [A]
Trägheit= Systemspezifische Konstante [As²/m], proportional zum Trägheitsmoment der bewegten Massen und umgekehrt proportional zur Motor-Drehmoment-Konstante
aLast= Last-Beschleunigung [m/s²] nach Gleichung (4), (10), (11) oder (12)
Dieser einfache, proportionale Zusammenhang gilt in guter
Näherung für das in Fig. 1 gezeigte System. Bei anderen
Anwendungen, bei denen z. B. Reibungs-, Feder- oder
Gewichtskräfte erheblichen Einfluß ausüben oder bei denen
eine nicht-lineare Motorkennlinie kompensiert werden muß, ist
die Gleichung (5) dementsprechend anzupassen.
Der Regler muß die Gleichungen (4) und (5) in Echtzeit
andauernd neu bewerten und die Stellgröße IMotor dadurch
laufend aktualisieren. Er kann beispielsweise durch einen
Mikrocomputer realisiert werden, der diesen Regelalgorithmus
zyklisch oder periodisch ausführt. Dabei wird der eigentlich
kontinuierliche Verlauf der Stellgröße durch einen
zeit-diskreten, treppenförmigen Verlauf angenähert. Die
Annäherung gelingt umso besser, je häufiger die Berechnung
wiederholt wird. Damit keine Abweichung vom idealen Verlauf
spürbar wird, sollte eine systemspezifische Zykluszeit (z. B.
500 µs) nicht überschritten werden.
Da die Ausregelzeit ta fortwährend automatisch vermindert
wird, und da für jede neue Berechnung die augenblicklichen
Meßwerte der Regelgrößen (Sist, Vist) benutzt werden, scheint
sich der Regler stets am Anfang des Bewegungsablaufes zu
befinden (t=0 im Sinne der Gleichungen (1) bis (3)), und es
kann immer mit Gleichung (4) gerechnet werden. Die Gleichungen
(1) bis (3) dienen nur zur Erläuterung der Zusammenhänge und
werden vom Regler zur Bestimmung des Motorstromes IMotor nicht
benötigt.
Gleichung (4) enthält für ta=0 eine Polstelle. In Verbindung
mit Verzögerungszeiten im Regelkreis (u. a. hervorgerufen
durch eine Totzeit des Leistungsverstärkers, die Induktivität
des Motors und die Rechenzeit für den Regelalgorithmus)
entsteht für sehr kleine Werte von ta eine Instabilität.
Deshalb sollte ta nicht ganz bis auf null vermindert werden.
Soll die Last im Ziel stillstehen (Vsoll=0), kann ta auf einen
geeigneten Mindestwert begrenzt werden. In der Praxis hat
sich bewährt, etwa den vierfachen Wert der genannten
Verzögerungszeiten zu benutzen. Die Zielposition wird dann
nach einer sehr kurzen Beruhigungszeit sicher erreicht. Die
Verzögerungszeiten sollten so klein wie möglich gehalten
werden, damit ein niedriger Mindestwert verwendet wird und
die Regelung eine hohe Steifigkeit in der Endlage erzielt.
Falls die Bewegung Teil einer Bahnkurve ist und die Last die
Zielposition kreuzen soll (Vsoll≠0), kann bereits kurz vor
Erreichen des Zieles auf das nächste Segment der Bahnkurve
weitergeschaltet werden.
Fig. 2 veranschaulicht die Auswirkungen des Regel-Prinzips,
indem der zeitliche Verlauf der drei Größen Motor-Strom
(IMotor), Geschwindigkeit (Vist) und Positionsfehler (Sist -
Ssoll) grafisch dargestellt wird. Bei dem gezeigten Beispiel
soll die Last aus dem Stillstand um einen bestimmten Weg
verfahren werden und im Ziel wiederum stillstehen (Vsoll=0)
Der Regelalgorithmus führt erwartungsgemäß zu einem linearen
zeitlichen Verlauf des Motor-Stromes IMotor (s. Gleichung (3)).
Man erkennt, daß die Bewegung symmetrisch zum Mittelpunkt
(ta/2) verläuft. Während der ersten Hälfte der Bewegung wird
die Last beschleunigt und während der zweiten Hälfte genauso
wieder abgebremst.
Für herkömmliche PD- und PID-Regler sind hohe
Regelgeschwindigkeit und gute Dämpfung gegenläufige
Forderungen, für die durch Einstellung der Regelparameter ein
Kompromiß gefunden werden muß. Das neue Regelprinzip vereint
beide Forderungen. Der Regelalgorithmus erzwingt, daß die
Wegdifferenz (Sist - Ssoll) und die Geschwindigkeit Vist zum
Zeitpunkt des Ablaufes von ta gleichzeitig verschwinden. Die
Last steht daher in der Zielposition still und ein
Überschwingen kann nicht auftreten.
Der lineare Verlauf des Motorstromes hat den Vorteil, daß die
Verlustleistung des Motors minimiert wird. Dies wird anhand
der folgenden Berechnung verdeutlicht. Sie beruht auf der
Voraussetzung, daß die Verlustleistung durch den
Wicklungswiderstand R des Motors bestimmt wird
(P(t) = R × I²(t)). Gegenüber einem dreiecksförmigen
Geschwindigkeitsprofil, wie es bisher in der Technik oft
angestrebt wird (vgl. Fig. 3), ergibt sich eine
Energieeinsparung in Höhe von 25% (vgl. Relation der
Gleichungen (8) und (7)). Entsprechend kleiner kann der Motor
dimensioniert werden. Anhand der Bewegungsgleichung (2) läßt
sich zeigen, daß das parabelförmige Geschwindigkeitsprofil
(gemäß Fig. 2) gegenüber dem dreiecksförmigen
Geschwindigkeitsprofil (gemäß Fig. 3) zu Beginn den
1,5-fachen Motorstrom erfordert, damit in beiden Fällen nach
derselben Ausregelzeit eine gleichgroße Strecke zurückgelegt
wird. Somit beträgt der Energieverlust:
für das dreiecksförmige Geschwindigkeitsprofil gemäß Fig. 3:
für das runde Geschwindigkeitsprofil gemäß Gleichung (4) bzw. (5) und Fig. 2:
Es bedeuten:
W = Energieverlust [Ws]
R = Motor-Wicklungswiderstand [Ω]
Ik = Betrag des Motorstromes beim dreiecksförmigen Geschwindigkeitsprofil gemäß Fig. 3 [A]
ta = Ausregelzeit bis zum Erreichen der Zielposition [s]
W = Energieverlust [Ws]
R = Motor-Wicklungswiderstand [Ω]
Ik = Betrag des Motorstromes beim dreiecksförmigen Geschwindigkeitsprofil gemäß Fig. 3 [A]
ta = Ausregelzeit bis zum Erreichen der Zielposition [s]
Die folgenden Beispiele belegen, daß die Regelung auch bei
Abweichungen von den idealen Bedingungen prompt, angemessen
und stabil reagiert:
- a) Wenn die Last bei Beginn der Regelung in Bewegung ist (Fig. 4 und 5), verläuft die Stromkurve wiederum linear, allerdings nicht mehr symmetrisch zum Mittelpunkt. Die wichtige Eigenschaft, daß die Last mit Ablauf von ta in der Zielposition zum Stehen kommt, bleibt erhalten.
- b) Wenn der Regler eine Trägheit benutzt, die von der
tatsächlichen abweicht (Fig. 6 und 7), wird dies in
weiten Bereichen toleriert, so daß die punktgenaue Ankunft
zum richtigen Zeitpunkt gewährleistet bleibt. Nachteilig
wirkt sich die aufgrund der gekrümmten Motor-Stromkurve
etwas erhöhte Verlustleistung aus. Anhand des konvexen
bzw. konkaven Verlaufes der Stromkurve kann jedoch erkannt
werden, daß mit einer fehlerhaften Trägheit gerechnet
wird. Da die Trägheit das Verhältnis zwischen dem
Motorstrom IMotor und der Last-Beschleunigung aLast=ΔVist/Δt
angibt (vgl. Gleichung (5)), läßt sich die Trägheit im
laufenden Regelbetrieb ausmessen (Trägheit= IMotor×Δt/ΔVist).
Es ist daher leicht möglich, die Regler-Software so zu
erweitern, daß sich der Regler auf den optimalen Wert für
die Trägheit automatisch einstellt.
Die Trägheit ist der einzige verstellbare Regelungsparameter. Demgegenüber müssen bei herkömmlichen PD bzw. PID-Reglern mehrere Parameter justiert werden, die sich auch noch wechselseitig beeinflussen. Ausreichende Regeleigenschaften werden dabei oft nur mit einem hohen Verstärkungsfaktor kurz unterhalb der Schwinggrenze erreicht. Die PD/PID-Regelung droht dann bei geringen Veränderungen der Umgebungsbedingungen in die Instabilität abzugleiten. Das neue Regelprinzip ist wesentlich robuster, die Einstellung bei der Wartung oder Inbetriebnahme ist einfacher und schneller durchführbar. - c) Wenn externe Störeinflüsse plötzlich die Geschwindigkeit (Fig. 8) oder die Lage (Fig. 9) verändern, stellt sich der Regler unverzüglich auf die veränderte Situation ein und führt wieder einen linearen Verlauf des Motor-Stromes herbei, der sicher zum Ziel führt. Auf Störungen, die lange vor dem Ankunftszeitpunkt liegen, wird relativ sanft reagiert, da die gesamte Restzeit von ta zum Ausregeln ausgeschöpft wird. Gleichgroße Störungen kurz vor der Ankunft führen dagegen zu heftigen Reaktionen des Motor-Stromes, um die Störung noch rechtzeitig zu kompensieren. Solange die physikalischen Systemgrenzen (z. B. maximales Motor-Drehmoment) nicht überschritten werden, erreicht die Last ihr Ziel trotzdem ohne überschwingen und ohne daß sich die Ankunftszeit verzögert. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber klassischen Reglern (z. B. PD-Reglern), bei denen sich die Ankunftszeit mit jeder Störung nach hinten verschiebt und bei denen die Ankunftszeit daher nicht genau vorhergesagt werden kann.
- d) Wenn das Ziel mit einer bestimmten Geschwindigkeit überfahren werden soll (Vsoll≠0), gelingt es dem Regelalgorithmus, gleichzeitig mit dem Ablauf von ta sowohl die gewünschte Endgeschwindigkeit Vsoll als auch die gewünschte Zielposition Ssoll zu erreichen (Fig. 10). Dabei ist es nicht erforderlich, daß die Bewegung aus dem Stillstand startet (vgl. Fig. 11), und es werden auch negative Geschwindigkeiten oder Wegstrecken richtig verarbeitet, selbst dann, wenn der Endpunkt einer positiven Wegstrecke mit einer negativen Geschwindigkeit (rückwärts) überfahren werden soll (vgl. Fig. 12).
Mit dem Regelprinzip läßt sich eine beliebige Bahnkurve
Ssoll=f(t) und Vsoll=f′ (t) verfolgen, indem die Bahnkurve in
eine Vielzahl kleiner Segmente zerlegt wird, deren Endpunkte
(=Stützpunkte) nacheinander mit dem hier beschriebenen
Regelungsverfahren angefahren werden. In den Stützpunkten
besitzt die Last dadurch jeweils die richtige Position und
Geschwindigkeit, so daß zwischen den Stützpunkten kein
nennenswerter Wegfehler SFehler=(Vist-Vsoll)×Δt entsteht und der
Bahnverlauf mit hoher Genauigkeit eingehalten wird.
Einen Sonderfall stellt die reine Lageregelung dar, bei der
die Geschwindigkeit in der Zielposition Vsoll nicht vom
Leitsystem vorgeschrieben ist. In diesem Fall kann die
Endgeschwindigkeit Vsoll durch Umstellen von Gleichung (3b)
bestimmt werden:
Der so gefundene Wert von Vsoll wird in die Gleichung (4)
eingesetzt:
Damit ist Vsoll aus dem Regelungsalgorithmus eliminiert. Für k₂
können theoretisch beliebige Werte verwendet werden. Von
besonderer praktischer Bedeutung sind zwei Fälle:
- a) k₂=0. Damit wird eine annähernd konstante Beschleunigung der Last bewirkt, die dann genau beim Ablauf von ta die Zielposition kreuzt. Gleichung (10) vereinfacht sich in diesem Spezialfall zu: Dabei zeigt die Geschwindigkeit einen linearen Verlauf (Fig. 13). Dies kann ausgenutzt werden, um das dreiecksförmige Geschwindigkeitsprofil gemäß Fig. 3 zu realisieren. Das ist trotz der ungünstigen Verlustleistung (s. o.) dann vorteilhaft, wenn eine hohe Maximalgeschwindigkeit in der Bewegungsmitte gefordert ist oder wenn die gleichmäßige Beschleunigung wünschenswert ist. Dazu wird in der Beschleunigungsphase während des ersten Teils der Bewegung nach Gleichung (11) geregelt, wobei das Ziel Ssoll z. B. auf den halben Gesamtweg und die Ankunftszeit ta z. B. auf die halbe Gesamtzeit einzustellen ist. Anschließend wird für die Bremsphase auf Gleichung (4) umgeschaltet und mit dem Gesamtweg Ssoll und dem Rest der Gesamtzeit für ta gerechnet. Die Aufteilung in eine Beschleunigungs- und Bremsphase wird bereits in der US 4694229 vorgeschlagen, allerdings wird dort ein ungünstigerer Regelalgorithmus benutzt, bei dem die Ankunftszeit nicht exakt vorhersagbar ist.
- b) k₂=-k₁/ta. Die Beschleunigung und der Motorstrom, die damit
eingestellt werden, nehmen linear ab und verschwinden mit
Ablauf von ta (aLast(ta)=0, vgl. Gleichung (3)). Den Verlauf
zeigt Fig. 14.
Gleichung (10) vereinfacht sich in diesem Fall zu: Anwendungen ergeben sich, wenn auf die Last zur Ankunftszeit keine Beschleunigungskraft einwirken darf oder wenn noch kurz vor dem Ziel mit äußeren Störeinflüssen zu rechnen ist, zu deren Ausregelung das volle Motor-Drehmoment zur Verfügung stehen soll. Außerdem errechnet sich wieder ein um 25% geringerer Energieverlust gegenüber einer Regelung nach Gleichung (11).
Die Anmeldung offenbarte ein schnelles, hochgenaues,
energiesparendes, einfaches, stabiles und robustes
Regelungsverfahren. Ein Versuchsaufbau mit einem 1,3 KW
Servomotor bestätigt dies. Die beiden Regelgrößen Sist und Vist
werden mit einem inkrementalen Drehgeber
(4000 Impulse/Umdrehung) erfaßt. Ein gewöhnlicher
Mikrocomputer übernimmt die gesamte Signalverarbeitung des
Reglers. Der Regelalgorithmus wird dabei mit einer Zykluszeit
von 1 ms wiederholt. Bei diesem Aufbau überfährt der Motor das
Ziel innerhalb von ± 3 µs der vorgegebenen Ausregelzeit ta (bei
30 U/s) und schwingt maximal 0,3° über die Zielposition hinaus
(bei Vsoll=0).
Claims (10)
1. Numerisches Regelverfahren zur Regelung der Lage S und der
Geschwindigkeit V einer von einem Motor bewegten Last sowie
für andere lineare Regelvorgänge, wobei ein Ist-Wert Sist und
dessen erste zeitliche Ableitung Vist als die zum Zeitpunkt t=0
festgestellten Regelgrößen sowie die beiden zugehörigen, von
einem Leitsystem vorgegebenen Soll-Werte Ssoll und Vsoll als die
dem Regelziel zum Zeitpunkt t=ta entsprechenden Führungsgrößen
zu einer Stellgröße verarbeitet werden, dadurch
gekennzeichnet, daß die Stellgröße aLast auf der Grundlage der
Beziehung
aLast(t) = k₁ + k₂ × t mit 0 t ta und
eingestellt wird, wobei auch Varianten der Funktion für
aLast(t) benutzt werden können, wenn diese gleichfalls von der
Ausregelzeit ta abhängen und die Bewegungsgleichungen
zumindest näherungsweise erfüllen.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
immer die aktuellen Ist-Werte der Regelgrößen Sist und Vist
durch wiederholte Berechnung auf der Grundlage der
Rechenvorschrift
zu der Stellgröße aLast verarbeitet werden, wobei ta die
Ausregelzeit angibt, bei deren Ablauf das Regelziel Sist=Ssoll
und Vist=Vsoll erreicht wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die
Stellgröße aLast auf der Grundlage der Rechenvorschrift
ermittelt wird, wenn das Leitsystem keinen bestimmten Wert
für Vsoll vorschreibt und statt dessen der Wert k₂ bekannt ist,
der die beabsichtigte Steigung der Stellgröße angibt.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß k₂=0
gesetzt wird und die Stellgröße aLast somit auf der Grundlage
der Rechenvorschrift
ermittelt wird, wodurch die Stellgröße einen nahezu konstanten
Wert annimmt, bis das Regelziel Sist=Ssoll genau mit Ablauf der
Ausregelzeit ta erreicht wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, daß
k₂=-k₁/ta gesetzt wird und die Stellgröße aLast somit auf der
Grundlage der Rechenvorschrift
ermittelt wird, wodurch die Stellgröße nahezu linear abnimmt,
bis sie beim Erreichen des Regelzieles Sist=Ssoll gleichzeitig
mit Ablauf der Ausregelzeit ta verschwindet.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß eine zu aLast proportionale Stellgröße
IMotor = Trägheit × aLastverwendet wird, wobei die Trägheit eine systemspezifische
Proportionalitätskonstante darstellt, die das Verhältnis
zwischen der Stellgröße und der zweiten zeitlichen Ableitung
der Regelgröße Sist beschreibt
[Trägheit=IMotor/(d²Sist/dt²)=IMotor/(dVist/dt)] und die daher vom
Regler auch automatisch bestimmt werden kann.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß die zur Berechnung der Stellgröße
benötigten Führungsgrößen Ssoll und Vsoll durch Abtastung der
Führungsfunktionen Ssoll=f(t) und Vsoll=f′ (t) gewonnen werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß zumindest der Anfangswert der
Ausregelzeit ta zu Beginn eines Regelvorganges als Bestandteil
der Führungsgrößen vom Leitsystem vorgegeben wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß zumindest der Anfangswert der
Ausregelzeit ta zu Beginn eines Regelvorganges vom Regler
automatisch bestimmt wird, indem der Regelungsalgorithmus
umgestellt und nach ta aufgelöst wird und so unter
Berücksichtigung der systemspezifischen Wertebereichsgrenzen
für die Stellgröße ein Wert für die Ausregelzeit ta bestimmt
wird, der gewährleistet, daß die Stellgröße innerhalb des
zulässigen Stellbereiches verbleibt.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch
gekennzeichnet, daß der Regler die Ausregelzeit ta in einem
Register, einer Variablen oder einer sonstigen
Speichereinrichtung bereithält und sie automatisch
aktualisiert, indem er sie regelmäßig um die jeweils
abgelaufene Zeit vermindert.
Priority Applications (2)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE1996120706 DE19620706C1 (de) | 1996-05-23 | 1996-05-23 | Numerisches Verfahren zur Regelung für lineare Regelvorgänge, insbesondere geeignet zur schnellen und exakten Lage- und Drehzahlregelung von Elektromotoren |
PCT/EP1997/002627 WO1997044717A1 (de) | 1996-05-23 | 1997-05-22 | Numerisches verfahren zur regelung für lineare regelvorgänge, insbesondere geeignet zur schnellen und exakten lage- und drehzahlregelung von elektromotoren |
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DE1996120706 DE19620706C1 (de) | 1996-05-23 | 1996-05-23 | Numerisches Verfahren zur Regelung für lineare Regelvorgänge, insbesondere geeignet zur schnellen und exakten Lage- und Drehzahlregelung von Elektromotoren |
Publications (1)
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---|---|
DE19620706C1 true DE19620706C1 (de) | 1997-07-24 |
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---|---|---|---|
DE1996120706 Expired - Fee Related DE19620706C1 (de) | 1996-05-23 | 1996-05-23 | Numerisches Verfahren zur Regelung für lineare Regelvorgänge, insbesondere geeignet zur schnellen und exakten Lage- und Drehzahlregelung von Elektromotoren |
Country Status (2)
Country | Link |
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DE (1) | DE19620706C1 (de) |
WO (1) | WO1997044717A1 (de) |
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Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
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