DE19612766A1 - Verfahren zur Analyse von Eigenschaften eines komplexen biologischen Systems - Google Patents
Verfahren zur Analyse von Eigenschaften eines komplexen biologischen SystemsInfo
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Description
Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur
Analyse von Eigenschaften eines komplexen biologischen
Systems, wobei die Eigenschaften des komplexen biologischen
Systems durch inhärente Werte, wie Systemparameter und
Systemgrößen ausdrückbar sind.
In den letzten Jahren haben sich in zunehmendem Maße biotech
nologische Verfahren zur Lösung verschiedenster Problem
stellungen als geeignet erwiesen. Bislang war es jedoch
häufig dem Zufall überlassen, ob eine bestimmte Eignung eines
bestimmten biologischen Systems für die Lösung eines Problems
in Frage kam. Wenn beispielsweise die Potenz eines bio
logischen Systems zum Abbau von bestimmten Schadstoffen in
Abwässern untersucht werden mußte, konnte aufgrund der
Komplexität der Untersuchungsmethoden oft keine eindeutige
Aussage getroffen werden, ob der ausgesuchte Mikroorganismus
tatsächlich geeignet sein könnte, das zugrundeliegende
Problem zu lösen. Desweiteren ist es oftmals schwierig,
Änderungen, die das biologische System planmäßig oder unge
wollt erfährt, systematisch zu erfassen und gegebenenfalls
die durch die Störungen des Systems hervorgerufenen Kon
sequenzen analytisch zu erfassen um gegebenenfalls gegen
zusteuern. Dies ist insbesondere dann von Interesse, wenn
beispielsweise ein komplexer biotechnologischer Prozeß be
herrscht werden soll, oder wenn die Bedingungen herausge
arbeitet werden sollen, bei denen das biologische System eine
Aufgabe in optimaler Weise oder optimal angepaßt lösen kann.
Im Stand der Technik wird zur Analyse eines biologischen
Systems, insbesondere einer Fermentationskultur, kontinuier
lich oder diskontinuierlich eine Probe entzogen. Dann werden
die Proben einer Veränderung unterzogen und beobachtet, wie
das biologische System darauf reagiert. In der Zwischenzeit
verändert sich möglicherweise jedoch der Inhalt des Fer
menters, aus dem die Probe entnommen wurde. Dies kann auf
z. B. einer induzierten oder spontanen Einstellung der Zell
teilung oder Beschleunigung der Zellteilung oder Anschaltung
anderer Stoffwechselaktivitäten beruhen, die nicht not
wendigerweise in der analysierten oder zu analysierenden
Fraktion gleichermaßen erfolgen muß. Aufgrund der recht
langwierigen Untersuchungsmethode sind zuverlässige Korre
lationen zwischen der Änderung, die das zu untersuchende
System zu erfahren hat und deren Auswirkungen und dem je
weiligen Zustand in der Fermentationsausgangslösung, nicht
gewährleistet.
Desweiteren sind frühzeitige Erkennungen von sich anbahnenden
Änderungen des Zustandes der im Fermenter gezüchteten Kultur
oft nicht möglich, so daß erst dann, wenn bereits eine
Zustandsänderung beobachtbar eingetreten ist, Maßnahmen
ergreifbar werden. Soll beispielsweise eine Kultur von
Mikroorganismen daraufhin untersucht werden, ob sie im Stande
ist, stickstoffhaltige Abwässer in besonders effizienter
Weise abzubauen, muß erst geprüft werden, ob die zur Zeit
in Anlage vorhandene Population von Mikroorganismen in der
Lage ist, größere Stickstoffmengen zu bewältigen, die mög
licherweise spontan im Abwasser erscheinen. Dies ist in aller
Regel jedoch nicht in relativ kurzer Zeit meßbar, da erst
beobachtet werden muß, ob ein Stickstoffabbau einsetzt und
wenn, mit welcher Intensität.
Gleiches gilt, wenn beispielsweise frühe Phasen beginnender
Zellteilungsaktivität von Mikroorganismen schnell erfaßt
werden müssen. Normalerweise muß abgewartet werden, bis sich
die Zahl der Mikroorganismen um ein hinreichendes Vielfaches
erhöht hat, was zum Beispiel durch Trübungsmessungen erfaßt
werden kann.
Das der Erfindung zugrundeliegende technische Problem besteht
also unter anderem darin, ein Verfahren anzugeben, mit dem
es gelingt, Bewertungen eines komplexen biologischen Systems
durchzuführen, in dem bestimmte Größen des Systems erfaßt
werden und korreliert werden können, mit Eigenschaften dieses
Systems, um gegebenenfalls Prognosen über den Zustand des
Systems oder Bewertungen des Systems durchzuführen.
Gelöst wird das der Erfindung zugrundeliegende technische
Problem durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs
1.
Das erfindungsgemäße Verfahren analysiert die Eigenschaften
eines komplexen biologischen Systems, bei dem die Eigen
schaften des komplexen biologischen Systems durch inhärente
Werte, wie Systemparameter und Systemgrößen ausdrückbar sind.
Dabei wird das System durch Änderung vermuteter oder bekann
ter Systemparameter gestört. Es wird dann eine konsistente
Beobachtung der Reaktion des Systems auf die Änderung durch
Messung mindestens zweier Systemgrößen durchgeführt, so lange
sich letztere ändern und/oder keine Änderung der Systemgrößen
durch die Störung mehr erfolgt (entsprechend einer Messung
vor oder bis zum Erreichen eines Gleichgewichtszustandes des
Systems nach der Störung). Das Verfahren ist mithin ein
dynamisches Verfahren. Ausgewertet wird die Dynamik der
Reaktion des Systems, hervorgerufen durch die Störung eines
Parameters. Hieran schließt sich die Prüfung der Reproduzier
barkeit der durch die Änderung des oder der Systempara
meter(s) induzierten Veränderung einer oder mehrerer System
größen an.
Vorzugsweise befindet sich das zu analysierende komplexe
biologische System vor einer ersten gezielten Änderung eines
Systemparameters in einem quasi-stationären Gleichgewichts
zustand bzw. ist die Geschwindigkeit eventueller Änderungen
im System konstant oder das komplexe biologische System ist
in dem untersuchten Bereich, beispielsweise einem Volumen
element in einem Bioreaktor, hinreichend homogen, um eine
reproduzierbare Aussage zu gewährleisten.
Geänderter Systemparameter und untersuchte Systemgröße können
auch identisch sein. Als Systemparameter bzw. Systemgrößen
können physikalische, chemische, biologische Zustände oder
Erscheinungen oder Kombinationen davon herangezogen werden.
Insbesondere lassen sich als Systemparameter Temperatur,
Wärmeinhalte, pH-Werte, Drücke, Partialdrücke von Gasen im
komplexen biologischen System, Konzentrationen von Substan
zen, wie Hormonen oder anderen in das komplexe biologische
System bildende Medium abgegebene Substanzen, Anzahl bio
logischer Komponenten, wie Zellen, Zellaggregate, Zell
organellen gleicher oder verschiedener Sorten, herangezogen
werden. Es lassen sich ebenso die Beobachtung des Popula
tionsverhältnisses verschiedener biologischer Komponenten,
deren Stoffwechselaktivitäten, Motilitäten, Zellteilungs
raten, Änderungen im Zellzyklus, Abgabe von Stoffwechsel
produkten oder Änderung des intrazellulären Stoffwechsels,
Erscheinen oder Verschwinden von sekundären intra- und/oder
extrazellulären Stoffwechselprodukten, wie beispielsweise
Mykotoxinen oder Antibiotika zur Erfassung, d. h. Analyse
von Eigenschaften eines komplexen biologischen Systems heran
ziehen. Auch genetische Erscheinungen, wie induzierte oder
spontane Mutationen bzw. Variationen können als signifikante
Werte zur Bewertung des Zustandes des komplexen biologischen
Systems dienen.
Konsistenz zwischen zwei Datenmengen oder Parametern besteht,
wenn sie zu einem gemeinsamen zeitlichen und/oder räumlichen
Systemzustand gehören. Konsistente Beobachtung der Reaktion
des Systems auf die durchgeführte Änderung bedeutet im Sinne
der vorliegenden Erfindung auch, daß möglichst gleichzeitig
mit der Änderung eines Systemparameters die Reaktion des
Systems auf diese Änderung einsetzt. Werden beispielsweise
mehrere vergleichende Zyklen des erfindungsgemäßen Verfahrens
simultan durchgeführt, in denen zwecks Absicherung statisti
scher Verhältnisse die selben Parameter geändert werden, oder
aber zur Erfassung möglichst vieler unterschiedlicher System
parameter durchgeführt, ist es unbedingt erforderlich, eine
möglichst zeitnahe Beobachtung durchzuführen, um eine ver
läßliche Korrelation der in den unterschiedlichen Zyklen des
erfindungsgemäßen Verfahrens, die zeitlich parallel laufen,
zu ermöglichen.
Außerdem ist es durch die konsistente Erhebung der Daten
erst möglich, zeitlich miteinander in Verbindung stehende
Prozesse (nicht unbedingt zeitgleiche) zu ermitteln, und so
dynamische Modelle für das biologische System zu erstellen.
Die Durchführung der konsistenten Beobachtung erfolgt vor
zugsweise in mindestens zwei Parallelansätzen und/oder
Beobachtungsräumen. Hier kommen als besonders geeignete
Vorrichtungen sogenannte Parallelfermenter in Frage, bei
denen in mehreren Kammern die komplexen biologischen Systeme,
die aus einer authentischen Probe abgeleitet sind, auf ihre
Reaktion hinsichtlich der Änderung von Systemparametern
untersucht werden.
Erfindungsgemäß bevorzugt ist mithin ein Verfahren, bei dem
die konsistente Beobachtung in einer Anordnung von mindestens
zwei parallel unter sonst gleichen Bedingungen geführten
Fermentern erfolgt.
In Fig. 1 ist eine typische Parallelfermenterkonstruktion
zum Messen von konsistenten Zuständen eines biologisch
komplexen Systems dargestellt. In diesem Falle ist der
Fermenter auf das Messen von Nitrifiziererleistung mikrobio
logischer Systeme spezialisiert. Der Parallelfermenter
besteht aus mindestens zwei Fermentereinheiten.
Allgemein hat ein solcher Parallelfermenter
- 1. die Eigenschaft prinzipiell während paralleler Fer mentation die Bedingungen vollständig gleich zu halten;
- 2. unabhängig von einzelnen Fermentereinheiten in jeweils einzelnen die veränderbaren Parameter gezielt dynamisch computergesteuert zu modifizieren und die Antworten auf die verschiedenen Parameteränderungen in den unter schiedlichen Fermentereinheiten mit Hilfe von Sensoren an das übergeordnete Rechnersystem zu übertragen, um dort mittels analytischer Verfahren die Daten zu be arbeiten.
Jeder einzelne Fermenter oder Fermentereinheit des Parallel
fermentersystems entspricht in Aufbau und Funktion dem
Prinzip eines Bioreaktors. In den jeweiligen Fermentergefäßen
können parallele Proben aus einem Hauptprozeß untersucht
werden.
Diese können sowohl gleichen Bedingungen unterworfen, als
auch völlig verschieden behandelt werden. Ebenso ist es mit
dem Parallelfermentersystem möglich, mehrere Proben auf
unterschiedliche Weise zu behandeln, während in einem
Reaktionsgefäß eine Standardmethode durchgeführt wird um die
erhaltenen Ergebnisse aus den behandelten Fermentationen zu
verifizieren.
In gleicher Weise können mit dem Parallelfermentersystem auch
Proben unterschiedlicher Herkunft unter gleichen Bedingungen
fermentiert werden.
Wichtig ist dabei allerdings, daß die Beprobung konsistent,
z. B. möglichst zeitgleich oder zeitnah und aus dem gleichen
oder einem nahen Bereich innerhalb des Fermenterinhalts des
Hauptprozesses stattfindet.
Fig. 1 zeigt schematisch den Aufbau eines Parallelfermenters.
Die Fermenter des Parallelfermentersystems werden über
Sammelleitungen mit den zur Fermentation notwendigen Be
triebsstoffen versorgt. Die Betriebsstoffe werden durch
Öffnungen im Fermenterdeckel zugeführt.
Dies sind im einzelnen Wasser, Medium, Luft, Lauge, Säure
sowie die Versorgung des Heizsystems mit warmem bzw. gekühl
tem Wasser. Das Heizsystem ist beispielsweise in Form einer
Stahlrohrschleife ausgeführt, welche sich z. B. unmittelbar
über dem Boden des Fermentergefäßes befindet.
Die Betriebsstoffe werden vorzugsweise gepumpt, sofern es
sich um flüssige Komponenten handelt. Gasförmige Stoffe
werden vorteilhafterweise mit Überdruck, durch z. B. Ein
richtungen zur Vergrößerung der wirksamen Oberfläche der
entstehenden Gasblasen, wie beispielsweise Sinterfritten in
die Fermentationsbrühe geleitet.
Ferner werden durch Deckelöffnungen verschiedene Sensoren
zur quantitativen Bestimmung unterschiedlicher Inhaltsstoffe
in den Reaktionsraum geführt.
Hierzu zählen zum Beispiel pH-Sensoren und pO₂-Sensoren.
Diese Sensoren ermöglichen eine exakte Steuerung des pH- bzw.
pO₂-Wertes durch Steuerung der Säure- und der Laugepumpe
sowie des Gaszustromes.
Die Abluft wird insbesondere über die Deckelöffnungen in eine
Sammelleitung geführt und in geeigneter Weise abgeleitet.
Zur Niveauregulierung dienen zwei Rohrleitungen, von denen
eine vom Deckel bis in die Nähe des Gefäßbodens reicht,
während die zweite in Höhe des gewünschten Flüssigkeits
niveaus endet. Durch geeignete Kombination von Pumpen, ist
die kontinuierliche Einhaltung eines bestimmten Flüssigkeits
pegels im Fermentationsraum erreichbar.
Als Reaktionsgefäß dient ein unten geschlossener Glaszylinder
mit einem Volumen von 1,5 l. Vorzugsweise wird das Fermen
tationsmedium von oben durch den Deckel mit einem Flügelrüh
rer ständig durchmischt. Diese Durchmischung gewährleistet
zum Beispiel eine hohe Meßgenauigkeit durch die Sensoren.
Zur Überwachung des Fortgangs der Fermentation ist die
Kontrolle der Inhaltsstoffe im Fermentationsmedium vorteil
haft. Dies kann zum Beispiel das Organismen enthaltende
Medium sein, welches insbesondere unsteril aus dem ab
laufenden Probenstrom entnommen und danach analysiert werden
kann. Ebenso ist es möglich, zellfreie Proben aus dem Fer
menter zu entnehmen um extrazelluläre Stoffwechselendprodukte
oder ähnliches zu quantifizieren. Zu diesem Zweck wird aus
dem ablaufenden Medium, z. B. mittels einer Pumpe, ein
Teilvolumen entnommen und über eine Filtrationseinheit, wie
Cross-Flow-Filtrations-Einheit, geführt, wobei durch Beauf
schlagen des Flüssigkeitsstromes mit einem Transmembrandruck,
z. B. von 0,5 bar, eine Filtration an der Membran der Cross-Flow-Filtrations-Einheit
erreicht wird, die über lange Zeit
einen kontinuierlichen, zellfreien Probenstrom gewährleistet.
Das Füllen des Reaktorgefäßes mit dem zu untersuchenden
Medium geschieht automatisch durch Umschalten verschiedener
Magnetventile. Ebenso werden automatische Spülzyklen durch
geführt.
Die Steuerung der Prozesse erfolgt über Sensoren, vorzugs
weise selbstregelnde oder computerkontrollierte Sensor
strecken.
Zu diesen Sensoren gehören z. B. pH-Sensoren. Nach einem vom
Prozeßleitsystem vorgegebenen Sollwert regeln diese Sensor
strecken den jeweiligen Meßparameter selbständig, wobei ein
Meßverstärker und ein Regler für die Aufbereitung der Daten
sorgen.
Die zur Prozeßsteuerung notwendigen Sensoren sind vorzugs
weise mit einem Meßumwandler verbunden. Die von diesem
Meßumwandler ausgehenden Signale werden z. B. über serielle
Schnittstellen an einen Meßrechner weitergeleitet. Dieser
Rechner bereitet die ermittelten Daten in geeigneter Weise
auf und stellt sie dem übergeordneten Prozeßleitsystem zur
Verfügung.
Mit Hilfe der Sensoren kann in einem Prozeßleitrechner eine
quasi-Abbildung des Parallelfermentersystems geschaffen
werden, welche umso genauer, d. h. schärfer wird, je mehr
geeignete Sensoren dem System zur Verfügung stehen.
Ebenso besteht die Möglichkeit, den Parallelfermenter an ein
übergeordnetes Modellsystem anzukoppeln. Durch rechnerge
steuerte Pumpen kann die Kontrolle der Geschwindigkeit und
die Menge der zudosierten Medienkomponenten in der Weise
erfolgen, daß der Prozeß entlang eines vorgegebenen Modells
geführt wird.
Hierbei können die Medienbestandteile dynamisch an die durch
den Prozeß veränderten Bedingungen angepaßt werden.
Aufgrund der konsistent erhobenen Daten können Dynamiken
unterschiedlicher Meßparameter zur Beurteilung und zur
Klassifizierung von zum Beispiel Nitrifizierern herangezogen
werden. Die Konsistenz bedingt weiterhin, daß Prozeßgrößen,
welche nicht direkt meßbar sind, aus den erhaltenen Sensor
signalen errechnet werden können. Auf diese Weise kommt man
zu völlig neuen Erkenntnissen, welche durch den Einsatz
herkömmlicher Meßtechnik nicht zu erzielen wären.
Eine mögliche Methode der Gewinnung von Erkenntnissen ist
die gezielte Störung von Gleichgewichten durch pulsweise
Zugabe von bestimmten Nährstoffen. Durch die konsequente
Beobachtung aller verfügbaren Meßgrößen, lassen sich bereits
kurze Zeit nach Aufprägen der Störung, anhand der registrier
ten Anfangsdynamik, Aussagen über z. B. die Leistung be
stimmter Organismen im Hinblick auf den Abbau von Inhalts
stoffen von Abwasser treffen (Fig. 2 und Fig. 3).
Jedoch ist der Gleichgewichtszustand nicht zwingend erforder
lich. Auch einer bereits vorhandenen Dynamik kann eine
Störgröße aufgeprägt werden. Mit Hilfe bestimmter Algorithmen
kann das Prozeßleitsystem auch in diesem Fall eine korrekte
Bestimmung des Systemzustandes erreichen.
Das erfindungsgemäße Verfahren gewährleistet somit beispiels
weise die Erfassung und Bewertung von Abwasserbakterien auf
ihre stickstoffmineralisierende Potenz.
Zur Beurteilung der veränderlichen Nitrifiziererleistung im
komplexen biologischen System des Rückführungsschlammes einer
Kläranlage ist es nötig, hinreichend schnelle Methoden zur
Verfügung zu haben. Um Horizonte sedimentierenden Klär
schlammes analysieren zu können ist es nötig, parallel
Zugriff auf eben diese Horizonte und deren Eigenschaften zu
haben. Das Parallelfermentersystem wird gleichzeitig mit
entnommener Biomasse aus den verschiedenen Horizonten an
geimpft. Da es generell bei dem betrachteten biologischen
System um den Abbau von Ammonium bzw. organischem Amin geht,
wird dem Parallelfermentersystem der Abbau von definierten
Ammoniumpulsen zu intermediärem Nitrit und endgültig Nitrat
dynamisch verfolgt und dadurch die Nitrifiziererleistung
charakterisiert. Durch dieses Verfahren ist es möglich,
innerhalb von wenigen Stunden exakte Aussagen über die
Verteilung der Nitrifiziererleistung in den Schlammhorizonten
zu machen.
Bei diesem Verfahren wird durch eine mechanische Behandlung
von Klärschlammflocken eine bestimmte Art Homogenisierung
herbeigeführt, die es erlaubt, in einem nachgeschalteten
Sedimentationsfließverfahren nitrifizierende Organismen
anzureichern, um diese sodann in den Klärprozeß zurückzu
führen. Da die Überprüfung der Qualität von Klassifizierungs
maßnahmen sinnvollerweise nur zeitlich geschehen kann, ist
es wichtig, ein konsistentes und schnelles Verfahren zur
Bestimmung von Nitrifiziererleistungen zur Hand zu haben.
Das geeignete Werkzeug hierfür ist das zuvor beschriebene
Parallelfermentersystem. In diesem ist es durch den Vergleich
von zeitlichen Abläufen verschiedener Parameter des Stick
stoffmetabolismus möglich, die jeweiligen Nitrifizierer
leistungen zu bestimmen und zu vergleichen.
Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich zur Bewertung der
Durchführbarkeit biotechnologischer Verfahren und/oder deren
Optimierung in äußerst vorteilhafter Weise einsetzen.
Beispielsweise läßt sich so auch die Leistung von Mikro
organismen zunächst bewerten und anschließend optimieren.
Dazu gehören sowohl solche Organismen, die zum Abbau von
problematischen Abfallstoffen aus der Nahrungsmittel
industrie, aus der Tierhaltung, aus der Lederindustrie usw.
herangezogen werden, als auch solche, mit deren Hilfe Bio
chemikalien, Nahrungsstoffe oder Medikamente hergestellt
werden können.
Die Erfassung der Reaktion des Systems auf die Änderung
vermuteter oder bekannter Systemparamenter erfolgt vorzugs
weise mittels Datenerfassung durch physikalische, chemische
oder biochemische Erfassungsmethoden, wie Spektroskopie,
Rezeptorligandwechselwirkung oder anderer Biosensoren,
Partialdruckmeßgeräte, Durchflußzytometer, enzymatischer
Reaktionen und ähnlichen an sich bekannten Methoden zur
Erfassung von Systemgrößen in biologischen Prozessen, ins
besondere Fermentationsprozessen.
In Fig. 2 ist dargestellt, wie die Korrelationen zwischen
dem Sauerstoffverbrauch und der biologischen Vitalität einer
Population von Nitrosomonas europaea, anhand des Sauerstoff
partialdruckes und dessen Änderung in Parallelfermentern
analysiert wurden. Die Population, die ein stärkeres Wachstum
zeigt, hat auch vorzeitig eine höhere Sauerstoffverbrauchs
rate als die, die nur normal wächst. Mit Hilfe einer dynami
schen Analyse des Sauerstoffpartialdruckes ist es somit
möglich, im Parallelfermenter gezielt verschiedene Wachstums
verhalten von Nitrosomonas europaea zu analysieren.
Die vorliegende Erfindung wird anhand des folgenden Beispiels
näher erläutert.
Fig. 2 zeigt vier Wachstumskurven von Nitrosomonas europaea
in vier Parallelfermentern nach gleichzeitigem Animpfen mit
gleicher Konzentration in allen vier Fermentern. Im Fermenter
1 und 2 wurden die gleichen Kulturen wie in 3 und 4, jedoch
nach einer kurzen Vorbehandlung, angeimpft. Die Vorbehandlung
bestand in einer kurzfristigen Kältebehandlung bei -15°C bis
- 25°C, insbesondere -20°C. Die Kurven von 3 und 4 zeigen das
übliche, langsame Wachstum mit einer Verdopplungszeit von
ca. 7 Tagen, während die vorbehandelten Kulturen sich nach
20 Stunden schlagartig vermehren. Diese Wachstumsaktivität
ist vorher nicht detektierbar. Nur wie in Bild 3 dargestellt,
läßt sich mit Hilfe von konsistenter Beobachtung meta
bolischer Parameter prospektiv dieses Verhalten vorhersagen.
Fig. 3 zeigt, daß die Sauerstoffveratmung in Fermenter 1 und
Fermenter 2 bereits nach wenigen Stunden das zukünftige
Teilungsverhalten ankündigt. Dabei ist sogar die verzögerte
Teilung in Fermenter 2, die aber deutlich stärker ist als
in Fermenter 1, im dynamischen Sauerstoffverhalten (Änderung
der pO₂ (%) Sättigung) repräsentiert. Aus Fig. 2 und 3 folgt,
daß durch geeignete Leitparameter und die dazugehörigen
prospektiven Computermodelle bei konsistenter Beobachtung
(d. h. zeitliche Datenerhebung gleicher Systemzustände)
prospektive Steuerung von Hauptprozessen anhand dynamischer
Datenerhebung mit Hilfe des messenden Parallelfermenters
möglich ist.
Claims (6)
1. Verfahren zur Analyse von Eigenschaften eines komplexen
biologischen Systems, wobei die Eigenschaften des
komplexen biologischen Systems durch inhärente Werte
wie Systemparameter und Systemgrößen ausdrückbar sind,
durch
- - Störung des Systems durch Änderung vermuteter oder bekannter Systemparameter,
- - konsistente Beobachtung der Reaktion des Systems auf die Änderung durch Messung mindestens zweier System größen solange sich letztere ändern und/oder bis keine Änderung der Systemgrößen durch die Störung mehr er folgt (Messung vor oder bis zum Erreichen eines Gleich gewichtszustandes des Systems nach der Störung),
- - Prüfung der Reproduzierbarkeit der durch die Änderung des oder der Systemparameter(s) induzierten Veränderung einer oder mehrerer Systemgröße(n) und
- - gegebenenfalls mehrfaches Wiederholen der Verfahrens schritte mit der Maßgabe, daß jeweils noch nicht unter suchte Systemparameter geändert werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das komplexe bio
logische System Kulturen von Mikroorganismen sind.
3. Verfahren nach Anspruch 1 und/oder 2, wobei der ge
änderte Systemparameter auch die beobachtete System
größe ist.
4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3,
wobei physikalische, chemische, biologische Zustände
oder Erscheinungen oder Kombinationen davon als System
parameter und/oder Systemgrößen herangezogen werden.
5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4,
wobei eine konsistente Beobachtung des Systems bezüg
lich der auf die Änderung durch Beobachtung der Ver
änderung von mindestens zwei Systemgrößen in mindestens
zwei Parallelansätzen und/oder Beobachtungsräumen
erfolgt.
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei die konsistente Be
obachtung in einer Anordnung von mindestens zwei par
allel unter sonst gleichen Bedingungen geführten Fer
mentern erfolgt.
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