DE1203543B - Zweistufiges Verfahren zur Erzeugung von Raketen-Antriebsgas und Einrichtung zur Durchfuehrung dieses Verfahrens - Google Patents
Zweistufiges Verfahren zur Erzeugung von Raketen-Antriebsgas und Einrichtung zur Durchfuehrung dieses VerfahrensInfo
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Description
DEUTSCHES
PATENTAMT
AUSLEGESCHRIFT
Int. Cl.:
F02k
Deutschem.: 46 g-1/05
Nummer: 1203 543
Aktenzeichen: W 340771 a/46 g
Anmeldetag: 9. März 1963
Auslegetag: 21. Oktober 1965
Außer den beiden Grundtypen, der Feststoff- und der Flüssigkeitsrakete, sind einige kombinierte Typen
bekannt, die nach verschiedenen Systemen arbeiten.
So sollen beispielsweise bei dem Hybrid-Antrieb (Zwitterrakete), bei dem ein fester, brennstoffreicher
Treibsatz mit einem flüssigen Oxydator kombiniert ist, einige der Vorteile beider Systeme, wie Regelbarkeit,
leichte Handhabung u. dgl., vereinigt werden.
Ferner sind beispielsweise Antriebssysteme, wie das der »ducted rocket« bekannt, bei dem ein Fest-Stofftreibsatz
mit einem Staudrucksystem kombiniert ist, wobei eine Belastung des Systems durch mitzuführenden
Sauerstoff vermieden wird. Daneben wurde unter anderem ein zweistufiges System vorgeschlagen,
bei dem sowohl in der ersten Stufe als auch in der zweiten Staudruckstufe ein Festtreibstoff verwendet
wird.
Es ist zwar weiterhin bekannt, bei einem zweistufigen Raketenantriebssystem in der ersten Stufe Treibgase
in einem sogenannten Schwelprozeß, d. h. durch nur teilweisen Abbrand bei Sauerstoffunterschuß zu
erzeugen, die dann in der zweiten Stufe erst vollständig umgesetzt werden, jedoch hat dieses System
den Nachteil, daß infolge der Anwesenheit von Sauerstoff relativ höheratomige Gase mit entsprechend
niedrigerem Adiabaten-Exponenten entstehen, so daß eine maximale Gasausbeute nicht erhalten wird. Andererseits
bestimmt der sehr langsam ablaufende Schwelprozeß die Abbrandgeschwindigkeit des Gesamtsystems,
so daß den modernen Anforderungen entsprechende, höhere Abbrandgeschwindigkeiten
nicht erreichbar sind.
Es wurde nun gefunden, daß das vorgenannte Verfahren weiterhin dadurch verbessert werden kann,
daß das in der ersten Stufe Treibgas liefernde Treibmittel eine endotherm durch Initiierung zerfallende
sauerstofffreie Verbindung ist. Hierbei werden relativ niedrigatomige Gase mit entsprechend hohem
C1
Adiabatenexponenten κ
erhalten, die daher
eine optimale Gasausbeute gewährleisten. Hierfür können beispielsweise Verbindungen aus der Gruppe
der ungesättigten Kohlenwasserstoffe, insbesondere 1,3-Butadien, Dialkine und Cyclopentadien, ferner
Hydrazin, Borhydride, Lithiumhydride, Aluminiumboranate, Lithiumaluminiumhydrid oder Lithiumborhydride
und in der Oxydationsstufe Sauerstoff, Sauerstoffträger oder sauerstofffreie Oxydatoren verwendet
werden.
Zur Einleitung des thermischen Zerfalls der Kornponenten der ersten Stufe werden gegebenenfalls bis
zu 40% eines üblichen Treib- oder Explosivstoffes Zweistufiges Verfahren zur Erzeugung von
Raketen-Antriebsgas und Einrichtung zur
Durchführung dieses Verfahrens
Raketen-Antriebsgas und Einrichtung zur
Durchführung dieses Verfahrens
Anmelder:
Wasag-Chemie Aktiengesellschaft,
Essen, Rolandstr. 9
Als Erfinder benannt:
Dr. Heimbert Leunig, Essen-Bredeney;
Dr. Rudolf Meyer, Essen;
Dr. Eberhard Büchner, Waldkraiburg (Obb.) - -
mit vorzugsweise ausgeglichener Sauerstoffbilanz oder mit Sauerstoffunterschuß verwendet.
Die verwendete Ladung zur Erzeugung von Treibgas kann beispielsweise aus zwei Komponenten zusammengesetzt
sein, aus einer die Leistung bestimmenden Komponente und einer als Initiale dienenden
Komponente. Als initiierende Komponente kann beispielsweise ein energiereiches Nitroglycerinpulver
verwendet werden, von dem eine kleine Menge genügt, um bei normaler Zündung die notwendige Aktivierungsenergie
für den Zerfall der endothermen Komponente aufzubringen. Die Ladungen können so aufgebaut sein, daß die beiden Komponenten in unmittelbarem
Kontakt zueinander als selbständige Ladungen angeordnet sind. Es ist vorteilhaft, wenn der
Anteil der Leistungskomponente mindestens 60% beträgt. Neben der Initiierung durch eine zusätzliche
Komponente kann auch eine Initiierung durch den elektrischen Funken vorgesehen sein.
Die in der ersten Stuf e erzeugten noch umsetzungsfähigen Gase werden in der zweiten Stufe mit Oxydantien
verbrannt, wodurch sie durch die auftretende Umsetzungswärme erheblich energiereicher
werden. Hierbei kann die Zündung hyperbolisch erfolgen.
Das erfindungsgemäße System ist in vielfacher Weise variierbar. Als Oxydantien in der zweiten
Stufe sind ganz allgemein Sauerstoff selbst (flüssiger Sauerstoff), nach dem Staudruckprinzip zugeführte
Luft, Sauerstoffträger, wie hochkonzentrierte Salpetersäure, Srickstofftetroxyd, Wasserstoffperoxyd,
Nitrate, wie insbesondere Ammoniumnitrat (fest oder als Lösung), Perchlorate u. a., sowie auch sauerstofffreie
Oxydantien, wie Fluor (flüssig), Chlortrifluorid, Stickstofftrifluorid, Perchlorylfluorid, verwendbar.
509 718/133
Als besonders vorteilhaft fällt hierbei ins Gewicht, daß Kombinationen von an sich sonst nicht gemeinsam
verwendbaren Verbindungen möglich sind. Beispielsweise würde Nitrosylperchlorat spontan reagieren,
kann jedoch gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren mit den Zerfallsgasen der ersten Stufe zur
Reaktion gebracht werden. So besteht bei hybriden Systemen stets die Schwierigkeit, eine über den gesamten
Brennablauf gleichmäßige oder steuerbare Reaktion der in den meisten Fällen nicht miteinander
verträglichen Komponenten herbeizuführen. Dies wird nach dem erfindungsgemäßen Vorschlag technisch
besser durchführbar, da hier die Verbrennungsgase der ersten Stufe mit einer Reaktionskomponente
der zweiten Stufe in Kontakt gebracht werden. Es wird damit auch die Steuerung des Verbrennungsablaufs in der zweiten Stufe wesentlich vereinfacht.
Durch eine geregelte Zuführung der Oxydantien ist der Schub einstellbar.
Als Beispiele für das erfindungsgemäße Antriebssystem werden genannt:
Erste Stufe:
Hydrazin,
1,3-Butadien, Cyclopentadien,
Aluminiumborhydrid,
Lithiumaluminiumhydrid,
Lithiumalanat.
Zweite Stufe:
Angesaugte Luft,
Flüssiger Sauerstoff,
Flüssiger Fluor,
Stickstofftrifluorid,
Perchlorylfluorid,
Nitrosylperchlorat,
Salpetersäure,
N2O4-
35
40
Soweit flüssige Sauerstoffträger Verwendung finden, können sie — wie bekannt — auch zur Kühlung
der Austrittsdüse benutzt werden.
Das Antriebssystem gemäß der Erfindung vereinigt die Vorteile auf sich, die in der Erniedrigung
der Temperatur liegen, ferner die Möglichkeit, in zwei Druckstufen arbeiten zu können, wobei die
Druckdifferenzen innerhalb des Systems zur Förderung der Brennstoffe dienen können. Die Anwendung
des Zweistufensystems wird dann erforderlich, wenn zwei oder mehrere energieliefernde Stoffe nicht gemischt
werden können, ohne miteinander zu reagieren. Durch Zersetzung einer Komponente in der
ersten Stufe und Zusammenführung der Zersetzungsprodukte mit einer der obengenannten energieliefernden
Komponente in einer zweiten Stufe kann man die gesamte zur Verfügung stehende Energie in bekannter
Weise nutzbar machen. Außerdem wird eine erhöhte Leistung erzielt durch Verwendung von im
wesentlichen sauerstofffreien endothermen Treibmitteln, die bei ihrem Zerfall einen hohen Anteil an
niedrigatomigen Gasen, liefern und damit eine relativ
höhere Gasmenge und entsprechende höhere Leistung erbringen.
Ein Antriebssystem gemäß der Erfindung kann beispielsweise wie in den Zeichnungen aufgebaut
sein.
F i g. 1 zeigt eine mögliche Ausführungsform der Erfindung bei Anwendung des Staustrahlprinzips in
der zweiten Stufe. Im einzelnen bedeutet hierin
1 Treibstoff und Treibstoffbehälter der ersten Stufe,
2 Einspritzsystem (erste Stufe),
3 Brennkammerraum (erste Stufe),
4 Ansaugöffnung für Luftzufuhr: Beim Start sind diese Öffnungen durch einen Oxydator geschlossen,
der mit den reduzierenden Verbrennungsprodukten der ersten Stufe reagiert und in dem
Augenblick die Öffnungen freigibt, in dem das Gerät eine ausreichende Geschwindigkeit hat,
5 Verbrennungsraum der zweiten Stufe.
Bei Verwendung eines flüssigen Oxydators in der zweiten Stufe kann das erfindungsgemäße Antriebssystem
beispielsweise wie in Fig.2 dargestellt aufgebaut
sein. Hierin ist
1 Treibstoff und Treibstoffbehälter der ersten Stufe,
2 Einspritzsysteme,
3 Brennraum der ersten Stufe,
4 Oxydator und Behälter für die zweite Stufe. Die Förderung der flüssigen Treibstoffe in die
entsprechenden Brennkammern erfolgt nach bekannten Methoden,
5 Brennraum der zweiten Stufe.
Wird in der zweiten Stufe ein fester Oxydator verwendet, so ergibt sich ein Aufbau, wie in F i g. 3 gezeigt.
Es bedeutet
1 Treibstoff und Treibstoffbehälter der ersten Stufe,
Einspritzsystem,
Einspritzsystem,
3 Brennraum der ersten Stufe,
4 fester Oxydator,
5 Brennraum der zweiten Stufe.
Fig. 4 zeigt eine Ausführungsform mit einem
festen endotherm zerfallenden Treibstoff in der ersten Stufe und flüssigen Oxydator. Im einzelnen bedeutet
1 Festtreibstoff der ersten Stufe,
2 Initierladung,
3 Druckleitung zur Förderung des Oxydators,
4 flüssiger Oxydator,
5 Brennraum der ersten Stufe,
6 Brennraum der zweiten Stufe.
Die im vorstehenden beschriebenen Anordnungen können beispielsweise wie folgt betrieben werden:
Erste Stufe: Zersetzung von Hydrazin; Erzeugung eines erhöhten Druckes zwischen 5 und 50 ata.
Zweite Stufe: Angesaugte Luft; Brennkammerdruck 2 ata; Entspannungsdruck entsprechend dem
Höhendruck; Auslegung der Düse auf eine mittlere Höhe von etwa 8 km. Diese technische Anordnung
erlaubt eine Erhöhung des spezifischen Impulses; denn der in der zweiten Stufe erforderliche Sauerstoff
braucht vom Gerät nicht mitgeführt zu werden (s. Fig. 1).
Erste Stufe: Zersetzung von Hydrazin; Erzeugung eines Brennkammerdruckes zwischen 300 und 50 ata.
Betreibung einer Turbine mit einem Teil der Zersetzungsprodukte der ersten Stufe zur Förderung eines
flüssigen Oxydators (HNO3, N2O4, O2, F2, NF3,
FClO4) in die Brennkammer der zweiten Stufe, wobei der flüssige Oxydator als Kühlmittel für die
Brennkammer dienen kann. Brennkammerdruck der zweiten Stufe 10 bis 100 ata; Entspannung durch eine
Lavaldüse auf 0,1 bis 2 ata (s. Fig. 2).
10
Erste Stufe: Zersetzung von 1,3-Butadien; Brennkammerdruck
50 ata.
Zweite Stufe: Nitrosylperchlorat als Oxydator; Brennkammerdruck 10 ata; Entspannung auf 0,1
bis 2 ata. Das Nitrosylperchlorat, ein fester (weißer) Oxydator, ist als Röhre ausgebildet. Sobald die erste
Stufe abgeschaltet wird, hört auch die zweite Stufe zu brennen auf (s. Fig. 3).
20
Erste Stufe: Zersetzung von Lithiumalanat nach Initiierung mit einer geringen Menge eines POL-Treibsatzes;
Brennkammerdruck 50 ata.
Zweite Stufe: Flüssiger Sauerstoff als Oxydator; Brennkammerdnick 20 ata; Entspannung auf 0,1
bis 2 ata. Die Förderung des flüssigen Sauerstoffs wird durch die Druckdifferenz (etwa 30 ata) benutzt
(s. Fig.4).
Das beschriebene Antriebssystem ist vorzugsweise für Raketenantriebe anwendbar. Die erzielbaren
Reichweiten, die im einzelnen vom spezifischen Impuls und der mittleren Treibstoffdichte abhängen,
sind in einem weiten Bereich variierbar. Durch die erfindungsgemäß stark erweiterte Auswahhnöglichkeit
der Treibstoffkomponenten ist überdies eine wirksame Erhöhung der mittleren Treibstoffdichte
möglich.
40
Claims (6)
1. Zweistufiges Verfahren zur Erzeugung von Druckgas zum Antrieb von Raketen u.dgl., bei
dem in der ersten Stufe ein oxydierbares Treib- 45 S, gas aus einem Treibmittel erzeugt und anschließend
in der zweiten Stufe oxydiert wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Treibgas liefernde Treibmittel eine endotherm
durch Initiierung zerfallende sauerstofffreie Verbindung ist.
2. Raketenantriebseinrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 1, dadurch
gekennzeichnet, daß in der ersten Stufe ein Treibmittel, das bei dem Zerfall Gase mit hohen
Adiabaten-Exponenten liefert, wie insbesondere 1,3-Butadien, Cyclopentadien, Hydrazin, Borhydride,
Lithiumhydride oder Lithiumborhydride, und in der zweiten Stufe Sauerstoff, Sauerstoffträger
oder sauerstofffreie Oxydatoren verwendet werden.
3. Raketenantrieb nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß das Treibmittel der ersten
Stufe bis zu 40% eines Treib- oder Explosivstoffes mit ausgeglichener Sauerstoffbilanz bzw.
mit Sauerstoffunterschuß zur Einleitung des thermischen Zerfalls der endothermen Komponente
enthält.
4. Raketenantrieb nach den Ansprüchen 2 und 3, dadurch gekennzeichnet, daß als Oxydator
in an sich bekannter Weise nach dem Staudruckprinzip eingeführte Luft verwendet wird.
5. Raketenantrieb nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß in der zweiten Stufe in an
sich bekannter Weise hyperbolisch reagierende Verbindungen als Treibmittel und Oxydator verwendet
werden.
6. Raketenantrieb nach den Ansprüchen 2 und 5, dadurch gekennzeichnet, daß in der ersten
Stufe Aluminiumborhydrid und in der zweiten Stufe Nitrosylperchlorat verwendet wird.
In Betracht gezogene Druckschriften:
Deutsche Patentschrift Nr. 976 057;
deutsche Auslegeschrift Nr. 1130 343;
USA.-Patentschrift Nr. 3 017 748;
»Flug-Revue«, Heft 11 (November 1959), S. 36;
»Aviation Week«, 72. Band, Nr. 16 (18.4.1960), 58.
Deutsche Patentschrift Nr. 976 057;
deutsche Auslegeschrift Nr. 1130 343;
USA.-Patentschrift Nr. 3 017 748;
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Hierzu 1 Blatt Zeichnungen
509 718/133 10.65 © Bundesdruckerei Berlin
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ID=7600510
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DEW34077A Pending DE1203543B (de) | 1963-03-09 | 1963-03-09 | Zweistufiges Verfahren zur Erzeugung von Raketen-Antriebsgas und Einrichtung zur Durchfuehrung dieses Verfahrens |
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