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Bei der Fertigung verschiedenster Elektromotoren ist die akustische Güteprüfung eine Standardmethode zur 100%-igen Prüfung der Serienfertigung. Meist erfolgt diese Prüfung subjektiv durch geschulte Mitarbeiter. Eine konsistentere Prüfmethode ist die Verwendung automatischer, computergestützter Systeme, die auf der Basis von Mustererkennungsalgorithmen arbeiten. Das Anlernen dieser Systeme erfolgt mittels geeignet ausgewählter Stichproben, die wegen der statistischen Schwankungen in der Serienproduktion erfahrungsgemäß einen Umfang von deutlich mehr als 50 Muster aufweisen müssen:
Klassische, automatisierte Mustererkennungssysteme sind in ihrem Lernverhalten den Gesetzen der Statistik unterworfen, d. h. sie müssen ihre Parameter gemäß einer Statistik wenigstens zweiter Ordnung an die gegebene Lernstichprobe anpassen. Ein mit 20–25 Merkmalen arbeitendes Klassifikationssystem muss also wenigstens 40–50 Parameter an die Stichprobe anpassen. Mit einer nur 50 Objekte umfassenden Stichprobe kann das Klassifikationssystem daher nicht statistisch signifikant trainiert werden. Andere Klassifikatoren arbeiten auf der Basis von unscharfer Logik (Fuzzy-Logic) und neuronalen Netzen und versuchen so, die kognitiven und assoziativen Fähigkeiten des menschlichen Gehirns zu imitieren. Letztendlich müssen aber auch diese Methoden die Eigenschaften der Fehlerklassen aus der gegebenen Stichprobe extrahieren, um ihre Parameter (Gewichte, Anregungsfunktionen, Zugehörigkeitsfunktionen, Konklusionsparameter, Clusterzentren etc.) anzupassen. Auch sie hängen daher von den statistischen Eigenschaften der Lernstichprobe ab. Je mehr mechanische Freiheitsgrade ein Produkt aufweist, desto größer sind dabei die statistischen Schwankungen der Merkmale und umso größer müssen daher die Stichproben gewählt werden. Der PKW-Kompaktstarter als Gleichstrommotor mit Planetengetriebe und axial freiem Anker ist auf Grund seiner vielen mechanischen Freiheitsgrade ein Musterbeispiel hierfür.
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Verwendet man automatische Fehleridentifikationssysteme in der Serienfertigung, so besteht – neben der Forderung nach Zuverlässigkeit – eine der Hauptanforderungen an das System darin, dass auch neu auftretende oder sporadische Fehler zuverlässig erkannt werden. Dies ist mit den bislang zum Training erforderlichen Stichprobenumfängen nicht zufriedenstellend möglich. Um automatisierte Klassifikationssysteme für eine Fehleridentifikation im Serieneinsatz zu qualifizieren, muss ihnen ein sparsamer Umfang mit Trainingsmustern anerzogen werden.
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Eine theoretische Abhandlung zur vorstehend genannten Problematik findet sich beispielsweise in: R. Isermann; ”Identifikation dynamischer Systeme 1” Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokio, Hong Kong, Barcelona, Budapest, 2. Aufl., 1992.
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Aus der
DE 197 48 839 C1 ist ein Verfahren zur Geräuschbestimmung eines von einer ausgedehnten Schallquelle abgestrahlten Geräusches mittels eines Kunstkopfmikrofons bekannt, bei dem zusätzlich zu den von dem Kunstkopfmikrofon erfassten Luftschallsignalen durch einen Körperschallaufnehmer die von der Schallquelle abgestrahlten Körperschallsignale erfasst werden.
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Eine zuverlässige Fehlerklassifikation ist – unabhängig von der verwendeten Klassifikationsmethode – nur über eine Auswahl möglichst weniger aber aussagekräftiger Merkmale möglich. Die Aussagekraft der Merkmale misst sich an einer geeigneten Statistik zweiter Ordnung im Sinne weit streuender Klassenmittelpunkte und geringer Merkmalsstreuung innerhalb der Klassen oder, anschaulich ausgedrückt, an einer möglichst geringen Überlappung der Klassen im Merkmalsraum. Eine effiziente Signalvorverarbeitung hat das Ziel, Merkmale mit genau solchen Eigenschaften aus den gemessenen Schallsignalen zu extrahieren oder zu erzeugen.
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Die Aufgabe der vorgestellten Erfindung besteht darin, die gemessenen Körperschallsignale von PKW-Startermotoren so vorzuverarbeiten, dass die Merkmale, die aus ihnen extrahiert werden, die Fehlerklassen der Starter besser trennen können, als dies mit den Merkmalen der unverarbeiteten Körperschallsignale möglich ist.
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Auf diese Weise wird eine Verbesserung der statistischen Eigenschaften der Lernstichprobe erreicht, so dass zum Training des Klassifikationssystems Stichproben mit geringeren Umfängen verwendet werden können. Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1.
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Das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 wird in vorteilhafter Weise in Verbindung mit PKW-Startern eingesetzt. Ein Einsatz ist jedoch grundsätzlich an beliebigen Elektromotoren möglich.
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Zur vorteilhafter Verbesserung der Trennschärfe der extrahierten Merkmale wird die Entstehung des Körperschalls aus der Stromanregung des Starters als nichtlinearer Prozess interpretiert. Der Prozess wird mittels eines adaptiven Fuzzy-Logic System (FLS) identifiziert. Als Anregungssignal u(k) wird das Stromsignal des Starters verwendet, als Systemsausgang y(k) das Körperschallsignal.
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In vorteilhafter Weise kann zwischen zwei verschiedene Anordnungen des ”FLS-Identifikators” unterschieden werden: In der seriell-parallelen Anordnung wird der Identifikator mit dem Anregungssignal und den verzögerten Ausgängen des zu identifizierenden Systems angeregt. In der parallelen Anordnung wird nicht der Ausgang des Systems zur Anregung verwendet, sondern der Ausgang des Identifikators wird auf den Identifikatoreingang rückgekoppelt.
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Zur Identifikation der Entstehungsprozesse des Körperschalls aus der Stromanregung wird das adaptive FLS in paralleler Anordnung trainiert, d. h. das Regelwerk des adaptiven FLS wird so angepasst, dass es einem bestimmten Gütekriterium genügt. Als Trainingsdaten dienen Tupel aus Abtastwerten des gemessenen Stroms und rückgekoppelten Ausgangswerten des FLS. Für jede vorkommende Geräuschfehlerklasse wird ein eigenes FLS trainiert. Die Trainingsdaten für jedes FLS entstammen dabei allen in der Stichprobe zur Verfügung stehenden Starter der zu identifizierenden Geräuschfehlerklasse.
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Nach erfolgtem Training wird das Fuzzy-Logic System in seriell-paralleler Anordnung als Signalprädiktor im Sinne der Systemidentifikation 2 betrieben und erzeugt so aus einem beliebigen gemessenen Körperschallsignal ein neues, prädiziertes ”Körperschallsignal”. Dieser Vorgang kann als Filterung (Prädiktionsfilter) verstanden werden. Aus dem gefilterten Signal werden dann Merkmale extrahiert, welche mittels konventioneller Mustererkennungsmethoden zur Fehlerklassifikation der Starter herangezogen werden.
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Das angegebene Verfahren wurde an mehreren verschiedenen stark besetzten Fehlerklassen geprüft. Die Klassifikationsraten für Fehlerklassen, die mit etwa 20 Objekten besetzt sind, liegen um 5 bis 10% oberhalb der herkömmlich erzielten Klassifikationsergebnisse. Die Verbesserungen der Klassifikationsergebnisse für Klassen, die mit weniger als 10 Objekten besetzt sind, können sogar noch darüber liegen. Der Effekt konnte an vier verschiedenen Startertypen nachgewiesen werden.
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Die eingesetzten Verfahren werden in vorteilhaften Vorrichtungen zur Durchführung der Verfahren insbesondere unter Verwendung von Prozessoren ausgeführt.
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Die Zeichnung umfasst die 1 bis 3, deren Bedeutung in der nachfolgenden Beschreibung näher spezifiziert wird.
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Zur Verbesserung der Trennschärfe der extrahierten Merkmale wird die Entstehung des Körperschalls aus der Stromanregung des Starters als nichtlinearer Prozess interpretiert. Der Prozess wird mittels eines adaptiven Fuzzy-Logic System (FLS) identifiziert. 1 zeigt zugehörige Blockschaltbilder für seriell-parallele Anordnung und parallele Anordnung. Als Anregungssignal u(k) wird jeweils das Stromsignal des Starters verwendet, als Systemsausgang y(k) das Körperschallsignal.
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Das Prüfsystem besteht aus der Messdatenerfassung für Strom und Körperschall, der Signalaufbereitung, der Prädiktionsfilterung, der Merkmalsextraktion und dem Klassifikator. Für das Prüfsystem existieren drei verschiedene Betriebsmodi:
- • Initialisierung (Training der adaptiven FLS)
- • Training des Klassifikators (Lernphase)
- • Klassifikation (Arbeitsphase)
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In der Initialisierungsphase werden die FLS-Filter des Systems mit einer ausgewählten Stichprobe adaptiert. In der Trainingsphase wird der eigentliche Klassifikator angelernt. In der Klassifikationsphase können dann unbekannte Objekte nach Fehlerklassen getrennt werden. Gegenüber der klassischen Betriebsmodi ”Training” und „Klassifikation” eines konventionellen Klassifikationssystems ist also zusätzlich eine Initialisierungsphase erforderlich. Die 2 und 3 zeigen die Komponenten und die Betriebsmodi des Klassifikationssystems.
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Die grundlegende Datenverarbeitungskette für ein initialisiertes System zeigt 2. Demnach werden die von der Datenerfassung aufgezeichneten Signale zunächst drehzahlsynchron nachabgetastet und auf ihre Effektivwerte normiert. Aus den vorverarbeiteten Signalen werden die Eingangsvektoren für die FLS-Prädiktionsfiltereinheit generiert.
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Die Prädiktionsfiltereinheit enthält die in der Initialisierungsphase erzeugte FLS-Filterdatenbank und führt die Prädiktionsfilterung der Signale durch. Die Filterung erfolgt durch Betrieb der trainierten FLS in seriell-paralleler Anordnung zur Prädiktion des betrachteten Körperschallsignals. Das gefilterte Signal wird dann zur Merkmalsextraktion verwendet.
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Die Auswahl des anzuwendenden FLS-Filters unterscheidet sich, je nach dem, ob sich er Klassifikator in der Arbeitsphase oder in der Trainingsphase befindet:
- • in der Klassifikationsphase bzw. Arbeitsphase wird das vorverarbeitete Signal immer mit dem durch die Gutklasse trainierten FLS gefiltert.
- • In der Trainingsphase des Klassifikators wird zur Prädiktionsfilterung das Filter ausgewählt, welches der Vorklassifizierung des betrachteten Objektes der Stichprobe entspricht.
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Die Filterbank wird in der Initialisierungsphase des Prüfsystems mit einer geeigneten vorklassifizierten Initialisierungsstichprobe generiert.
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In der Merkmalsextraktion werden die Merkmale des gefilterten Signals berechnet.
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Der Klassifikator selbst entspricht dem Klassifikator eines konventionellen Systems. In der Trainingsphase werden die extrahierten Merkmale gelernt, d. h. Mittelpunkte und Streuungen der Merkmale der Objekte der verschiedenen Klassen werden berechnet. In der Klassifikationsphase wird das Objekt anhand der extrahierten Merkmale einer der Fehlerklassen bzw. der Gutklasse oder gegebenenfalls einer Rückweisungsklasse für unbekannte Objekte zugeordnet. Als Klassifikator wird z. B. ein hierarchischer Klassifikator mit euklidischem Abstandsmaß an den Knoten verwendet.
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Im 3 werden die Betriebsmodi des Klassifikationssystems dargestellt.
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Zunächst benötigt das Klassifikationssystem vor der ersten Inbetriebnahme eine Initialisierung, in der die FLS-Filterbank erstellt wird. Dazu wird anhand einer sorgfältig ausgewählten, vorklassifizierten Objektstichprobe (Master-Stichprobe) die Systemidentifikation für die Geräuschentstehung für alle Fehlerklassen und die Gutklasse durchgeführt. Die Stichprobe sollte dabei aus Starter eines einzigen Typs zusammengesetzt sein. Die Identifikation eines FLS-Filters zu einer bestimmten Klasse kann bereits mit einem einzigen Objekt erfolgen, es ist jedoch vorteilhaft, wenigstens vier Objekte zur Identifikation zu verwenden.
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Die mit dieser Stichprobe initialisierte Filterbank kann in der Regel typenübergreifend eingesetzt werden, d. h. es ist nicht erforderlich, für jeden Startertyp eine eigene Filterbank zu initialisieren.
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Das Verfahren zur Systemidentifikation wird im Folgenden genauer beschrieben:
Die in Abschnitt 3 dargestellte Identifikationsanordnung wird dazu benutzt, den Übertragungsweg zwischen der Erregung eines Starterankers durch einen Strom i(t) am Systemeingang und der dadurch auf dem Polgehäuse ausbildenden Schwingung ξ(t) am Systemausgang zu beschreiben. Das Anregungssignal u(t) sowie das Ausgangssignal y(t) des Schwingungssystems nach Bild 1 sind in diesem Falle durch die diskreten, normierten und phasenrichtig abgetasteten Zeitreihen des gemessenen Stroms i(kΔt) = uM(kΔt) ≡ uM(k) und der gemessenen Beschleunigung der Polgehäuseoberfläche ξ(kΔt) = yM(kΔt) ≡ yM(k) gegeben. Für das Training der adaptiven FLS werden somit die Trainingsdatenpaare aus den Abtastwerten der vorverarbeiteten Strom- und Körperschallsignale gebildet.
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Zur Erstellung der Trainingsdatenpaare für das FLS-Filter einer bestimmten Klasse werden alle Starter aus der Stichprobe verwendet, die zu der zu identifizierenden Klasse gehören. Das adaptive FLS erlernt dadurch das klassenspezifische Übertragungsverhalten zwischen dem Strom durch den Starter und der Schwingung an der Oberfläche des Polgehäuses.
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Für das Training der FLS werden Verfahren verwendet, welche der einschlägigen Literatur entnommen werden können. Die initialisierte Filterbank kann danach übergreifend für verschiedene Startertypen verwendet werden.
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Nach erfolgter Initialisierung der FLS-Filterbank, d. h. dem Training der adaptiven FLS für jede zu identifizierende Klasse der Master-Stichprobe, können die Klassifikatoren für die verschiedenen zu klassifizierenden Startertypen angelernt werden. Dies erfolgt analog zu dem Training konventioneller Systeme, jedoch mit dem Unterschied, dass vor der Merkmalsextraktion die Anwendung der adaptierten FLS auf die gemessenen Körperschallsignale als Prädiktionsfilter erfolgt.
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Dazu wird zu jedem Typ eine vorklassifizierte Stichprobe erstellt: Nach der Messung von Strom und Körperschall der Objekte der Stichproben und anschließender Signalaufbereitung wird jedes Körperschallsignal gemäß der Vorklassifikation mit dem entsprechenden FLS-Filter der Filterbank gefiltert, d. h. das FLS wird in seriell-paralleler Anordnung auf das Signal angewendet. Aus den gefilterten Signalen werden die Merkmale berechnet und damit die Klassifikatoren trainiert.
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In der Arbeitsphase werden Strom und Körperschallsignale des zu klassifizierenden Objekts gemessen und durchlaufen anschließend die Signalaufbereitung. Das aufbereitete Signal wird vor der Merkmalsextraktion mit dem FLS-Filter der Gut-Klasse gefiltert. Aus den gefilterten Merkmalen werden die Merkmale extrahiert. Anschließend wir das Objekt anhand dieser Merkmale klassifiziert.