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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung und/oder Analyse
und/oder Auslegung von Spalten insbesondere einer Turbomaschine.
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Moderne
Turbomaschinen wie zum Beispiel Gasturbinen, insbesondere Flugtriebwerke,
müssen höchsten Ansprüchen im
Hinblick auf Zuverlässigkeit,
Gewicht, Leistung, Wirtschaftlichkeit und Lebensdauer gerecht werden.
In den letzten Jahrzehnten wurden insbesondere auf dem zivilen Sektor
Flugtriebwerke entwickelt, die den obigen Anforderungen voll gerecht
werden und ein hohes Maß an
technischer Perfektion erreicht haben. Bei der Entwicklung von insbesondere
Flugtriebwerken spielt unter anderem die Ermittlung und/oder die
Analyse und/oder die Auslegung von Spalten eine entscheidende Rolle.
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Im
Sinne der hier vorliegenden Erfindung sollen als Spalte alle Engstellen
zwischen mindestens zwei benachbarten Bauteiloberflächen verstanden
werden. Hierzu gehören
unter anderem Dichtspalte sowie alle funktionsrelevanten Engstellen
zwischen benachbarten Bauteilen sowie funktionswichtige Überlappungen
von Bauteilpartien. Bei Flugtriebwerken kann es sich beispielhaft
um folgende Spalte handeln: Axialabstände zwischen aufeinanderfolgenden
Schaufelreihen bzw. Schaufelkränzen
innerhalb einer Turbine bzw. eines Verdichters des Flugtriebwerks;
Axialspalte sowie Radialspalte zwischen aufeinanderfolgenden Schaufelplattformen
und Deckbändern;
Umfangsspalte sowie Umfangsüberlappungen
von segmentierten, ringförmigen
Baugruppen, wie zum Beispiel Leitapparaten oder Kanalpartien; funktionswichtige
Spalte und Spiele sowie Überlappungen
an wichtigen Funktionsflächen,
wie zum Beispiel Bauteil-Anlageflächen; Laufspalte an wirkungsgradrelevanten
Dichtstellen zwischen radial außenliegenden
Enden von rotierenden Laufschaufeln und einem feststehenden Gehäuse sowie
zwischen radial innenliegenden Enden feststehender Leitschaufeln
und einem Rotor.
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Die
oben genannten Spalte seien lediglich exemplarischer Natur. Es sei
darauf hingewiesen, dass das erfindungsgemäße Verfahren selbstverständlich auch
zur Er mittlung und/oder Analyse und/oder Auslegung von Spalten außerhalb
des Bereichs der Turbomaschinen verwendet werden kann.
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Zur
Ermittlung bzw. Analyse bzw. Auslegung von Spalten wird nach dem
Stand der Technik nach sehr unterschiedlichen Verfahren bzw. Methoden
vorgegangen, die bei einem Flugtriebwerk sehr spezifisch auf die verschiedenen
Komponenten bzw. Baugruppen des Flugtriebwerks zugeschnitten sind
und die auf unterschiedliche Einflussgruppen sowie Spaltgruppen
abgestimmt sind. Nach dem Stand der Technik kann die Spaltermittlung
sowie Spaltanalyse und Spaltauslegung nur von einigen wenigen, speziell
geschulten Mitarbeitern durchgeführt
werden. Es bestehen demnach Bestrebungen, Verfahren zur Ermittlung
und/oder Analyse und/oder Auslegung von Spalten vorzuschlagen, die
eine gesamtheitliche und interdisziplinäre Vorgehensweise ermöglichen.
Dies würde
es ermöglichen,
die Spaltermittlung bzw. Spaltanalyse sowie Spaltauslegung auch von
nicht speziell geschulten Mitarbeitern durchführen zu lassen. Eine derartige
gesamtheitliche sowie interdisziplinäre Vorgehensweise würde des
weiteren den Gesamtprozess stabilisieren, eine Verbesserung der Produktqualität mit sich
bringen sowie eine Reduzierung der Entwicklungszeiten sowie Entwicklungskosten
ermöglichen.
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Aus
der
DE 39 10 319 C2 ist
eine Spaltregelung für
ein Gasturbinentriebwerk bekannt, mit der gezielt die Temperatur
eines Gehäuses
eingestellt wird, um einen gewünschten
Spalt zwischen dem Gehäuse
und einem Rotor zu erhalten. Eine solche Spaltregelung wird auch
als ACC (Active Clearance Control) bezeichnet. Die entsprechende
Anordnung umfasst eine Einrichtung zum Berechnen des gewünschten
Spaltes, eine Einrichtung zum Berechnen der Rotor- und Gehäuseverlagerungen
auf der Basis von Messungen und eine Einrichtung zur Ermittlung
eines Spaltfehlers, mit deren Hilfe die richtige Einstellung der
Gehäusetemperatur
herbeigeführt
wird. Letzteres erfolgt durch Anblasen des Gehäuses mit Druckluft. Bei der
Berechnung der Verlagerungen werden 5 Faktoren berücksichtigt,
nämlich
die Durchmesseränderung
des Rotors (Scheibe und Schaufeln) infolge Zentrifugalkraft, die
Durchmesseränderung
des Gehäuses
durch veränderten
Innendruck, die thermische Längenänderung
der Schaufeln, die thermische Durchmesseränderung des Gehäuses und schließlich die
thermische Durchmesseränderung
der Scheibe. Letztlich resultieren daraus radiale, d. h. eindimensionale
Maß- bzw.
Lageänderungen,
die den Radialspalt zwischen Rotor und Gehäuse beeinflussen. Axiale, z.
B. thermisch bzw. strömungstechnisch
bedingte Verlagerungen werden hier nicht berücksichtigt und somit auch nicht
erfasst. Gleiches gilt für
Bauteiltoleranzen.
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Hiervon
ausgehend liegt der vorliegenden Erfindung das Problem zu Grunde,
ein neuartiges Verfahren zur Ermittlung und/oder Analyse und/oder
Auslegung von Spalten insbesondere an einer Turbomaschine zu schaffen,
welches zumindest zweidimensionale Ergebnisse liefert.
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Dieses
Problem wird durch das im Patentanspruch 1 definierte Verfahren
gelöst.
Erfindungsgemäß wird eine
Nominalspaltgeometrie eines Spalts durch Festlegung der Nominalgeometrie
der die Spaltufer bildenden Bauteile definiert; dann wird mindestens
ein Verschiebungsvektors für
den Spalt bzw. die den Spalt begrenzenden Spaltufer ermittelt, wobei
für innere
Lasten und/oder für äußere Lasten
und/oder für
Toleranzen unabhängig
voneinander und unabhängig
von der Nominalspaltgeometrie jeweils mindestes ein Verschiebungsvektor
ermittelt wird; der oder jeder Verschiebungsvektor für innere
Lasten und/oder der oder jeder Verschiebungsvektor für äußere Lasten
und/oder der oder jeder Verschiebungsvektor für Toleranzen wird zu mindestens
einem Gesamtverschiebungsvektor für den Spalt bzw. die den Spalt begrenzenden
Spaltufer überlagert;
eine Betriebsspaltgeometrie wird aus der Nominalspaltgeometrie und
dem oder jedem Gesamtverschiebungsvektor ermittelt.
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Nach
einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung wird zur Ermittlung
eines Verschiebungsvektors für
innere Lasten und zur Ermittlung eines Verschiebungsvektors für äußere Lasten
und zur Ermittlung eines Verschiebungsvektors für Toleranzen aus vorgegebenen
Verformungsvektoren zumindest der den Spalt begrenzenden Bauteile
durch Superposition dieser Verformungsvektoren der entsprechende
Verschiebungsvektor ermittelt. Zur Ermittlung des Verschiebungsvektors
für innere
Lasten und zur Ermittlung des Verschiebungsvektors für äußere Lasten
und zur Ermittlung des Verschiebungsvektors für Toleranzen wird dabei vorzugsweise
derselbe Superpositionsalgorithmus verwendet.
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Vorzugsweise
wird bei der Überlagerung
des oder jeden Verschiebungsvektors zu dem oder jedem Gesamtverschiebungsvektor
der oder jeder Verschiebungsvektor für innere Lasten als Basis verwendet,
wohingegen der oder jeder Verschiebungsvektor für äußere Lasten und/oder der oder
jeder Verschiebungsvektor für
Toleranzen dem oder jedem Verschiebungsvektor für innere Lasten überlagert
wird.
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Bevorzugte
Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Unteransprüchen und der
nachfolgenden Beschreibung. Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung
wird, ohne hierauf beschränkt
zu sein, an Hand der Zeichnung näher
erläutert.
In der Zeichnung zeigt:
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1:
einen von zwei Bauteilen bzw. zwei Spaltufern begrenzten Spalt in
zwei unterschiedlichen Darstellungen, wobei die gestrichelten Linien
eine Nominalspaltgeometrie und die durchgezogenen Linien eine Betriebsspaltgeometrie
verdeutlichen; und
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2:
eine schematisierte Darstellung zur Verdeutlichung der Vorgehensweise
bei der Überlagerung des
oder jeden Verschiebungsvektors für innere Lasten und des oder
jeden Verschiebungsvektors für äußere Lasten
und des oder jeden Verschiebungsvektors für Toleranzen zu mindestens
einem Gesamtverschiebungsvektor für den Spalt.
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Nachfolgend
wird das erfindungsgemäße Verfahren
zur Ermittlung und/oder Analyse und/oder Auslegung von Spalten im
Detail beschrieben.
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Das
erfindungsgemäße Verfahren
umfasst zumindest die folgenden Schritte: Ein erster Schritt dient der
Definition einer Nominalspaltgeometrie eines Spalts durch Festlegung
der Nominalgeometrie der die Spaltufer des Spalts bildenden Bauteile.
Darauffolgend wird in einem zweiten Schritt mindestens ein Verschiebungsvektor
für den
Spalt bzw. die den Spalt begrenzenden Spaltufer ermittelt, wobei
für innere
Lasten und/oder äußere Lasten
und/oder Toleranzen unabhängig
voneinander und unabhängig
von der Nominalspaltgeometrie jeweils mindestens ein Verschiebungsvektor
ermittelt wird. In einem dritten Schritt wird sodann eine Überlagerung
des oder jedes Verschiebungsvektors für innere Lasten und/oder äußere Lasten
und/oder Toleranzen zu zumindest einem Gesamtverschiebungsvektor
vorgenommen. Sodann wird in einem vierten Schritt aus der Nominalspaltgeometrie
und dem oder jedem Gesamtverschiebungsvektor die Betriebsspaltgeometrie ermittelt.
Auf jeden dieser einzelnen vier Hauptschritte wird nachfolgend detailliert
eingegangen.
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Wie
bereits erwähnt,
wird in einem ersten Schritt eine Nominalspaltgeometrie eines Spalts
definiert. Jeder Spalt wird durch mindestens zwei Spaltufer begrenzt,
wobei die Spaltufer den Bauteiloberflächen der Bauteile entsprechen,
die den Spalt begrenzen. Die den Spalt begrenzenden Bauteile bzw.
die Spaltufer können
dabei allesamt feststehend bzw. statisch, allesamt rotierend oder
auch wechselweise feststehend bzw. rotierend ausgebildet sein. Die
Nominalgeometrie der die Spaltufer bildenden Bauteile wird dabei
vorzugsweise in einem CAD-System definiert. Durch einen Zusammenbau
bzw. durch eine Verknüpfung
der CAD-Modelle der einzelnen Bauteile wird die Nominalspaltgeometrie
definiert. Unter der Nominalspaltgeometrie bzw. der Nominalgeometrie
ist die Geometrie zu verstehen, die bei einer kalten bzw. unbenutzten
Turbomaschine mit exakt auf Nominalmaßen gefertigten Bauteilen vorliegt.
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1 zeigt
einen Spalt 10 zwischen zwei Bauteilen 11, 12 in
zwei unterschiedlichen Zuständen.
So ist in der gestrichelten bzw. punktierten Darstellung der 1 der
Spalt 10 in Nominalgeometrie der kalten, nominellen bzw.
unbenutzten Turbomaschine gezeigt. Der Spalt 10 wird dabei
durch die Oberflächen 13 und 14 der Bau teile 11 und 12 beschrieben,
wobei die Oberflächen 13 und 14 der
Bauteile 11 und 12 Spaltufer bilden. 1 kann
weiterhin entnommen werden, dass jede Oberfläche 13, 14 der
Bauteile 11, 12 durch mehrere Oberflächenpunkte
bzw. Stützpunkte 13a, 13b, 13c, 13d, 13e, 13f, 13g, 13h, 13i bzw. 14a, 14b, 14c, 14d, 14e, 14f, 14g, 14h, 14i, 14j beschrieben
wird. Eben diese Oberflächenpunkte
bzw. Stützpunkte 13a bis 13i sowie 14a bis 14j werden
zur Definition der Nominalgeometrie der Bauteile 11 und 12 im
CAD-System definiert.
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Wie
bereits erwähnt,
unterliegen die Spalte in einer Turbomaschine während des Betriebs einer Änderung.
Die Ursachen für
derartige Spaltänderungen,
d.h. für
eine Abweichung von der nominalen, kalten Nominalspaltgeometrie,
werden erfindungsgemäß in drei
Hauptgruppen unterteilt, nämlich
in innere Lasten, in äußere Lasten
sowie in Toleranzen.
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Die
inneren Lasten entstehen beim Betrieb der Turbomaschine selbst und
bewirken zum Beispiel Verformungen der Bauteile infolge von Temperaturschwankungen,
Drehzahleinflüssen,
Gaskräften
oder auch Gasdrücken.
Derartige innere Lasten verursachen in der Regel rotationssymmetrische
Verformungen der Bauteile und können
eindeutig Betriebszuständen
der Turbomaschine zugeordnet werden. Innere Lasten sind also solche
Lasten, die alleine durch den Betrieb der Turbomaschine entstehen
und auf die Bauteile einwirken und diese verformen. Man unterscheidet
stationäre
(zeitunabhängige)
innere Lasten von transienten (zeitabhängigen) inneren Lasten.
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Die äußeren Lasten
entstehen durch Kräfte,
die der Turbomaschine von außen
aufgeprägt
werden. Es kann sich hierbei bei Flugtriebwerken um Massenkräfte durch
Flugmanöver
handeln oder auch um Kräfte,
die von einer Fluggastzelle auf das Flugtriebwerk übertragen
werden. Derartige, durch äußere Lasten
verursachte Verformungen der Bauteile sind in der Regel nicht rotationssymmetrisch.
Man unterscheidet stationäre äußere Lasten
von dynamischen äußeren Lasten.
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Unter
Toleranzen sind eher zufällige
Abweichungen von der Nominalgeometrie eines Bauteils zu verstehen,
die zum Beispiel durch Fertigungstoleranzen hervorgerufen werden.
Bei solchen Toleranzen handelt es sich um permanent wirkende Effekte.
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Wenn
solche Toleranzen vorliegen, unterliegt ihr Auftreten einer Wahrscheinlichkeitsverteilung.
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Der
in 1 gezeigte Spalt 10 der Turbomaschine
unterliegt während
des Betriebs einer Änderung, die
sich aus einer Verformung zumindest der Bauteile 11, 12 bzw.
deren Oberflächen 13, 14 ergibt.
Neben den Bauteilen 11, 12, die unmittelbar den
Spalt 10 begrenzen, können
auch weiter entfernt liegende Bauteile, die keine Spaltufer des
Spalts 10 definieren, Einfluss auf die Änderung des Spalt 10 haben,
was insbesondere dann gilt, wenn es sich bei diesen weiter entfernt
liegenden Bauteilen um Strukturteile handelt, an denen zum Beispiel
die Bauteile 11 und 12 aufgehängt sind.
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1 zeigt
in durchgezogener Linie die Oberflächen 13 und 14 der
Bauteile 11, 12 während des Betriebs der Turbomaschine.
Diese Spaltänderung
kann, wie 1 zeigt, dadurch beschrieben
werden, dass für den
Spalt bzw. die Spaltstelle mindestens ein Gesamtverschiebungsvektor
ermittelt wird. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass Spaltänderungen
infolge von Eigenverformungen der Spaltufer und/oder Rotationen
der Spaltufer vernachlässigt
werden können,
bzw. die Ausdehnung der Spalte so zu wählen sind, dass Eigenverformungen
und Rotationen der Spaltufer vernachlässigt werden dürfen.
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Für die Ermittlung
des oder jedes Verschiebungsvektors werden demnach ausschließlich translatorische
Verschiebungen berücksichtigt.
Rotatorische Verschiebungen sowie Verschiebungen infolge von Eigenverformungen
der Spaltufer werden gegenüber
translatorischen Verschiebungen vernachlässigt. Eine Erkenntnis der
hier vorliegenden Erfindung liegt darin, dass nur Translationen
der Nominalgeometrien bei der Ermittlung der Verschiebungsvektoren
berücksichtig
werden. Dies erlaubt eine separate Behandlung der Geometrien einerseits
und Spaltänderungen
andererseits.
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So
zeigt 1 exemplarisch Gesamtverschiebungsvektoren 15 und 16,
einen Gesamtverschiebungsvektor 15 für die Oberfläche 13 des
Bauteils 11 und einen Gesamtverschiebungsvektor 16 für die Oberfläche 14 des
Bauteils 12. Es liegt nun im Sinne der hier vorliegenden
Erfindung für
jedes Spaltufer einer Spaltstelle vorzugs weise einen derartigen
Gesamtverschiebungsvektor zu ermitteln. Diese Gesamtverschiebungsvektoren 15 bzw. 16 werden
für einen
Stützpunkt
der jeweiligen Oberfläche 13 bzw. 14 ermittelt,
wobei diese Gesamtverschiebungsvektoren jedoch für die gesamte Oberfläche und
damit alle Stützpunkte
derselben gültig sind.
Sollte dies aus Genauigkeitsgründen
nicht ausreichend sein, so kann die Spaltstelle bzw. der Spalt 10 in Unterspaltstellen
zerlegt werden, wobei dann für
die Unterspaltstellen analog vorgegangen wird.
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Im
Sinne der hier vorliegenden Erfindung wird nun vor der Ermittlung
der gesuchten Gesamtverschiebevektoren für jedes Spaltufer einer Spaltstelle
für jede
der obigen Ursachengruppen von Bauteilverformungen jeweils ein Verschiebungsvektor
ermittelt. Dies bedeutet, dass für
jedes Spaltufer einer Spaltstelle ein Verschiebungsvektor für innere
Lasten und ein Verschiebungsvektor für äußere Lasten und ein Verschiebungsvektor
für Toleranzen
ermittelt wird. Zur Ermittlung dieser Verschiebungsvektoren wird
ein Superpositionsalgorithmus verwendet, der für jede der obigen Ursachengruppen
von Bauteilverformungen gleich ist. Da sich mit der Zeit die Lasten ändern können, sind
selbstverständlich
auch die Verschiebungsvektoren insbesondere für innere Lasten und/oder für äußere Lasten
zeitabhängig.
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Bei
der Ermittlung der translatorischen Verschiebungsvektoren, die nachfolgende
als Translationsvektoren bezeichnet werden, sind prinzipiell zwei
Möglichkeiten
gangbar. Eine erste Möglichkeit
liegt in der Ermittlung von Absolut-Translationsvektoren für die den
Spalt begrenzenden Spaltufer, wobei nach Verschiebung der Spaltufer
um die Absolut-Translationsvektoren auch die tatsächliche
Lage des Spalts im Betrieb darstellbar ist. Eine alternative Möglichkeit
liegt in der Ermittlung sogenannter Relativ-Translationsvektoren,
wobei bei Verwendung solcher Relativ-Translationsvektoren ein Spaltufer
als Bezugs-Spaltufer festgehalten wird und die übrigen beteiligten Spaltufer
relativ zu diesem Bezugs-Spaltufer verschoben werden. Dabei wird
zwar die Spaltgeometrie zwischen den Spaltufern richtig dargestellt,
die Informationen über
die absolute Lage des Spalts innerhalb der Turbomaschine gehen jedoch
verloren. Mit dem nachfolgend beschriebenen Superpositionsalgorithmus
werden Absolut-Translationsvektoren
ermittelt, die dann in Relativ-Translationsvektoren umgerechnet
werden können.
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In
einer bevorzugten Ausführungsform
stellt die Erfindung einen sogenannten Starrkörper-Superpositionsalgorithmus
für intern
und extern statisch bestimmte Strukturen bereit, der kinematische
Kopplungsbeziehungen zwischen den Bauteilen berücksichtigt. Dem Superpositionsalgorithmus
liegt die Erkenntniss zugrunde, dass die Voraussetzung der statischen
Bestimmtheit in vielen praktischen Fällen ohnehin gegeben ist oder durch
entsprechende Verallgemeinerungen des realen Systems leicht hergestellt
werden kann. Dem Starrkörper-Superpositionsalgorithmus
liegt zugrunde, dass die einzelnen Bauteile zueinander nur Starrkörper-Translationen
und Starrkörper-Rotationen
ausführen
und dass durch die Kopplung der einzelnen Bauteile keine zusätzlichen
Verformungen erzeugt werden. Die Überlagerung der einzelnen vorgegeben
Bauteilverformungen zu den Translationsvektoren erfolgt unter Berücksichtung
der kinematischen Kopplungsbedingungen zwischen den beteiligten
Bauteilen, die so zu definieren sind, dass die Voraussetzung der
intern und extern statischen Bestimmtheit erfüllt ist.
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Unter
Annahme kleiner Starrkörper-Rotationen
zusammen
mit der Voraussetzung einer intern sowie extern statisch bestimmten
Struktur der Turbomaschine lässt
sich das folgende lineare Gleichungssystem für den Superpositionsalgorithmus
herleiten:
Für
den Absolut-Translationsvektor des Punktes l auf dem Bauteil k gilt:
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Für die Drehung
der Baueilpunkte gilt:
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Wie
bereits erwähnt,
werden Kopplungen zwischen den Bauteilen berücksichtigt. Eine Kopplung ist dabei
definiert durch eine Verbindung eines Punkts l auf dem Bauteil k
mit dem Punkt l' auf
dem Bauteil k', wobei
nur der Absolut-Translationsvektor und der Absolut-Drehvektor zu
betrachten sind, und wobei abhängig von
den Freiheitsgraden beispielhaft folgende Kopplungsgleichungen gelten:
Bei einer festen Verbindung ohne Freiheitsgrad gilt folgende Gleichung:
Bei einem translatorischen
Freiheitsgrad gilt folgende Gleichung:
-
Bei
einer Verbindung mit zwei translatorischen Freiheitsgraden gilt
folgende Gleichung:
- n →
- = Normalen-Einheitsvektor
der durch die beiden Freiheitsgrade definierten Ebene.
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Unter
der Annahme kleiner Drehbewegungen
entsteht
ein lineares Gleichungssystem für
den unbekannten Absolut-Translationsvektor, den unbekannten Absolut-Drehvektor, den unbekannten
Starrkörper-Translationsvektor
sowie den unbekannten Starrkörper-Rotationsvektor.
Unter der Voraussetzung, dass alle Bauteile k untereinander und
nach außen
statisch bestimmt gelagert sind, erhält das Gleichungssystem folgende
allgemeine Form und ist mathematisch lösbar.
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Durch
eine Separation der Koppelgleichungen sowie der Gleichungen für den Absolut-Translationsvektor
sowie den Absolut-Drehvektor von den entsprechenden Gleichungen
der nicht gekoppelten Punkte, lässt
sich ein reduziertes Gleichungssystem ermitteln. Die Lösung erfolgt
dann durch Inversion der Koeffizientenmatrix des reduzierten Gleichungssystems,
wodurch sich dann die Vektorkomponenten des Absolut-Translationsvektors
wie folgt berechnen lassen.
- ui,kl
- = Vektorkomponente
i des Absolut-Translationsvektors für den Punkts l auf dem Bauteil
k,
- δij,mn,kl
- = Teilmatrix entstanden
aus Aufteilung der invertierten Koeffizientenmatrix,
- γik,mn,kl
- = Teilmatrix entstanden
aus Aufteilung der invertierten Koeffizientenmatrix.
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Der
zweite Term der obigen Gleichung ist nach einer bevorzugten Modellbildung,
in der Gelenke statt fester Einspannungen verwendet werden, identisch
Null und der Einfluss der Bauteilpunkt-Drehungen verschwindet dadurch.
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Der
oben beschriebene Superpositionsalgorithmus wird dazu verwendet,
um für
jedes Spaltufer mindestens einen absoluten Translationsvektor aufgrund
innerer Lasten sowie mindestens einen absoluten Translationsvektor
aufgrund äußerer Lasten
sowie einen mindestens absoluten Translationsvektor aufgrund von
Toleranzen zu ermitteln. Für
jedes Spaltufer einer Spaltstelle liegen demnach mindestens drei
absolute Translationsvektoren vor, jeweils einer für die unterschiedlichen
Ursachengruppen der Spaltänderungen.
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Der
obige Superpositionsalgorithmus auf Basis einer intern und extern
statisch bestimmten Bauteilstruktur zur Definition einer Nominalspaltgeometrie
führt zu
einem einfachen Gleichungssystem und ist damit bevorzugt. Es sind
jedoch auch andere Superpositionsalgorithmen denkbar, die auf komplexeren
Gleichungssystemen beruhen und zum Beispiel durch Finite Elemente
Methoden gelöst
werden müssen.
Auch ist es möglich
Rotationsverschiebungen zu berücksichtigen,
was jedoch auch zu komplexeren Gleichungssystemen führen würde.
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Im
Folgenden gilt es nun, die mithilfe des oben beschriebenen Superpositionsalgorithmus
ermittelten Verschiebungsvektoren für innere Lasten und äußere Lasten
und Toleranzen zu einem Gesamtverschiebungsvektor zu überlagern.
Bei dieser Überlagerung
der Verschiebungsvektoren zu einem Gesamtverschiebungsvektor wird
der oder jeder Vektor für
innere Lasten als Basis verwendet, wohingegen der oder jeder Verschiebungsvektor
für äußerer Lasten
und/oder der oder jeder Verschiebungsvektor für Toleranzen dem oder jedem Verschiebungsvektor
für innere
Lasten durch Vektoraddition überlagert
wird. Die Details dieser Überlagerung werden
nachfolgend unter Bezugnahme auf 2 beschrieben.
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2 zeigt
in der oberen Hälfte
drei Diagramme 17, 18 und 19. Im Diagramm 17 sind
mithilfe des Superpositionsalgorithmus ermittelte Verschiebungsvektoren
für innere
Lasten gezeigt. Zur einfacheren Darstellung sind in 2 die
Verschiebungsvektoren zweidimensional. Im Diagramm 17 der 2 ist
eine Kurve 20 gezeigt, auf der sich die Endpunkte der Verschiebungsvektoren
für innere
Lasten bewegen, wenn die Turbomaschine ausgehend von einem Leerlauf-Betriebspunkts 21 Betriebszustände in Richtung
auf einen Take-off-Betriebspunkt 22 durchläuft. Wie
bereits erwähnt,
zeigt die Kurve 20 lediglich die Endpunkte der Verschiebungsvektoren
für innere
Lasten, die ihren Anfangspunkt im Ursprung 23 des Koordinatensystems
haben. Im Diagramm 17 der 2 ist exemplarisch
für den
Leerlauf-Betriebspunkt 21 sowie den Take-off-Betriebspunkt 22 der
Verschiebungsvektor für
innere Lasten visualisiert. Weiterhin zeigt das Diagramm 17 der 2 einen
Verschiebungsvektor für
einen sogenannten ADP-Betriebspunkt 24, der einem stationären Betriebspunkt
der Turbomaschine entspricht. Die Verschiebungsvektoren für innere
Lasten sind demnach eindeutig den Betriebszuständen der Turbomaschine zuzuordnen.
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Das
Diagramm 18 der 2 visualisiert mithilfe des
Superpositionsalgorithmus ermittelte Verschiebungsvektoren für äußere Lasten.
Für diese
Verschiebungsvektoren wird im Sinne der hier vorliegenden Erfindung
mindestens eine Einhüllende
ermittelt. Im gezeigten Ausführungsbeispiel
werden zwei Einhüllende 25 und 26 ermittelt.
Die erste, innere Einhüllende 25 umfasst
einen Bereich, in dem sich die Verschiebungsvektoren für äußere Lasten
bewegen, und zwar für
solche Lasten, die auf geplanten Flugmanövern sowie dem normalen Verlauf
einer Flugmission zuordenbare, zufällige Lasten, zum Beispiel
aufgrund von Landestößen bzw.
Böen, beruhen.
Der durch die Einhüllende 25 definierte
Bereich bestimmt demnach Verschiebungsvektoren für äußere Lasten, die einem sogenannten "Normal-Load"-Lastkollektiv zugeordnet
werden können. Dem
gegenüber
beschreibt die äußere Einhüllende 26 einen
Bereich, in dem sich Verschiebungsvektoren für äußere Lasten bewegen, die einem
sogenannten "Limit-Load"-Lastbereich zugeordnet
werden. Bei diesem "Limit-Load"-Lastkollektiv handelt es sich um äußere Lasten,
die Grenzbelastungen, zum Beispiel durch Grenzflugmanöver, darstellen.
Die zu einem Lastkollektiv gehörenden
Verschiebungsvektoren werden demnach nicht einzeln für sich betrachtet,
sondern es wird durch die Einhüllenden 25 und 26 ein
Bereich für
die Verschiebungsvektoren aufgrund äußerer Lasten festgelegt, der
den Verschiebungsvektoren für
innere Lasten überlagert
wird. Diese Überlagerung
der Verschiebungsvektoren für äußere Lasten
mit den Verschiebungsvektoren für
innere Lasten kann dem Diagramm 27 im unteren Bereich der 2 entnommen
werden. Die Überlagerung der
Verschiebungsvektoren für äußere Lasten
mit den Verschiebungsvektoren für
innere Lasten erfolgt in der Weise, dass die durch die Einhüllenden 25 bzw. 26 definierten
Bereiche mit ihrem Nullpunkt 28 entlang der Kurve 20,
welche die Verschiebungsvektoren für innere Lasten beschreibt,
aufgetragen werden.
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Das
Diagramm 19 der 2 visualisiert die durch den
Superpositionsalgorithmus ermittelten Verschiebungsvektoren für Toleranzen.
Auch für
diese Verschiebungsvektoren werden Bereiche 29 und 30 durch entsprechende
Einhüllende
definiert, die dann den Verschiebungsvektoren für äußere Lasten und damit den Verschiebungsvektoren
für innere
Lasten überlagert
werden. Die Bereiche 29 und 30 der Verschiebungsvektoren
definieren unterschiedliche Auftrittswahrscheinlichkeiten für die Lasten,
wobei der innere Bereich 29 Verschiebungsvektoren für Toleranzen
mit hoher Auftrittswahrscheinlichkeit und der äußere Bereich 30 Verschiebungsvektoren
für Toleranzen
mit niedriger Auftrittswahrscheinlichkeit umfasst. Die Bereiche 29 und 30 der Verschiebungsvektoren
für Toleranzen
werden nun derart mit den Verschiebungsvektoren für innere
Lasten und in den Verschiebungsvektoren für äußere Lasten überlagert,
dass die Bereiche 29 und 30 mit ihren Ursprung 31 auf
den Einhüllenden 25 bzw. 26 der
entsprechenden Lastkollektive der äußeren Lasten aufgetragen werden.
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Zur
Ermittlung des Gesamtverschiebungsvektors wird demnach ausgehend
von dem oder jedem Verschiebungsvektor für innere Lasten den entsprechenden
Verschiebungsvektoren für
innere Lasten mindestens ein durch Einhüllende definierter Bereich
der Verschiebungsvektoren für äußere Lasten überlagert.
Diesem Bereich der Verschiebungsvektoren für äußere Lasten werden entsprechende
Bereiche der Verschiebungsvektoren für Toleranzen überlagert.
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Durch
eine Zusammenführung
der Nominalspaltgeometrie mit dem oder jedem Gesamtverschiebungsvektor
lässt sich
die Betriebsspaltgeometrie ermitteln. Anhand der Betriebsspaltgeometrie
kann dann die Analyse und Auslegung der Spalte erfolgen. Wird nämlich anhand
der Betriebsspaltgeometrie festgestellt, dass Kriterien der Spaltauslegung
mit der gewählten
Nominalspaltgeometrie nicht eingehalten werden, so wird iterativ
die Nominalspaltgeometrie solange angepasst, bis die Kriterien erfüllt sind.
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Im
Sinne der hier vorliegenden Erfindung wird demnach ein neuartiges
Verfahren zur Ermittlung und/oder Analyse und/oder Auslegung von
Spalten vorgeschlagen. Das erfindungsgemäße Verfahren beruht auf der
Separation der Spaltgeometrie und Spaltänderungen. Die Spaltgeometrie
wird als Nominalspaltgeometrie in einem CAD-System festgelegt. Unabhängig von
dieser Nominalspaltgeometrie werden Spaltänderungen ermittelt. Für innere
Lasten sowie für äußere Lasten
sowie für
Toleranzen werden mithilfe eines einheitlichen Superpositionsalgorithmus
Verschiebungsvektoren ermittelt. Diese Verschiebungsvektoren für innere Lasten,
für äußere Lasten
und für
Toleranzen werden dann zu mindestens einem Gesamtverschiebungsvektor überlagert.
Aus der Nominalspaltgeometrie und dem oder jedem Gesamtverschiebungsvektor
lässt sich
dann die Betriebsspaltgeometrie ermitteln. Das erfindungsgemäße Verfahren
ermöglicht
eine gesamtheitliche und interdisziplinäre Vorgehensweise bei der Ermittlung
sowie Analyse und Auslegung von Spalten. Die Entwicklungskosten
und Durchlaufzeiten bei der Entwicklung können reduziert werden. Weiterhin
stellt sich durch eine Verallgemeinerung bei der Spaltanalyse eine
Verbesserung der Produktqualität
ein.
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- 10
- Spalt
- 11
- Bauteil
- 12
- Bauteil
- 13
- Oberfläche
- 13a
bis 13i
- Stützpunkt
- 14
- Oberfläche
- 14a
bis 14j
- Stützpunkt
- 15
- Gesamtverschiebungsvektor
- 16
- Gesamtverschiebungsvektor
- 17
- Diagramm
- 18
- Diagramm
- 19
- Diagramm
- 20
- Kurve
- 21
- Leerlauf-Betriebspunkt
- 22
- Takeoff-Betriebspunkt
- 23
- Ursprung
- 24
- ADP-Betriebspunkt
- 25
- Einhüllende
- 26
- Einhüllende
- 27
- Diagramm
- 28
- Nullpunkt
- 29
- Bereich
- 30
- Bereich
- 31
- Nullpunkt