DE10312822A1

DE10312822A1 - Verfahren zum Verbessern der ABS- und/oder ESP-Funktion eines elektromechanischen Bremsensystems und EMB-System zur Durchführung des Verfahrens

Info

Publication number: DE10312822A1
Application number: DE10312822A
Authority: DE
Inventors: Marc Dr. Menzel
Original assignee: Continental Teves AG and Co OHG
Current assignee: Continental Teves AG and Co OHG
Priority date: 2003-03-05
Filing date: 2003-03-22
Publication date: 2004-09-16

Abstract

Zum Unterstützen und Verbessern der ABS- und/oder ESP-Funktion eines elektromechanischen Bremsensystems (EMB-Systems), das mit Reibbelag-Scheibenbremsen ausgerüstet ist, bei denen die Anpresskraft der Bremsbeläge an die Bremsscheiben mit Hilfe eines E-Motors (3) und eines Getriebesystems (4) erzeugt wird, das die Rotationsbewegung des E-Motors in eine Translationsbewegung umsetzt, die zum Anlegen, Anpressen und Lösen der Bremsbeläge an die Bremsscheibe dient, wird die Rotationsbewegung des E-Motors (3) in bestimmten Regelungsphasen in eine das Rad positiv beschleunigende Kraft oder Kraftkomponente umgesetzt.

Description

Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren und auf eine Vorrichtung zum Verbessern der ABS- und/oder ESP-Funktion eines elektromechanischen Bremsensystems (EMB-Systems), nämlich eines Bremsensystems mit Reibbelag-Scheibenbremsen, bei denen die Anpresskraft der Bremsbeläge an die Bremsscheiben mit Hilfe eines E-Motors (Elektromotors) und eines Getriebesystems erzeugt wird, das die Rotationsbewegung des E-Motors in eine Translationsbewegung umsetzt, die zum Anlegen, Anpressen und Lösen der Bremsbeläge an die Bremsscheibe eingesetzt wird.

Elektromechanische-Bremsensysteme (EMB-Systeme) sind in unterschiedlichen Ausführungsformen bekannt, aber noch nicht im Serieneinsatz. Die Zuspannkräfte zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe der einzelnen Radbremsen werden nach bekannten Ausführungsarten solcher EMB-Systeme mit Hilfe von radindividuelle Elektromotoren (E-Motoren) aufgebracht, die über ein Getriebe, das die Rotationsbewegung des E-Motors in eine Translationsbewegung umsetzt, das Anlegen der Bremsbeläge an der Bremsscheibe steuern und die die erforderlichen Anpresskräfte zum Abbremsen des Rades aufbringen. Das Lösen der Bremse erfolgt entweder durch selbsttätiges Rückstellen oder durch aktives "Rückfahren" der Beläge nach Änderung der Drehrichtung des E-Motors.

Blockierschutz- und Fahrstabilitätsregelung (im folgenden "ABS"- und "ESP"-Regelung genannt) zählen bereits heutzutage zu den Standardfunktionen von Bremsensystemen für PKW. Dies gilt natürlich auch für elektromechanische Bremsensysteme, bei deren Auslegung und Regelung einige prinzipbedingte Besonderheiten auftreten.

Der vorliegenden Erfindung liegt daher die allgemeine Aufgabe zugrunde, das Regelverhalten eines EMB-Systems, das zur ABS- und/oder ESP-Regelung fähig ist, zu verbessern.

Es hat sich herausgestellt, dass diese Aufgabe durch das im Anspruch 1 beschriebenen Verfahren gelöst werden kann, dessen Besonderheit darin besteht, dass zur Unterstützung der ABS- und/oder der ESP-Funktion die Rotationsbewegung des E-Motors in bestimmten ABS- und ESP-Regelungsphasen in eine das Rad beschleunigende Kraft oder Kraftkomponente umgesetzt wird. Ein EMB-System zur Durchführung des Verfahrens wird ebenfalls beschrieben und zum Schutz beansprucht.

Die Erfindung beruht auf der Erkenntnis, dass zur Verbesserung des Regelverhaltens eines EMB-Systems während eines Blockierschutz- oder eines Fahrstabilitätsregelungsvorgangs mit Hilfe des E-Motors, der die einzelne Radbremse betätigt, über eine entsprechende Mechanik eine "positive" Beschleunigung – im Gegensatz zu der "negativen" Beschleunigung bzw. Verzögerung während eines Bremsvorgangs – auf das Rad ausgeübt werden kann. Dieses Beschleunigen des Rades dient nicht dem Antrieb des Rades, sondern ausschließlich der Verbesserung der ABS- oder ESP-Regelungsfunktion.

Durch diese aktive, positive Beschleunigung des geregelten Rades kann beispielsweise während eines ABS-Regelungszyklus die Wiederbeschleunigung des Rades unterstützt und dadurch in bestimmten Situationen der gefürchtete "Absturz" des Rades, bei dem das Rad zu stark verzögert und zu blockieren droht, vermieden werden. Hinzu kommt, dass auf eine Umkehr der Drehrichtung des die Radbremse betätigenden E-Motors, die bisher zu einem schnellen Lösen der Bremse in der Wiederbeschleunigungsphase als erforderlich galt, verzichtet werden kann, da erfindungsgemäß das Rad in dieser Situation "aktiv" beschleunigt wird; es genügt daher ein "passives" Lösen der Bremse durch einen mechanischen, selbsttätigen Rückstellmechanismus anstelle eines "aktiven" Zurückfahrens des Belags mit Hilfe des Bremsenmotors.

Der Verzicht auf die Drehrichtungsumkehr des E-Motors hat in der Praxis den weiteren wesentlichen Vorteil, dass die in solchen Systemen technisch nachteilige Rückspeisung von elektrischer Energie in die Elektronik, die zu hohen Rückspeiseströmen führt, vermieden wird. Dies hat eine wesentliche Vereinfachung und Verringerung des Herstellungsaufwandes für die Stromversorgungs-Elektronik zur Folge.

In einer ESP-Regelungssituation wird durch das erfindungsgemäße Verfahren der Regelungskomfort entscheidend verbessert. Durch die aktive, positive Beschleunigung eines Fahrzeugrades in bestimmten Regelungssituationen können nämlich im ESP-Fall höhere Querbeschleunigungskräfte als bisher aufgebaut werden, ohne dass die Gefahr besteht, dass das Rad blockiert.

Ähnlich wie bei einem vierradgetriebenen Fahrzeug, das in vielen Fällen eine aktive Antriebskraftverteilung besitzt, wird im ESP-Regelungsfall durch die erfindungsgemäße aktive Radbeschleunigung die "Rauhigkeit" der Regelung erheblich gemildert. Dies ist eine sehr willkommene Komfortsteigerung.

Nach einem vorteilhaften Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die das Rad beschleunigende Kraftkomponente auf die Bremsscheibe ausgeübt. Hierzu hat sich die Verwendung eines zusätzlichen Getriebe- und Kupplungssystems, das die Kraftkomponente, die das Rad beschleunigt, zur Bremsscheibe überträgt, als besonders zweckmäßig erwiesen.

Zur Kraftübertragung auf die Bremsscheibe hat sich insbesondere ein als Rutschkupplung ausgebildeten Mitnehmersystems als geeignet erwiesen. Für diese Art der Kraftübertragung kann beispielsweise die Bremsscheibe mit einem umlaufenden Wulst ausgerüstet werden, an dem ein entsprechendes Kupplungsteil oder Mitnehmerelement des mit dem E-Motor verbundenen Getriebe- und Kupplungssystems angreift.

Nach einem weiteren Ausführungbeispiel der Erfindung sollte die Übertragung der das Rad beschleunigenden Kraft ausschließlich in Regelungsphasen stattfinden, in denen die Radbremse bereits vollständig oder zumindest teilweise gelöst ist.

Es hat sich als besonders zweckmäßig erwiesen, zur Unterstützung einer ABS- oder einer ESP-Regelungsfunktion die das Rad beschleunigende Kraft in einer Wiederbeschleunigungsphase des Rades auf die Bremsscheibe auszuüben. Ferner kann zur Unterstützung einer ESP-Regelungsfunktion die das Rad beschleunigende Kraft zur Erhöhung der Fahrstabilität und/oder zur Verbesserung des Kurvenfahrtverhaltens des Fahrzeugs eingesetzt werden.

Weitere Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung gehen aus der folgenden Beschreibung von Einzelheiten der Erfindung an Hand der beigefügten Abbildungen hervor.

Es zeigen in schematisch vereinfachter Darstellung
1 die Anordnung einer Radbremse eines EMB-Systems an der Bremsscheibe einer Scheibenbremse und
2 im vergrößerten Maßstab und im Längsschnitt entlang der Linie AA in 1 ein Ausführungsbeispiel einer Radbremse nach der Erfindung.
Die 1 und 2 dienen zur Veranschaulichung der Wirkungsweise des erfindungsgemäßen Verfahrens und des prinzipiellen Aufbaus einer Radbremse zur Verwirklichung dieses Verfahrens.
In 1 ist eine Bremsscheibe 1 einer Scheibenbremse wiedergegeben, an der in dem hier beschriebenen Beispiel eine Schwimmsattel- oder Faustsattelbremse 2 angeordnet ist. Da sich die Erfindung auf elektromechanische Bremsensysteme (EMB-Syteme) bezieht, werden bei der abgebildeten Radbremse die Bremskräfte bzw. Zuspannkräfte mit Hilfe eines E-Motors 3 erzeugt, der, wie aus dem Längsschnitt nach 2 zu erkennen ist, mit einem Getriebesystem 4 ausgerüstet ist, das die Rotationsbewegung des E-Motors 3 in eine Translationsbewegung umsetzt.
Dieses Getriebesystem 4 besteht im Ausführungsbeispiel nach 2 im wesentlichen aus einem Planetengetriebe 5, das die hohe Drehzahl des E-Motors 3 untersetzt, und aus einem Spindeltrieb 6 oder dergl., mit dem die Drehbewegung in die eine längs gerichtete Bewegung übertragen wird. Diese axiale vor- und Zurück-Bewegung dient zum Anlegen der Bremsbeläge 7, 8 an die Bremsscheibe 1, zum Lösen der Bremse sowie zur Übertragung der von dem E-Motor 3 aufgebrachten, zum Bremsen des Fahrzeugs erforderlichen Zuspann- und Bremskräfte.
Die zuvor beschriebenen Bestandteile der dargestellten Radbremse sind konventionell und werden zur Erzeugung von Bremskraft benötigt. Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist jedoch die in den 1 und 2 dargestellte Radbremse eines EMB-Systems mit zusätzlichen Komponenten zur Erzeugung einer aktiven, positiven Beschleunigung des Rades ausgerüstet. Diese Beschleunigung unterstützt nicht, wie bereits erwähnt, den Antrieb des Fahrzeug, sondern dient ausschließlich zur Verbesserung der ABS- und ESP-Regelungsfunktionen eines elektromechanischen Bremsensystems (EMB-Systems).
Die Radbremse 2 ist, wie 2 zeigt, mit einem Getriebe- und Kupplungssystem ausgerüstet, das die Drehbewegung des E-Motors 3 nach Betätigung eines magnetischen Umschalters 9 über Getriebe 10 auf eine Rutschkupplung 11, 12 und über diese Kupplung auf die Bremsscheibe 1 überträgt. Diese Rutschkupplung besteht in dem hier dargestellten Ausführungsbeispiel der Erfindung im wesentlichen aus einem den Spindeltrieb 6 umgreifenden oder umhüllenden, axial verschiebbaren Kupplungsteil 11, das durch Betätigung des Umschalters 9 mit einem auf der Bremsscheibe 1 aufgebrachten, umlaufenden Wulst 13, der in diesem Ausführungsbeispiel die Kontaktfläche 11 der Rutschkupplung (11, 12) darstellt, in Eingriff gebracht wird. Über den Wulst 13 wird die das Rad beschleunigende Kraftkomponente auf die Bremsscheibe 1 überträgen.
Anstelle der Rutschkupplung 11, 12 sind noch andere Konstruktionen denkbar, mit denen sich die von der Drehbewegung des E-Motors 3 abhängige Kraftkomponente in "Antriebsrichtung" auf die Bremsscheibe und damit auf das Fahrzeugrad übertragen lässt.

Claims

Verfahren zum Verbessern der ABS- und/oder ESP-Funktion eines elektromechanischen Bremsensystems (EMB), mit Reibbelag-Scheibenbremsen, bei denen die Anpresskraft der Bremsbeläge an die Bremsscheiben mit Hilfe eines E-Motors und eines Getriebesystems erzeugt wird, das die Rotationsbewegung des E-Motors in eine Translationsbewegung umsetzt, die zum Anlegen, Anpressen und Lösen der Bremsbeläge an die Bremsscheibe eingesetzt wird, dadurch gekennzeichnet, dass zur Unterstützung der ABS- und/oder der ESP-Funktion die Rotationsbewegung des E-Motors (3) in bestimmten Regelphasen des Bremsensystems in eine das Rad beschleunigende Kraft oder Kraftkomponente umgesetzt wird.
Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die das Rad beschleunigende Kraftkomponente auf die Bremsscheibe (1) ausgeübt wird.
Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die das Rad beschleunigende Kraftkomponente mit Hilfe eines zusätzlichen Getriebe- und Kupplungssystems (11, 12) von dem E-Motor zur Bremsscheibe übertragen wird.
Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die das Rad beschleunigende Kraftkomponente mit Hilfe eines als Rutschkupplung (11, 12, 13) ausgebildeten Mitnehmersystems auf die Bremsscheibe übertragen wird.
Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausübung der das Rad beschleunigenden Kraft ausschließlich in Regelungsphasen zugelassen wird, in denen die Radbremse gelöst ist.
Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass zur Unterstützung einer ABS- oder einer ESP-Regelungsfunktion die das Rad beschleunigende Kraft in einer Wiederbeschleunigungsphase des Rades auf die Bremsscheibe (1) ausgeübt wird.
Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass zur Unterstützung einer ESP-Regelungsfunktion die das Rad beschleunigende Kraft zur Erhöhung der Fahrstabilität und/oder zur Verbesserung des Kurvenfahrtverhaltens des Fahrzeugs wird.
Elektromechanisches Bremsensystem (EMB-System) mit ABS- und/oder ESP-Funktion zur Durchführung des Verfahrens nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7, mit Radbremsen, die als Reibbelag-Scheibenbremsen ausgebildet sind und die mit E-Motoren (3) und Getriebesystemen (4) ausgerüstet sind, welche die Rotationsbewegung der E-Motoren in eine Translationsbewegung zum Anlegen, Anpressen und Lösen der Bremsbeläge (7, 8) an die Bremsscheibe (1) umsetzen, dadurch gekennzeichnet, dass die Radbremsen mit einem zusätzlichen Getriebe- und Kupplungssystem (9, 11, 12) (Rot-Trans-System) ausgerüstet sind, das in vorgegebenen Regelungssituationen zur Unterstützung der ABS- und/oder der ESP-Funktion des Bremsensystems eine das Rad beschleunigende Kraftkomponente von dem E-Motor (3) auf die Bremsscheibe (1) überträgt.
Elektromechanisches Bremsensystem nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass Getriebe- und Kupplungssystem (9, 11, 12) eine Rutschkupplung enthält, die zur Übertragung der Drehbewegung des E-Motors (3) mit einem auf der Bremsscheibe umlaufenden Wulst (13) in Eingriff gelangt.