-
Die vorliegende Erfindung betrifft
ein Verfahren zum Nachweis von antihyperlipidämisch wirkenden Verbindungen
("Lipidsenkern"), basierend auf
einer Wechselwirkung der zu testenden Verbindungen mit einem Nikotinsäurebindenden
Protein ("Nikotinsäure-Rezeptor") oder einem biologisch
aktiven Derivat davon, sowie einen auf diesem Verfahren basierenden
Kit. Ferner betrifft die vorliegende Erfindung die Verwendung dieses Nikotinsäure-Rezeptors
oder eines biologisch aktiven Derivates davon als Bindungsprotein
für antihyperlipidämisch wirkende
Verbindungen.
-
Wesentliche Risikofaktoren für die Entstehung
von kardiovaskulären
Erkrankungen, die zu den häufigsten
Erkrankungen in den Industrienationen zählen, stellen Fettstoffwechselstörungen dar,
die erhöhte
Lipidwerte in Patienten zur Folge haben. Eine der wichtigsten Behandlungsstrategien
für kardiovaskuläre Erkrankungen
ist daher die Behandlung dieser Patienten mit sogenannten Lipidsenkern.
-
Nikotinsäure ist der älteste bekannte
Lipidsenker. Nikotinsäure
verringert die Lipolyse im Fettgewebe (Carlson, Acta Med. Scand.
173: 719, 1963), was zu einer Abnahme der Triglycerid- und Cholesterinspiegel führt (Olsson,
Handbook of Experimental Pharmacology Bd. 109 (Hrsg. Schettler & Habenicht) S.
349–400, 1994;
Knopp, N. Engl. J. Med. 341: 498–511, 1999). Nachteilig bei
der Behandlung mit Nikotinsäure
ist, daß relativ
hohe Dosen verabreicht werden müssen,
die wahrscheinlich für
die Entstehung von Nebenwirkungen mitverantwortlich sind. Insbesondere
das "Flushing" – eine intensive Gesichtsröte, die
subjektiv als unangenehme Hitze empfunden wird – und Hautirritationen sind
vorübergehende,
jedoch harmlose Nebenwirkungen, führen aber zu einer mangelnden
Akzeptanz der Einnahme von Nikotinsäure bei Patienten.
-
Seit Ende der achtziger Jahre werden
daher verstärkt
HMG-CoA-Reduktasehemmer
als Lipidsenker eingesetzt. In mehreren Arbeiten konnte auch ein
positiver Effekt von Nikotinsäure
als Zusatztherapie zu diesen HMG-CoA-Reduktasehemmern nachgewiesen werden
(Braun et al., N. Engl. J. Med. 345: 1583–1592, 2001; Wink et al., Am.
Heart. J. 143: 514–518,
2002). Der Vorteil von Nikotinsäure
beruht darauf, daß Nikotinsäure die
HDL-Cholesterin-Plasmakonzentration
im Patienten um 15 bis 35% erhöht,
während
dieser Effekt bei den oben genannten HMG-CoA-Reduktasehemmern nur
bei 5 bis 15% liegt (Olsson, supra; Knopp, supra).
-
Dementsprechend besteht ein Bedarf,
neue Arzneimittel zu entwickeln, welche die antihyperlipidämische Wirkung
von Nikotinsäure
aufweisen, bei denen aber die oben genannten Nebenwirkungen fehlen.
Dies erfordert ein detailliertes Verständnis des molekularen Mechanismus,
auf welchem die Wirkung von Nikotinsäure beruht. Seit langem ist
bekannt, daß die
antihyperlipidämische
Wirkung von Nikotinsäure
primär
auf der verringerten Lipolyse im Fettgewebe durch Hemmung der hormonsensitiven
Triglycerid-Lipase basiert (Carlson, supra). Weitere Untersuchungen
zeigten, daß diese
antilipolytische Wirkung von Nikotinsäure auf der Hemmung der cAMP-Akkumulation
im Fettgewebe durch Hemmung der Adenylatzyklase beruht, wobei die Wirkung
durch Pertussistoxinsensitive G-Proteine des Gi-Typs vermittelt
wird (Aktories et al., FEBS Lett. 115: 11–4, 1980; Lorenzen et al.,
Mol. Pharmacol. 59: 349–357,
2001). Der spezifische molekulare Rezeptor, an welchen die Nikotinsäure bindet,
ist jedoch bisher nicht bekannt.
-
Der vorliegenden Erfindung liegt
somit die Aufgabe zugrunde, ein neues System zur Auffindung antihyperlipidämisch wirkender
Verbindungen bereitzustellen, welches auf dem molekularen Wirkmechanismus von
Nikotinsäure
basiert.
-
Diese Aufgabe wird durch die in den
beigefügten
Ansprüchen
gekennzeichneten Ausführungsformen gelöst. Insbesondere
wird ein Verfahren zum Nachweis von antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindungen bereitgestellt, umfassend
- (a)
das Zugeben einer zu testenden bzw. zu untersuchenden Verbindung
zu einem System, welches mindestens ein erstes Polypeptid mit einer
Aminosäuresequenz,
ausgewählt
aus SEQ-ID-Nr.1 und SEQ-ID-Nr.2, oder ein biologisch aktives Derivat
davon enthält,
und
- (b) das Bestimmen der antihyperlipidämischen Wirkung der in Schritt
(a) zugegebenen Verbindung.
-
Das im erfindungsgemäß verwendeten
System enthaltene erste Polypeptid als Bindungsprotein für antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindungen weist eine hohe Bindungsspezifität und -affinität zu Nikotinsäure auf
und wird im Fettgewebe von Säugern
stark exprimiert. Somit kann dieses erste Polypeptid auch als ein Rezeptor
für Nikotinsäure betrachtet
werden.
-
In einer Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
umfaßt
das System Zellen, vorzugsweise Säugerzellen, welche das erste
Polypeptid enthalten. Der Begriff "Zellen" umfaßt gezüchtete Zellen, beispielsweise
CHO-Zellen, COS7-Zellen,
HeLa-Zellen, NIH3T3-Zellen oder HEK293-Zellen ("Human embryonic kidney"-Zellen, Subklon
293), und in einem Säuger
enthaltene Zellen, beispielsweise in der Maus, Kaninchen oder Hund.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens
enthalten die Zellen ferner ein zweites Polypeptid mit einer Aminosäuresequenz,
ausgewählt
aus SEQ-ID-Nr. 3 oder SEQ-ID-Nr.4, oder ein biologisch aktives Derivat
davon.
-
Die erfindungsgemäß verwendeten Zellen sind vorzugsweise
Zellen, welche das erste und/oder zweite Polypeptid stabil oder
transient exprimieren. Der Begriff "stabile Expression" bedeutet, daß die Zellen mit einem geeigneten
Expressionsvektor, welcher die für
das erste und/oder zweite Polypeptid kodierende Nukleinsäuresequenz
enthält,
transfiziert werden und der Expressionsvektor oder Abschnitte des
Expressionsvektors, welche die für
das erste und/oder zweite Polypeptid kodierenden Nukleinsäuresequenzen,
gegebenenfalls zusammen mit geeigneten, heterologen regulatorischen Sequenzen,
enthalten, in das genetische Material der Zellen integriert werden.
Der Begriff "transiente
Expression" bedeutet,
daß die
Zellen mit einem Expressionsvektor, welcher die für das erste
und/oder zweite Polypeptid kodierenden Nukleinsäuresequenzen enthält, transfiziert
werden, wobei der Expressionsvektor oder Abschnitte davon nicht
in das genetische Material der Zellen integriert werden. Erfindungsgemäß zu verwendende
Expressionsvektoren mit geeigneten regulatorischen Sequenzen sind
im Stand der Technik bekannt und/oder im Handel erhältlich,
beispielsweise pcDNA3.1 (Invitrogen), pCMV (Stratagene) oder virale
Expressionssysteme.
-
In einer weiteren Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens
können
die Zellen ein Genprodukt bzw. Reportergenprodukt enthalten, dessen
Expression durch die Bindung einer antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindung an das erste Polypeptid direkt oder indirekt über eine
Signalübertragungskaskade
induziert wird. Beispielsweise kann durch die Bindung einer antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindung an das erste Polypetid die für die Expression eines derartigen
Reportergenprodukts verantwortliche regulatorische Sequenz auf Transkriptionsebene
aktiviert werden, wodurch die Expression des Reportergenprodukts
induziert wird. Reportergenprodukte kodierende Nukleinsäuresequenzen
können
mit geeigneten, beispielsweise vorstehend beschriebenen Expressionsvektoren,
in die Zellen eingeschleust werden. Selbstverständlich können auch Expressionsvektoren
mit für
das erste und/oder zweite Polypeptid kodierenden Nukleinsäuresequenzen
und dem Reportergen verwendet werden. Beispiele für Reportergenprodukte
sind das "green
fluorescent protein",
das "green fluorescent
protein" fusioniert
mit Aequorin, β-Lactamase,
Luziferase, Chloramphenicolacetyltransferase, β-Galactosidase und das menschliche
Wachstumshormon. Beispiele für
geeignete regulatorische Sequenzen in den Expressionsvektoren sind
Promotoren, die durch Calcium oder Protein-Kinase C aktiviert werden können.
-
Erfindungsgemäß bedeutet der Begriff "biologisch aktives
Derivat" jegliche
proteinartige, modifizierte Verbindung, die sich von jeder der Sequenzen
der SEQ-ID-Nrn.
1 bis 4 ableitet, mit im wesentlichen gleicher biologischer Funktion
wie die in SEQ-ID-Nr. 1 bis 4 aufgelisteten Polypeptide; beispielsweise
haben von den Sequenzen mit den SEQ-ID-Nrn. 1 und 2 abgeleitete
Derivate eine im wesentlichen gleiche oder höhere Bindungsaffinität für Nikotinsäure und
beispielsweise haben von den Sequenzen mit den SEQ-ID-Nrn. 3 und
4 abgeleitete Derivate eine im wesentlichen gleiche oder höhere Bindungsaffinität für das erste
Polypeptid, sowie die im wesentlichen gleiche oder verbesserte Fähigkeit
des zweiten Polypeptids nach Bindung einer antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindung an das erste Polypeptid, von diesem zu dissoziieren und
an ein Effektorenzym zu binden, das in seiner Aktivität gesteigert
oder gehemmt wird. Die Modifikationen im biologisch aktiven Derivat
können
eine oder mehrere Deletionen, Substitutionen, Additionen von Aminosäuren auf
genetischer und/oder posttranslationaler Ebene und/oder posttranslationale,
chemische und/oder enzymatisch durchgeführte Modifikationen der Aminosäure-Seitenketten
umfassen.
-
In einer weiteren Ausführungsform
des erfindungsgemäßen Verfahrens
umfaßt
das System einen Träger,
auf welchem mindestens das erste Polypeptid oder die vorstehend
definierten Zellen oder Teile dieser Zellen, wie beispielsweise
das erste Polypeptid enthaltende Zellmembranen, aufgebracht sind.
Das Trägermaterial
unterliegt keiner besonderen Einschränkung und kann jedes Material,
wie beispielsweise Kunststoffe mit Polymeren oder Copolymeren als
Bindemittel, glasartige Materialien oder Halbleitermaterialien,
in jeglicher Form, wie beispielsweise kugelförmig, flächig und/oder porös ausgebildete
Formkörper,
sein. In einer Ausführungsform
umfaßt
das erfindungsgemäße verwendete
System einen Biochip, auf welchem das erste Polypeptid oder die
Zellen oder Teile dieser Zellen punktförmig, vorzugsweise in einer
regelmäßigen Anordnung
beispielsweise zur Computer-gesteuerten Auswertung, aufgebracht
sind. Das erste Polypeptid kann nicht-kovalent oder kovalent an
den Träger
gebunden vorliegen.
-
Die zu testenden Verbindungen können in
geeigneten Konzentrationen oder Konzentrationsreihen, abhängig von
den Nachweisgrenzen des in Schritt (b) verwendeten Analyseverfahrens,
zu dem entsprechenden System in Schritt (a) zugegeben werden. Die
zu testenden Verbindungen können
auch zur in Schritt (b) durchzuführenden
Bestimmung eine Markierung, wie beispielsweise eine radioaktive,
fluoreszierende oder immunologisch nachweisbare Markierung, aufweisen.
-
In Schritt (b) des erfindungsgemäßen Verfahrens
wird die antihyperlipidämische
Wirkung der zu testenden Verbindung, basierend auf deren Bindingsaffinität an das
erste Polypetid bestimmt. Die Bestimmung der Bindungsaffinität sowie
deren Auswertung hängt
von dem in Schritt (a) erfindungsgemäß verwendeten System und der
zu testenden Verbindung ab und kann beispielsweise spektroskopisch,
z.B. fluorometrisch oder radiometrisch, immunologisch oder enzymatisch
oder durch Hybridisierungsreaktionen, z.B. Northern Blot, oder mit
einer geeigneten Kombination davon erfolgen.
-
Bevorzugte Ausführungsformen des erfindungsgemäßen Verfahrens
sind nachstehend aufgelistet: In Schritt (a) umfaßt das System
- (i) Zellen, welche das erste Polypeptid enthalten
oder
- (ii) Zellen, welche das erste Polypeptid und das zweite Polypeptid
enthalten, oder
- (ii) Zellen, welche das erste Polypeptid, das zweite Polypeptid
und eine Nukleinsäuresequenz,
deren Expression durch Bindung von antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindungen an das erste Polypeptid unter Erhalt eines Reportergenproduktes
induziert wird, enthalten; oder
- (iv) das auf einen flächig
ausgebildeten Träger
punktförmig
und in regelmäßiger Anordnung
aufgebrachte erste Polypeptid ("Bio-Chip").
-
In Schritt (b) erfolgt die Bestimmung
in den Zellen (i)–(iv)
vorzugsweise
- – durch das Messen der Bindungsaffinität und -spezifität der zu
testenden Verbindung an das erste Polypeptid, oder
- – durch
die Messung der Aktivierung des G-Proteins bzw. der G-Protein-Signalkaskade über die
Bindung einer zu testenden Verbindung an das erste Polypeptid als
Nikotinsäure-Rezeptor.
-
Die Messung der Aktivierung von G-Protein-gekoppelten
Nikotinsäure-Rezeptoren
umfaßt
somit mindestens einen der folgenden Schritte:
-
- (A) das Binden einer antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindung an den Nikotinsäure-Rezeptor,
wobei der Rezeptor aktiviert wird und seinerseits an ein G-Protein
bindet,
- (B) den Austausch von GDP gegen GTP im G-Protein und die Dissoziation
der α-Untereinheit
von der β-, γ-Untereinheit
im G-Protein oder (C) das Binden der aktivierten Gα-Untereinheit
an ein Effektorenzym, das in seiner Aktivität gesteigert oder gehemmt wird.
-
Beispielsweise erfolgt die Bestimmung
in den Zellen (i) durch das Messen der Aktivierung der extrazellulär signal-regulierten
Kinase (ERK) (Phosphorylierung) oder durch das Messen des intrazellulären cAMP-Spiegels,
wobei die Zellen zusätzlich
den β2-Adreno-Rezeptor (SEQ-ID-Nr. 5) exprimieren
und der cAMP-Spiegel
durch den β-Adreno-Rezeptor-Agonist
Isoproterenol oder durch den Adenylcyclase-Stimulator Forskolin
erhöht
wird. In den Zellen (ii) erfolgt die Bestimmung beispielsweise durch
das Messen des intrazellulären
Ca-Anstiegs oder durch das Messen der Hemmung der hormon-sensitiven
Triglycerid-Lipase. In den Zellen (iii) erfolgt die Bestimmung beispielsweise
durch das Messen der Expression des induzierbaren Reportergenproduktes.
-
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden
Erfindung betrifft einen Kit zum Nachweis von antihyperlipidämisch wirkenden
Verbindungen, welcher mindestens das vorstehend definierte, erfindungsgemäß verwendete
System enthält.
Der Kit kann ferner Mittel zur Durchführung der in Schritt (b) des
erfindungsgemäßen Verfahrens
beschriebenen Bestimmung enthalten. Derartige Mittel können beispielsweise
anti-phospho-ERK-1/2-Antikörper, 3H-markierte Nikotinsäure, cAMP-spezifische Antikörper, cAMP-spezifische
Bindungsproteine (z.B. die regulatorische Untereinheit der Proteinkinase
A), 3H-cAMP, α-32P-ATP
(Messung der cAMP-Bildung durch Bestimmung des aus radioaktiv-markiertem
ATP(α-32P]-ATP
gebildeten 32P-cAMP in Membranfraktionen
nach säulenchromtographischer
Trennung), jeweils in Abhängigkeit
des in Schritt (a) verwendeten Systems, sein.
-
Ein weiterer Gegenstand der vorliegenden
Erfindung betrifft die Verwendung des vorstehend definierten Systems,
vorzugsweise des ersten Polypeptids, zur Bindung antihyperlipidämisch wirkender
Verbindungen.
-
Mit dem erfindungsgemäß gekennzeichneten
Verfahren ist es möglich,
eine gezielte Suche nach neuen antihyperlipidämisch wirkenden Verbindungen
durchzuführen.
In einer besonders bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens
werden die antihyperlipidämisch
wirkenden Verbindungen im High-Throughput-Screening (HTS), bei dem
voll automatisch und Roboter-unterstützt große Substanzzahlen mit Hilfe
geeigneter Verfahren getestet werden, nachgewiesen, wobei das erste
Polypeptid oder biologisch aktive Derivate davon als "Drug-Target" dienen. Dieses überraschende
Ergebnis beruht auf der Erkenntnis, daß die in SEQ-ID-Nr. 1 und 2
dargestellten Polypeptide als im Säuger vorkommende Nikotinsäure-Rezeptoren
betrachtet werden können.
-
Die Figuren zeigen:
-
1 zeigt
die Expression des Nikotinsäure-Rezeptors
in verschiedenen Geweben der Maus bzw. des Menschen (BAT = braunes
Fettgewebe und WAT = weißes
Fettgewebe, Submax. gl = submaxilliäre Drüse), wobei (a) einen Northern
Blot der Nikotinsäure-Rezeptor-mRNA
der Maus ("PUMA-G") in verschiedenen Geweben
der Maus, (b) einen Northern Blot der Niktotinsäurerezeptor-mRNA des Menschen
("HM74") in verschiedenen
menschlichen Geweben und (c) einen Southern Blot mit cDNAs, die
durch RT-PCR aus unterschiedlichen Geweben der Maus unter Verwendung
von PUMA-G-spezifischen Primern erhalten werden, darstellt.
-
2 zeigt
Liniendiagramme mit den konzentrationsabhängigen Beziehungen der intrazellulären Ca2+-Änderungen
[Ca2+] in CHO-K1-Zellen ("Chinese hamster ovan
cells", Subklon
K1) nach Behandlung mit Nikotinsäure,
Acipimox, Pyrazine-2-carbonsäure und
Furan-3-carbonsäure,
wobei in (a) die Zellen das erste Polypeptid mit der SEQ-ID-Nr.
1 ("PUMA-G") und das zweite
Polypeptid mit der SEQ-ID-Nr. 3 (Gα15-Protein) exprimieren
und in (b) die Zellen das erste Polypeptid mit der SEQ-ID-Nr. 2
("HM-74") und das zweite
Polypeptid mit der SEQ-ID-Nr. 3 (Gα15-Protein)
exprimieren. RLU sind die Relativen Lichteinheiten.
-
3 zeigt
Balkendiagramme, die den Effekt von Nikotinsäure (200 μM) auf die intrazellulären cAMP-Spiegel
in CHO-K1-Zellen, die den β2-Adreno-Rezeptor (SEQ-ID-Nr. 5) und den
Nikotinsäure-Rezeptor exprimieren,
graphisch darstellen, wobei in (a) der Nikotinsäure-Rezeptor der Maus ("PUMA-G") und in (b) der Nikotinsäure-Rezeptor
des Menschen ("HM74") verwendet worden
ist. Insbesondere wird der Effekt von Nikotinsäure auf den cAMP-Spiegel in
Zellen untersucht, in welchen der cAMP-Spiegel durch Behandlung
mit Isoprotenerol (1 μM)
erhöht
worden ist und die mit oder ohne Pertussistoxin (PTX) über Nacht
vorbehandelt worden ist. Die Ergebnisse sind Mittelwerte +/– Standardabweichung
aus einer Dreifachbestimmung.
-
4 zeigt
einen Western Blot, welcher den Effekt von Pertussitoxin (PTX) auf
die Phosphorylierung von ERK in Zellen, welche den Nikotinsäure-Rezeptor
der Maus ("PUMA-G") exprimieren und
mit 200 μM
Nikotinsäure
oder Acipimox behandelt werden, beschreibt.
-
5 zeigt
Liniendiagramme einer Rezeptor-Bindungsstudie des Niktotinsäure-Rezeptors,
wobei (a) eine Sättigungsbindungsisotherme
von 3H-markierter
Nikotinsäure
in Zellmembranen von HEK293-Zellen, welche den Nikotinsäure-Rezeptor
der Maus (PUMA-G) nach Transfektion expremieren, (b) eine Sättigungsbindungsisotherme
von 3H-markierter Nikotinsäure in Zellmembranen
von HEK293-Zellen, welche den humanen Nikotinsäure-Rezeptor ("HM74") nach Transfektion
expremieren, und (c) die Kompetitions-Bindungsstudien des Nikotinsäure-Rezeptors
der Maus ("PUMA-G") beschreibt. Die
leeren Kreise entsprechen der Gesamtbindung, die leeren Quadrate
entsprechen der unspezifischen Bindung und die ausgefüllten Kreise
entsprechen der spezifischen Bindung. Die Nebenbilder in (a) und
(b) zeigen die Scatchard-Analyse
der Bindungssättigungsisotherme
von 3H-Nikotinsäure. Ergebnisse sind Mittelwerte
+/– Standardabweichung
aus einer Dreifachbestimmung.
-
Durch die nachfolgenden Beispiele
soll die vorliegende Erfindung näher
erläutert werden,
aber in keiner Weise beschränkt
werden.
-
Beispiele
-
Beispiel 1: Expression
des ersten Polypeptids mit der SEQ-ID-Nr. 1 bzw. 2 in Mausgewebe
bzw. humanem Gewebe (im folgenden PUMA-G bzw. HM74 bezeichnet)
-
Gesamt-RNA (15 μg) wird aus Mausgewebe oder
humanem Gewebe von unterschiedlichen Organen bzw. Geweben isoliert
(BioCat, Heidelberg, Germany), in denaturierenden 1%-Agarosegelen
aufgetrennt und auf Nylonmembranen (Amersham) transferiert. Nach
der Prähybridisierung
werden die Membranen mit einer radioaktiv markierten cDNA-Sonde
(gesamte kodierende Region PUMA-G bzw. HM74; spezifische Aktivität > 1 × 109 cpm/μg) über Nacht
inkubiert. Nach dem Waschen der Membranen wird die hybridisierte
Sonde durch Autoradiographie sichtbar gemacht.
-
Für
die RT-PCR wird 1 μg
Gesamt-RNA aus unterschiedlichen Geweben der Maus isoliert. Anschließend wird
die PUMA-G-cDNA mit Primern, die die gesamte kodierende Sequenz
flankieren, in einer RT-PCR amplifiziert. Ein 395 bp-Fragment des Genes,
welches das ribosomale Protein L19 kodiert, wird als Kontrolle coamplifiziert.
-
Wie aus 1 ersichtlich ist, kann eine hohe Expression
von PUMA-G im Fettgewebe der Maus (vgl. 1a und 1c)
bzw. HM-74 im menschlichen Fettgewebe (vgl. 1b) nachgewiesen werden. Die Expression von
PUMA-G und HM74 ist sowohl im weißen Fettgewebe (WAT) wie im
braunen Fettgewebe (BAT) hoch.
-
Beispiel 2: Herstellung
der Expressionsvektoren für
den PUMA-G- und HM74-Rezeptor
-
Die kodierende Region des PUMA-G-
bzw. HM74-Rezeptors werden durch PCR mit cDNA bzw. genomischer DNA
aus weißen
Fettzellen unter Verwendung von Primern, welche die gesamte kodierende
Sequenz flankieren, amplifiziert und in den Säugerexpressionsvektor pcDNA
3.1 (Invitrogen) insertiert.
-
Beispiel 3: PUMA-G und
HM74 sind Rezeptoren für
Nikotinsäure
-
PUMA-G- bzw. HM74-cDNA-Expressionsvektoren
werden zusammen mit einem Expressionsvektor, der die Nukleinsäuresequenz
für die
Gα15-Untereinheit des G-Proteins (SEQ-ID-Nr. 3) kodiert, in
CHO-K1-Zellen cotransfiziert, welche stabil ein Reportergenprotein
exprimieren, dessen Fluoreszenz- bzw. Lumineszenzeigenschaften durch
erhöhte
Ca2+-Spiegel messbar verändert werden. Das Reporterprotein
ist das "green fluorescent
protein" (GFP) fusioniert
mit Äquorin
(Baubet et al., Proc. Natl. Acad. Sci. USA 97; 7260–7265, 2000). Das
Gα15-Protein kann durch eine Reihe von G-Protein-gekoppleten
Rezeptoren (z.B. PUMA-G oder HM74) aktiviert werden und aktiviert
die Phospholipase C (PLC), die wiederum die intrazellulären Ca-Spiegel
erhöht (Offermanns
and Simon, J. Biol. Chem. 270: 15175–15180, 1995).
-
Für
die Transfektion werden die Zellen in Platten mit 96 Vertiefungen überführt und
mit den angegebenen cDNAs oder Kontroll-DNA (50 ng/Vertiefung) unter
Verwendung des FuGENE6-Reagenz (Roche) transfiziert. 2 Tage nach
der Transfektion werden die Zellen mit 5 μM Coelenterazin h (Biotium)
in Calciumfreier Hank's
Balanced Salt Solution (HBSS), die 10 mM HEPES (pH 7,4) enthält, für 3,5 h
bei 37°C
inkubiert. 45 Minuten vor der Zugabe der Nikotinsäure bzw.
der Nikotinsäurederivate
wird der Puffer durch HBSS, welcher 1,8 mM CaCl2 enthält, ersetzt.
Anschließend
werden die Zellen mit Nikotinsäure
und Derivaten davon behandelt. Nikotinsäure (Pyridin-3-carbonsäure), Pyrazin-2-carbonsäure, Furan-3-carbonsäure werden
von Sigma erhalten, Acipimox (5-Methylpyrazin-2-carbonsäure-4-oxid) wird von Pharmacia-Upjohn
erhalten. Die Calcium-Messungen
werden unter Verwendung eines Luminometer-Plattenmessers (Luminoskan
Ascent, Labsystems) durch Messung der RLU (relative light units
= relative Lichteinheiten) durchgeführt.
-
Konzentrationsabhängig kann Nikotinsäure sowie
deren Derivate die intrazellulären
Ca-Spiegel erhöhen.
Die Nikotinsäure-Konzentrationen,
bei denen 50 % der maximalen Erhöhung
der Ca-Spiegel auftritt (EC50-Konzentrationen)
liegen bei etwa 3 μM
für den
Maus- und bei etwa 1 μM
für den
menschlichen Rezeptor (vgl. 2a und b). Die Nikotinsäure hat keinen Einfluß auf untransfizierte
Zellen oder Zellen, welche nur mit Gα15 transfiziert
werden. Die antihyperlipidämische
Wirkung der verschiedenen Nikotinsäure-Strukturderivate (Acipimox,
EC50 2–5 μM; Pyrazin-2-carbonsäure, EC50 10 μM;
Furan-3-carbonsäure, EC50 > 100 μM; vgl. 2a und b),
die auf Basis der PUMA-G/Gα15 oder HM74/Gα15 vermittelten
Calciumantwort erhalten wird, stimmt mit der Wirkung in Fettzellen überein,
die durch Hemmung der Adenylatzyklase oder Stimulation der GTPγ-S-Bindung
ermittelt wird (Lorenzen et al., Mol. Pharmacol. 59: 349–357, 2000,
Aktories et al., Arzneimittelforschung 33: 1525–1527, 1983).
-
Beispiel 4: Nikotinsäure aktiviert
durch Bindung an den PUMA-G- bzw. HM74-Rezeptor einen Gi-Protein vermittelten
Signalweg ("cAMP-Messung").
-
In diesem Beispiel wird die Aktivierung
des PUMA-G- bzw. HM74-Rezeptors über
Nikotinsäure
durch Pertussistoxin-sensitive G-Proteine der Gi-Familie
mittels Hemmung der Adenylatzyklase bestimmt. In CHO-K1-Zellen,
welche transient mit einem PUMA-G- oder HM74-Expressionsvektor zusammen
mit einem Expressionsvektor für
den β2-Adrenorezeptor kotransfiziert werden, werden
in Platten mit 6 Vertiefungen gezüchtet und die intrazellulären cAMP-Spiegel
mit einem Radiorezeptorassay unter Verwendung von 3H-cAMP (Amersham)
unter den vom Hersteller angegebenen Bedingungen gemessen.
-
Nach Behandlung der Zellen mit Nikotinsäure (200 μM) wird eine
Abnahme der intrazellulären cAMP-Spiegel
gemessen, welche durch den β-Adrenorezeptor-Agonisten Isoproterenol
(1 μM) erhöht worden sind.
Die Hemmung der Adenylatzyklase durch den aktivierten PUMA-G- und
HM74-Rezeptor kann vollständig durch
die Vorbehandlung der Zellen mit Pertussistoxin (PTX, 100 ng/ml übernacht)
gehemmt werden (vgl. 3a und b). Die Nikotinsäure hat
keinen Einfluß auf
die cAMP-Spiegel in untransfizierten Zellen. PUMA-G/HM74 sind nicht
fähig,
eine Nikotinsäure-abhängige Herstellung
von Inositolphosphaten zu bewirken. Somit ist der PUMA-G- bzw. HM74-Rezeptor
mit G-Proteinen vom Gi-Typ gekoppelt.
-
Beispiel 5: Nikotinsäure aktiviert
durch Bindung an den PUMA-G- bzw. HM74-Rezeptor einen Gi-Protein vermittelten
Signalweg ("ERK-Phosphorylierung").
-
In diesem Beispiel wird die Aktivierung
des PUMA-G- bzw. HM74-Rezeptors über
Nikotinsäure
durch Pertussistoxin-sensitive G-Proteine der Gi-Familie über die
Aktivierung der extrazellulär
Signal-regulierten Kinase (ERK) bestimmt.
-
Nach 12 h Hungern werden CHO-K1-Zellen,
welche transient mit cDNA von PUMA-G- oder HM74-Rezeptoren transfiziert
worden sind, für
5 Minuten bei 37 °C
mit 200 μM
Nikotinsäure
oder Acipimox inkubiert. Die Zellen werden in Lysepuffer (50 mM
Tris-HCL (pH 7,5), 150 mM Natriumchlorid, 5 mM EDTA, 1 % (v/v) NP-40, 0,5%
(w/v) Natriumdesoxycholat, 0,1 % (w/v) SDS und Proteaseinhibitoren)
lysiert, und die Proben werden durch Immunoblotting unter Verwendung
von phosphonlierungsspezifischen ERK1/2-Antikörpern (Cell signalling) und
einem Elektrochemilumineszenz (ECL)-Detektionssystem (Roche) analysiert.
-
Die Aktivierung von ERK durch PUMA-G
(4) oder HM74 ist ebenfalls
sensitiv gegenüber
einer Vorbehandlung der Zellen mit Pertussistoxin (PTX, 100 ng/ml übernacht).
Die Nikotinsäure
hat keinen Einfluß auf
die Phosphorylierung von ERK in untransfizierten Zellen. Dies ist
ein weiterer Beweis, daß PUMA-G/HM74 mit
G-Proteinen vom
Gi-Typ gekoppelt sind.
-
Beispiel 6: Radioligand-Bindungsstudien
mit 3H-markierter Nikotinsäure an PUMA-G- bzw. HM74-Rezeptoren
-
Die Gleichgewichtsbindung von 3H-markierter Nikotinsäure (American Radiolabeled
Chemicals; 50 Ci/mmol) wird mit 30 μg Membranen aus HEK 293T-Zellen, welche PUMA-G
oder HM74-Rezeptoren exprimieren, in einem Gesamtvolumen von 250 μl Bindungspuffer
(50 mM Tris-HCL (pH 7,4), 2 mM MgCl2, 0,02%
(v/v) CHAPS) durchgeführt.
Nach 4 h Inkubation bei 25°C
wird die ungebundene und membrangebundene Radioaktivität mittels
Filtration der Proben durch Nitrocellulosefilter, gefolgt von zwei
Waschschritte mit 4 ml eiskaltem Bindungspuffer abgetrennt. Die
unspezifische Bindung wird in Anwesenheit von 200 μM unmarkierter
Nikotinsäure
bestimmt. Die Kompetitionsbindungsanalyse wird in Anwesenheit von
60 nM 3H-Nikotinsäure durchgeführt.
-
Die Sättigungsbindungsanalysen zeigen,
daß die
aus HEK-293T-Zellen, welche mit PUMA-G und HM74 transfiziert sind,
hergestellten Membranen eine sättigungsfähige und
spezifische Bindung aufweisen (PUMA-G: Disoziationskonstante Kd = 83,3 nM; HM74: Kd =
55,6 nM) (vgl. 5a und b). Die Kompetitions-Bindungsstudien
(vgl. 5c) mit unterschiedlichen
Nikotinsäureanalogen
zeigen eine Affinitätsreihenfolge ähnlich zu
der, die für
die endogene Bindungsstelle beschrieben wird (Lorenzen et al., Mol.
Pharmacol. 59: 349–357,
2001).
-
Die maximale antihyperlipidämische Wirkung
von Nikotinsäure
kann bei Plasmakonzentrationen von 4–16 μM beobachtet werden (Hotz, Adv.Lipid.
Res. 20: 195–217;
Svedmyr et. al., Clin. Pharmacol. Ther. 10: 559–570), und die maximale Plasma-Konzentration
nach der Verabreichung einer pharmazeutischen Standarddosis liegt
im Bereich von 500–300 μM (Carlson
et al., Acta Med. Scand. 183: 457–465, 1968). Somit sind die
EC50-Werte für eine Nikotinsäure-induzierte
intrazelluläre
Calcium-Erhöhung
durch Aktivierung des G-Protein-Rezeptors PUMA-G bzw. HM74 über die
Gα15-Untereinheit sowie die Bindungsaffinität und -spezifität für Nikotinsäure an den
PUMA-G- bzw. HM74-Rezeptor in Übereinstimmung
mit der Rolle von PUMA-G/HM74 bei der antihyperlipidämischen
Wirkung der Nikotinsäure
in vivo.
-
Die vorliegenden experimentellen
Daten zeigen deutlich, daß PUMA-G/HM74
eine entscheidende Rolle für
die antihyperlipidämische
Wirkung von Nikotinsäure
spielt. SEQUENCE
LISTING