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Die Erfindung betrifft Verfahren zum Schutz eines Differenzialgetriebes, ein Steuergerät und ein Kraftfahrzeug.
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DE 10 2018 208 046 A1 beschreibt ein Verfahren zum Schutz eines Getriebes, bei dem mindestens folgende Verfahrensschritte durchlaufen werden: a) Ermittlung einer Differenzgeschwindigkeit zwischen angetriebenen Rädern und einer Fahrbahnoberfläche bei Auftreten eines Sonderlastfalles, Vorgabe eines die Drehzahl des angetriebenen Rades in den Bereich einer Fahrzeuggeschwindigkeit zurückführenden Antriebsmomentes, oder einer die Drehzahl des angetriebenen Rades in den Bereich einer Fahrzeuggeschwindigkeit zurückführenden Antriebsdrehzahl, c) Reduzieren des Momentes der mindestens einen E-Maschine oder der Verbrennungskraftmaschine soweit, bis ein Summenmoment, gebildet aus Antriebsmoment plus Trägheitsmoment, unterhalb eines kritischen Schwellwertes liegt.
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DE 10 2019 200 325 A1 betrifft eine Kraftübertragungsanordnung für ein Kraftfahrzeug, die ein Kupplungsschutzsystem umfasst zur Verhinderung einer Beschädigung einer aktiv gesteuerten Mehrscheibenmoduskupplung der Kraftübertragungsanordnung. Das Kupplungsschutzsystem umfasst ein Verteilergetriebesteuermodul (TCCM) und ein Motorsteuergerät (ECM), die dazu konfiguriert sind, die Verteilung von Drehmoment, das von einem Motor an die vordere und die hintere Ausgangswelle der Kraftübertragungsanordnung angelegt wird, zu regulieren.
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JP 2010-90721 A betrifft eine Antriebsteuergerät, das eine Differenzialanordnung vor Überlast schützt bei einem Ausfall von Radgeschwindigkeitssensoren.
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DE 10 2007 042 354 A1 beschreibt ein Differenzialabriebschutzsystem, das einen Motor regelt, um Schaden an einem von dem Motor angetriebenen Differenzial zu verhindern. Das Differenzialabriebschutzsystem umfasst ein erstes Modul, das einen Differenzialabriebschutzmodus einleitet, und ein zweites Modul, das eine Motordrehzahl verringert, wenn die Motordrehzahl eine Motordrehzahlgrenze überschreitet. Die Motordrehzahlgrenze ist einer aus einer Vielzahl von vorbestimmten Werten auf der Basis einer Auslegungs-Schlupfdrehzahlgrenze des Differenzials.
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JP 2012-46053 A betrifft ein Kraftübertragungsvorrichtungs-Steuergerät zum Kompensieren einer Verschlechterung eines Motormoments.
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Die bisherig bekannten Ansätze zum Differenzialschutz verwenden entsprechende Schutzfunktionen ohne eine vorliegende Fahrsituation oder ein optimales Verhältnis von Fahrbarkeit und Differenzialschutz zu berücksichtigen.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Verfahren, ein Steuergerät und ein Kraftfahrzeug bereitzustellen, die die oben genannten Nachteile wenigstens teilweise überwindet.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren nach Anspruch 1, ein Steuergerät nach Anspruch 9 und ein Kraftfahrzeug nach Anspruch 10.
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Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der folgenden Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung.
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Ein erster Aspekt der Offenbarung betrifft ein Verfahren zum Schutz eines Differenzialgetriebes eines Kraftfahrzeugs, wobei das Differenzialgetriebe zum Ausgleichen einer Differenzdrehzahl zwischen einem ersten Antriebsrad und einem zweiten Antriebsrad des Kraftfahrzeugs vorgesehen ist, wobei das Verfahren umfasst:
- Ermitteln einer vorliegenden Fahrsituation;
- Feststellen, dass ein Verhältnis zwischen der Differenzdrehzahl und einem Ausgangsmoment eines Getriebes während der vorliegenden Fahrsituation einen Grenzwert überschreitet; und
- Ausführen, in Reaktion auf das Feststellen, einer differenzialschützenden Maßnahme, die in Abhängigkeit der vorliegenden Fahrsituation bestimmt wird.
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Das Kraftfahrzeug umfasst einen Antriebsstrang mit einem Antrieb (einer Antriebseinheit), der einen Verbrennungsmotor und/oder eine elektrischen (Antriebs-)Maschine umfasst. Der Antriebsstrang kann somit rein verbrennungsmotorisch, rein elektrisch oder hybridisch ausgebildet sein. Über das Getriebe wird die Antriebsleistung des Antriebs auf Antriebsräder des Fahrzeugs übertragen. Das Getriebe kann ein Schaltgetriebe oder auch ein Getriebe mit einem festen Gang sein, gegebenenfalls auch mit Abkopplung.
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Das erste Antriebsrad und das zweite Antriebsrad kann Vorderrädern oder Hinterrädern des Fahrzeugs entsprechen. Beispiels kann das erste Antriebsrad und das zweite Antriebsrad das linke Hinterrad bzw. das rechte Hinterrad des Fahrzeug sein.
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Das Getriebe ist ausgangsseitig mit dem Differenzialgetriebe gekoppelt. Das Differenzialgetriebe ist dazu eingerichtet, ein Betreiben des ersten und zweiten Antriebsrads mit unterschiedlichen Raddrehzahlen bei vorbestimmter Verteilung eines Ausgangsmoment des Getriebe auf das erste und zweite Antriebsrad zu erlauben. Derartige Differenzialgetriebe sind allgemeinhin bekannt.
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Das Verfahren umfasst das Ermitteln einer vorliegenden Fahrsituation. Zum Ermitteln der vorliegenden Fahrsituation werden fahrzeugseitig vorgesehene Sensoren (Fahrzeugsensorik) verwendet. Beispielsweise kann ein Lenkwinkelsensor, ein Fahrgeschwindigkeitssensor, ein Raddrehzahlsensor, Drehmomentsensor (für die Antriebseinheit und/oder das Getriebe) und ein Fahrzeugneigungswinkelsensor verwendet werden. Die vorliegende Fahrsituation kann somit basierend auf den Daten der vorliegenden Sensoren bestimmt werden.
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Zum Ermitteln der vorliegenden Fahrsituation werden u.a. die (derzeitig) vorliegende Differenzdrehzahl und das (derzeitig) vorliegende Ausgangsdrehmoment des Getriebes ermittelt.
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Zum Ermitteln der Differenzdrehzahl wird über entsprechende Raddrehzahlsensoren die Drehzahl des ersten Antriebsrads und die Drehzahl des zweiten Antriebsrads erfasst. Zum Ermitteln des Ausgangsdrehmoment der Antriebseinheit und/oder des Getriebes kann ein entsprechender Drehmomentsensor erfasst werden, der bspw. an einer Ausgangswelle der Antriebseinheit und/oder des Getriebes vorgesehen ist.
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Die vorliegende Fahrsituation kann bspw. ein Bergauffahren, eine Kurvenfahrt, Fahren auf Böden mit unterschiedlichen Reibkoeffizienten für das erste und das zweite Antriebsrad, etc. umfassen. Auch eine Kombination von zwei oder mehreren Fahrsituation kann der vorliegenden Fahrsituation entsprechen.
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Zusammengefasst werden beim Ermitteln der vorliegenden Fahrsituation die in Steuergeräten des Fahrzeugs vorhandenen Daten, die vorher mittels der oben beschriebenen vorhandenen Fahrzeugsensorik ermittelt werden, abgerufen und in einer Datenbank gespeichert. Bei modernen Fahrzeugen mit Sensoren für Fahrerassistenzsysteme (Laser, Radar, optisch, Ultraschall, Lidar), einem Navigationssystem, einer Internetschnittstelle, einer car-to-car-Kommunikation, einer car-to-x-Kommunikation werden zusätzlich weitere Daten in der Datenbank gespeichert, die von den Sensoren ermittelt werden oder aus anderen Datenquellen kabellos abrufbar sind. Anhand der momentanen Gesamtdaten wird jeweils entschieden, in welcher Fahrsituation sich das Fahrzeug gerade befindet.
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Das Verfahren umfasst ferner das Feststellen, dass das Verhältnis zwischen der Differenzdrehzahl und dem Ausgangsmoment des Getriebes während der vorliegenden Fahrsituation einen Grenzwert überschreitet. Das Feststellen erfolgt für die vorliegende Fahrsituation. Demnach werden die Differenzdrehzahl und das Ausgangsmoment, basierend auf welchen die vorliegende Fahrsituation abgeleitet wird, gegen den Grenzwert verglichen. Damit kann für die vorliegende Fahrsituation (d. h. fertiger Sensordatensatz zum derzeitigen Zeitpunkt) entschieden werden, ob eine für das Differenzialgetriebe kritische Situation vorliegt. Diese liegt vor, wenn das Verhältnis der Differenzdrehzahl und dem Ausgangsmoment den Grenzwert überschreitet.
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Der Grenzwert (oder auch Grenzkurve) kann empirisch und während einer Entwicklungsphase in differenzialkritischen Fahrversuchen ohne differenzialschützende Maßnahmen (bspw. durch Softwareeingriffe) fahrzeugspezifisch ermittelt werden. Als zusätzliches Kriterium für „differenzialkritisch“ kann in einer Datenbank hinterlegt sein wie lange maximal eine Überschreitung der Grenzkurve noch tolerabel ist, bevor ein Regelsystem so regelnd eingreifen muss, dass unter Berücksichtigung der bekannten System-Regelzeiten ein Arbeitspunkt unterhalb des Grenzwerts (Grenzkurve) schnell genug erreicht wird. In anderen Beispielen kann der Grenzwert auch durch ein Modell ermittelt werden.
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In Reaktion auf das Feststellen einer differenzkritischen Situation wird eine differenzialschützenden Maßnahme ausgeführt, die in Abhängigkeit der vorliegenden Fahrsituation bestimmt wird.
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Falls die vorliegende Fahrsituation differenzialkritisch ist, so wird anhand der Daten der Fahrsituation weiter entschieden, welches Maßnahme für den Differenzialschutz unter Beachtung einer Fahrbarkeit am besten geeignet ist.
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Eine differenzialschützende Maßnahme ist bspw. eine Reduzierungen der Raddrehzahlen (bspw. per Bremseingriff). Dabei kann bspw. ein mechanisches Regelsystem wie eine elektronische Differenzialsperre (EDS) verwendet werden. Eine andere differenzialschützende Maßnahme ist auch ein Rücknahme (Reduzierung) eines Antriebsmoments der Antriebseinheit (je nach Fahrzeug eine Verbrennungskraftmaschine und/oder eine elektrische Maschine), bspw. über eine Ansteuerung mittels eines Antriebssteuergerät (weiteres Regelsystem). Beispielsweise werden bei elektrischen Maschine die Phasenströme eines Pulswechselrichters zurückgenommen. Die differenzialschützende Maßnahme kann von einem steuergerätseitigen Differenzialschutzmodul ausgewählt und ausgelöst werden. Dazu kann das Differenzialmodul eine Bremseingriffsfunktion und eine Momenteneingriffsfunktion umfassen und entsprechen auswählen und aktivieren.
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Eine Kombination der differenzialschützenden Maßnahmen ist ebenfalls möglich. Die Regelfunktionen der Systeme sind dabei so gestaltet, dass keine gegenseitige Beeinflussung stattfinden kann. So kann z. B. das EDS-Regelsystem per Bremseingriff die Raddrehzahlen zurücknehmen, die Regelgröße ist hier also die Raddrehzahl. Dieses mechanische System ist sehr träge und braucht für das Ansprechen der Regelung eine lange Ansprechzeit. Bis zu diesem Zeitpunkt kann daher eine schnelle Momentenrücknahme per Antriebssteuerung erfolgen, um das Differenzial bis zur Ansprechzeit der EDS trotzdem zu schützen, wobei in diesem Fall die Regelgröße das Antriebsmoment ist. Durch die unterschiedlichen Regelgrößen der Regelsysteme erfolgt keine gegenseitige Beeinflussung.
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Durch die Auswahl der differenzialschützenden Maßnahme in Abhängigkeit der vorliegenden Fahrsituation kann ein Differenzschutz gewährleistet werden bei gleichzeitiger Erhaltung der Fahrbarkeit.
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In manchen Ausführungsformen kann das Ermitteln der vorliegenden Fahrsituation kontinuierlich erfolgen. Dies kann bspw. derart erfolgen, dass die vorliegende Fahrsituation in regelmäßigen vorbestimmten Zeitabständen neu ermittelt wird. Die vorbestimmten Zeitabstände können bspw. zwischen 0,1 und 100 Millisekunden betragen. Damit kann schnell auf eine vorliegende Fahrsituation reagiert und entsprechende differenzialschützende Maßnahmen eingeleitet werden.
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In manchen Ausführungsformen kann der Grenzwert (wie oben beschrieben) empirisch ermittelt sein.
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In manchen Ausführungsformen kann das Ermitteln der vorliegende Fahrsituation zusätzlich ein Ermitteln einer prädizierten Fahrsituation umfasst. Damit ist gemeint, dass eine zusätzlich eine Prädiktion für zukünftige Fahrsituationen erfolgt für ein vorbestimmtes Zeitfenster (beginnend ab dem Zeitpunkt der vorliegenden Fahrsituation). In manchen Beispielen kann das vorbestimmte Zeitfenster bspw., 1s bis 60s Sekunden groß sein.
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Das Ermitteln einer prädizierten Fahrsituation kann basierend auf einer prädiktiven adaptiven Geschwindigkeitsregelung („predictive adaptive cruise control (ACC)“) oder prädiktiven Streckendaten erfolgen. Alternativ oder zusätzlich können auch Daten aus car-to-car- oder car-to-x-Kommunikation verwendet werden. In manchen Beispielen kann die Dauer des vorbestimmten Zeitfensters auf diesen Daten basieren. Mit anderen Worten, die Prädiktion hängt von den vorhanden Daten für (bekannte) Fahrsituationen ab.
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Durch das Prädizieren einer zukünftigen Fahrsituation kann ermittelt werden, ob die differenzialkritische Situation ausreichend lange vorliegt, so dass eine träge differenzialschützende Maßnahme wie der oben beschriebene Bremseingriff rechtzeitig wirken kann. Wird bspw. festgestellt, dass der Bremseingriff erst nach Ablauf der differenzialkritischen Situation wirken würde, wird der Bremseingriff nicht ausgelöst. Wird festgestellt, dass die Dauer der differenzialkritischen Situation die Dauer bis zum Bremseingriff übersteigt, kann ein Eingreifen der Bremseingriffsfunktion vorgesehen sein. Durch die Berücksichtigung von prädizierten Fahrsituationen (bzw. eines prädizierten Fahrsituationsfensters) kann die differenzialschützende Maßnahme so ausgewählt werden, dass eine Fahrbarkeit nicht übermäßig beeinträchtigt wird.
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In machen Ausführungsformen kann das Ermitteln der vorliegenden Fahrsituation basierend auf Informationen aus fahrzeugseitigen Sensoren und/oder Datenbanken erfolgen. Wie oben beschrieben können Informationen/Daten aus den oben beschriebenen Sensoren und Datenbanken zum Ermitteln der vorliegenden Fahrsituation (und der prädizierten Fahrsituation) verwendet werden.
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In manchen Ausführungsformen kann das oben beschriebene Verfahren ferner umfassen:
- Ermitteln einer Dauer der Grenzwertüberschreitung des Verhältnisses; und
- Feststellen, dass die Dauer eine Grenzwertdauer überschreitet,
- und wobei das Ausführen der differenzialschützenden Maßnahme ferner in Reaktion auf das Feststellen der Grenzwertdauerüberschreitung erfolgt.
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Die Dauer der Grenzwertüberschreitung kann bspw. die Dauer zwischen einem Zeitpunkt eines erstmaligen Auftretens der Grenzwertüberschreibung (in einer vorhergehenden Fahrsituation) und einem Zeitpunkt der Grenzwertüberschreitung in der vorliegenden Fahrsituation sein. In anderen Beispielen kann die Dauer zwischen dem Zeitpunkt der Grenzwertüberschreitung in der vorliegenden Fahrsituation und einem Zeitpunkt einer letzten Grenzwertüberschreitung in einem prädiziertem Fahrzeitraum sein (anders ausgedrückt, die letztmalig auftretende Grenzüberschreitung in einem der prädizierten Fahrsituationen). Dadurch kann eine Entprellung für das Eingreifen der Regelsysteme (anders ausgedrückt, das Ausführen der differenzialschützenden Maßnahmen) realisiert werden, wodurch ein unnötiges Eingreifen (bzw. Ausführen) verhindert wird. Die Grenzdauer gibt auch an wie lange eine Überschreitung des Grenzwert (der Grenzkurve) tolerabel ist, bevor ein Regelsystem so regelnd eingreifen muss, dass unter Berücksichtigung der bekannten System-Regelzeiten ein Arbeitspunkt unterhalb der Grenzkurve schnell genug erreicht wird.
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In manchen Ausführungsformen kann - wie oben beschrieben - die differenzialschützende Maßnahme einen Bremseingriff auf mindestens eines von dem ersten und zweiten Antriebsrad und/oder eine Änderung des Ausgangsmoments des Getriebes umfassen (Bremseingriffsfunktion). In manchen Beispielen kann eine Änderung des Ausgangsmoment der Antriebseinheit oder des Getriebes erfolgen (Momenteneingriffsfunktion). In manchen Beispielen kann die differenzialschützende Maßnahme bzw. das Regelsystem zum Ausführen der differenzialschützenden Maßnahme beide Funktionen (den Bremseingriff und die Momentenänderung) umfassen und je nach Fahrsituation die Funktionen entsprechenden aktivieren. Das Aktivieren der Funktionen kann dabei zeitversetzt, hintereinander, etc. erfolgen.
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In manchen Ausführungsformen kann der Grenzwert von der vorliegenden Fahrsituation abhängig sein. In Ausführungsformen, in welchen eine prädizierte Fahrsituation ermittelt wird, kann der Grenzwert entsprechend abhängig von der prädizierten Fahrsituation sein. Somit ergibt für jede Fahrsituation ein entsprechender Grenzwert, wodurch die differenzialschützende Maßnahme spezifisch auf die Fahrsituation durchgeführt wird.
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Ein zweiter Aspekt der Offenbarung betrifft ein Steuergerät oder Steuergerätanordnung, das bzw. die eingerichtet ist, eines der oben beschriebenen Verfahren auszuführen.
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Ein dritter Aspekt der Offenbarung betrifft ein Kraftfahrzeug mit dem oben beschriebenen Steuergerät, wobei das Kraftfahrzeug ausgebildet ist, eines der oben beschriebenen Verfahren auszuführen.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nun beispielhaft und unter Bezugnahme auf die beigefügte Zeichnung beschrieben. Dabei zeigt:
- 1 schematisch einen Antriebsstrang eines Kraftfahrzeugs;
- 2 ein Verfahren gemäß einer Ausführungsform; und
- 3 ein Diagramm für den Verlauf einer Differenzdrehzahl von zweier Antriebsräder und eines Ausgangsmoment einer Antriebseinheit des Kraftfahrzeugs.
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In 1 ist ein schematisch ein Antriebstrang 1 eines Kraftfahrzeugs 100 gezeigt. Der Antriebsstrang 1 umfasst eine Antriebseinheit 3, bspw. eine Verbrennungskraftmaschine oder eine elektrische Maschine. Ein Antriebsmoment der Antriebseinheit 3 (Motorausgangsmoment) wird über eine (Motorausgangs-)Welle 4 auf ein Getriebe 5 übertragen. Das Getriebe 5 ist zum Übersetzen des Antriebsmoment vorgesehen und überträgt das übersetzte Moment (Ausgangsmoment des Getriebes 5) über eine Getriebeausgangswelle 7 auf ein Differenzialgetriebe 9. Das Differenzialgetriebe 9 übertragt das Ausgangsmoment des Getriebes 5 über eine erste Radwelle 10r auf das erste Antriebsrad 11r und über eine zweite Radwelle 10l auf das zweite Antriebsrad 11l. Das erste und das zweite Antriebsrad 11r, 11l kann einem rechten bzw. linken Vorderrad entsprechen. In anderen Beispielen können das erste und das zweite Antriebsrad 11r, 111 auch einem rechten bzw. linken Hinterrad entsprechen.
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Das Kraftfahrzeug umfasst eine Steuergerätanordnung 20, die ein Antriebssteuergerät 21 zum Steuern der Antriebseinheit 3, ein Getriebesteuergerät 23 zum Steuern des Getriebes 5, ein Bremssteuergerät 25 zum Steuern eines Bremseingriffs auf das erste und zweite Antriebsrad 11r, 111, ein Fahrsituationserkennungsmodul 27, ein Differenzialschutzmodul 29 und eine Datenbank 31.
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Die Steuergerätanordnung 20 ist mit einer Fahrzeugsensorik verbunden und erhält von diesen entsprechende Sensordaten. Die Fahrzeugsensorik umfasst einen Antriebsdrehzahlsensor 3a zum Erfassen einer (Ausgangs-) Drehzahl der Antriebseinheit 3, einen Getriebesensor 5a zum Erfassen einer (Ausgangs-) Drehzahl des Getriebes 5, einen ersten Raddrehzahlsensor 11a zum Erfassen einer Raddrehzahl des ersten Antriebsrades 11r sowie einen zweiten Raddrehzahlsensor 11b zum Erfassen einer Raddrehzahl des zweiten Antriebsrads 11l. Ferner umfasst die Fahrzeugsensorik einen Lenkwinkelsensor 13a zum Erfassen eines Lenkwinkels eines (nicht gezeigten) Lenkrads, einen Fahrgeschwindigkeitssensor 13b zum Erfassen einer Geschwindigkeit des Kraftfahrzeugs 100, einen Beschleunigungssensor 13c zum Erfassen einer Beschleunigung des Kraftfahrzeugs 100 und einen Neigungswinkelsensor zum Erfassen eines Neigungswinkel des Kraftfahrzeugs 100. Optional kann die Fahrzeugsensorik auch einen optischen Sensor 11e wie einen Lidar, einen Radar, einen Ultraschall umfassen.
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Die von der Fahrzeugsensorik erfassten Daten werden in der Datenbank 31 abgelegt. Ferner sind in der Datenbank 31 Informationen wie prädiktive Streckendaten, GPS-Daten, Navigationsdaten, Daten zur prädiktiven adaptiven Geschwindigkeitsregelung, Daten aus car-to-car- und/oder car-to-x-Kommunikation abgelegt.
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Das Fahrsituationserkennungsmodul 27 ist dazu eingereicht, basierend auf den Sensordaten eine vorliegende Fahrsituation zu erkennen. Dazu kann bspw. in der Datenbank 31 eine Fahrsituationsdatensatz hinterlegt sein, bei dem zu einer Vielzahl von bekannten Fahrsituationen jeweils entsprechende Sensorwerte (Sensordatensätze) abgelegt sind. Zusätzlich kann das Fahrsituationserkennungsmodul 27 eingerichtet sein, basierend auf der vorliegenden Fahrsituation und den Informationen aus der Datenbank 31 eine prädizierte Fahrsituation zu ermitteln.
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Das Differenzialschutzmodul 31 ist dazu eingerichtet, basierend auf der vorliegenden (und ggfs. prädizierten) Fahrsituation eine differenzialschützende Maßnahme auszuführen. Dazu umfasst das Differenzialschutzmodul 31 eine Bremseingriffsfunktion und eine Momenteneingriffsfunktion. Beim Aktivieren/Eingreifen der Bremseingriffsfunktion wird über das Bremssteuergerät 25 (nicht gezeigte) Bremseinrichtungen zum Einwirken auf das erste und das zweite Antriebsrad 11r, 11l angesteuert. Beim Aktivieren/Eingreifen der Momenteneingriffsfunktion wird über das Antriebssteuergerät 21 die Antriebseinheit 3 zum Einstellen des Ausgangsmoment der Antriebseinheit 13 (und damit mittelbar das Ausgangsmoment des Getriebes 5) angesteuert.
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2 zeigt schematisch ein Verfahren 200 gemäß einer Ausführungsform der Erfindung.
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Im Block 201 wird die vorliegende (optional zusätzlich mindestens eine prädizierte) Fahrsituation ermittelt basierend auf den Daten der Fahrzeugsensorik.
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Im Block 202 wird eine Differenzdrehzahl zwischen dem ersten und dem zweiten Antriebsrad 11 r, 11l ermittelt.
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Im Block 203 wird ein Ausgangsmoment der Antriebseinheit 3 oder des Getriebes 5 ermittelt. Beispielsweise kann das (erforderliche) Ausgangsmoment der Antriebseinheit 3 im Antriebssteuergerät 21 hinterlegt oder (im Falle einer elektrischen Maschine als Antriebseinheit 3) basierend auf einem Phasenstrom einer Rotorwelle der elektrischen Maschine ermittelbar/rückrechenbar sein. Das Ausgangsmoment des Getriebes 5 kann basierend auf dem Moment der Rotorwelle der elektrischen Maschine (oder, allgemein, auf dem Ausgangsmoment der Motorausgangswelle 4 der Antriebseinheit 3) und dem Wirkungsgrad des Getriebes 5 ermittelt werden.
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Im Block 204 wird ein Verhältnis (Quotient) von der Differenzdrehzahl und dem Ausgangsmoment ermittelt.
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Im Block 205 wird geprüft, ob das Verhältnis einen Grenzwert überschreitet. Der Grenzwert kann von der vorliegenden (und prädizierten) Fahrsituation abhängig und in der Datenbank 31 hinterlegt sein. Folglich entspricht das Überschreiten des Grenzwerts einer für das Differenzialgetriebe 9 kritischen Situation (differenzialkritische Situation). Im Block 205 wird also festgestellt, ob eine differenzialkritische Situation vorliegt. Falls das Ergebnis der Prüfung „nein“ ergibt, springt das Verfahren 200 zurück zum Block 201. Falls die Prüfung „ja“ ergibt, geht es zu Block 206.
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Im Block 206 wird geprüft, ob die Dauer der differenzialkritischen Situation einen Grenzwert überschreitet. Falls das Ergebnis der Prüfung „nein“ ergibt, springt das Verfahren 200 zurück zum Block 201. Falls die Prüfung „ja“ ergibt, geht es zu Block 207.
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Im Block 207 wird eine differenzialschützende Maßnahme ausgeführt. Dabei kann die oben erwähnte Bremseingriffsfunktion und/oder die Momenteneingriffsfunktion aktiviert und ausgeführt werden.
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In dem Verfahren 200 wird Block 201 durch das Fahrsituationserkennungsmodul 27 und die Blöcke 202 bis 207 durch das Differenzialschutzmodul 29. In einer alternativen Ausgestaltung des Verfahrens 200 kann auch Block 205 weggelassen werden.
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3 zeigt ein Diagramm 300 mit qualitativen Verläufen von Kenngrößen für ein konkretes Beispiel bei der Anwendung des Verfahrens 200. In dem Diagramm 300 ist eine (Ist-) Differenzdrehzahl 312 zwischen dem ersten und zweiten Antriebsrad 11r, 111 und eine Differenzdrehzahlobergrenze 311 gezeigt sowie ein Ausgangsmoment 310 der Antriebseinheit 3 (oder des Getriebes). Dabei ist auf der horizontalen Achse die Zeit und auf der vertikalen Achse das Drehmoment und die Differenzdrehzahl angegeben.
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Das konkrete Fallbeispiel betrifft ein stark beladenes schweres Kraftfahrzeug 100, das eine lange Steigung (20-25%) geradlinig bergauf fährt. Dabei sind die Reibbeläge links und rechts auf der Fahrbahn sehr unterschiedlich (bspw. links rauer Asphalt mit hohem Reibwert und rechts blankes poliertes Eis im mit Rollreibungskoeffizient µ=0,12).
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Zum Zeitpunkt t1 wird erkannt, dass eine differenzialkritische Situation vorliegt (z. B. eine hohe Differenzdrehzahl bei hohem Ausgangsmoment).
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In einer ersten Phase zwischen t1 und t2 steigt die Ist-Differenzdrehzahl 12, da die Aktivierung der Bremseingriffsfunktion aufgrund der Trägheit der Bremseinrichtung als mechanischeshydraulisches System nur zeitverzögert wirkt. Daher erfolgt noch kein tatsächlich Bremseingriff in der ersten Phase. Daher aktiviert das Differenzialschutzmodul 29 die Momenteneingriffsfunktion und verringert das Ausgangsmoment 310 der Antriebseinheit und somit das auf das erste und zweite Antriebrad 11r, 11l übertragene Antriebsmoment. Durch die Momentenrücknahme wird eine mechanische Belastung auf das Differenzialgetriebe 9 reduziert und dieses dadurch geschützt, da das Differenzialgetriebe 9 für geringere Radmomente höhere Differenzdrehzahl ertragen kann. Auch eine Fahrbarkeit des Kraftfahrzeugs 100 wird dabei wenig beeinflusst, da aufgrund der großen Massenträgheit des Kraftfahrzeugs aufgrund der Momentenrücknahme nur geringfügig langsamer wird.
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In einer zweiten Phase zwischen t2 und t3 wirkt nun auch der von der Bremseingriffsfunktion ausgelöster Bremseingriff auf das erste und das zweite Antriebsrad 11r, 11l. Dadurch kommt es zu einer Angleichung der Differenzdrehzahl 312 erfolgt. Gleichzeitig kann auch die Momentenrücknahme (sukzessive) durch das Antriebssteuergerät 21 langsam verringert werden.
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Eine dritte Phase beginnt ab dem Zeitpunkt t3, bei dem eine tolerable Differenzdrehzahl 312 erreicht wird. Das heißt, die Differenzdrehzahl 312 liegt unter der Differenzdrehzahlobergrenze 311. Das heißt, das Verhältnis von Differenzdrehzahl 312 und dem Ausgangsmoment 310 ist unterhalb des Grenzwerts für eine differenzialkritische Situation. Dadurch wird sichergestellt, dass die Differenzdrehzahl 312 keine Schädigung in dem Differenzialgetriebe 9 hervorrufen und daher beibehalten werden kann. Ab dem Zeitpunkt t3 kann die Momentenrücknahme stark reduziert (d. h., das Ausgangsmoment kann wieder höher sein) und das Ausgangsmoment konstant gehalten werden, so dass Kraftfahrzeug 100 mit der für das Differenzialgetriebe 9 tolerable Ist-Differenzdrehzahl 312 konstant weiterfahren kann.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Antriebsstrang
- 3
- Antriebseinheit
- 3a
- Antriebsdrehzahlsensor
- 4
- Motorausgangswelle
- 5
- Getriebe
- 5a
- Getriebesensor
- 7
- Getriebeausgangswelle
- 9
- Differenzialgetriebe
- 11a
- Raddrehzahlsensor
- 11b
- Raddrehzahlsensor
- 11l
- zweites Antriebsrad
- 11r
- erstes Antriebsrad
- 13a
- Lenkwinkelsensor
- 13b
- Fahrgeschwindigkeitssensor
- 13c
- Beschleunigungssensor
- 13d
- Neigungswinkelsensor
- 13e
- optischer Sensor
- 20
- Steuergerätanordnung
- 21
- Antriebssteuergerät
- 23
- Getriebesteuergerät
- 25
- Bremssteuergerät
- 27
- Fahrsituationserkennungsmodul
- 29
- Differenzialschutzmodul
- 31
- Datenbank
- 100
- Kraftfahrzeug
- 200
- Verfahren
- 201
- Ermitteln einer Fahrsituation
- 202
- Ermitteln einer Differenzdrehzahl
- 203
- Ermitteln eines Ausgangsmoments
- 204
- Ermitteln eines Verhältnisses zwischen Differenzdrehzahl und Ausgangsmoment
- 205
- Prüfen, ob differenzialkritische Situation vorliegt
- 206
- Prüfen, ob Dauer der differenzialkritischen Situationen eine Grenzdauer überschreitet
- 207
- Ausführen einer differenzialschützenden Maßnahme
- 300
- Diagramm
- 310
- Ist-Ausgangsmoment
- 311
- Differenzdrehzahlobergrenze
- 312
- (Ist-)Differenzdrehzahl
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102018208046 A1 [0002]
- DE 102019200325 A1 [0003]
- JP 201090721 A [0004]
- DE 102007042354 A1 [0005]
- JP 201246053 A [0006]