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Stand der Technik
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reduzierung eines Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eines Fahrzeugs. Zudem betrifft die Erfindung eine Recheneinheit zur Durchführung eines solchen Verfahrens sowie ein Fahrzeug mit einer solchen Recheneinheit.
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Aus dem Stand der Technik sind Fahrzeuge mit konventionellen Lenksystemen bekannt, bei welchen eine Lenkhandhabe, beispielsweise in Form eines Lenkrads, über eine Lenksäule mechanisch fest mit einem Lenkgetriebe verbunden ist. Zudem sind Fahrzeuge mit Steer-by-Wire-Lenksystemen bekannt, welche ohne eine direkte mechanische Verbindung zwischen einer Lenkhandhabe und gelenkten Fahrzeugrädern auskommen und bei welchen eine Lenkvorgabe ausschließlich elektrisch weitergeleitet wird. Zur Änderung eines Radlenkwinkels eines Fahrzeugrads umfassen Steer-by-Wire-Lenksysteme entweder einen als Zentralsteller ausgebildeten Radlenkwinkelsteller oder mehrere als Einzelradsteller ausgebildete Radlenkwinkelsteller. Ein Nachteil von Einzelradstellern gegenüber einem Zentralsteller besteht darin, dass diese insgesamt einen höheren Energiebedarf bzw. Energieverbrauch aufweisen. Beispielsweise müssen Einzelradsteller im Gegensatz zu Zentralstellern sowohl bei symmetrisch wirkenden externen Kräften, also beispielsweise bei einer Geradeausfahrt, als auch bei unsymmetrisch wirkenden externen Kräften, also beispielsweise bei einer Kurvenfahrt, Aktuatorkräfte bereitstellen, um eine gewünschte Sollposition zu halten.
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Dies führt zwangsläufig zu einer erhöhten Leistungsaufnahme der Einzelradlenksteller.
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Ausgehend davon besteht die Aufgabe der Erfindung insbesondere darin, ein Verfahren und ein Fahrzeug mit verbesserten Eigenschaften hinsichtlich einer Effizienz bereitzustellen. Die Aufgabe wird durch die Merkmale der Ansprüche 1, 14 und 15 gelöst, während vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung den Unteransprüchen entnommen werden können.
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Offenbarung der Erfindung
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Es wird ein Verfahren, insbesondere ein computerimplementiertes Verfahren, zur Reduzierung eines Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eines Fahrzeugs vorgeschlagen, wobei das Fahrzeug ein Lenksystem mit zumindest zwei Radlenkwinkelstellern zur radindividuellen Änderung eines jeweiligen Radlenkwinkels eines Fahrzeugrads und eine Fahrzeugsensorik zur Fahrsituationserkennung umfasst, wobei in zumindest einem, insbesondere von einem Fehlerbetriebszustand verschiedenen, Betriebszustand, in welchem mittels der Fahrzeugsensorik eine vordefinierte Fahrsituation, bevorzugt aus einer Gruppe mehrerer vordefinierter Fahrsituationen, ermittelt wird, zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eine Leistungsaufnahme wenigstens eines Radlenkwinkelstellers, insbesondere absichtlich, reduziert wird. Insbesondere wird der wenigstens eine Radlenkwinkelsteller dabei derart angesteuert, dass eine Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers reduziert ist und unterhalb einer für die Fahrsituation vorgesehenen Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers liegt. Die Radlenkwinkelsteller sind in diesem Fall insbesondere als Einzelradsteller ausgebildet. Grundsätzlich kann in dem Betriebszustand oder in zumindest einem weiteren Betriebszustand, in welchem mittels der Fahrzeugsensorik eine entsprechende vordefinierte Fahrsituation ermittelt wird, zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs auch eine Leistungsaufnahme mehrerer Radlenkwinkelsteller, beispielsweise von zumindest zwei, von zumindest drei und/oder von zumindest vier Radlenkwinkelstellern, insbesondere absichtlich, reduziert werden. Durch diese Ausgestaltung kann eine Effizienz, insbesondere eine Energieeffizienz, eine Bauteileeffizienz, eine Leistungseffizienz und/oder eine Kosteneffizienz, verbessert werden. Zudem kann eine Leistungsaufnahme des Radlenkwinkelstellers dynamisch in Abhängigkeit der Fahrsituation angepasst werden. Darüber hinaus kann vorteilhaft eine Standzeit und/oder eine Dauerfestigkeit des Fahrzeugs verbessert werden.
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Vorzugsweise ist das Fahrzeug als Kraftfahrzeug ausgebildet und umfasst insbesondere das Lenksystem und die Fahrzeugsensorik, welche dazu vorgesehen ist, wenigstens eine, insbesondere aktuelle und/oder zukünftige, Fahrsituation zu ermitteln. Dazu kann die Fahrzeugsensorik beispielsweise wenigstens ein, insbesondere elektrisches, magnetisches und/oder optisches, Sensorelement, ein Navigationssystem, beispielsweise mit einem GPS-Modul, und/oder ein Kommunikationsmodul zur drahtlosen Kommunikation mit einem externen Rechnernetzwerk, beispielsweise einem Cloudnetzwerk, umfassen. Ferner ist das Lenksystem als Steer-by-Wire-Lenksystem ausgebildet, bei welchem eine Lenkvorgabe vorteilhaft rein elektrisch an die Fahrzeugräder weitergeleitet wird. Das Lenksystem umfasst in diesem Fall die Radlenkwinkelsteller zur radindividuellen Änderung eines jeweiligen Radlenkwinkels und vorteilhaft eine mechanisch von den Radlenkwinkelstellern getrennte Bedieneinheit. Unter einer „Bedieneinheit“ soll insbesondere eine von einem Fahrer betätigbare Eingabeeinheit zur Ansteuerung der Radlenkwinkelsteller verstanden werden. Die Bedieneinheit kann insbesondere eine Lenkhandhabe, beispielsweise in Form eines Lenkrads, und vorteilhaft einen Feedback-Aktuator, beispielsweise in Form eines Elektromotors, zur Erzeugung eines Lenkwiderstands und/oder eines Rückstellmoments auf die Lenkhandhabe umfassen. Unter einem „Radlenkwinkelsteller“ soll insbesondere eine mit einem Fahrzeugrad in Wirkverbindung stehende Aktuatoreinheit verstanden werden, welche dazu vorgesehen ist, durch Änderung eines Radlenkwinkels des Fahrzeugrads eine Lenkvorgabe an das Fahrzeugrad zu übertragen und hierdurch vorteilhaft zumindest eine Ausrichtung des Fahrzeugrads zu steuern und/oder eine Fahrtrichtung des Fahrzeugs zu beeinflussen. Dazu umfasst der Radlenkwinkelsteller vorteilhaft wenigstens ein Lenkungsstellelement, beispielsweise in Form einer Zahnstange, und wenigstens einen mit dem Lenkungsstellelement wirkverbundenen Lenkaktuator, beispielsweise in Form eines Elektromotors. Die zumindest zwei Radlenkwinkelsteller können dabei einer als Vorderachse ausgebildeten Fahrzeugachse oder einer als Hinterachse ausgebildeten weiteren Fahrzeugachse des Fahrzeugs zugeordnet sein. Grundsätzlich kann ein Fahrzeug auch mehr als zwei Radlenkwinkelsteller umfassen, wie beispielsweise vier als Einzelradsteller ausgebildete Radlenkwinkelsteller, wobei jeder Fahrzeugachse zwei der Radlenkwinkelsteller zugeordnet sind.
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Des Weiteren umfasst das Fahrzeug eine Recheneinheit, welche dazu vorgesehen ist, das Verfahren zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs des Fahrzeugs durchzuführen. Unter einer „Recheneinheit“ soll insbesondere eine elektrische und/oder elektronische Einheit verstanden werden, welche einen Informationseingang, eine Informationsverarbeitung und eine Informationsausgabe aufweist. Vorteilhaft weist die Recheneinheit ferner zumindest einen Prozessor, zumindest einen Betriebsspeicher, zumindest ein Ein- und/oder Ausgabemittel, zumindest ein Betriebsprogramm, zumindest eine Steuerroutine, zumindest eine Berechnungsroutine, zumindest eine Ermittlungsroutine, zumindest eine Auswerteroutine und/oder zumindest eine Ansteuerroutine auf. Insbesondere ist die Recheneinheit, zur Ansteuerung wenigstens eines Radlenkwinkelstellers und bevorzugt sämtlicher Radlenkwinkelsteller vorgesehen. Vorliegend ist die Recheneinheit in diesem Zusammenhang zumindest dazu vorgesehen, zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eine Leistungsaufnahme wenigstens eines Radlenkwinkelstellers zu reduzieren, insbesondere derart, dass die Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers unterhalb einer für die Fahrsituation vorgesehenen Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers liegt. Zudem kann die Recheneinheit in Zusammenwirken mit der Fahrzeugsensorik dazu vorgesehen sein, eine, insbesondere aktuelle und/oder zukünftige, Fahrsituation zu ermitteln und mit wenigstens einer vordefinierten Fahrsituation abzugleichen. Die vordefinierte Fahrsituation und/oder die vordefinierten Fahrsituationen kann/können beispielsweise im Betriebsspeicher hinterlegt sein. Ferner kann die Recheneinheit in diesem Zusammenhang auch dazu vorgesehen sein, eine, insbesondere vorausliegende und/oder zukünftige, Fahrzeugtrajektorie des Fahrzeugs zu ermitteln und auszuwerten. Vorzugsweise ist die Recheneinheit dabei in ein Steuergerät des Fahrzeugs, beispielsweise ein zentrales Fahrzeugsteuergerät, oder ein Steuergerät des Lenksystems, insbesondere in Form eines Lenkungssteuergeräts, integriert. Unter „vorgesehen“ soll insbesondere speziell programmiert, ausgelegt und/oder ausgestattet verstanden werden. Darunter, dass ein Objekt zu einer bestimmten Funktion vorgesehen ist, soll insbesondere verstanden werden, dass das Objekt diese bestimmte Funktion in zumindest einem Anwendungs- und/oder Betriebszustand erfüllt und/oder ausführt.
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Die Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers könnte in dem Betriebszustand beispielsweise um zumindest 10 %, um zumindest 50 % oder um zumindest 80 %, reduziert werden, sodass zumindest eine minimale Lenkfunktionalität des Radlenkwinkelstellers erhalten bleibt. Vorzugsweise wird jedoch vorgeschlagen, dass in dem Betriebszustand auf eine aktive Ansteuerung des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers verzichtet und/oder der wenigstens eine Radlenkwinkelsteller zumindest temporär deaktiviert wird, wodurch eine besonders hohe Effizienz erreicht werden kann. In diesem Zusammenhang kann ein Motormoment des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers, insbesondere des Lenkaktuators, auf null gesetzt werden. Alternativ oder zusätzlich kann der wenigstens eine Radlenkwinkelsteller beispielsweise in einen Bereitschaftsmodus und/oder Stand-by-Betrieb versetzt werden. Durch Ausnutzen einer Fahrwerkskinematik, insbesondere in Form eines Nachlaufs, kann dann erreicht werden, dass der nicht-angesteuerte bzw. deaktivierte Radlenkwinkelsteller „mitläuft“.
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Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass in dem Betriebszustand wenigstens eine Umgebungsgröße und/oder wenigstens eine Betriebsgröße des Fahrzeugs überwacht und zur Ermittlung einer Reaktivierungsbedingung ausgewertet wird. Vorzugsweise werden die, insbesondere zu überwachende und/oder auszuwertende, Umgebungsgröße und/oder Betriebsgröße dabei in Abhängigkeit der jeweiligen Fahrsituation gewählt und/oder variiert. Die Reaktivierungsbedingung wird dann bevorzugt zur Reaktivierung eines Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers verwendet. Als Umgebungsgröße können beispielsweise Kameradaten und/oder Fahrbahnkartendaten verwendet werden, während als Betriebsgröße beispielsweise eine Betätigung eines Fahrzeugpedals des Fahrzeugs, eine Betätigung einer Parkbremse des Fahrzeugs, ein Erfassungssignal einer Inertialsensorik des Fahrzeugs, eine Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Auslenkung der Lenkhandhabe, ein Radlenkwinkel, eine Zahnstangenposition der Radlenkwinkelsteller und/oder ein Raddrehzahlsignal verwendet werden kann. Eine Ermittlung der Umgebungsgröße und/oder der Betriebsgröße kann ferner mittels der Fahrzeugsensorik und/oder einer, insbesondere zusätzlichen, Sensorik des Fahrzeugs erfolgen. Hierdurch kann insbesondere eine hohe Betriebssicherheit erreicht und eine vorteilhaft vorausschauende Reaktivierung des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers erreicht werden.
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Besonders bevorzugt wird zudem vorgeschlagen, dass bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers und insbesondere eines verwendeten Positionsreglers zur Ansteuerung des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers eine Anstiegsrate eines Motormoments temporär begrenzt wird, insbesondere bis eine Sollposition erreicht ist. Alternativ könnte bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers jedoch auch ein Gain-Scheduling Ansatz verwendet werden. Hierdurch kann insbesondere eine Irritation eines Fahrers bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers verhindert werden.
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Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass in dem Betriebszustand eine, insbesondere virtuelle, Lenkübersetzung zwischen einer Lenkhandhabe des Lenksystems und den Radlenkwinkelstellern derart angepasst wird, dass ein Lenkverhalten bzw. Fahrverhalten unverändert bleibt. Hierdurch kann insbesondere eine für einen Fahrer vorteilhaft unauffällige Funktionalität bereitgestellt werden. Die Lenkübersetzung definiert in diesem Fall insbesondere eine Korrelation zwischen einer Lenkvorgabe an der Lenkhandhabe und einem Radlenkwinkel des Fahrzeugrads bzw. der Fahrzeugräder.
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Ferner wird vorgeschlagen, dass bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers wenigstens eine weitere Umgebungsgröße und/oder wenigstens eine weitere Betriebsgröße des Fahrzeugs berücksichtigt wird. Vorzugsweise werden die weitere Umgebungsgröße und/oder weitere Betriebsgröße dabei in Abhängigkeit der jeweiligen Fahrsituation gewählt und/oder variiert. Als weitere Umgebungsgröße können beispielsweise Kameradaten und/oder Fahrbahnkartendaten verwendet werden, während als Betriebsgröße beispielsweise eine Betätigung eines Fahrzeugpedals des Fahrzeugs, eine Betätigung einer Parkbremse des Fahrzeugs, ein Erfassungssignal einer Inertialsensorik des Fahrzeugs, eine Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Auslenkung der Lenkhandhabe, ein Radlenkwinkel, eine Zahnstangenposition der Radlenkwinkelsteller und/oder ein Raddrehzahlsignal verwendet werden kann.
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Grundsätzlich kann die weitere Umgebungsgröße auch identisch mit der Umgebungsgröße und/oder die weitere Betriebsgröße identisch mit der Betriebsgröße sein.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers ein Verlauf einer vorausliegenden Fahrstrecke berücksichtigt wird, wodurch insbesondere eine Effizienz weiter verbessert und auf ein ständiges Umschalten des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers verzichtet werden kann. Zudem kann auch bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers ein Verlauf der vorausliegenden Fahrstrecke berücksichtigt werden, um eine besonders vorausschauende Reaktivierung zu erreichen.
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Des Weiteren wird vorgeschlagen, dass bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers eine Kurvenrichtung berücksichtigt wird. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise denkbar, lediglich bei einem kurveninneren oder einem kurvenäußeren Radlenkwinkelsteller eine Leistungsaufnahme zu reduzieren. Zudem kann auch bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers eine Kurvenrichtung berücksichtigt werden. Hierdurch kann insbesondere eine besonders hohe Flexibilität und/oder Variabilität erreicht werden.
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Bevorzugt wird ferner vorgeschlagen, dass bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers eine Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder eine Querbeschleunigung des Fahrzeugs berücksichtigt wird. In diesem Zusammenhang kann die Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers beispielsweise ausschließlich unterhalb oder oberhalb einer vordefinierten Grenzfahrzeuggeschwindigkeit und/oder Grenzquerbeschleunigung erfolgen. Zudem kann auch bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers eine Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder eine Querbeschleunigung des Fahrzeugs berücksichtigt werden. Durch die Berücksichtigung der Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder der Querbeschleunigung des Fahrzeugs können vorteilhaft sicherheitskritische Fahrsituationen identifiziert werden, sodass in diesen Fällen auf eine Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers verzichtet oder eine frühzeitige Reaktivierung eines Normalbetriebs erreicht werden kann.
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Zudem wird vorgeschlagen, dass bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers ein Gesundheits- und/oder Verschleißzustand des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers berücksichtigt wird. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise denkbar, lediglich bei einem Radlenkwinkelsteller mit einem schlechten oder schlechteren Gesundheits- und/oder Verschleißzustand eine Leistungsaufnahme zu reduzieren. Hierdurch kann insbesondere eine Standzeit und/oder eine Dauerfestigkeit des Fahrzeugs erhöht werden.
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Eine besonders hohe Energieeffizienz kann insbesondere erreicht werden, wenn bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers ein aktueller Leistungsbedarf und/oder ein für die Fahrsituation erforderlicher Leistungsbedarf des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers berücksichtigt wird. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise denkbar, lediglich bei einem Radlenkwinkelsteller mit einem hohen Leistungsbedarf oder höheren Leistungsbedarf eine Leistungsaufnahme zu reduzieren.
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Zudem wird vorgeschlagen, dass bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers ein Beladungszustand des Fahrzeugs berücksichtigt wird. Da der Beladungszustand des Fahrzeugs unmittelbar mit dem Leistungsbedarf der Radlenkwinkelsteller verknüpft ist, führt beispielsweise ein hoher Beladungszustand zu einem erhöhten Leistungsbedarf der Radlenkwinkelsteller und ein unsymmetrischer Beladungszustand zu einem unterschiedlich hohen Leistungsbedarf der Radlenkwinkelsteller. Durch die Berücksichtigung des Beladungszustands kann demnach vorteilhaft ein Radlenkwinkelsteller mit einem hohen Leistungsbedarf oder höheren Leistungsbedarf identifiziert und gegebenenfalls eine Leistungsaufnahme entsprechend reduziert werden, wodurch eine Energieeffizienz weiter verbessert werden kann.
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Gemäß einer Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass eine erste vordefinierte Fahrsituation einem Fahrvorgang mit geringer Lenkanforderung, beispielsweise einer Fahrt mit einer geringen Fahrzeuggeschwindigkeit und einer geringen Querbeschleunigung bzw. einem großen Kurvenradius, entspricht und zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eine Leistungsaufnahme eines Radlenkwinkelstellers, insbesondere eines der zwei Radlenkwinkelsteller und/oder genau eines Radlenkwinkelstellers, reduziert wird. Insbesondere wird in diesem Fall lediglich eine Leistungsaufnahme eines Teils der Radlenkwinkelsteller reduziert. In diesem Zusammenhang kann der Radlenkwinkelsteller, dessen Leistungsaufnahme reduziert wird, beispielsweise ein kurveninnerer Radlenkwinkelsteller, ein kurvenäußerer Radlenkwinkelsteller, ein Radlenkwinkelsteller mit einem schlechteren Gesundheits- und/oder Verschleißzustand und/oder ein Radlenkwinkelsteller mit einem höheren Leistungsbedarf sein. Ferner kann eine Gierbewegung des Fahrzeugs mit dem verbleibenden Radlenkwinkelsteller erzeugt werden, während der Radlenkwinkelsteller mit reduzierter Leistungsaufnahme eine Geradeausposition hält, insbesondere durch Ausnutzung der Fahrwerkskinematik, oder sich entsprechend der Gierbewegung des Fahrzeugs mitbewegt. Hierdurch kann insbesondere bei Fahrvorgängen mit geringer Lenkanforderung, also einer Lenkanforderung ungleich null, ein Energiebedarf und/oder Energieverbrauch reduziert und eine Effizienz vorteilhaft gesteigert werden.
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Gemäß einer weiteren Ausgestaltung wird vorgeschlagen, dass eine zweite vordefinierte Fahrsituation einem Haltevorgang entspricht, in welchem sich das Fahrzeug im Stillstand befindet, und zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eine Leistungsaufnahme beider Radlenkwinkelsteller und bevorzugt aller Radlenkwinkelsteller reduziert wird. Hierdurch kann insbesondere bei Haltevorgängen, in welchem sich das Fahrzeug im Stillstand befindet, ein Energiebedarf und/oder Energieverbrauch reduziert und eine Effizienz vorteilhaft gesteigert werden.
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Darüber hinaus wird vorgeschlagen, dass eine dritte vordefinierte Fahrsituation einer Geradeausfahrt, also einem Fahrvorgang mit einer Lenkanforderung gleich bzw. nahe null und bevorzugt mit erhöhter Fahrzeuggeschwindigkeit, entspricht und zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eine Leistungsaufnahme beider Radlenkwinkelsteller und bevorzugt aller Radlenkwinkelsteller reduziert wird. In diesem Zusammenhang kann wiederum eine Fahrwerkskinematik, insbesondere in Form eines Nachlaufs, ausgenutzt werden, wobei ein Rückstellverhalten der Fahrzeugachse durch den Nachlauf geschwindigkeitsabhängig ist und mit steigender Fahrzeuggeschwindigkeit die Fahrzeugräder immer besser zentriert werden. Hierdurch kann insbesondere bei Geradeausfahrten ein Energiebedarf und/oder Energieverbrauch reduziert und eine Effizienz vorteilhaft gesteigert werden.
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Das Verfahren zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs des Fahrzeugs und das Fahrzeug sollen hierbei nicht auf die oben beschriebene Anwendung und Ausführungsform beschränkt sein. Insbesondere können das Verfahren zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs des Fahrzeugs und das Fahrzeug zu einer Erfüllung einer hierin beschriebenen Funktionsweise eine von einer hierin genannten Anzahl von einzelnen Elementen, Bauteilen und Einheiten abweichende Anzahl aufweisen.
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Zeichnungen
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Weitere Vorteile ergeben sich aus der folgenden Zeichnungsbeschreibung. In den Zeichnungen ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt.
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Es zeigen:
- 1a-b ein Fahrzeug mit einem als Steer-by-Wire-Lenksystem ausgebildeten Lenksystem in einer vereinfachten Darstellung und
- 2 ein beispielhaftes Ablaufdiagramm mit Hauptverfahrensschritten eines Verfahrens zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs des Fahrzeugs.
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Beschreibung des Ausführungsbeispiels
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Die 1a und 1b zeigen ein beispielhaft als Personenkraftfahrzeug ausgebildetes Fahrzeug 10 mit mehreren Fahrzeugrädern 18, 20 und mit einem Lenksystem 12 in einer vereinfachten Darstellung. Das Lenksystem 12 weist eine Wirkverbindung mit den Fahrzeugrädern 18, 20 auf und ist zur Beeinflussung einer Fahrtrichtung des Fahrzeugs 10 vorgesehen. Ferner ist das Lenksystem 12 als Steer-by-Wire-Lenksystem ausgebildet, bei welchem eine Lenkvorgabe in zumindest einem Betriebszustand elektrisch an die Fahrzeugräder 18, 20 weitergeleitet wird.
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Das Lenksystem 12 weist eine an sich bekannte Bedieneinheit 28 auf. Die Bedieneinheit 28 umfasst eine, insbesondere von einem Fahrer betätigbare, Lenkhandhabe 24, beispielsweise in Form eines Lenkrads, sowie einen, insbesondere mechanisch mit der Lenkhandhabe 24 gekoppelten, Feedback-Aktuator 30. Im vorliegenden Fall ist der Feedback-Aktuator 30 zumindest zur Erzeugung eines Lenkwiderstands und/oder eines Rückstellmoments auf die Lenkhandhabe 24 vorgesehen. Alternativ könnte eine Lenkhandhabe auch als Joystick, als Lenkhebel und/oder als Lenkkugel oder dergleichen ausgebildet sein. Ferner könnte grundsätzlich auch auf einen Feedback-Aktuator verzichtet werden. Zudem ist denkbar, auf eine Bedieneinheit vollständig zu verzichten.
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Darüber hinaus weist das Lenksystem 12 mehrere Radlenkwinkelsteller 14, 16 auf. Im vorliegenden Fall umfasst das Lenksystem 12 beispielhaft zwei als Einzelradsteller ausgebildete und an einer als Vorderachse ausgebildeten Fahrzeugachse angeordnete Radlenkwinkelsteller 14, 16, insbesondere einen Radlenkwinkelsteller 14 und einen weiteren Radlenkwinkelsteller 16, und folglich insbesondere eine radindividuelle Lenkung. Die Radlenkwinkelsteller 14, 16 sind zumindest im Wesentlichen baugleich ausgebildet. Die Radlenkwinkelsteller 14, 16 sind getrennt voneinander ausgebildet und im vorliegenden Fall frei von einer mechanischen Verbindung. Die Radlenkwinkelsteller 14, 16 sind unabhängig voneinander ansteuerbar. Ferner sind die Radlenkwinkelsteller 14, 16 rein elektrisch mit der Bedieneinheit 28 und folglich der Lenkhandhabe 24 verbunden. Jeder der Radlenkwinkelsteller 14, 16 weist eine Wirkverbindung mit genau einem der Fahrzeugräder 18, 20, vorliegend beispielhaft einem Vorderrad, auf. Die Radlenkwinkelsteller 14, 16 sind dazu vorgesehen, in Abhängigkeit einer Lenkvorgabe einen jeweiligen Radlenkwinkel des entsprechenden Fahrzeugrads 18, 20 zu ändern. Dazu umfasst jeder der Radlenkwinkelsteller 14, 16 ein beispielhaft als Zahnstange ausgebildetes Lenkungsstellelement 32, 34 und einen mit dem Lenkungsstellelement 32, 34 zusammenwirkenden und als Elektromotor ausgebildeten Lenkaktuator 36, 38. Grundsätzlich könnte ein Lenksystem natürlich auch zumindest einen als Zentralsteller ausgebildeten Radlenkwinkelsteller umfassen. Ferner kann ein Lenksystem auch wenigstens vier als Einzelradsteller ausgebildete Radlenkwinkelsteller umfassen. Prinzipiell könnte ein Lenksystem auch eine Kombination aus einem als Einzelradsteller ausgebildeten Radlenkwinkelsteller und einem als Zentralsteller ausgebildeten Radlenkwinkelsteller umfassen. Darüber hinaus könnte insbesondere auch wenigstens ein Radlenkwinkelsteller einem als Hinterrad ausgebildeten Fahrzeugrad zugeordnet sein.
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Ferner umfasst das Fahrzeug 10 eine an sich bekannte Fahrzeugsensorik 22 zur Fahrsituationserkennung. Die Fahrzeugsensorik 22 ist dazu vorgesehen, wenigstens eine, insbesondere aktuelle und/oder zukünftige, Fahrsituation zu ermitteln und ein mit der Fahrsituation korreliertes Sensorsignal bereitzustellen. Vorliegend ist die Fahrzeugsensorik 22 dabei zumindest zur Ermittlung wenigstens einer Umgebungsgröße und/oder wenigstens einer Betriebsgröße des Fahrzeugs 10 vorgesehen. Als Umgebungsgröße können beispielsweise Kameradaten und/oder Fahrbahnkartendaten ermittelt werden, während als Betriebsgröße beispielsweise eine Betätigung eines Fahrzeugpedals des Fahrzeugs 10, eine Betätigung einer Parkbremse des Fahrzeugs 10, ein Erfassungssignal einer Inertialsensorik des Fahrzeugs 10, eine Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Auslenkung der Lenkhandhabe 24, ein Radlenkwinkel, eine Zahnstangenposition der Radlenkwinkelsteller 14, 16 und/oder ein Raddrehzahlsignal ermittelt werden kann. Dazu kann die Fahrzeugsensorik 22 wenigstens ein, insbesondere elektrisches, magnetisches und/oder optisches, Sensorelement (nicht dargestellt) umfassen. Alternativ oder zusätzlich kann die Fahrzeugsensorik 22 ein Navigationssystem (nicht dargestellt), beispielsweise mit einem GPS-Modul, umfassen. Zudem kann die Fahrzeugsensorik 22 ein Kommunikationsmodul (nicht dargestellt) zur drahtlosen Kommunikation mit einem externen Rechnernetzwerk, beispielsweise einem Cloudnetzwerk, umfassen, wobei mittels des Kommunikationsmoduls beispielsweise die Fahrbahnkartendaten abgerufen werden können. Grundsätzlich ist jedoch auch denkbar, auf ein Sensorelement, ein Navigationssystem und/oder ein Kommunikationsmodul vollständig zu verzichten.
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Darüber hinaus weist das Fahrzeug 10 ein Steuergerät 40 auf. Das Steuergerät 40 ist im vorliegenden Fall als Lenkungssteuergerät ausgebildet und folglich Teil des Lenksystems 12. Das Steuergerät 40 weist eine elektrische Verbindung mit der Bedieneinheit 28 auf. Das Steuergerät 40 weist ferner eine elektrische Verbindung mit den Radlenkwinkelstellern 14, 16 auf. Zudem weist das Steuergerät 40 eine elektrische Verbindung mit der Fahrzeugsensorik 22 auf. Das Steuergerät 40 ist zumindest zur Steuerung eines Betriebs des Lenksystems 12 vorgesehen.
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Das Steuergerät 40 weist eine Recheneinheit 26 auf. Die Recheneinheit 26 umfasst zumindest einen Prozessor (nicht dargestellt), beispielsweise in Form eines Mikroprozessors, und zumindest einen Betriebsspeicher (nicht dargestellt). Zudem umfasst die Recheneinheit 26 zumindest ein im Betriebsspeicher hinterlegtes Betriebsprogramm mit zumindest einer Berechnungsroutine, zumindest einer Ermittlungsroutine, zumindest einer Auswerteroutine und/oder zumindest einer Ansteuerroutine. Prinzipiell könnte ein Steuergerät auch von einem Lenkungssteuergerät verschieden und beispielsweise als einzelnes, zentrales Fahrzeugsteuergerät mit einer zentralen Recheneinheit ausgebildet sein. Zudem ist denkbar, für jeden Radlenkwinkelsteller sowie für die Bedieneinheit separate Steuergeräte vorzusehen und diese kommunizierend miteinander zu verbinden.
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Ein Nachteil von Einzelradstellern gegenüber einem Zentralsteller besteht darin, dass diese insgesamt einen höheren Energiebedarf bzw. Energieverbrauch aufweisen. Beispielsweise müssen Einzelradsteller im Gegensatz zu Zentralstellern sowohl bei symmetrisch als auch bei unsymmetrisch wirkenden externen Kräften Aktuatorkräfte bereitstellen, um eine gewünschte Sollposition zu halten.
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Zur Verbesserung einer Effizienz wird deshalb im Folgenden ein Verfahren zur Reduzierung eines Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs des Fahrzeugs 10 vorgeschlagen. Im vorliegenden Fall wird das Verfahren dabei beispielhaft in Bezug auf die Fahrzeugräder 18, 20 und die den Fahrzeugrädern 18, 20 zugeordneten Radlenkwinkelsteller 14, 16 beschrieben, wobei die folgende Beschreibung jedoch auch auf weitere Fahrzeugräder, insbesondere an einer als Hinterachse ausgebildeten weiteren Fahrzeugachse, und entsprechende weitere Radlenkwinkelsteller übernommen werden kann. Vorliegend ist dabei insbesondere die Recheneinheit 26 dazu vorgesehen, das Verfahren auszuführen und weist dazu insbesondere ein Computerprogramm mit entsprechenden Programmcodemitteln auf.
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Erfindungsgemäß wird in zumindest einem Betriebszustand, in welchem mittels der Fahrzeugsensorik 22 eine vordefinierte Fahrsituation ermittelt wird, zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eine Leistungsaufnahme wenigstens eines Radlenkwinkelstellers 14, 16 reduziert. Dabei wird der wenigstens eine Radlenkwinkelsteller 14, 16 derart angesteuert, dass eine Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 reduziert ist und unterhalb einer für die Fahrsituation vorgesehenen Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 liegt. Vorliegend wird dazu in dem Betriebszustand auf eine aktive Ansteuerung des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 verzichtet und ein Motormoment des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16, insbesondere des entsprechenden Lenkaktuators 36, 38, auf null gesetzt. Alternativ könnte wenigstens ein Radlenkwinkelsteller allerdings auch zumindest temporär deaktiviert und beispielsweise in einen Bereitschaftsmodus und/oder Stand-by-Betrieb versetzt werden. Zudem ist denkbar, eine Leistungsaufnahme wenigstens eines Radlenkwinkelstellers lediglich zu reduzieren, sodass zumindest eine minimale Lenkfunktionalität des Radlenkwinkelstellers erhalten bleibt.
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Zudem wird in dem Betriebszustand wenigstens eine Umgebungsgröße und/oder wenigstens eine Betriebsgröße des Fahrzeugs 10 überwacht und zur Ermittlung einer Reaktivierungsbedingung ausgewertet, wobei die Reaktivierungsbedingung zur Reaktivierung eines Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 verwendet wird. In diesem Zusammenhang können die, insbesondere zu überwachende und/oder auszuwertende, Umgebungsgröße und/oder Betriebsgröße auch in Abhängigkeit der jeweiligen Fahrsituation gewählt und/oder variiert werden. Als Umgebungsgröße können beispielsweise Kameradaten und/oder Fahrbahnkartendaten verwendet werden, während als Betriebsgröße beispielsweise eine Betätigung des Fahrzeugpedals, eine Betätigung der Parkbremse, ein Erfassungssignal der Inertialsensorik, eine Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Auslenkung der Lenkhandhabe 24, ein Radlenkwinkel, eine Zahnstangenposition der Radlenkwinkelsteller 14, 16 und/oder ein Raddrehzahlsignal überwacht werden können.
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Ferner wird im vorliegenden Fall bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 und insbesondere eines verwendeten Positionsreglers zur Ansteuerung des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 eine Anstiegsrate eines Motormoments temporär begrenzt, und zwar vorliegend insbesondere bis eine Sollposition erreicht ist, wodurch eine Irritation eines Fahrers bei der Reaktivierung des Normalbetriebs verhindert werden kann. Alternativ könnte bei der Reaktivierung eines Normalbetriebs wenigstens eines Radlenkwinkelstellers jedoch auch ein Gain-Scheduling Ansatz verwendet werden.
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Darüber hinaus kann bei der Reduzierung der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 wenigstens eine weitere Umgebungsgröße und/oder wenigstens eine weitere Betriebsgröße des Fahrzeugs 10, ein Verlauf einer vorausliegenden Fahrstrecke, eine Kurvenrichtung, eine Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Querbeschleunigung des Fahrzeugs 10, ein Gesundheits- und/oder Verschleißzustand des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16, ein aktueller Leistungsbedarf und/oder ein für die Fahrsituation erforderlicher Leistungsbedarf des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 und/oder ein Beladungszustand des Fahrzeugs 10 berücksichtigt werden. Analog kann auch bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 ein Verlauf der vorausliegenden Fahrstrecke, eine Kurvenrichtung, eine Fahrzeuggeschwindigkeit und/oder eine Querbeschleunigung des Fahrzeugs 10 berücksichtigt werden, um eine besonders vorausschauende Reaktivierung zu erreichen. Eine besonders effiziente Deaktivierung und/oder Reaktivierung des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 kann ferner insbesondere bei einem automatisierten Fahrmanöver erreicht werden.
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Im Folgenden werden nun beispielhafte Fahrsituationen beschrieben, in welchen das zuvor allgemein beschriebene Verfahren vorteilhaft angewendet werden kann.
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Vorliegend kann eine erste vordefinierte Fahrsituation einem Fahrvorgang mit geringer Lenkanforderung, beispielsweise einer Fahrt mit einer geringen Fahrzeuggeschwindigkeit und einer geringen Querbeschleunigung bzw. einem großen Kurvenradius, entsprechen. Zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs kann in diesem Fall eine Leistungsaufnahme eines einzelnen Radlenkwinkelstellers 14, 16, also entweder des Radlenkwinkelstellers 14 oder des weiteren Radlenkwinkelstellers 16, reduziert werden. Zudem kann eine Gierbewegung des Fahrzeugs 10 mit dem verbleibenden Radlenkwinkelsteller 14, 16 erzeugt werden, während der Radlenkwinkelsteller 14, 16 mit reduzierter Leistungsaufnahme eine Geradeausposition hält, bevorzugt durch Ausnutzung einer Fahrwerkskinematik, oder sich entsprechend der Gierbewegung des Fahrzeugs 10 mitbewegt. Alternativ könnte in diesem Fall jedoch auch eine Leistungsaufnahme beider Radlenkwinkelsteller reduziert werden und eine Gierbewegung des Fahrzeugs mit einem Brems- und/oder ESP-System erzeugt werden. Aufgrund eines geringen Phasenversatzes zwischen dem verbleibenden Radlenkwinkelsteller 14, 16 und dem Radlenkwinkelsteller 14, 16 mit reduzierter Leistungsaufnahme kann ferner zur Aufrechterhaltung einer unveränderten Agilität des Fahrzeugs 10 der verbleibende Radlenkwinkelsteller 14, 16 bzw. das damit gekoppelte spurführende Fahrzeugrad 18, 20 bei Einleitung einer Kurve tendenziell etwas stärker eingelenkt werden. Um dabei eine Unauffälligkeit der Funktionalität zu verbessern, kann eine, insbesondere virtuelle, Lenkübersetzung zwischen der Lenkhandhabe 24 und den Radlenkwinkelstellern 14, 16 angepasst werden, und zwar derart, dass ein Lenkverhalten bzw. Fahrverhalten unverändert bleibt. Ferner kann durch eine Überwachung der Umgebungsgrößen und/oder der Betriebsgrößen des Fahrzeugs 10, wie beispielsweise von Kameradaten und/oder des Erfassungssignals der Inertialsensorik, bei Bedarf, beispielsweise bei kritischen Fahrsituation mit höherer Fahrdynamik, eingegriffen werden und gegebenenfalls ein Normalbetrieb des Radlenkwinkelsteller 14, 16 mit reduzierter Leistungsaufnahme reaktiviert werden.
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In diesem Zusammenhang kann der Radlenkwinkelsteller 14, 16, dessen Leistungsaufnahme reduziert wird, beispielsweise ein kurveninnerer Radlenkwinkelsteller oder alternativ ein kurvenäußerer Radlenkwinkelsteller sein. Zudem könnte der Radlenkwinkelsteller 14, 16, dessen Leistungsaufnahme reduziert wird, ein Radlenkwinkelsteller mit einem schlechteren Gesundheits- und/oder Verschleißzustand sein, wodurch vorteilhaft eine Standzeit und/oder eine Dauerfestigkeit des Fahrzeugs 10 erhöht werden kann. Zur Ermittlung eines Gesundheits- und/oder Verschleißzustand des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 kann dabei vorteilhaft ein Lernalgorithmus, beispielsweise in Form einer künstlichen Intelligenz und besonders vorteilhaft ein rekurrentes neuronales Netzwerk, verwendet werden. Darüber hinaus könnte der Radlenkwinkelsteller 14, 16, dessen Leistungsaufnahme reduziert wird, ein Radlenkwinkelsteller mit einem höheren Leistungsbedarf sein. In diesem Zusammenhang muss berücksichtigt werden, dass der Beladungszustand des Fahrzeugs 10 unmittelbar mit dem Leistungsbedarf der Radlenkwinkelsteller 14, 16 verknüpft ist, sodass beispielsweise ein unsymmetrischer Beladungszustand zu einem unterschiedlich hohen Leistungsbedarf der Radlenkwinkelsteller 14, 16 führen kann. Analoges gilt grundsätzlich auch für Asymmetrien des Fahrwerks.
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Eine zweite vordefinierte Fahrsituation kann einem Haltevorgang entsprechen, in welchem sich das Fahrzeug 10 im Stillstand befindet. Zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs kann in diesem Fall eine Leistungsaufnahme beider Radlenkwinkelsteller 14, 16, also des Radlenkwinkelstellers 14 und des weiteren Radlenkwinkelstellers 16, reduziert werden. Alternativ könnte in diesem Fall jedoch auch eine Leistungsaufnahme eines einzelnen Radlenkwinkelstellers reduziert werden. Zur Erkennung des Haltevorgangs kann beispielsweise eine Betätigung eines Fahrzeugpedals, insbesondere eines Bremspedals, ein Raddrehzahlsignal, eine Betätigung einer Parkbremse, ein Signal eines Start-Stopp-Systems und/oder eine mittels einer Kamera erfasste rote Ampel ermittelt werden. Nachdem bei sehr glatter Fahrbahn allerdings die Gefahr besteht, dass sich die Fahrzeugräder 18, 20 selbsttätig im Stand drehen, ist es in diesem Fall wichtig, den Zustand des Fahrzeugs 10, beispielsweise die Raddrehzahlsignale, zu überwachen und gegebenenfalls einen Normalbetrieb der Radlenkwinkelsteller 14, 16 zu reaktivieren. Zusätzlich können die genannten Informationen auch zur Ermittlung eines Reibwerts der Fahrbahn bzw. des Untergrunds genutzt werden.
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Eine dritte vordefinierte Fahrsituation kann einer Geradeausfahrt, also einem Fahrvorgang mit einer Lenkanforderung gleich null, entsprechen. Zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs kann in diesem Fall eine Leistungsaufnahme beider Radlenkwinkelsteller 14, 16, also des Radlenkwinkelstellers 14 und des weiteren Radlenkwinkelstellers 16, reduziert werden. Alternativ könnte in diesem Fall jedoch auch eine Leistungsaufnahme eines einzelnen Radlenkwinkelstellers reduziert werden. Dabei kann wiederum eine Fahrwerkskinematik, insbesondere in Form eines Nachlaufs, ausgenutzt werden, wobei ein Rückstellverhalten der Fahrzeugachse durch den Nachlauf geschwindigkeitsabhängig ist und mit steigender Fahrzeuggeschwindigkeit die Fahrzeugräder 18, 20 immer besser zentriert werden. Je nach Auslegung des Fahrzeugs 10 kann in diesem Zusammenhang auch eine Geometrie einer Radaufhängung des Fahrzeugs 10 angepasst werden, um Effekte wie eine Selbstzentrierung zu verstärken. Auch in diesem Fall kann durch eine Überwachung der Umgebungsgrößen und/oder der Betriebsgrößen des Fahrzeugs 10 bei Bedarf eingegriffen werden und gegebenenfalls ein Normalbetrieb der Radlenkwinkelsteller 14, 16 reaktiviert werden.
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2 zeigt abschließend ein beispielhaftes Ablaufdiagramm mit Hauptverfahrensschritten des Verfahrens zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs des Fahrzeugs 10.
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In einem Verfahrensschritt 50 wird zunächst mittels der Fahrzeugsensorik 22 in Zusammenwirken mit der Recheneinheit 26 eine, insbesondere aktuelle und/oder zukünftige, Fahrsituation ermittelt und ausgewertet. Wird in diesem Zusammenhang eine vordefinierte Fahrsituation, insbesondere aus einer Gruppe mehrerer vordefinierter Fahrsituationen, erkannt, so folgt ein Verfahrensschritt 52.
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Im Verfahrensschritt 52 wird zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs eine Leistungsaufnahme wenigstens eines Radlenkwinkelstellers 14, 16 reduziert, und zwar insbesondere derart, dass die Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 unterhalb einer für die Fahrsituation vorgesehenen Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 liegt. Vorliegend wird dabei auf eine aktive Ansteuerung des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 verzichtet und/oder der wenigstens eine Radlenkwinkelsteller 14, 16 zumindest temporär deaktiviert.
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Anschließend wird in einem Verfahrensschritt 54 wenigstens eine Umgebungsgröße und/oder wenigstens eine Betriebsgröße des Fahrzeugs 10 überwacht und ausgewertet. Als Umgebungsgröße können beispielsweise Kameradaten und/oder Fahrbahnkartendaten verwendet werden, während als Betriebsgröße beispielsweise eine Betätigung des Fahrzeugpedals, eine Betätigung der Parkbremse, ein Erfassungssignal der Inertialsensorik, eine Fahrzeuggeschwindigkeit, eine Auslenkung der Lenkhandhabe 24, ein Radlenkwinkel, eine Zahnstangenposition der Radlenkwinkelsteller 14, 16 und/oder ein Raddrehzahlsignal überwacht werden können. Vorliegend werden die, insbesondere zu überwachende und/oder auszuwertende, Umgebungsgröße und/oder Betriebsgröße dabei in Abhängigkeit der jeweiligen Fahrsituation gewählt und/oder variiert. Wird bei der Überwachung der Umgebungsgröße und/oder Betriebsgröße eine Reaktivierungsbedingung ermittelt, so folgt ein Verfahrensschritt 56.
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Im Verfahrensschritt 56 wird in Abhängigkeit der Reaktivierungsbedingung ein Normalbetrieb des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 reaktiviert. Hierzu wird die Reduktion der Leistungsaufnahme des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 aufgehoben und der wenigstens eine Radlenkwinkelsteller 14, 16 wieder aktiv angesteuert.
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Das beispielhafte Ablaufdiagramm in 2 soll lediglich beispielhaft ein Verfahren zur Reduzierung des Energiebedarfs und/oder Energieverbrauchs des Fahrzeugs 10 beschreiben. Insbesondere können einzelne Verfahrensschritte auch variieren oder zusätzliche Verfahrensschritte hinzukommen. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise denkbar, eine Lenkübersetzung zwischen der Lenkhandhabe 24 und den Radlenkwinkelstellern 14, 16 derart anzupassen, dass ein Lenkverhalten bzw. Fahrverhalten in der vordefinierten Fahrsituation unverändert bleibt. Ferner kann beispielsweise bei der Reaktivierung des Normalbetriebs des wenigstens einen Radlenkwinkelstellers 14, 16 eine Anstiegsrate eines Motormoments temporär begrenzt werden.