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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Blitzschutzanlage, z.B. zum Schutz eines Gebäudes, einer anderen baulichen Anlage oder einer weiteren zu schützenden Einrichtung.
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Mit Hilfe einer Blitzschutzanlage bzw. eines äußeren Blitzschutzsystems soll beispielsweise ein Gebäude gegenüber Blitzeinschlägen gesichert werden, indem der Blitz eingefangen und ein dabei auftretender Blitzstrom gegen Erde abgeleitet und im Erdreich möglichst großflächig verteilt wird. Im Falle eines Einschlages bietet eine Blitzschutzanlage dem Blitzstrom auf Basis einer Blitzableitung einen definierten niederohmigen Strompfad, über welchen dieser an dem zu schützenden Gebäude vorbeigeführt und abgeleitet wird. Eingefangen wird der Blitz hierbei mit einer sogenannten Fangeinrichtung, welche geeignete Einschlagspunkte für den Blitz auf einem Dach des Gebäudes vorgibt und dadurch unkontrollierte Einschläge an anderen Stellen vermeidet.
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Fangeinrichtungen umfassen dabei nach oben ausgerichtete Elemente wie Stangen oder dergleichen, welche über ein Netzwerk aus Fangleitungen wie Drähte und/oder Metallseile miteinander verbunden sein können. Dabei überragen die Elemente typischer Fangeinrichtungen normalerweise prinzipbedingt eine äußere Kontur des eigentlichen Baukörpers. Die Schutzwirkung der Fangeinrichtung beruht dabei darauf, dass sich aufgrund einer hohen Randfeldstärke unmittelbar über der geerdeten Fangeinrichtung Entladungen ausbilden, welche bevorzugt an elektrisch leitfähigen Spitzen und Kanten zu einer teilweisen Ionisierung der umgebenden Luft führen, wodurch ein eventuell in Folge einsetzender Blitz mit höherer Wahrscheinlichkeit in die Fangeinrichtung einschlägt. Die Spitzen und Stangen der Fangeinrichtung definieren damit die möglichen Einschlagspunkte für einen Blitz, dessen Strom anschließend über die Fangleitungen auf dem Dach auf mehrere parallel geschaltete Pfade aufgeteilt und abgeführt werden kann.
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Um den Blitzstrom von Leitungen im Innern des Gebäudes fernzuhalten, sind Trennungsabstände zu leitenden Teilen der baulichen Anlage und zu elektrischen Dachaufbauten erforderlich. Die einzuhaltenden Trennungsabstände werden hierbei nicht zuletzt durch die Blitzstromsteilheit bestimmt, wie sie insbesondere bei den häufig in demselben Blitzkanal des Ersteinschlags nachlaufenden Folgeblitzen auftritt. Darüber hinaus kann die maximal zu berücksichtigende Blitzstromsteilheit und das einhergehende elektromagnetische Feld auch einen Einfluss auf ein zu realisierendes EMV-Schutzkonzept haben. Der maximal zu erwartende Wert der zu berücksichtigenden Blitzstromsteilheit ist in der Blitzschutznorm IEC 62305-1 beschrieben und beträgt für die höchste Schutzklasse 200 kA/µs. Bei gewöhnlichen Blitzschutzanlagen tritt dieser Wert praktisch unvermindert auf und kann bestenfalls durch Aufteilung des Blitzstromes entlang des Gebäudes in parallele und weitgehend elektromagnetisch entkoppelte Ableitpfade reduziert werden.
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Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, Lösungen zur Reduktion der Blitzstromsteilheit zu finden, welche möglichst nahe an dem Einschlagsort eines Blitzes wirken.
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Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch eine Blitzschutzanlage mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1.
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Demgemäß ist eine Blitzschutzanlage vorgesehen. Die Blitzschutzanlage umfasst eine Fangeinrichtung, insbesondere Fangstange, zur Vorgabe einer definierten Einschlagstelle für einen Blitzeinschlag; eine Blitzableitung zur Ableitung eines durch den Blitzeinschlag in der Fangeinrichtung erzeugten Blitzstromes; und eine Einrichtung zur Reduktion der Stromsteilheit des abgeleiteten Blitzstromes, welche mit der Fangeinrichtung elektrisch verbunden ist und eine elektrische Leiterstruktur aufweist, welche derart angeordnet und ausgebildet ist, dass zumindest eines der folgenden gegeben ist: ein kapazitiver Rückstrom von der elektrischen Leiterstruktur zu einem Blitzstromkanal des Blitzeinschlags in die Fangeinrichtung während einer Anstiegsphase des Blitzstromes; Zwischenspeicherung einer elektrische Ladung des Blitzstromes in der elektrischen Leiterstruktur während der Anstiegsphase des Blitzstromes und zeitverzögerte Zurückspeisung der elektrischen Ladung in die Blitzableitung; und Zwischenspeicherung eines Anteils des Blitzstromes in der elektrischen Leiterstruktur während der Anstiegsphase des Blitzstromes und zeitverzögerte Zurückspeisung des Anteils des Blitzstromes in die Blitzableitung.
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Eine der vorliegenden Erfindung zugrunde liegende Idee besteht darin, durch Bereitstellung einer speziellen Leiterstruktur bereits nahe dem Einschlagort eine deutliche Reduktion der Steilheit des abzuleitenden Blitzstroms zu erreichen, sodass nur eine verminderte Blitzstromsteilheit auf das System der Blitzstromableitungen am Gebäude wirkt. Hierzu werden erfindungsgemäß drei Ansätze verfolgt, welche auch miteinander kombiniert werden können.
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In einem ersten Ansatz wird ein kapazitiver Rückstrom, z.B. von einer Gebäudeoberseite, während der Anstiegsphase des Blitzstromes zu dem Blitzkanal durch eine geeignete Einrichtung in unmittelbarer Nähe des Einschlagsortes erhöht. Im Gegenzug dazu reduziert sich die Steilheit des Blitzstromes in der oder den Blitzstromableitungen in gleichem Maße.
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In einem zweiten Ansatz wird ein Anteil der von dem Blitzstrom transportierten elektrische Ladung während der Anstiegsphase des Blitzstromes durch eine geeignete Einrichtung während der Anstiegsphase des Blitzstromes zwischengespeichert und zeitversetzt, d.h. insbesondere nach einem Maximum der Blitzstromsteilheit, wieder an das System der Blitzstromableitungen abgegeben und zur Erde abgeleitet. Hierdurch reduziert sich die Steilheit des Blitzstromes in der oder den Blitzstromableitungen während der Anstiegsphase.
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In einem dritten Ansatz wird der Blitzstrom während der Anstiegsphase durch eine geeignete Einrichtung verzweigt. Diese Verzweigung kann derart konfiguriert werden, dass diese effektiv nur während der Anstiegsphase wirksam ist und im Anschluss wieder aufgehoben wird. Die verzweigten Teilblitzströme fließen nach der Anstiegsphase zeitversetzt über das System der Blitzstromableitungen zur Erde ab. Hierdurch wird die Anstiegsphase des Blitzstromes in den Blitzstromableitungen verlängert und die maximale Steilheit des Blitzstromes reduziert.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen ergeben sich aus den weiteren Unteransprüchen sowie aus der Beschreibung unter Bezugnahme auf die Figuren.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die elektrische Leiterstruktur gegenüber Erdpotenzial isoliert sein.
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Beispielsweise kann die elektrische Leiterstruktur eine metallische Platte aufweisen bzw. als solche auf einem Flachdach eines Gebäudes ausgebildet sein. Die Platte kann gegenüber dem Erdpotential isoliert sein und mit einer Fangstange als Fangeinrichtung auf dem Dach elektrisch verbunden sein. Aufgrund der Isolierung der Platte wird effektiv eine Kapazität gegenüber dem Erdboden bzw. geerdeten Strukturen des Gebäudes gebildet, wobei die Platte eine Elektrode des zugehörigen Kondensators bildet, während der Erdboden die Gegenelektrode darstellt. Schlägt nun ein Blitz in die Fangeinrichtung ein, so kann bei geeigneter Auslegung der Platte zumindest kurzzeitig eine Zwischenspeicherung eines Anteils der elektrischen Ladung aus dem Blitzstrom während der Anstiegsphase des Stroms erreicht werden. Sobald der Blitzstrom wieder abfällt, fließt dieser Ladungsanteil anschließend ebenfalls über die Blitzableitung in das Erdreich ab. Im Ergebnis kann dadurch die Steilheit des Blitzstromes abgeflacht werden.
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Ebenso kann die elektrische Leiterstruktur Einzelleitungen, z.B. stabförmige oder drahtförmige elektrische Leiter, aufweisen, welche gegenüber dem Erdpotenzial isoliert sind. Auch in diese kann der Blitzstrom zumindest vorübergehend fließen bzw. abgezweigt werden, um eine Abflachung der Blitzsteilheit zu erreichen. In diesem Fall dienen die Einzelleitungen gewissermaßen als Wellenleiter, entlang derer sich der Strom für einen kurzen Zeitraum verzweigen kann, bevor er wieder zurück in die Blitzableitung fließt.
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Anschaulich gesprochen kann man sich die elektrische Leiterstruktur in diesen Ausführungen als eine Art Überlauf- oder Rückhaltebecken für den Stromfluss in Analogie zu einem Entwässerungsbecken vorstellen, welches Niederschlagswasser vorübergehend speichern soll, um eine Strömung in einen nachfolgenden Entwässerungskanal abzubremsen bzw. zu verlangsamen.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die elektrische Leiterstruktur eine Leiterfläche und/oder eine Einzelleitung aufweisen.
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Unter einer Leiterfläche wird hierbei eine flächige, d.h. im Wesentlichen zweidimensionale und damit über eine Fläche ausgebreitete, elektrisch leitfähige Struktur verstanden, welche eine ausreichend hohe elektrische Leitfähigkeit aufweist, um als elektrischer Leiter zu dienen. Die Struktur muss dabei nicht notwendigerweise vollständig flach ausgebildet sein, sondern kann zumindest bereichsweise auch mehr oder weniger gekrümmt sein. Beispielsweise kann die Leiterstruktur aus einem metallischen oder ähnlichem hochleitfähigen Material gefertigt sein, z.B. als Platte, als Geflecht oder Gitter aus einem drahtförmigen Material und/oder als metallische Folie. Prinzipiell kann die Leiterstruktur auch lediglich eine elektrisch leitfähige Beschichtung bzw. einen entsprechenden Anstrich aufweisen, welcher beispielsweise Metallpartikel und/oder Elemente aus Graphit, Carbon oder dergleichen leitfähigen Strukturen enthält.
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Unter einer Einzelleitung wird vorliegend eine im Wesentlichen eindimensionale elektrisch leitfähige Struktur mit einer im Vergleich zu einer Längserstreckung vernachlässigbaren Quererstreckung verstanden, d.h. insbesondere ein Draht oder ähnlich.
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Gemäß einer Weiterbildung können sich die Leiterfläche und/oder die Einzelleitung quer zu einer Erstreckungsrichtung der Fangeinrichtung erstrecken.
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Beispielsweise kann ein Gebäude ein Flachdach aufweisen, welches zumindest bereichsweise von einer metallischen Platte oder dergleichen bedeckt ist, die als Leiterstruktur im Sinne der Erfindung fungiert. Die Fangeinrichtung kann in diesem Fall eine oder mehrere Fangstangen umfassen, welche senkrecht auf dem Dach aufsitzen und mit der metallischen Platte elektrisch gekoppelt sind. Ebenso können ein oder mehrere Metalldrähte entlang der Oberfläche des Flachdachs aufgespannt sein, d.h. quer zu den Fangstangen.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die Leiterfläche eine Platte, ein Geflecht, ein Gitter, eine Folie und/oder einen Anstrich aus einem Leitermaterial aufweisen.
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Prinzipiell kommt hier jede dem Fachmann bekannte flächige Struktur aus leitfähigem Material in Frage. Prinzipiell kann die Leiterstruktur dabei in Abhängigkeit von einer Entfernung zu der Fangeinrichtung bzw. zu dem oder den Verbindungsbereichen zu der Fangeinrichtung unterschiedlich ausgebildet sein. Beispielsweise kann die elektrisch verbundene leifähige Fläche in der Nähe des Einschlagsortes eine ausreichende Querschnittsfläche bzw. elektrische Leitfähigkeit sowie eine entsprechende stromtragfähige Anbindung an die Fangeinrichtung aufweisen. Beispielsweise kann die Leiterfläche in diesem Bereich als massive Metallplatte ausgebildet sein. Mit zunehmendem Abstand kann dann je nach Anwendung ggf. auf Strukturen mit vermindertem Querschnitt, wie z.B. Gitter oder Folien, übergegangen werden.
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Gemäß einer Weiterbildung können die Leiterfläche und/oder die Einzelleitung an der Fangeinrichtung befestigt sein.
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Insbesondere können die Einzelleitungen dabei einseitig an der Fangeinrichtung (z.B. einer Fangstange) befestigt und angeschlossen und darüber hinaus gegenüber der Umgebung isoliert sein. Ebenso kann die Leiterfläche lediglich an einer Position bzw. in einem Bereich mit der Fangeinrichtung (z.B. einer Fangstange) gekoppelt sein und darüber hinaus gegenüber der Umgebung isoliert sein.
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Beispielswiese kann ein isoliert aufgespannter Einzeldraht an der Fangeinrichtung, z.B. einer Fangstange, befestigt und angeschlossen werden, um einen Teil des Blitzstroms zunächst unter Zuhilfenahme des entsprechenden elektrischen Laufzeitverhaltens über die geometrische Ausdehnung des Drahtes vorübergehend umzuleiten, sodass der Strom erst mit einer gewissen Zeitverzögerung in das Blitzschutzsystem zurückgespeist wird.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die Einzelleitung ein Draht und/oder ein Wellenleiter sein.
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Beispielsweise können ein oder mehrere Drähte bzw. Leiter einzeln an einer Fangstange befestigt und elektrisch angeschlossen sein und sich senkrecht von dieser entlang einer Oberfläche eines Daches oder einer anderen Struktur in unterschiedliche Richtungen erstrecken, um derart zumindest einen Teilbereich der Oberfläche zu bedecken.
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Hierbei sind die Einzelleitungen der vorliegenden Erfindung von dem Netzwerk aus Fangleitungen bzw. Seilen einer typischen Fangeinrichtung abzugrenzen, welche in einem rechteckigen Muster miteinander vermascht und dabei elektrisch leitend miteinander, mit den Fangstangen und mit zugehörigen Ableitungen verbunden sind. Im Unterschied sind die vorliegenden Einzelleitungen getrennt voneinander, d.h. einzeln, einseitig mit den Fangstangen (bzw. allgemein mit der Fangeinrichtung) verbunden und dabei gegenüber Erde isoliert.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die elektrische Leiterstruktur mehrere Einzelleitungen umfassen.
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Der oben beschriebene Effekt, einen Blitzstrom in eine Einzelleitung abzuzweigen und damit eine zeitverzögerte Rückspeisung zu erreichen, kann durch mehrere Drähte mit aufeinander abgestimmter Länge verstärkt werden. Prinzipiell steht es hierbei dem Fachmann frei, diesen Effekt noch weiter beispielsweise durch den Einbau von zusätzlichen Längsinduktivitäten und/oder Endkapazitäten entlang der Einzelleitungen zu verbessern.
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Gemäß einer Weiterbildung kann die elektrische Leiterstruktur zur Zwischenspeicherung einer elektrische Ladung des Blitzstromes als Elektrode eines Plattenkondensators ausgebildet sein, welche elektrisch mit der Fangeinrichtung verbunden ist.
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Die Größe der wirksamen Kapazität kann dabei durch die Ausdehnung der elektrisch leitfähigen Platte/Fläche, den Abstand zu geerdeten Strukturen und das gewählte Isolationsmaterial bzw. Dielektrikum eingestellt werden.
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Gemäß einer Weiterbildung kann der Plattenkondensator Wasser als Dielektrikum aufweisen.
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Beispielsweise kann der Plattenkondensator als geerdeter Topf mit einer Wasserfüllung ausgebildet sein, in welche die elektrische Leiterstruktur als Elektrode eingetaucht ist. Wasser ist hierbei aufgrund seiner hohen Durchschlagsfestigkeit und großen dielektrischen Konstante ein Beispiel für ein besonders geeignetes Material.
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Die obigen Ausgestaltungen und Weiterbildungen lassen sich, sofern sinnvoll, beliebig miteinander kombinieren. Weitere mögliche Ausgestaltungen, Weiterbildungen und Implementierungen der Erfindung umfassen auch nicht explizit genannte Kombinationen von zuvor oder im Folgenden bezüglich der Ausführungsbeispiele beschriebenen Merkmale der Erfindung. Insbesondere wird dabei der Fachmann auch Einzelaspekte als Verbesserungen oder Ergänzungen zu der jeweiligen Grundform der vorliegenden Erfindung hinzufügen.
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Die vorliegende Erfindung wird nachfolgend anhand der in den schematischen Figuren angegebenen Ausführungsbeispiele näher erläutert. Es zeigen dabei:
- 1 schematische perspektivische Ansicht einer Blitzschutzanlage gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
- 2 schematische perspektivische Ansicht einer Blitzschutzanlage gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung;
- 3 schematische perspektivische Ansicht einer Blitzschutzanlage gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung; und
- 4 schematische perspektivische Ansicht einer Blitzschutzanlage gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung.
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Die beiliegenden Figuren sollen ein weiteres Verständnis der Ausführungsformen der Erfindung vermitteln. Sie veranschaulichen Ausführungsformen und dienen im Zusammenhang mit der Beschreibung der Erklärung von Prinzipien und Konzepten der Erfindung. Andere Ausführungsformen und viele der genannten Vorteile ergeben sich im Hinblick auf die Zeichnungen. Die Elemente der Zeichnungen sind nicht notwendigerweise maßstabsgetreu zueinander gezeigt.
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In den Figuren der Zeichnung sind gleiche, funktionsgleiche und gleich wirkende Elemente, Merkmale und Komponenten - sofern nichts anderes ausgeführt ist -jeweils mit denselben Bezugszeichen versehen.
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1 bis 4 zeigen jeweils schematische perspektivische Ansichten von Blitzschutzanlagen 1 gemäß unterschiedlichen Ausführungsformen der Erfindung. Die Blitzschutzanlagen dienen in den betrachteten Beispielen dem Schutz eines Gebäudes 4 vor einem Blitzeinschlag. Es versteht sich hierbei, dass sich diese Ausführungen prinzipiell miteinander kombinieren lassen, auch wenn sie vorliegend getrennt voneinander dargestellt und beschrieben sind. Alle im Folgenden erläuterten Ausführungen haben das gemeinsame Ziel, geeignete Maßnahmen nahe dem Einschlagort eines Blitzes auf dem Gebäude 4 bereitzustellen, um bereits im Bereich der Einschlagsstelle eine deutliche Reduktion der Steilheit des abzuleitenden Blitzstroms zu erreichen, sodass nur eine verminderte Blitzstromsteilheit auf das weitere System des Gebäudes 4 wirkt. Dies kann beispielsweise vorteilhaft für das zu realisierende Konzept des Gebäudes 4 für die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) ausgenutzt werden, um ungewollte elektrische oder elektromagnetische Effekte auf die Leitungen und elektrische Einrichtungen des Gebäudes 4 zu verhindern bzw. zu verkleinern.
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Die Blitzschutzanlagen 1 umfassen jeweils eine Fangeinrichtung 2 zur Vorgabe einer oder mehrerer definierter Einschlagstellen für einen Blitzeinschlag 3. Rein beispielhaft sind die Fangeinrichtungen 2 vorliegend vereinfachend als einzelne Fangstange dargestellt. Es versteht sich, dass in anderen Ausführungen auch komplexere, ausgedehnte Fangeinrichtungen 2 eingesetzt werden können, welche beispielsweise mehrere Fangstangen und/oder Fangspitzen umfassen können, die mit einem Maschennetzwerk aus elektrisch leitfähigen Fangleitungen miteinander und mit mehreren parallelen Ableitungen elektrisch verbunden sein können.
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Die vorliegend beschriebenen Blitzschutzanlagen 1 umfassen weiterhin eine Blitzableitung 5 zur Ableitung eines durch den Blitzeinschlag 3 in der Fangeinrichtung 2 erzeugten Blitzstromes, welche in der üblichen Art und Weise mit einer Erdungsanlage 14 zur Abführung und Verteilung des Blitzstromes im Erdreich verbunden sind. Hierbei ist die Blitzableitung 5 rein beispielhaft als einfache Leitung dargestellt. Es versteht sich für den Fachmann, dass auch mehrere parallele Blitzableitungen vorgesehen sein können, die den Blitzstrom aufspalten und getrennt ins Erdreich abführen.
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Um den Anstieg des Blitzstromes bzw. dessen Amplitude unmittelbar nach dem Einschlag möglichst abzuflachen und damit die Auswirkung auf das Leitungssystem des Gebäudes 4 insbesondere im Falle eines Mehrfacheinschlages (d.h. Hauptblitz und Folgeblitze) gering zu halten, wird in den vorliegend beschriebenen Blitzschutzanlagen 1 eine Einrichtung 6 zur Reduktion der Stromsteilheit des abgeleiteten Blitzstromes auf dem Gebäude 4 bereitgestellt. Diese Einrichtung 6 ist direkt mit der jeweiligen Fangeinrichtung 2 elektrisch verbunden und weist eine elektrische Leiterstruktur 7 auf, welche zur Reduktion der Blitzsteilheit im Bereich der Fangeinrichtung 2 optimiert ist.
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In den beschriebenen beispielhaften Ausführungen wird diese Reduktion der Blitzsteilheit in drei Ansätzen erreicht.
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In einem ersten Ansatz wird die elektrische Leiterstruktur 7 der Einrichtung 6 derart ausgelegt, dass ein kapazitiver Rückstrom von der elektrischen Leiterstruktur 7 zu einem Blitzstromkanal 8 des Blitzeinschlags 3 in die Fangeinrichtung 2 während einer Anstiegsphase des Blitzstromes erreicht wird. Durch geeignete Ausbildung der Leiterstruktur 7 in unmittelbarer Nähe des Einschlagsortes kann derart der kapazitive Rückstrom von der Gebäudeoberseite während der Anstiegsphase des Blitzstromes zu dem Blitzstromkanal 8 erhöht werden, was im Gegenzug zu eine Reduktion in der Steilheit des Blitzstromes in der Blitzableitung 5 führt.
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In einem zweiten Ansatz wird die elektrische Leiterstruktur 7 der Einrichtung 6 derart ausgelegt, dass eine Zwischenspeicherung einer elektrische (Teil-) Ladung des Blitzstromes in der elektrischen Leiterstruktur 7 während der Anstiegsphase des Blitzstromes erreicht wird, welche zeitverzögert in die Blitzableitung 5 zurückgespeist wird. Hierzu kann da Speicherungsverhalten in der elektrischen Leiterstruktur 7 entsprechend vorteilhaft eingestellt werden, insbesondere durch eine entsprechende geometrische Auslegung der Struktur 7 sowie durch Wahl geeigneter Materialien. Die elektrische Ladung kann damit insbesondere nach einem Maximum der Steilheit des Blitzstromes wieder an die Blitzableitung 5 bzw. das System aus Blitzableitungen abgegeben und zur Erde abgeleitet werden, wodurch sich ebenfalls die Blitzstromsteilheit in der oder den Ableitungen während der Anstiegsphase reduziert.
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In einem dritten Ansatz wird die elektrische Leiterstruktur 7 der Einrichtung 6 derart ausgelegt, dass ein Anteil des Blitzstromes in der elektrischen Leiterstruktur 7 während der Anstiegsphase des Blitzstromes zwischengespeichert und anschließend zeitverzögert in die Blitzableitung 5 zurückgespeist wird. Anders ausgedrückt wird der Blitzstrom hierbei während der Anstiegsphase (d.h. vorübergehend) verzweigt, indem das Laufzeitverhalten des Stroms in der elektrischen Leiterstruktur 7 entsprechend vorteilhaft eingestellt wird, insbesondere durch eine entsprechende geometrische Auslegung der Struktur 7 sowie durch Wahl geeigneter Materialien. Die verzweigten Teilblitzströme fließen nach der Anstiegsphase zeitversetzt über das Blitzableitungssystem zur Erde ab. Hierdurch wird die Anstiegsphase des Blitzstromes in den Blitzstromableitungen 5 verlängert und die maximale Steilheit des Blitzstromes reduziert.
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In der konkreten Ausführung der 1 ist die elektrische Leiterstruktur 7 als elektrisch leitfähige, geerdete Leiterfläche 9 ausgebildet, z.B. mit einer metallischen Platte, einem Metallgeflecht oder einem elektrisch leitenden Anstrich.
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Der Stromkreis von Blitzentladungen schließt sich bekanntermaßen über das elektrische Feld der Umgebung des Einschlagsortes. Erfolgt der Blitzeinschlag 3 in ein Gebäude 4 wie in 1, so schließt sich ein Teil dieses Rückstromes über den Teil des elektrischen Feldes, welches mit dem Gebäude 4 verbunden ist. Während der Anstiegsphase des Blitzstromes ist der unmittelbare Nachbereich um den Einschlagsort für den kapazitiven Rückstrom aufgrund der kapazitiven Rückkopplung 15 zu dem Blitzstromkanal 8 maßgeblich. Die Höhe und der zeitliche Verlauf dieses Rückstromes lassen sich durch die Gestaltung von leifähigen Flächen beeinflussen, die mit dem Einschlagspunkt elektrisch verbunden sind. Diese Leiterfläche 9 kann wie vorliegend insbesondere auf dem (Flach-) Dach des zu schützenden Gebäudes 4 realisiert sein und sich in einer Querrichtung zu der Fangeinrichtung 2 erstrecken. Dabei treten nur in unmittelbarer Nähe des Einschlagsortes hohe Stromdichten auf.
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Die elektrisch mit der Fangeinrichtung 2 verbundene Leiterfläche 9 kann in der Nähe des Einschlagsortes eine ausreichende Querschnittsfläche bzw. elektrische Leitfähigkeit sowie eine entsprechende stromtragfähige Anbindung an die Fangeinrichtung 2 aufweisen. Mit zunehmendem Abstand kann prinzipiell auf Strukturen mit vermindertem Querschnitt, wie z.B. Gitter oder Folien übergegangen werden. Um die Wirkung der Leiterfläche 9 geeignet einzustellen, kann der Fachmann unter anderem die Größe, die Form und/oder das Material der Leiterstruktur 7 entsprechend vorteilhaft wählen (z.B. hinsichtlich Leitfähigkeit, Schichtdicke, Anstrich etc.).
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In der konkreten Ausführung der 2 ist die Leiterstruktur 7 ebenfalls als Leiterfläche 9 ausgebildet.
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Der Anteil des Stromkreises, der nicht über das elektrische Feld in der Umgebung des Einschlagsortes zu dem Blitzstromkanal 8 zurückfließt, schließt sich über die Blitzschutzanlage 1 des Gebäudes 4, dessen Erdungsanlage 14 und das elektrische Feld der Umgebung. Baut man eine Einrichtung 6 auf, die den verbleibenden Blitzstrom zunächst in eine Leiterstruktur 7 lenkt, die eine definierte Kapazität zur Erde aufweist, kann ein Teil der in der Anstiegsphase des Blitzstromes enthaltenen Ladung zwischengespeichert und anschließend zeitverzögert in die Blitzableitung 5 abgegeben werden. Eine solche Kapazität kann wie vorliegend gezeigt erreicht werden, indem eine elektrische leitende Platte/Fläche 9 bereitgestellt wird, die gegenüber dem Erdpotential isoliert ist und mit der Fangeinrichtung 2 elektrisch verbunden ist. Dabei muss die elektrisch leitfähige Struktur 7 nicht zwingend in unmittelbarer Nähe zu der Fangeinrichtung 2 oder der Blitzableitung 5 angeordnet sein, sondern kann mehr oder weniger abseits auf einer dazu geeigneten Fläche auf dem Gebäude 4 errichtet werden. Die Gegenelektrode des derart gebildeten Kondensators stellt sowohl der Erdboden als auch geerdete Strukturen in dem zu schützenden Gebäude 4 dar (vgl. kapazitive Erdkopplung 16 in 2).
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Auch in diesem Fall kann die Leiterfläche 9 quer zu der Fangeinrichtung 2 ausgebildet sein. Ferner kann der Fachmann unter anderem die Größe, die Form und/oder das Material der Leiterstruktur 7 entsprechend vorteilhaft wählen (z.B. hinsichtlich Leitfähigkeit, Schichtdicke, Anstrich etc.). Die Größe der wirksamen Kapazität kann durch die Ausdehnung der Leiterfläche 9, durch den Abstand zu geerdeten Strukturen und/oder das gewählte Isolationsmaterial beeinflusst werden.
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3 zeigt beispielhaft hierzu eine weitere Ausführungsform der Erfindung, welche ebenfalls dem in 2 gewählten Ansatz folgt.
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In diesem konkreten Beispiel ist die Leiterfläche 9 der elektrischen Leiterstruktur 7 zur Zwischenspeicherung einer elektrische Ladung des Blitzstromes als Elektrode eines Plattenkondensators 11 ausgebildet ist, wobei die Elektrode elektrisch mit der Fangeinrichtung 2 verbunden ist. Die Gegenelektrode 13 des Plattenkondensators 11 ist hierbei als geerdeter Topf ausgebildet, welcher mit Wasser 12 als Dielektrikum gefüllt ist, in welches die Leiterfläche 9 eingetaucht ist. Dieser Wasserkondensator dient hierbei der Vergrößerung der wirksamen Kapazität für die Zwischenspeicherung der elektrischen Ladung des Blitzstromes. Es versteht sich, dass mehrere solcher Aufbauten in vorteilhafter Weise auf einem Dach des Gebäudes 4 miteinander kombiniert werden können.
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In der konkreten Ausführung der 4 ist die Leiterstruktur 7 anders als in den 1 bis 4 nun mit mehreren Einzelleitern 10 ausgebildet.
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Wie bereits erwähnt, schließt sich der Anteil des Stromkreises, der nicht über das elektrische Feld in der Umgebung des Einschlagsortes zu dem Blitzstromkanal 8 zurückfließt, über die Blitzschutzanlage 1 des Gebäudes 4, dessen Erdungsanlage 14 und das elektrische Feld der Umgebung. Baut man eine Einrichtung 6 auf, die den verbleibenden Blitzstrom zunächst in eine Leiterstruktur 7 lenkt, die ein elektrisches Laufzeitverhalten und damit eine geometrische Ausdehnung aufweist, die mit der Anstiegszeit des Blitzstoßstromes korreliert, kann der Blitzstrom in der Anstiegsphase aufgezweigt und anschließend zeitverzögert in das System zurückgespeist werden.
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Eine solche Leiterstruktur 7 wird in dem Beispiel der 4 durch zwei isoliert aufgespannte Einzeldrähte 10 erreicht, welche jeweils getrennt voneinander an einem Ende an der Fangeinrichtung 2 befestigt und elektrisch angeschlossen und ansonsten gegenüber der Umgebung isoliert sind. Die Einzeldrähte 10 sind über geeignete isolierte Befestigungen über das Dach des Gebäudes 4 hinweg quer zu der Fangeinrichtung 2 ausgerichtet.
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Es versteht sich für den Fachmann, dass der erreichte Effekt hierbei durch unterschiedliche Anzahlen von Drähten bzw. Wellenleitern mit aufeinander abgestimmter Länge sowie den Einbau von zusätzlichen Längsinduktivitäten und Endkapazitäten verstärkt werden kann.
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In der vorangegangenen detaillierten Beschreibung sind verschiedene Merkmale zur Verbesserung der Stringenz der Darstellung in einem oder mehreren Beispielen zusammengefasst worden. Es sollte dabei jedoch klar sein, dass die obige Beschreibung lediglich illustrativer, keinesfalls jedoch beschränkender Natur ist. Sie dient der Abdeckung aller Alternativen, Modifikationen und Äquivalente der verschiedenen Merkmale und Ausführungsbeispiele. Viele andere Beispiele werden dem Fachmann aufgrund seiner fachlichen Kenntnisse in Anbetracht der obigen Beschreibung sofort und unmittelbar klar sein.
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Die Ausführungsbeispiele wurden ausgewählt und beschrieben, um die der Erfindung zugrundeliegenden Prinzipien und ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Praxis bestmöglich darstellen zu können. Dadurch können Fachleute die Erfindung und ihre verschiedenen Ausführungsbeispiele in Bezug auf den beabsichtigten Einsatzzweck optimal modifizieren und nutzen. In den Ansprüchen sowie der Beschreibung werden die Begriffe „beinhaltend“ und „aufweisend“ als neutralsprachliche Begrifflichkeiten für die entsprechenden Begriffe „umfassend“ verwendet. Weiterhin soll eine Verwendung der Begriffe „ein“, „einer“ und „eine“ eine Mehrzahl derartig beschriebener Merkmale und Komponenten nicht grundsätzlich ausschließen.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Blitzschutzanlage
- 2
- Fangeinrichtung
- 3
- Blitzeinschlag
- 4
- Gebäude
- 5
- Blitzableitung
- 6
- Einrichtung zur Reduktion der Stromsteilheit
- 7
- elektrische Leiterstruktur
- 8
- Blitzstromkanal
- 9
- Leiterfläche
- 10
- Einzelleitung
- 11
- Plattenkondensator
- 12
- Wasser
- 13
- Gegenelektrode
- 14
- Erdungsanlage
- 15
- kapazitive Rückkopplung
- 16
- kapazitive Erdkopplung