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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine entsprechende Vorrichtung, die darauf ausgerichtet sind, zu überprüfen, ob der Fahrer eines Kraftfahrzeugs fahruntüchtig ist oder nicht.
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Ein Fahrzeug kann eine Nothalteassistenzfunktion aufweisen, die ausgebildet ist, das Fahrzeug automatisch in einen sicheren Zustand, z.B. in den Stillstand, zu überführen, wenn der Fahrer des Fahrzeugs nicht mehr in der Lage ist, das Fahrzeug zu führen, z.B. aufgrund einer gesundheitlichen Beeinträchtigung. Dabei sollte gewährleistet werden, dass ein Nothalt nur dann bewirkt wird, wenn der Fahrer tatsächlich fahruntüchtig ist.
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Das vorliegende Dokument befasst sich mit der technischen Aufgabe, die Fahruntüchtigkeit eines Fahrers in besonders zuverlässiger und robuster Weise zu erkennen.
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Die Aufgabe wird durch jeden der unabhängigen Ansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen werden u.a. in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
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Gemäß einem Aspekt wird eine Vorrichtung zur Erkennung der Fahruntüchtigkeit eines Fahrers eines (Kraft-) Fahrzeugs beschrieben. Die Vorrichtung kann insbesondere eingerichtet sein, den Wert eines Fahruntüchtigkeits-Indikators zu ermitteln, um basierend darauf zu entscheiden, ob der Fahrer fahruntüchtig ist oder nicht.
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Die Vorrichtung ist eingerichtet, auf Basis einer zeitlichen Entwicklung von zumindest einer kontinuierlichen Einflussgröße bis zu einem bestimmten (aktuellen) Zeitpunkt, eine kumulative Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt zu ermitteln. Eine kontinuierliche Einflussgröße kann derart ausgebildet sein, dass für die kontinuierliche Einflussgröße an jedem Zeitpunkt einer Sequenz von Zeitpunkten jeweils ein Wert, insbesondere ein Wert ungleich Null, ermittelbar ist. Beispielhafte kontinuierlichen Einflussgrößen sind,
- • der Öffnungszustand (Offen oder Geschlossen) von ein oder mehreren Augen des Fahrers;
- • die Blinkfrequenz der Augen des Fahrers;
- • die Blickrichtung des Fahrers;
- • die Haltung und/oder die Position des Kopfes des Fahrers;
- • die Position von ein oder mehreren Händen des Fahrers;
- • die Pulsfrequenz des Pulses des Fahrers;
- • die Temperatur der Haut des Fahrers; und/oder
- • die Auslenkung eines Fahrpedals des Fahrzeugs.
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Das Fahrzeug kann ein oder mehrere Sensoren (z.B. eine auf den Fahrer gerichtete Kamera) aufweisen. Alternativ oder ergänzend kann der Fahrer ein elektronisches Gerät (z.B. ein Smart Device) mit ein oder mehreren Sensoren aufweisen. Der Wert einer kontinuierlichen Einflussgröße an einem Zeitpunkt kann auf Basis der ein oder mehreren Sensoren (des Fahrzeugs und/oder des Geräts) ermittelt werden. Dabei kann für jeden Zeitpunkt einer Sequenz von Zeitpunkten jeweils ein Wert (ungleich Null) der kontinuierlichen Einflussgröße ermittelt werden.
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Ein positiver Wert der kontinuierlichen Einflussgröße kann z.B. anzeigen, dass durch die Einflussgröße tendenziell eine zunehmende Fahruntüchtigkeit des Fahrers angezeigt wird. Andersseits kann durch einen negativen Wert der kontinuierlichen Einflussgröße tendenziell eine abnehmende Fahruntüchtigkeit des Fahrers angezeigt werden. Ggf. können die Vorzeichen in einem alternativen Beispiel genau umgekehrt sein.
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Eine kontinuierliche Einflussgröße hat einen Einfluss auf den Wert der kumulierten Indikator-Komponente und/oder auf den Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators, der sich über der Zeit kumuliert bzw. aufsummiert. Beispielsweise haben geschlossene Augen des Fahrers einen über der Zeit ansteigenden Einfluss auf den Wert der kumulierten Indikator-Komponente und/oder auf den Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators. Der Wert einer kontinuierlichen Einflussgröße kann somit einen zeitlich gestreckten Einfluss auf den Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators haben. Dabei können unterschiedliche kontinuierliche Einflussgrößen unterschiedliche stark gewichtet sein, um den Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators zu ermitteln.
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Die Vorrichtung ist ferner eingerichtet, auf Basis einer Zustandsänderung, insbesondere auf Basis eines Ereignisses, von zumindest einer diskontinuierlichen Einflussgröße zu und/oder an dem bestimmten Zeitpunkt, eine diskrete Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt zu ermitteln. Eine diskontinuierliche Einflussgröße kann derart ausgebildet sein, dass die diskontinuierliche Einflussgröße an einem Zeitpunkt nur dann einen Wert ungleich Null aufweist, wenn an dem Zeitpunkt (d.h. in dem Zeitraum zwischen dem direkt vorhergehenden Zeitpunkt und dem Zeitpunkt) eine Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße erfolgt ist. Beispielhafte diskontinuierliche Einflussgrößen sind,
- • eine Bedienhandlung des Fahrers (an einem Bedienelement des Fahrzeugs und/oder des elektronischen Geräts); und/oder
- • ein von einem Fahrerassistenzsystem des Fahrzeugs (z.B. von einem Spurhalteassistenten und/oder von einem Notbremsassistenten) bewirktes Ereignis (z.B. ein Eingriff in die Fahrzeugführung und/oder die Ausgabe eines Hinweises).
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Die Zustandsänderung einer diskontinuierlichen Einflussgröße kann auf Basis der Sensordaten der ein oder mehreren Sensoren des Fahrzeugs und/oder des elektronischen Geräts des Fahrers erkannt werden. Alternativ oder ergänzend kann die Zustandsänderung einer diskontinuierlichen Einflussgröße von der Benutzerschnittstelle des Fahrzeugs und/oder des elektronischen Geräts des Fahrers und/oder von einem Fahrerassistenzsystem erkannt werden.
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Die diskontinuierliche Einflussgröße hat typischerweise nur an dem Zeitpunkt, an dem die Zustandsänderung erkannt wird, einen Einfluss auf den Wert der diskreten Indikator-Komponente und/oder des Fahruntüchtigkeits-Indikators.
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Die Vorrichtung ist ferner eingerichtet, den Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators für die Fahruntüchtigkeit des Fahrers an dem bestimmten Zeitpunkt auf Basis der kumulativen Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt und auf Basis der diskreten Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt, insbesondere auf Basis der (insbesondere als die) Summe der kumulativen Indikator-Komponente und der diskreten Indikator-Komponente, zu ermitteln.
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Durch die Berücksichtigung von zumindest einer kontinuierlichen Einflussgröße und von zumindest einer diskontinuierlichen Einflussgröße kann ein Fahruntüchtigkeits-Indikator ermittelt werden, der die Fahruntüchtigkeit des Fahrers in zuverlässiger und robuster Weise anzeigt.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, auf Basis des Wertes des Fahruntüchtigkeits-Indikators, insbesondere auf Basis eines Vergleichs des Wertes des Fahruntüchtigkeits-Indikators mit einem Fahruntüchtigkeits-Schwellenwert, zu bestimmen, ob der Fahrer an dem bestimmten Zeitpunkt fahruntüchtig ist oder nicht. Alternativ oder ergänzend kann die Vorrichtung eingerichtet sein, in Abhängigkeit von dem Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators, insbesondere wenn bestimmt wurde, dass der Fahrer fahruntüchtig ist, zumindest eine Sicherheits-Maßnahme des Fahrzeugs, insbesondere einen automatischen Nothalt des Fahrzeugs, zu bewirken. So kann die Sicherheit des Fahrzeugs in zuverlässiger und robuster Weise erhöht werden.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, für eine Sequenz von aufeinanderfolgenden Zeitpunkten bis zu dem bestimmten Zeitpunkt eine entsprechende Sequenz von Werten, insbesondere von Werten ungleich Null, der kontinuierlichen Einflussgröße zu ermitteln. Die kumulative Indikator-Komponente kann dann in präziser Weise auf Basis der Summe der Werte der Sequenz von Werten der kontinuierlichen Einflussgröße ermittelt werden (ggf. multipliziert mit der Zeitdauer zwischen zwei direkt aufeinanderfolgenden Zeitpunkten).
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Die kumulative Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt t kann z.B. in besonders präziser Weise auf Basis der folgenden Formel ermittelt werden,
Dabei sind
- • f̂t(x1, ..., xn) der Wert der kumulativen Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt t;
- • n die Anzahl von kontinuierlichen Einflussgrößen, die zur Ermittlung des Wertes des Fahruntüchtigkeits-Indikators verwendet werden;
- • xi(t) der Wert der kontinuierlichen Einflussgröße i für den bestimmten Zeitpunkt t;
- • wx,i ein Gewichtungsfaktor für die kontinuierliche Einflussgröße i; und
- • Δt die Zeitdauer zwischen den Zeitpunkten t - 1 und t.
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Die Vorrichtung kann eingerichtet sein, zu überprüfen, ob zwischen dem direkt vorhergehenden Zeitpunkt t - 1 und dem bestimmten Zeitpunkt t eine Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße erfolgt ist oder nicht. Die diskrete Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt t kann dann derart ermittelt werden, dass
- • die diskrete Indikator-Komponente nur dann aufgrund der diskontinuierlichen Einflussgröße um einen Wert ungleich Null verändert wird, wenn zwischen dem direkt vorhergehenden Zeitpunkt t - 1 und dem bestimmten Zeitpunkt t eine Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße erfolgt ist; und/oder
- • die diskrete Indikator-Komponente nicht aufgrund der diskontinuierlichen Einflussgröße verändert wird, wenn zwischen dem direkt vorhergehenden Zeitpunkt t - 1 und dem bestimmten Zeitpunkt t keine Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße erfolgt ist.
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Die Vorrichtung kann insbesondere eingerichtet sein, die diskrete Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt t auf Basis der folgenden Formel zu ermitteln,
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Dabei sind
- • f̌t(Y1, ..., Ym) der Wert der diskreten Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt t;
- • m die Anzahl von diskontinuierlichen Einflussgrößen (421, 422), die zur Ermittlung des Wertes des Fahruntüchtigkeits-Indikators verwendet werden;
- • Yj(t) ein binärer Wert für das Vorliegen, mit Yj(t) # 0, oder für das Nicht-Vorliegen, mit Yj(t) = 0, einer Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße j zum Zeitpunkt t; und
- • wY,j ein Gewichtungsfaktor für die diskontinuierliche Einflussgröße j.
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Der Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators f̂
t(x
1, ..., x
n, Y
1, ..., Y
m) für den bestimmten Zeitpunkt t kann dann in besonders zuverlässiger und präziser Weise (rekursiv) ermittelt werden, auf Basis von oder als
wobei f
t-, (x
1 ..., x
n, Y
1, ..., Y
m) der Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators für den direkt vorhergehenden Zeitpunkt t - 1 ist.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein (Straßen-) Kraftfahrzeug (insbesondere ein Personenkraftwagen oder ein Lastkraftwagen oder ein Bus oder ein Motorrad) beschrieben, das die in diesem Dokument beschriebene Vorrichtung umfasst.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Verfahren zur Erkennung der Fahruntüchtigkeit eines Fahrers eines (Kraft-) Fahrzeugs beschrieben. Das Verfahren umfasst das Ermitteln, auf Basis der zeitlichen Entwicklung von zumindest einer kontinuierlichen Einflussgröße bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, einer kumulativen Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt. Dabei können Werte der kontinuierlichen Einflussgröße auf Basis von Sensordaten von ein oder mehreren Sensoren des Fahrzeugs und/oder von ein oder mehreren Sensoren eines elektronischen Geräts des Fahrers ermittelt werden.
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Das Verfahren umfasst ferner das Ermitteln, auf Basis einer Zustandsänderung von zumindest einer diskontinuierlichen Einflussgröße zu und/oder an dem bestimmten Zeitpunkt, einer diskreten Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt. Das Vorliegen einer Zustandsänderung, insbesondere eines Ereignisses, der diskontinuierlichen Einflussgröße kann auf Basis von Sensordaten von ein oder mehreren Sensoren des Fahrzeugs und/oder des elektronischen Geräts des Fahrers ermittelt werden.
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Des Weiteren umfasst das Verfahren das Ermitteln des Wertes eines Fahruntüchtigkeits-Indikators für die Fahruntüchtigkeit des Fahrers an dem bestimmten Zeitpunkt auf Basis der kumulativen Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt und auf Basis der diskreten Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt, insbesondere auf Basis der Summe der kumulativen Indikator-Komponente und der diskreten Indikator-Komponente.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Software (SW) Programm beschrieben. Das SW Programm kann eingerichtet werden, um auf einem Prozessor (z.B. auf einem Steuergerät eines Fahrzeugs) ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Gemäß einem weiteren Aspekt wird ein Speichermedium beschrieben. Das Speichermedium kann ein SW Programm umfassen, welches eingerichtet ist, um auf einem Prozessor ausgeführt zu werden, und um dadurch das in diesem Dokument beschriebene Verfahren auszuführen.
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Es ist zu beachten, dass die in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme sowohl alleine, als auch in Kombination mit anderen in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen verwendet werden können. Des Weiteren können j egliche Aspekte der in diesem Dokument beschriebenen Verfahren, Vorrichtungen und Systemen in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Insbesondere können die Merkmale der Ansprüche in vielfältiger Weise miteinander kombiniert werden. Ferner sind in Klammern aufgeführte Merkmale als optionale Merkmale zu verstehen.
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Im Weiteren wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher beschrieben. Dabei zeigen
- 1 beispielhafte Komponenten eines Fahrzeugs;
- 2 beispielhafte Einflussgrößen zur Ermittlung eines Fahruntüchtigkeits-Indikators;
- 3 ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften Verfahrens zur Ermittlung eines Wertes eines Fahruntüchtigkeits-Indikators, und
- 4 einen beispielhaften zeitlichen Verlauf des Fahruntüchtigkeits-Indikators;
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Wie eingangs dargelegt, befasst sich das vorliegende Dokument mit der zuverlässigen und robusten Erkennung der Fahruntüchtigkeit eines Fahrers eines Kraftfahrzeugs. In diesem Zusammenhang zeigt 1 ein beispielhaftes Fahrzeug 100, das eine Vielzahl von Sensoren 102, 103, 104 umfasst, die ausgebildet sind, Daten in Bezug auf den Fahrer des Fahrzeugs 100 zu erfassen. Das Fahrzeug 100 kann z.B. eine Kamera 103 umfassen, die eingerichtet ist, Kameradaten in Bezug auf den Fahrer zu erfassen, z.B. um die Blickrichtung des Fahrers zu erkennen und/oder um die Häufigkeit zu ermitteln, mit der der Fahrer seine Augen schließt. Alternativ oder ergänzend kann das Fahrzeug 100 eine Benutzerschnittstelle 104 mit ein oder mehreren Bedienelementen umfassen, die von dem Fahrer des Fahrzeugs 100 betätigt werden kann, um mit dem Fahrzeug 100 zu interagieren. Von der Benutzerschnittstelle 104 kann erkannt werden, dass der Fahrer des Fahrzeugs 100 ein Bedienelement der Benutzerschnittstelle 104 betätigt. Alternativ oder ergänzend kann das Fahrzeug 100 einen Hands-On Sensor 102 umfassen, der eingerichtet ist, zu erkennen, ob der Fahrer das Lenkrad (allgemein das Lenkmittel) des Fahrzeugs 100 mit ein oder zwei Händen berührt.
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Eine (Auswerte- und/oder Steuer-) Vorrichtung 101 des Fahrzeugs 100 kann eingerichtet sein, die Daten der ein oder mehreren Sensoren 102, 103, 104 des Fahrzeugs 100 auszuwerten, um den Wert eines Indikators für die Fahruntüchtigkeit des Fahrers 100 zu ermitteln. Dabei kann an einer Sequenz von aufeinanderfolgenden Zeitpunkten jeweils ein aktueller Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators ermittelt werden. Zu diesem Zweck können jeweils aktuell erfasste Daten der ein oder mehreren Sensoren 102, 103, 104 verwendet werden. Beispielsweise kann periodisch mit einer bestimmten Wiederholrate, z.B. von 1 Hz oder mehr, jeweils ein aktueller Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators ermittelt werden.
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Der Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators kann mit einem Fahruntüchtigkeits-Schwellenwert verglichen werden, um zu bestimmen, ob der Fahrer fahruntüchtig ist oder nicht. Ferner können in Abhängigkeit von dem Vergleich ein oder mehrere Maßnahmen des Fahrzeugs 100 bewirkt werden. Beispielsweise kann ein Nothalt des Fahrzeugs 100 bewirkt werden, wenn auf Basis des Vergleichs bestimmt wird, dass der Fahrer fahruntüchtig ist.
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Die Vorrichtung 101 kann eingerichtet sein, auf Basis der Daten der ein oder mehreren Sensoren 102, 103, 104 mehrere unterschiedliche Einflussgrößen auf den Fahruntüchtigkeits-Indikator zu ermittelt und/oder zu überwachen. Dabei können unterschiedliche Typen von Einflussgrößen unterschieden werden, insbesondere
- • ein oder mehrere kontinuierliche Einflussgrößen, die kontinuierlich vorliegen und/oder die kontinuierlich erfasst werden können; und
- • ein oder mehrere diskontinuierliche Einflussgrößen, die typischerweise nur an einem bestimmten, diskreten, Zeitpunkt vorliegen und/oder nur an einem bestimmten, diskreten, Zeitpunkt erfasst werden können.
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Beispielhafte kontinuierliche Einflussgrößen sind,
- • die Blickrichtung des Blicks 201 des Fahrers (siehe 2);
- • die Position und/oder die Haltung des Kopfes des Fahrers;
- • die Position der Hände 202 des Fahrers; und/oder
- • der Puls und/oder die Hauttemperatur des Fahrers.
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Beispielhafte diskontinuierliche Einflussgrößen sind,
- • die Betätigung eines Bedienelements 200 des Fahrzeugs 100 durch den Fahrer; und/oder
- • eine von einem Fahrerassistenzsystem des Fahrzeugs 100 bewirkte Maßnahme, wie z.B. ein Eingriff in die Längs- und/oder Querführung des Fahrzeugs 100 und/oder die Ausgabe eines Warnhinweises an den Fahrer des Fahrzeugs 100.
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Die Vorrichtung 101 kann eingerichtet sein, den Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators auf Basis zumindest einer kontinuierlichen Einflussgröße und auf Basis zumindest einer diskontinuierlichen Einflussgröße zu ermitteln. Die Vorrichtung 101 kann insbesondere eingerichtet sein, auf Basis von ein oder mehreren kontinuierlichen Einflussgrößen eine kumulative Indikator-Komponente zu ermitteln, die von der zeitlichen Entwicklung der ein oder mehreren kontinuierlichen Einflussgrößen abhängt. Ferner kann die Vorrichtung 101 eingerichtet sein, auf Basis von ein oder mehreren diskontinuierlichen Einflussgrößen eine diskrete Indikator-Komponente zu ermitteln, die von ein oder mehreren zeitlich diskreten Ereignissen von zumindest einer diskontinuierlichen Einflussgröße abhängt.
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Der aktuelle Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators kann dann in präziser Weise auf Basis der kumulativen Indikator-Komponente und auf Basis der diskreten Indikator-Komponente, insbesondere auf Basis der (etwa als die) Summe der kumulativen Indikator-Komponente und der diskreten Indikator-Komponente, ermittelt werden.
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Der Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators / (x
1, ..., x
n, Y
1, ..., Y
m, t) an einem Zeitpunkt t kann z.B. ermittelt werden, als
wobei x
1, ..., x
n n kontinuierliche Einflussgrößen sind (mit n ≥ 1) und wobei Y
1, ..., Y
m m diskontinuierliche Einflussgrößen sind (mit m ≥ 1). In der o.g. Formel ist
- xi(i)
- der Wert der kontinuierlichen Einflussgröße i (mit i = 1, ..., n) an dem Zeitpunkt τ;
- wx,i
- ein Gewichtungsfaktor für die kontinuierliche Einflussgröße i;
- δY,j(τ)
- eine (Dirac-) Impulsfunktion mit jeweils einem Peak an jedem Zeitpunkt τ, an dem eine (für die Bewertung der Fahruntüchtigkeit relevante) Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße j eintritt (mit j = 1, ..., m);
- wY,j
- ein Gewichtungsfaktor für eine Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße j.
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Der Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators wird typischerweise durch ein Steuergerät in zeitdiskreter Weise, für eine Sequenz von Zeitpunkten t - 1, t, t + 1, ... ermittelt. Der Wert an einem Zeitpunkt t kann dann rekursiv auf Basis des Wertes an dem (direkt) vorhergehenden Zeitpunkt t - 1 ermittelt werden, z.B. durch
mit:
- ft (x1, ..., xn, Y1, ..., Ym)
- Wert des Fahruntüchtigkeits-Indikators zum Zeitpunkt t
- xi(t)
- Wert der kontinuierlichen Einflussgröße i zum Zeitpunkt t;
- Δt
- Zeitdauer zwischen den Zeitpunkten t - 1 und t
- Yj(t)
- binärer Wert für das Vorliegen einer Zustandsänderung der diskontinuierlichen Einflussgröße j zum Zeitpunkt t; z.B. 1 = es ist eine relevante Zustandsänderung zwischen t - 1 und t eingetreten; 0 = es ist keine relevante Zustandsänderung zwischen t - 1 und t eingetreten;
- f0
- Startwert
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4 zeigt einen beispielhaften zeitlichen Verlauf 400 des Wertes 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators. Dabei werden in dem in 4 dargestellten Beispiel mehrere kontinuierliche Einflussgrößen 411, 412, 413 berücksichtigt, insbesondere eine erste kontinuierliche Einflussgröße 411 „Hands-On am Lenkmittel“, eine zweite kontinuierliche Einflussgröße 412 „Augen Offen oder Geschlossen“, und eine dritte kontinuierliche Einflussgröße 413 „Blick nach Vorne oder nach Unten“.
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Ferner werden mehrere diskontinuierliche Einflussgrößen 421, 422 berücksichtigt, insbesondere eine erste diskontinuierliche Einflussgröße 421 „Ausgabe eines Warnhinweises des Spurhalteassistenten“ und eine zweite diskontinuierliche Einflussgröße 422 „Betätigen eines Bedienelements 200 durch den Fahrer“.
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Wie aus 4 ersichtlich, wird durch die einzelnen kontinuierlichen Einflussgrößen 411, 412, 413 jeweils eine kontinuierliche und/oder stetige Veränderung (Erhöhung oder Reduzierung) des zeitlichen Verlaufs 400 des Wertes 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators bewirkt. Dabei führt z.B. die Tatsache, dass die Hände 202 des Fahrers am Lenkmittel anliegen, zu einer Reduzierung des Wertes 401 und die Tatsache, dass die Hände 202 nicht am Lenkmittel anliegen, zu einer Erhöhung des Wertes 401. Ferner führt die Tatsache, dass die Augen 201 des Fahrers offen sind, zu einer Reduzierung des Wertes 401, und die Tatsache, dass die Augen 201 geschlossen sind, zu einer Erhöhung des Wertes. Des Weiteren führt die Tatsache, dass der Blick nach Vorne gerichtet ist, zu einer Reduzierung des Wertes 401, und die Tatsache, dass der Blick nach Unten gerichtet ist (z.B. aufgrund eines gesenkten Kopfes), zu einer Erhöhung des Wertes 401.
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Das Vorliegen einer Zustandsänderung und/oder eines Ereignisses einer diskontinuierlichen Einflussgröße 421, 422 führt zu einer unstetigen Erhöhung oder Reduzierung des zeitlichen Verlaufs 400 des Wertes 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators, wobei das Ausmaß der Erhöhung oder Reduzierung von dem jeweiligen Gewichtungsfaktor abhängen kann. Beispielsweise führt die Ausgabe 421 eines Warnhinweises einer Fahrerassistenzfunktion zu einer unstetigen Erhöhung des Wertes 401. Andererseits führt die Betätigung 422 eines Bedienelements 200 zu einer unstetigen Reduzierung des Wertes 401.
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In dem in 4 dargestellten Beispiel zeigt ein steigender Wert 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators eine zunehmende Fahruntüchtigkeit des Fahrers an. Es sei darauf hingewiesen, dass der Fahruntüchtigkeits-Indikator alternativ genau umgekehrt definiert sein kann (z.B. durch Umkehrung der Vorzeichen der einzelnen Gewichtungsfaktoren und/oder der Werte der Einflussgrößen 411, 412, 413, 421, 422), sodass ein sinkender Wert 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators eine zunehmende Fahruntüchtigkeit des Fahrers anzeigt.
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Der Wert 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators an einem bestimmten Zeitpunkt kann mit einem Fahruntüchtigkeits-Schwellenwert 402 verglichen werden. Basierend auf dem Vergleich kann dann entschieden werden, ob der Fahrer fahruntüchtig ist oder nicht. Ferner kann basierend auf dem Vergleich eine Sicherheits-Maßnahme, z.B. ein Nothalt, ausgeführt werden. So kann ein besonders sicherer Betrieb des Fahrzeugs 100 ermöglicht werden.
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Es werden somit Maßnahmen für eine verbesserte Erkennung der Fahruntauglichkeit und/oder der Fahruntüchtigkeit des Fahrers eines Fahrzeugs 100 beschrieben. Durch die beschriebenen Maßnahmen kann eine Reduktion von Fehlerkennungen der Fahruntüchtigkeit bewirkt werden.
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Im Rahmen des beschriebenen Verfahrens werden verschiedene Mess- bzw. Einflussgrößen aus dem Fahrzeug 100 überwacht. Diese Mess- oder Einflussgrößen werden in zwei Gruppen aufgeteilt:
- • Größen, die kontinuierlich in die Bewertung einfließen.
- • Größen, bei denen (nur) eine Zustandsänderung (ggf. nur ausgewählte Zustandsübergänge) in die Bewertung einfließen.
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Für jede Messgröße kann ein negativer bzw. positiver gewichteter Faktor des Einflusses der jeweiligen Messgröße auf die Bewertung der Fahruntüchtigkeit festgelegt werden. Die Bewertung der Fahruntüchtigkeit kann über die Summe gewichteter Zeitintegrale der kontinuierlich gemessenen Größen aus der ersten Gruppe erfolgen, wobei die Summe der gewichteten Zeitintegrale bei einer eintretenden Zustandsänderung einer Messgröße aus der zweiten Gruppe um ein gewichtetes Delta verändert wird (wie in den o.g. Formeln beschrieben).
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Die Bewertung der Fahruntüchtigkeit, insbesondere der Fahruntüchtigkeits-Indikator, kann auf einen Minimal- und Maximalwert begrenzt werden (beispielsweise 0% und 100%). Überschreitet die Bewertung eine definierte Schwelle 402, kann angenommen werden, dass der Fahrer nicht mehr fähig ist, das Fahrzeug 100 zu führen. Es kann dann ein automatisierter Nothalt über den Nothalteassistenten eingeleitet werden.
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Beispiele für Messgrößen der ersten Gruppe (kontinuierliche Bewertungsgrößen) sind:
- • Augenzustand/Lidschluss (hier kann auch eine fehlende Erkennung durch den Sensor 103 berücksichtigt werden, und ggf. anders als geöffnete oder geschlossene Augen bewertet werden);
- • Blickrichtung (hier kann auch eine fehlende Erkennung durch den Sensor 103 berücksichtigt werden, und ggf. anders als Blick-Ab- oder Zuwendung bewertet werden);
- • Kopfposition (hier kann auch eine fehlende Erkennung durch den Sensor 103 berücksichtigt werden, und ggf. anders als ein gesenkter oder gehobener Kopf bewertet werden);
- • Hands-on-Erkennung;
- • Änderung des Fahrpedalwinkels; und/oder
- • Anliegen einer Müdigkeitswarnung.
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Beispiele für Messgrößen der zweiten Gruppe (Bewertung von Zustandsänderungen) sind:
- • Fahrerbedienhandlungen (Lenkradtasten, Touchscreen, Klimabedienung, weitere Tasten, Sprachsteuerung); und/oder
- • Eingriffe von einer aktiven Sicherheitsfunktion (Spurverlassenswarnung, Notbremsassistent, etc.).
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3 zeigt ein Ablaufdiagramm eines beispielhaften (ggf. Computerimplementierten) Verfahrens 300 zur Erkennung der Fahruntüchtigkeit des Fahrers eines (Kraft-) Fahrzeugs 100. Das Verfahren 300 umfasst das Ermitteln 301, auf Basis der zeitlichen Entwicklung von zumindest einer kontinuierlichen Einflussgröße 411, 412, 413 bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, einer kumulativen Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt. Dabei kann die kumulative Indikator-Komponente von dem zeitlichen Integral der Werte der kontinuierlichen Einflussgröße 411, 412, 413 bis zu dem bestimmten Zeitpunkt abhängen. Die kontinuierliche Einflussgröße 411, 412, 413 kann z.B. an jedem Zeitpunkt einer Sequenz von Zeitpunkten jeweils einen Wert (ungleich Null) aufweisen. Diese Werte können entlang der Zeit integriert werden, um die kumulative Indikator-Komponente zu ermitteln. Der Wertbeitrag der kontinuierliche Einflussgröße 411, 412, 413 ist somit typischerweise abhängig von der Zeitdauer zwischen zwei aufeinanderfolgenden Zeitpunkten.
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Das Verfahren 300 umfasst ferner das Ermitteln 302, auf Basis einer Zustandsänderung von zumindest einer diskontinuierlichen Einflussgröße 421, 422 zu und/oder an dem bestimmten Zeitpunkt, einer diskreten Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt. Es kann ermittelt werden, ob an dem bestimmten Zeitpunkt (d.h. zwischen dem vorhergehenden Zeitpunkt und dem bestimmten Zeitpunkt) eine Zustandsänderung (z.B. ein Ereignis) der diskontinuierlichen Einflussgröße 421, 422 erfolgt ist oder nicht. Wenn eine Zustandsänderung erfolgt ist, so kann durch die Einflussgröße ein Wertbeitrag von ungleich Null zu der diskreten Indikator-Komponente beigetragen werden. Der Wertbeitrag kann dabei unabhängig von der Zeitdauer zwischen dem vorhergehenden Zeitpunkt und dem bestimmten Zeitpunkt sein. Andererseits, wenn keine Zustandsänderung erfolgt ist, wird durch die Einflussgröße typischerweise kein Wertbeitrag zu der diskreten Indikator-Komponente beigetragen.
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Das Verfahren 300 umfasst ferner das Ermitteln 303 des Wertes 401 eines Fahruntüchtigkeits-Indikators für die Fahruntüchtigkeit des Fahrers an dem bestimmten Zeitpunkt auf Basis der kumulativen Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt und auf Basis der diskreten Indikator-Komponente für den bestimmten Zeitpunkt, insbesondere auf Basis der (bzw. als die) Summe der kumulativen Indikator-Komponente und der diskreten Indikator-Komponente.
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Es kann dann in Abhängigkeit von dem ermittelten Wert 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators eine Sicherheits-Maßnahme, z.B. ein Nothalt, des Fahrzeugs 100 bewirkt werden.
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In entsprechender Weise kann an einer Sequenz von Zeitpunkten jeweils ein aktueller Wert 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators ermittelt werden, um einen zeitlichen Verlauf 400 des Fahruntüchtigkeits-Indikators zu ermitteln. Der jeweils aktuelle Wert 401 des Fahruntüchtigkeits-Indikators kann mit dem Fahruntüchtigkeits-Schwellenwert 402 verglichen werden, um dauerhart die Fahruntüchtigkeit des Fahrers zu überprüfen.
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Durch die in diesem Dokument beschriebenen Maßnahmen kann die Fahruntüchtigkeit des Fahrers eines Fahrzeugs 100 in besonders zuverlässiger und robuster Weise erkannt werden.
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Die vorliegende Erfindung ist nicht auf die gezeigten Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere ist zu beachten, dass die Beschreibung und die Figuren nur beispielhaft das Prinzip der vorgeschlagenen Verfahren, Vorrichtungen und Systeme veranschaulichen sollen.