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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung einer Zustandsentwicklung eines Stromnetzes.
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Öffentliche Stromnetze weisen üblicherweise eine hohe Anzahl von Freiheitsgraden auf. Hierbei lässt sich das Stromnetz durch Messgrößen wie beispielsweise Netzfrequenz, Last/Leistung, Blindleistung, Verbrauch oder Erzeugung insbesondere für einzelne Netzabschnitte charakterisieren, wobei eine Anzahl an Freiheitsgraden ausgewählt wird zur Charakterisierung. Als Zustand des realen Systems wird dabei die Menge aller relevanten Messgrößen zu einem vorgegebenen Zeitpunkt bezeichnet.
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Die Ermittlung der Entwicklung dieser Zustände des Stromnetzwerks liefert dabei wertvolle Information über das Verhalten des Stromnetzwerks. So ist beispielsweise eine möglichst konstante Netzfrequenz erforderlich. Kenntnis über die Zustandsentwicklung eines Stromnetzes ist jedoch erforderlich, um geeignete Maßnahmen zu ergreifen einer unerwünschten Änderung beispielsweise der Netzfrequenz entgegenzuwirken. Weiterhin ist mit dem Auftreten erneuerbarer Energien, wie beispielsweise Solarenergie oder Windenergie, die Stromerzeugung nicht mehr unmittelbar mit dem Verbrauch korreliert, sondern beispielsweise mit der Sonneneinstrahlung bzw. dem Wind. Ein konstanter Netzbetrieb wird hierdurch weiter erschwert.
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Aus dem Stand der Technik ist bekannt die Zustandsentwicklung eines komplexen realen Systems wie beispielsweise einem Stromnetz zu ermitteln durch trainierte Systeme, wobei diese trainierten Systeme bzw. Netzwerke trainiert werden anhand einer Vielzahl von gemessenen Zuständen des realen Systems. Anhand dieses trainierten Systems soll sodann eine Zustandsentwicklung des realen Systems unter anderen Startbedingungen ermittelt werden oder für einen Zeitraum, der nach dem Zeitraum der Vielzahl von gemessenen Zuständen liegt.
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Stromnetzwerke mit einer großen Anzahl von Freiheitsgraden lassen sich jedoch nur schwer und mit großem Berechnungsaufwand berechnen und deren Entwicklung in der Zukunft vorhersagen, da einzelne Freiheitsgrade miteinander wechselwirken und somit die Entwicklung der Freiheitsgrade Auswirkungen untereinander haben. Dies führt hierzu, dass die Berechnung der Zustandsentwicklung eines Stromnetzes kompliziert ist und große Rechenkapazitäten erfordert.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es ein Verfahren zur Ermittlung einer Zustandsentwicklung für eines Stromnetzes zu liefern, welches einfacher zu berechnen ist und eine reduzierte Anforderung an die erforderliche Rechenleistung erfordert.
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Die Aufgabe wird gelöst durch das Verfahren gemäß Anspruch 1.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Ermittlung einer Zustandsentwicklung eines Stromnetzes mit einer Vielzahl N von Freiheitsgraden weist die Schritte auf:
- a) Ermitteln von Zuständen des Stromnetzwerkes für jeden der Vielzahl N von Freiheitsgraden bis zu einem Zeitpunkt t0 insbesondere mittels Messung;
- b) Auswählen mindestens eines Freiheitsgrads f aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade;
- c) Bestimmen einer Ähnlichkeit Af zwischen dem mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f und mehreren anderen Freiheitsgraden der Vielzahl N von Freiheitsgraden des realen Systems für die ermittelten Zustände;
- d) Bestimmen einer Auswahl Mf von Freiheitsgraden aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade anhand der Ähnlichkeit Af; und
- e) Ermitteln der Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f anhand der Auswahl Mf von Freiheitsgraden.
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Dabei erfolgt beispielsweise das Ermitteln von Zuständen für jeden der Vielzahl N von Freiheitsgraden durch Messen der entsprechenden Zustandsgrößen des Stromnetzes. Bei den Zustandsgrößen handelt es sich beispielsweise um Spannung, Netzfrequenz, Last, Blindlast, Erzeugung. Dabei sind Zustände des Stromnetzes für einen vorgegebenen Zeitpunkt die Menge aller Zustandsgrößen zu diesem Zeitpunkt für den jeweiligen Freiheitsgrad. Jeder Freiheitsgrad des Stromnetzes wird dabei von mindestens einer Zustandsgröße repräsentiert. Insbesondere beschreiben die Freiheitsgrade unterschiedliche Netzabschnitte des Stromnetzes.
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Aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden wird sodann mindesten ein Freiheitsgrad f ausgewählt.
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Für dieses mindestens einen Freiheitsgrad f wird eine Ähnlichkeit Af bestimmt zwischen dem mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f und einem anderen Freiheitsgrad der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes ohne den mindestens einen Freiheitsgrad f für die zuvor ermittelten Zustände. Die Ähnlichkeit Af beschreibt dabei die Ähnlichkeit der Zustandsentwicklung bis zu dem Zeitpunkt t0 zwischen dem mindestens einen Freiheitsgrad f und dem anderen Freiheitsgrad der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes. Dabei kann der mindestens eine ausgewählte Freiheitsgrad f eine andere Zustandsgröße betreffen, als der verglichene Freiheitsgrad. Wesentlich für die Beurteilung der Ähnlichkeit ist die zeitliche Entwicklung der verglichenen Freiheitsgrade. Nachfolgend wird für mehrere weitere Freiheitsgrad der Vielzahl N von Freiheitsgraden ebenso eine Ähnlichkeit zwischen dem ausgewählten Freiheitsgrad f und dem entsprechenden anderen Freiheitsgrad der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes bestimmt. Durch das Bestimmen der Ähnlichkeit können somit Freiheitsgrade gefunden werden aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden, deren zeitliche Entwicklung bzw. Zeitserie der des mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrades f ähnelt oder mit diesem korreliert sind. Dabei muss zwischen dem mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f und dem ähnlichen Freiheitsgrad, welcher eine Ähnlichkeit Af aufweist, keine offensichtliche Verbindung vorliegen. Insbesondere ist eine lokale Nähe zwischen dem mindesten einen Freiheitsgrad f und dem anhand der Ähnlichkeit Af ermittelten Freiheitsgrad nicht erforderlich.
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Nachfolgend wird anhand der Ähnlichkeit Af eine Auswahl Mf von Freiheitsgraden aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade des Stromnetzes bestimmt. Dabei ist Mf eine Untermenge der Vielzahl N und somit ist Mf kleiner als N. Insbesondere enthält Mf die Freiheitsgrade, welche die größte Ähnlichkeit zu dem mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad aufweisen.
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Nachfolgend wird eine Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f anhand der Auswahl Mf von Freiheitsgraden ermittelt.
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Hierdurch erfolgt eine Reduktion der Komplexität bei der Ermittlung der Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f. Insbesondere müssen nicht alle Freiheitsgrade der Vielzahl N des Stromnetzes berücksichtigt werden, sondern es werden lediglich solche Freiheitsgrade bei der Ermittlung der Zustandsentwicklung für den mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f berücksichtigt, welche eine entsprechendes Ähnlichkeit Af aufweisen. Es ist dabei davon auszugehen, dass Freiheitsgrade mit einer hohen Ähnlichkeit zu dem ausgewählten Freiheitsgrad f einen Einfluss auf die Zustandsentwicklung des Freiheitsgrads f aufweisen und auf eine Weise miteinander korrelieren und somit bei Ermittlung der Zustandsentwicklung für den mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f berücksichtigt werden müssen. Durch die Reduktion der Komplexität bei der Ermittlung der Zustandsentwicklung für den mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f werden die Anforderungen an die Rechenkapazitäten reduziert, sodass selbst für hochdimensionale Stromnetze mit einer großen Anzahl N von Freiheitsgraden eine effiziente Bestimmung der Zustandsentwicklung gewährleistet ist.
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Vorzugsweise weist das Stromnetz eine Vielzahl von Erzeugern und Verbrauchern, Umschalter, Umspannungswerke, Verteiler, Leitungen oder dergleichen auf. Alternativ oder zusätzlich hierzu weist das Stromnetz eine Vielzahl von Netzabschnitten auf. Alternativ oder zusätzlich hierzu weist das Stromnetz eine Vielzahl unterschiedlicher Netzwerke auf, wobei es sich beispielsweise um ein Höchstspannungsnetzwerk, Hochspannungsnetzwerk, Mittelspannungsnetzwerk, Stadtnetz, Niederspannungsnetz oder dergleichen handelt. Dabei können die einzelnen Netzwerke insbesondere mittels Umspannungswerken miteinander verbunden sein.
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Vorzugsweise wird die Ähnlichkeit Af zwischen dem mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f und jedem der Freiheitsgrade der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes für die ermittelten Zustände bestimmt und somit jeder Freiheitsgrad berücksichtigt bei der Bestimmung der Auswahl Mf.
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Vorzugsweise wird mehr als ein Freiheitsgrad f ausgewählt. Somit werden diese mehreren Freiheitsgrade f zusammengefasst/geclustert und nachfolgend gemeinsam einen Auswahl Mf für diese mehrere Freiheitsgrade bestimmt. Hierdurch kann eine weitere Reduktion der Komplexität erreicht werden.
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Vorzugsweise werden die vorstehend bezeichneten Schritte b) bis d) wiederholt für jeden Freiheitsgrad der Vielzahl N von Freiheitsgraden zur Bestimmung der zu berücksichtigenden Freiheitsgrade bei der Ermittlung der Zustandsentwicklung für das gesamte Stromnetzes. Somit gilt: f=1,...,N, wobei für jeden der jeweils ausgewählten Freiheitsgrade f eine Auswahl Mf von Freiheitsgraden aus der Vielzahl N ohne f anhand der jeweiligen Ähnlichkeit Af bestimmt wird. Somit erfolgt eine Reduktion der Komplexität bei der Ermittlung der Zustandsentwicklung für das gesamte Stromnetz, wodurch die Anforderungen an die Rechenkapazitäten deutlich reduziert werden. Somit ist eine Ermittlung der Zustandsentwicklung selbst für hochdimensionale Stromnetze mit einer großen Anzahl an Freiheitsgraden möglich.
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Vorzugsweise beträgt die Anzahl der Freiheitsgrade der Vielzahl N von Freiheitsgrade mehr als 10, insbesondere mehr als 100 und bevorzugt mehr als 1000. Bei einer solch großen Anzahl an Freiheitsgrade ist eine gleichzeitige Berücksichtigung aller Freiheitsgrade bei der Ermittlung der Zustandsentwicklung der jeweiligen Freiheitsgrade nicht möglich, und übersteigt die Rechenkapazität heutiger Rechner. Jedoch kann auf Grund der vorliegenden Erfindung eine geeignete Reduktion der Komplexität erfolgen, so dass auch bei Stromnetzen mit mehr als 10, mehr als 100 und insbesondere mehr als 1000 Freiheitsgraden eine Zustandsentwicklung für das gesamte Stromnetz ermittelt werden.
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Vorzugsweise beträgt die Anzahl der Freiheitsgrade in der Auswahl Mf weniger als 1000, bevorzugt weniger als 100 und besonders bevorzugt weniger als 10. Somit wird eine Reduktion der Komplexität und insbesondere der Anzahl zu berücksichtigender Freiheitsgrade erreicht.
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Vorzugsweise ist die Anzahl der Freiheitsgrade in der Auswahl Mf für jedes der ausgewählten Freiheitsgrade f gleich. Alternativ hierzu kann für jeden der ausgewählten Freiheitsgrade f in der Auswahl Mf eine unterschiedliche Anzahl an Freiheitsgraden zur Ermittlung der Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f gewählt werden, sodass Mf, f=1,...,N jeweils unterschiedlich sind.
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Vorzugweise werden die Freiheitsgrade geordnet nach der Ähnlichkeit, wobei die Auswahl Mf jeweils die Freiheitsgrade mit der größten Ähnlichkeit enthält.
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Vorzugsweise wird die Ähnlichkeit bestimmt durch ein Ähnlichkeitsmaß, welches die Ähnlichkeit zwischen zwei Freiheitsgraden quantifiziert.
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Vorzugsweise ist die Anzahl der Freiheitsgrade in der Auswahl Mf bestimmt durch einen vorgegebenen Grenzwert für das Ähnlichkeitsmaß. Somit werden in die Auswahl M alle Freiheitsgrade aufgenommen, für die das Ähnlichkeitsmaß einen vorgegebenen Grenzwert überschreitet.
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Vorzugsweise ist die Anzahl der Freiheitsgrade in der Auswahl Mf vorgegeben. So kann eine feste Zahl vorgegeben sein für die Anzahl der Freiheitsgrade in der Auswahl Mf. Insbesondere bei einem Ordnen der Freiheitsgrade mit absteigender Ähnlichkeit, werden die ersten r Freiheitsgrade für die Auswahl Mf ausgewählt, wobei r die Anzahl der Freiheitsgrade in der Auswahl Mf bezeichnet. Selbstverständlich können die Freiheitsgrade auch mit aufsteigender Ähnlichkeit angeordnet werden, wobei sodann entsprechend die letzten r Freiheitsgrade ausgewählt werden.
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Vorzugsweise wird die Ähnlichkeit Af bestimmt durch eine Kreuzkorrelation oder mutuelle Information. Andere Ähnlichkeitsmaße können ebenso verwendet werden, um eine Ähnlichkeit zwischen dem ausgewählten Freiheitsgrad f und dem jeweils anderen Freiheitsgrad aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes zu ermitteln.
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Vorzugsweise erfolgt die Ermittlung der Zustandsentwicklung mittels eines Rekurrenten Neuronalen Netzwerks insbesondere mittels Reservoir Computing.
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Vorzugsweise erfolgt ein Training des Rekurrenten Neuronalen Netzwerk anhand der ermittelten Zustände für jeden der Vielzahl N von Freiheitsgraden bis zu einem Zeitpunkt t0.
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Vorzugsweise umfasst der Zustand des Stromnetzes mindestens einen externen Parameter. Hierbei kann es sich bei dem externen Parameter beispielsweise um Wetterdaten, insbesondere Wind und Sonneneinstrahlung, und/oder die Tageszeit handeln. Wind und Sonneneinstrahlung haben bei erneuerbaren Energien Einfluss auf die Menge des erzeugten Stroms. Hierdurch kann aus der Wettervorhersage eine Vorhersage für den erzeugten Strom abgeleitet werden. Hinsichtlich der Tageszeit kann eine Korrelation zwischen dem Verhalten der Abnehmer als Stromverbraucher und der jeweiligen Tageszeit ermittelt werden anhand der Erfassung in Schritt a) des erfindungsgemäßen Verfahrens und sodann herangezogen werden zur Bestimmung der Zustandsentwicklung.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand bevorzugter Ausführungsform unter Bezugnahme der beigefügten Zeichnungen näher erläutert.
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Es zeigen:
- 1 eine erste Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens;
- 2 eine zweite Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens; Und
- 3 eine schematische Darstellung eines Stromnetzes.
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Bei einer ersten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens gezeigt in 1, weist das Verfahren die folgenden Schritte auf:
- Schritt S01: Ermitteln von Zuständen des Stromnetzes für jeden der Vielzahl N von Freiheitsgraden bis zu einem Zeitpunkt t0;
- Schritt S02: Auswählen mindestens eines Freiheitsgrads f aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade;
- Schritt S03: Bestimmen einer Ähnlichkeit Af zwischen dem mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f und mehreren anderen Freiheitsgraden der Vielzahl N von Freiheitsgraden ohne den ausgewählten Freiheitsgrad f des Stromnetzes für die ermittelten Zustände;
- Schritt S04: Bestimmen einer Auswahl Mf von Freiheitsgraden aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade anhand der Ähnlichkeit Af; und
- Schritt S05: Ermitteln der Zustandsentwicklung für den mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrads f anhand der Auswahl Mf von Freiheitsgraden.
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In Schritt S01 werden anhand des Stromnetzes für jeden der Vielzahl N von Freiheitsgraden von einem Startzeitpunkt bis zum einem Endzeitpunkt t0 Zustände erfasst beispielweise durch Messung der realen Größen des Stromnetzes.
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In Schritt S02 wird sodann aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade mindestens ein Freiheitsgrad f ausgewählt. Die Auswahl ist beliebig und es kann jeder Freiheitsgrad aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade ausgewählt werden, dessen Zustandsentwicklung ermittelt werden soll. Insbesondere werden mehrere Freiheitsgrade zusammengefasst/geclustert und für die weiteren Schritte gemeinsam herangezogen. Für den mindestens einen ausgewählten Freiheitsgrad f wird sodann eine Ähnlichkeit A
f zwischen dem ausgewählten Freiheitsgrad f und mehreren anderen Freiheitsgraden der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes für die zuvor in Schritt S01 ermittelten Zustände bestimmt. Insbesondere wird dabei die Ähnlichkeit zwischen jedem anderen Freiheitsgrad der Vielzahl an Freiheitsgraden bestimmt und für die weiteren Schritte herangezogen. Dabei beschreibt die Ähnlichkeit A
f die Ähnlichkeit in der zeitlichen Entwicklung der Zustände des mindestens einen Freiheitsgrades f und dem anderen Freiheitsgrad der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes. Dabei kann ein Ähnlichkeitsmaß als Quantifizierung der Ähnlichkeit herangezogen werden. Insbesondere kann dabei das Ähnlichkeitsmaß gegeben sein durch eine Korrelations- oder Kausalitätsmetrik. Insbesondere wird für das Ähnlichkeitsmaß eine Kreuzkorrelation p verwendet mit
mit x
i den Zuständen für den ausgewählten Freiheitsgrad f und x
j den Zuständen für den jeweils anderen Freiheitsgrad aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes. Weiterhin beschreibt x̅
i,j den jeweiligen Mittelwert. Als Ähnlichkeitsmaß kann sodann der Betrag der Kreuzkorrelation |ρ
ij| herangezogen werden.
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Alternativ wird als Ähnlichkeitsmaß die normierte Transinformation bzw. mutuelle Information I
ij herangezogen mit
wobei p(x
i), p(x
i,x
j) Wahrscheinlichkeitsdichteverteilungen der jeweiligen Freiheitsgrade mit deren Zuständen x
i bzw. x
j darstellen.
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In jedem Fall ist die Ähnlichkeit Af nicht abhängig von einer lokalen Nähe der Freiheitsgrade, sodass eine Korrelation bzw. Ähnlichkeit von lokal weit beabstandeten Freiheitsgraden vorliegen kann, welche sich dennoch beeinflussen können, wodurch die Ähnlichkeit verursacht wird. Hierdurch kann beispielsweise eine Ähnlichkeit zwischen einer Windzunahme an der Küste, welche zu einer Erhöhung der Stromerzeugung führt, korreliert werden mit einer ungewollten Blindleistungszunahme im Inland.
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Über die Ähnlichkeit Af können solche Freiheitsgrade in der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes ermittelt werden, welche eine ähnliche Zustandsentwicklung aufweisen wie der ausgewählte Freiheitsgrad f. Hierbei kann die Ähnlichkeit auch zwischen Freiheitsgraden, welche unterschiedliche Zustandsgrößen betreffen, bestimmt werden, da es lediglich auf die zeitliche Entwicklung ankommt. So kann ein Freiheitsgrad charakterisiert werden beispielsweise durch eine Leistung in einem ersten Netzabschnitt und ein damit ähnlicher Freiheitsgrad charakterisiert sein durch eine Blindleistung in einem zweiten Netzabschnitt, wobei beide Freiheitsgrade eine Ähnliche zeitliche Entwicklung aufwiesen. Dabei kann davon ausgegangen werden, dass zwischen dem ausgewählten Freiheitsgrad f und dem Freiheitsgrad mit einer hohen Ähnlichkeit eine gegenseitige Beeinflussung bzw. eine Korrelation existiert. So wird in Schritt S04 eine Auswahl Mf von Freiheitsgraden aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade anhand des Ähnlichkeitsmaßes Af bestimmt. So enthält die Auswahl Mf die Freiheitsgrade, welche eine hohe Ähnlichkeit zu dem ausgewählten Freiheitsgrad f aufweisen. Dabei ist die Auswahl Mf von Freiheitsgraden eine Untermenge der Vielzahl N der Freiheitsgrade des gesamten realen Systems. Insbesondere ist daher Mf kleiner N und insbesondere gilt Mf << N. Dabei umfasst die Auswahl Mf insbesondere weniger als 100 und bevorzugt weniger als 10 Freiheitsgrade. Dabei enthält Auswahl Mf eine geeignete Anzahl an Freiheitsgraden derart, dass eine Ermittlung der Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f anhand der Auswahl Mf gemäß Schritt S05 mit den zur Verfügung gestellten Rechenkapazitäten ermöglicht wird. Dadurch, dass lediglich solche Freiheitsgrade aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden des Stromnetzes herangezogen werden, welche eine Ähnlichkeit zu dem ausgewählten Freiheitsgrad f aufweisen, erfolgt eine Reduktion der Komplexität des zu betrachtenden Systems bei der Ermittlung der Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f. Dies führt zu einer deutlichen Reduktion der Anforderungen an die Rechenkapazitäten, da nicht mehr alle Freiheitsgrade aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade des gesamten Stromnetzes berücksichtigt werden müssen. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass ähnliche Zustandsentwicklungen für unterschiedliche Freiheitsgrade des gesamten Stromnetzes kausal zusammenhängen und somit eine gegenseitige Beeinflussung der Freiheitsgrade besteht. Dabei hängt die Ähnlichkeit bzw. die berücksichtigten Freiheitsgrade in der Auswahl Mf nicht von der lokalen Nähe der einzelnen Freiheitsgrade ab, sondern lediglich von dem im Schritt S03 bestimmten Ähnlichkeit Af.
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Die Ermittlung der Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f erfolgt sodann beispielsweise mittels einem Rekurrenten Neuronalen Netzwerk, insbesondere mittels Reservoir Computing. Dieses Verfahren ist bekannt beispielweise aus Mantas Lukoševičius; Herbert Jaeger, „Reservoir computing approaches to recurrent neural network training", Computer Science Review 2009, 3, 3, Seiten 127-149. Dabei kann das Training der verwendeten Netzwerke anhand der ermittelten Zustände für die Vielzahl N von Freiheitsgraden bis zu dem Zeitpunkt t0 erfolgen gemäß Schritt S01. Somit kann eine Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad ermittelt werden insbesondere für unterschiedliche Startbedingungen und/oder über den Zeitpunkt t0 hinaus.
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2 zeigt eine weitere Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens. Hierbei wird im Folgenden lediglich auf die Unterschiede im Hinblick auf das Verfahren gezeigt in 1 eingegangen. Gemäß der 2 werden in Schritt S05 die Schritte S02 bis S04 wiederholt für jeden der Freiheitsgrade aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden und für jeden Freiheitsgrad wird sodann eine jeweilige Auswahl Mf von Freiheitsgraden bestimmt. Dabei kann die Auswahl Mf mit f=1,...,N von Freiheitsgraden gemäß Schritt S03 für jeden der Freiheitsgrade f=1,...,N gleich gewählt bzw. vorgegeben sein. Alternativ hierzu kann für unterschiedliche ausgewählte Freiheitsgrade f eine unterschiedliche Auswahl Mf von Freiheitsgraden aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden anhand einer angepassten Ähnlichkeit Af gewählt werden. Hierzu wird für jeden ausgewählten Freiheitsgrad f mit f=1,...,N die entsprechende Ähnlichkeit Af,i bestimmt mit i =1,...,f-1,f+1,...,N und wiederum f=1,...,N. Dabei kann die Bestimmung der Ähnlichkeit und der jeweiligen Auswahlen Mf parallel erfolgen. Nachfolgen wird eine gemeinsame Ermittlung der Zustandsentwicklung durchgeführt, wobei hier für jeden Freiheitsgrad f nur die Freiheitsgrade der zuvor bestimmten Auswahl Mf berücksichtigt werden. Dieser Schritt der Bestimmung der Zustandsentwicklung erfolgt für die berücksichtigten Freiheitsgrade gemeinsam, insbesondere gemäß dem bekannten Verfahren des Reservoir Computing.
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Somit ist es möglich die Zustandsentwicklung für das gesamte Stromnetz zu bestimmen und insbesondere die Zustandsentwicklung für jeden der Freiheitsgrade aus der Vielzahl N von Freiheitsgraden des gesamten Stromnetzes zu ermitteln. Dabei erfolgt durch die Auswahl eine Komplexitätsreduktion, wodurch Zustandsentwicklungen auch für hochdimensionale Stromnetze ermittelt werden können bei beschränkter Rechenkapazität. Somit ist eine Charakterisierung des Stromnetzes möglich.
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Es wird Bezug genommen auf 3. 3 zeigt ein schematisch dargestelltes Stromnetz 10. Das Stromnetz 10 weist eine Vielzahl von Verbrauchern 12 auf, welche über Leitungen mit Erzeugern verbunden sind. Bei den Erzeugern handelt es sich beispielsweise um konventionelle Kraftwerke 14 oder erneuerbaren Energien, erzeugt beispielsweise durch Windräder 16 oder Solarenergieanlagen 18. Die vorliegende Erfindung ist jedoch nicht auf eine bestimmte Wahl der Erzeuger beschränkt. Zusätzlich zu den zentralen Erzeugern können im Stromnetz lokale Erzeuger vorgesehen sein, wie beispielsweise Solaranlagen 19, welche unmittelbar mit den Verbrauchern 12 verbunden sein können. Insbesondere sind mit einem oder mehreren der Verbraucher 12 beispielsweise Stromspeicher 11 verbunden, welche ebenfalls Komponenten des Stromnetzes darstellen. Weiterhin können mit einzelnen Verbrauchern 12 Elektrofahrzeuge 13 als Verbraucher und in kombinierter Weise als Stromspeicher verbunden sein. Dabei ist die Anbindung der Elektroautos 13 bzw. der Stromspeicher 11 unmittelbar an die Verbraucher nicht beschränkend zu verstehen, sodass an jeder Stelle des Stromnetzes 10 entsprechende Stromspeicher 11 vorgesehen sein können und ebenfalls die Elektroautos an verschiedenen Stellen innerhalb des Stromnetzes 10 und insbesondere innerhalb des Stadtnetzes 26 an das Stromnetz 10 angeschlossenen sein können.
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Weiterhin weist das Stromnetz eine Vielzahl von Komponenten 22 auf, wobei es sich bei den Komponenten 22 beispielsweise um Umspannwerke, Umschaltstellen oder einfache Verbindungspunkte handelt. Die Komponenten 22 des Stromnetzes 10 sind dabei wiederum über Leitungen miteinander verbunden. So kann beispielsweise ein erster Netzabschnitt 24 ausgebildet sein als Höchstspannungsnetz, welches sodann über eines der Komponenten 22 des Stromnetzes 10 in eine Hochspannung transformiert wird, welche sodann von einem Hochspannungsnetz 28 weitergeleitet wird. Insbesondere sind die Verbraucher 12 mittels eines Stadtnetzes oder eines Niederspannungsnetzes 26 miteinander verbunden zur Stromversorgung der Verbraucher 12. Dabei ist die vorliegende Erfindung nicht beschränkt auf eine bestimmte Topologie des Stromnetzes 10. Insbesondere ist die in der 3 dargestellte Topologie des Stromnetzes 10 schematisch zu verstehen und reale Stromnetze weisen eine deutlich höhere Komplexität auf mit einer Vielzahl von Komponenten, Verbrauchern und Erzeugern, welche jedoch allesamt miteinander über entsprechende Leitungen verbunden sind und somit eine gegenseitige Beeinflussung bzw. Wechselwirkung besteht. Bei den erneuerbaren Energien besteht weiterhin ein Einfluss beispielsweise durch das Wetter, so dass bei den Solaranlagen 18, 19 der erzeugte Strom von der Sonneneinstrahlung abhängt, wohingegen bei dem Windrad 16 die Stromerzeugung von dem Wind abhängt.
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In dem Stromnetz 10 sind eine Vielzahl von Sensoren bzw. Messpunkten 20 angeordnet. Diese sind in der 3 lediglich exemplarisch dargestellt. Insbesondere kann jeder Netzabschnitt einen entsprechenden Messpunkt 20 aufweisen. Auch die Erzeuger, Verbraucher und Komponenten 22 des Stromnetzes können entsprechende Sensoren bzw. Messpunkte 20 aufweisen zur Erfassung der Zustände der jeweiligen Erzeuger, Verbraucher oder Komponenten.
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Jeder berücksichtigte Freiheitgrad wird bestimmt durch mindestens eine Messgröße wie beispielsweise Leistung, Blindleistung, Netzfrequenz, Erzeugung und Last oder dergleichen. Insbesondere weist ein Stromnetzes eine sehr große Anzahl an Freiheitsgraden auf. Bei der Betrachtung eines realen Systems wird jedoch nur eine Anzahl dieser Freiheitsgrade berücksichtigt, sei es im Rahmen einer Messung (Anzahl der Berücksichtigten Freiheitsgrade beschränkt durch die Anzahl der Sensoren bzw. Messpunkte 20) oder für die Charakterisierung des Systems in einer Zustandsentwicklung. Gemäß Schritt S01 wird für jeden der Freiheitsgrade Zustände bzw. eine zeitliche Entwicklung der Zustände für eine Vielzahl von Zeitpunkten bis zu einem Endzeitpunkt t0 erfasst wird. Hierzu können beispielsweise Sensoren bzw. Messpunkte 20 in dem Stromnetz angeordnet sein, welche die realen Messgrößen zu unterschiedlichem Zeitpunkt erfassen und so eine Zeitserie bzw. Zustandsentwicklung für jeden der Freiheitsgrade für die mindestens eine oder mehrere Messgrößen erzeugen. Nachfolgend wird gemäß Schritt S01 einer dieser Freiheitsgrade, insbesondere repräsentiert durch einen der angebrachten Sensoren, als gewählter Freiheitsgrad f ausgewählt. Nachfolgend wird die zeitliche Entwicklung der Zustände für den ausgewählten Freiheitsgrad f verglichen mit den zeitlichen Entwicklungen der Zustände jedes anderen Freiheitsgrades, um hieraus gemäß Schritt S03 eine Ähnlichkeit Af zu bestimmen. Nachfolgend werden aus den Freiheitsgraden der Vielzahl N von Freiheitsgraden in dem Stromnetz diejenigen Freiheitsgrade ausgewählt, welche eine ähnliche zeitliche Entwicklung zu dem ausgewählten Freiheitsgrad f aufweisen gemäß Schritt S04. Dabei ist die Ähnlichkeit nicht gegeben durch eine lokale Nähe der Sensoren bzw. Messpunkte 20 innerhalb des Stromnetzes. Vielmehr wird die Ähnlichkeit bestimmt anhand einer ähnlichen Entwicklung der Zustände des Freiheitsgrads. Eine ähnliche zeitliche Entwicklung der Zustände lässt auf eine kausale Verknüpfung bzw. Korrelation der Freiheitsgrade schließen, wobei auch weit entfernte Regionen innerhalb des Stromnetzes sich gegenseitig beeinflussen können, beispielsweise durch übertragene Wechselwirkungen oder dergleichen. Anhand der Auswahl Mf von Freiheitsgraden, welche eine Ähnlichkeit aufweisen und insbesondere ein Kriterium hinsichtlich des bestimmten Ähnlichkeitsmaßes erfüllen, wird sodann die Zustandsentwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f anhand der Auswahl Mf von Freiheitsgraden bestimmt. Somit kann die zeitliche Entwicklung für den ausgewählten Freiheitsgrad f ermittelt werden, wobei insbesondere solche Freiheitsgrade der Auswahl Mf mitberücksichtigt werden, welche einen kausalen Zusammenhang, indiziert durch die Ähnlichkeit der zeitlichen Entwicklungen, stehen.
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Sodann werden gemäß der Ausführungsform der 2 und 3 die vorgenannten Schritte wiederholt zur Ermittlung der Zustandsentwicklung für jeden der Freiheitsgrade im gesamten Stromnetz, um somit eine vollständige Charakterisierung des Stromnetzes und des zeitlichen Verhaltens innerhalb des Stromnetzes zu ermitteln. Da lediglich jeweils die Auswahl Mf von Freiheitsgraden berücksichtigt werden zur Ermittlung der Zustandsentwicklung der jeweils ausgewählten Freiheitsgrade f, erfolgt hierbei eine Reduktion der Komplexität des Stromnetzes. Somit ist es nicht mehr erforderlich zur Ermittlung der Zustandsentwicklung für einen ausgewählten Freiheitsgrad f alle weiteren Freiheitsgrade aus der Vielzahl N der Freiheitsgrade des gesamten Stromnetzes zu berücksichtigen. Vielmehr werden lediglich solche Freiheitsgrade berücksichtigt, welche in ein Kausalitätszusammenhang zu dem ausgewählten Freiheitsgrad f stehen. Diese Berechnung ist mit einer deutlichen geringeren Rechenkapazität durchführbar.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Mantas Lukoševičius; Herbert Jaeger, „Reservoir computing approaches to recurrent neural network training“, Computer Science Review 2009, 3, 3, Seiten 127-149 [0038]