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Die Erfindung betrifft ein Bremssystem eines für autonomes Fahren ausgelegten Kraftfahrzeugs sowie ein Verfahren zum Betätigen eines derartigen Bremssystems.
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Bei bekannten integrierten Bremssystemen muss kurz vor Erreichen einer Endstellung des den Bremsdruck liefernden Aktuators der Bremsdruck im System eingesperrt werden, da das Bremsflüssigkeitsvolumen im Aktuator verbraucht ist und der Aktuator durch zurückfahren neues Bremsflüssigkeitsvolumen nachsaugen muss. Dieser Vorgang tritt beispielsweise während längeren ABS-Bremsungen auf.
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Generell müssen beim Ansprechen eines ABS-Systems kurzfristig und insbesondere in der Anfangsphase hohe Spitzenbremsdrücke geliefert werden, die weit über den im Normalbetrieb geforderten Bremsdrücken liegen können und die beispielsweise bis über 190 bar betragen können.
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Fahrzeugbremssysteme sind auf einen Maximaldruck auszulegen, der derartige Spitzenbremsdrücke umfasst. Insbesondere bei großen und schweren Fahrzeuge erhöhen sich dadurch Gewicht und Kosten.
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Zunehmend werden Fahrzeuge entwickelt, die für autonomes Fahren, also für ein zumindest zeitweiliges Fahren ohne direkte Unterstützung eines Fahrzeugführers, ausgelegt sind. Bei Fahrzeugen, die für autonomes Fahren beispielsweise der Autonomiestufe 4 konzipiert sind, ist grundsätzlich ein zusätzliches Bremssystem verbaut, das im autonomen Fahrbetrieb angesprochen wird.
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Aufgabe der Erfindung ist es, ein Bremssystem eines Fahrzeugs kostengünstiger zu gestalten.
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Diese Aufgabe wird mit einem Bremssystem eines für autonomes Fahren ausgelegten Kraftfahrzeugs gelöst, wobei das Bremssystem wenigstens eine durch einen Bremsdruck betätigbare, auf ein Rad des Kraftfahrzeugs wirkende Bremse umfasst, sowie ein Hauptmodul, das eine Bremskraft in einem manuellen Fahrbetrieb bereitstellt, ein Autonom-Modul, das eine Bremskraft in einem autonomen Fahrbetrieb bereitstellt, und ein ABS-Modul. Das Bremssystem ist so ausgelegt, dass bei einem Ansprechen des ABS-Moduls sowohl das Hauptmodul als auch das Autonom-Modul einen Anteil eines Gesamtbremsdrucks liefern, der an der Bremse anliegt, wenn ein angeforderter Spitzenbremsdruck über einem maximalen Bremsdruck des Hauptmoduls liegt.
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So lässt sich kurzzeitig ein besonders hoher Bremsdruck erzeugen, ohne dass dieser vom Hauptmodul alleine aufgebracht werden muss. Dies deckt insbesondere den anfänglich beim Ansprechen des ABS-Moduls benötigten Spitzenbremsdruck ab.
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In normalen Fahrmodi, sowohl beim manuellen Fahren als auch beim autonomen Fahren, werden vorzugsweise jeweils nur das Hauptmodul oder das Autonom-Modul betätigt. Über derartige normale Anforderungen hinausgehende Bremsdrücke werden jedoch durch ein Zusammenwirken des Hauptmoduls und des Autonom-Moduls abgedeckt, sodass weder das Hauptmodul noch das Autonom-Modul allein für hohe Spitzenbremsdrücke ausgelegt sein muss. Dies erlaubt es, zumindest das Hauptmodul, optional auch das Autonom-Modul kleiner zu dimensionieren, was Kosten einspart. Insbesondere lässt sich auch das Bremsflüssigkeitsvolumen des Hauptmoduls reduzieren.
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Genauso kann gegebenenfalls natürlich im autonomen Fahrbetrieb das Hauptmodul zum Autonom-Modul zugeschaltet werden, um den benötigten Bremsdruck bereitzustellen.
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Um dieses Zusammenwirken zu ermöglichen, kann beispielsweise eine Verschaltung des Hauptmoduls und des Autonom-Moduls genutzt werden, die zur Verbindung dieser Module bei etwaigen Systemausfällen vorhanden ist.
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Das Bremssystem kann so ausgelegt sein, dass ein vorgegebener gesamter maximaler Bremsdruck, der an der Bremse anliegt, nur durch ein Zusammenwirken des Hauptmoduls und des Autonom-Moduls erreichbar ist. Dann kann das Hauptmodul entsprechend klein ausgelegt sein, da es die Druckspitzen beim Ansprechen des ABS-Moduls nicht erzeugen muss. Der maximale Bremsdruck des Hauptmoduls ist dann kleiner als der vorgegebene gesamte maximale Bremsdruck. Ein vorgegebener maximaler Bremsdruck des Autonom-Moduls kann ebenfalls kleiner sein als der gesamte maximale Bremsdruck. Die maximalen Bremsdrücke des Hauptmoduls und des Autonom-Moduls zusammen erreichen jedoch auf jeden Fall den vorgegebenen gesamten maximalen Bremsdruck.
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Sowohl das Hauptmodul als auch das Autonom-Modul sind vorzugsweise hydraulisch betrieben, wobei der Aufbau des Bremsdrucks z.B. durch elektrisch angetriebene Pumpen oder Aktuatoren erreicht werden kann. Vorzugsweise umfasst das Autonom-Modul wenigstens eine Pumpe, die den Bremsdruck erzeugt. Das Hauptmodul kann hingegen einen bekannten Bremszylinder, Steller o.ä. aufweisen.
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Das Hauptmodul und das Autonom-Modul sind vorzugsweise separate Module im Fahrzeug, die jeweils als eigenständige elektro-hydraulische Systeme ausgelegt sind. Sie können jeweils eine eigene Steuereinheit aufweisen, die miteinander kommunizieren. Die Steuereinheiten sind bevorzugt redundant ausgelegt, sodass beim Ausfall einer der Steuereinheiten die andere Steuereinheit einen Bremsvorgang steuern kann.
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In einer bevorzugten Variante verfügt jedes Rad des Fahrzeugs über eine Bremse, die gleichzeitig mit dem Hauptmodul und dem Autonom-Modul verbindbar ist. Alternativ können nur die Bremsen an den Rädern der Vorderachse gleichzeitig mit dem Hauptmodul und dem Autonom-Modul verbindbar sein, da im Fall des Ansprechens des ABS-Moduls dort anfänglich die größte Bremswirkung geleistet werden muss.
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Das Zusammenwirken des Hauptmoduls und des Autonom-Moduls wird beispielsweise durch eine Steuereinheit des Fahrzeugs veranlasst, die auch mit dem ABS-Modul kommuniziert.
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Die oben genannte Aufgabe wird auch mit einem Verfahren zur Betätigung eines Bremssystems, wie es oben beschrieben wurde, gelöst. Bei einem Ansprechen des ABS-Moduls liefern sowohl das Hauptmodul als auch das Autonom-Modul einen Anteil eines Gesamtbremsdrucks, der an der Bremse anliegt, wenn ein angeforderter Spitzenbremsdruck über einem maximalen Bremsdruck des Hauptmoduls liegt.
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Es ist möglich, einen vorgegebenen Maximalwert für den Bremsdruck im Autonom-Modul zu erhöhen, wenn das ABS-Modul anspricht. Dieser Maximalwert kann prinzipiell dem technisch möglichen Maximalwert für das Autonom-Modul entsprechen. Die Einstellung des vorgegebenen Maximalwerts erfolgt beispielsweise durch die Steuereinheit des Autonom-Moduls. Im normalen autonomen Fahrbetrieb kann der vorgegebene Maximalwert hingegen deutlich niedriger eingestellt sein.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels mit Bezug auf die beigefügte Zeichnung näher beschrieben. Die einzige Figur zeigt eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Bremssystems eines Kraftfahrzeugs zur Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die Figur zeigt ein Bremssystem 10 eines für autonomes Fahren ausgelegten, nicht näher dargestellten Kraftfahrzeugs, insbesondere eines Pkw.
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Das Kraftfahrzeug weist mehrere gebremste Räder 12 auf, denen jeweils eine eigene Bremse 14 zugeordnet ist. Hierbei kann es sich um alle vier Räder eines normalen Pkw handeln.
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Das Bremssystem 10 umfasst ein Hauptmodul 16 sowie ein Autonom-Modul 18, die beide die Bremsen 14 der gebremsten Rädern 12 betätigen können, wobei zumindest eine Bremse 14 sowohl vom Hauptmodul 16 als auch vom Autonom-Modul 18 angesprochen werden kann. Bei dem hier dargestellten Beispiel sind alle Bremsen 14 derartig sowohl mit dem Hauptmodul 16 als auch mit dem Autonom-Modul 18 verschaltet.
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Außerdem umfasst das Bremssystem 10 ein ABS-Modul 20, also ein Antiblockiersystem, das bei einer Vollbremsung ein Blockieren der gebremsten Räder 12 verhindert.
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Das Hauptmodul 16, das Autonom-Modul 18 und das ABS-Modul 20 sind jeweils über eine Steuereinheit 22 betätigbar, die mit anderen elektronischen Fahrzeugsystemen in Kontakt steht. Die Steuereinheiten 22 können separate, auch räumlich getrennte Vorrichtungen sein, können aber auch in eine gemeinsame Elektronikeinheit, gegebenenfalls mit anderen Fahrzeugsystemen, integriert sein.
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In diesem Beispiel empfangen die Steuereinheiten 22 auch Daten von einem oder mehreren Drucksensoren 24, die den aktuellen Bremsdruck im Hauptmodul 16 und dem Autonom-Modul 18 erfassen.
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Im Hauptmodul 16 wird in diesem Beispiel im Normalbetrieb bei manuell gesteuertem Fahren ein Bremswunsch des Fahrers erfasst, indem dieser einen Hauptbremszylinder 26 betätigt und daraus ein erforderlicher Bremsdruck bestimmt wird. Dieser Bremsdruck wird dann auf bekannte Weise durch einen Steller 30 erzeugt.
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Im Autonom-Modul 18 sind in diesem Beispiel zwei Pumpen 28 angeordnet, die den Bremsdruck bereitstellen.
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Sowohl das Hauptmodul 16 als auch das Autonom-Modul 18 verfügen hier über ein eigenes Reservoir an Bremsflüssigkeit.
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Vom Steller 30 und dem Hauptbremszylinder 26 des Hauptmoduls 16 sowie von den Pumpen 28 des Autonom-Moduls 18 führen jeweils Hydraulikleitungen 34 zu den Bremsen 14 der gebremsten Räder 12, über die ein erzeugter Bremsdruck an die Bremsen 14 übertragen wird.
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Im hier gezeigten Beispiel sind sämtliche Bremsen 14 sowohl mit dem Steller 30 bzw. dem Hauptbremszylinder 26 als auch mit den Pumpen 28 hydraulisch verbindbar und können gleichzeitig sowohl vom Hauptmodul 16 als auch vom Autonom-Modul 18 betätigt werden. Es wäre auch möglich, beispielsweise nur die Bremsen 14 von Vorderrädern auf diese Weise zu verschalten.
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Wie schematisch in der Figur dargestellt ist, sind die Hydraulikleitungen 34 des Hauptmoduls 16 so mit denen des Autonom-Moduls 18 gekoppelt, sodass das Hauptmodul 16 und das Autonom-Modul 18 zusammenwirken können, wobei sowohl das Hauptmodul 16 als auch das Autonom-Modul 18 jeweils einen Anteil des Bremsdrucks an den Bremsen 14 und somit jeweils einen Anteil der Bremsleistung für das gebremste Rad 12 erzeugen.
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In diesem Beispiel wird ein vorgegebener gesamter maximaler Bremsdruck des Bremssystems 10 durch einen maximalen Bremsdruck des Hauptmoduls 16 und einen maximalen Bremsdruck des Autonom-Moduls 18 bestimmt. Dabei entspricht der vorgegebene maximale Bremsdruck des Bremssystems beispielsweise in etwa einer Summe der maximalen Bremsdrücke des Hauptmoduls 16 und des Autonom-Moduls 18.
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Der vorgegebene gesamte maximale Bremsdruck des Bremssystems 10 ist dabei so hoch gewählt, dass anfängliche extreme Spitzenbremsdrücke, die das ABS-Modul 20 benötigt und die beispielsweise ist über 190 bar betragen können, an den Bremsen 14 zumindest einer Vorderachse des Fahrzeugs aufgebracht werden können. Da sich diese anfänglichen extremen angeforderten Bremsdruck in kurzer Zeit auf ein deutlich niedrigeres Niveau reduzieren, können das Hauptmodul 16 und das Autonom-Modul 18 derartige Spitzenbremsdrücke für den erforderlichen kurzen Zeitraum problemlos gemeinsam bereitstellen.
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Der maximale Bremsdruck, den das Hauptmodul 16 und das Autonom-Modul 18 jeweils für sich bereitstellen können, liegt hier jeweils deutlich unter dem vorgegebenen maximalen Bremsdruck des Bremssystems 10.
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Das Bremssystem 10 ist so ausgelegt, dass der vorgegebene gesamte maximale Bremsdruck, der an den Bremsen 14 anliegt, nur durch ein Zusammenwirken des Hauptmoduls 16 und des Autonom-Moduls 18 erreichbar ist.
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Der Modus, in dem das Hauptmodul 16 und das Autonom-Modul 18 zusammenwirken, wird durch eine oder mehrere der Steuereinheiten 22 bei Ansprechen des ABS-Moduls 20 ausgelöst, wenn ein angeforderter Spitzenbremsdruck an einer der Bremsen 14 über dem maximalen Bremsdruck des Hauptmoduls 16 liegt.
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Das Hauptmodul 16 ist hier für eine manuelle Betätigung ausgelegt, wobei eine geeignete Eingabe eines Fahrzeugführers über den Hauptbremszylinder 26 auf mechanischem und/oder elektronischem Weg in eine Betätigung des Stellers 30 umgesetzt wird. In einem normalen manuellen Fahrbetrieb stellt in der Regel das Hauptmodul 16 die gesamte Bremskraft für das Fahrzeug bereit.
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Das hier vom Hauptmodul 16 separate Autonom-Modul 18 ist hingegen dazu ausgelegt, das Fahrzeug in einem autonom fahrenden Modus abzubremsen und wird vollständig elektronisch gesteuert und angesprochen, unabhängig von einer Aktion des Fahrzeugführers. Im autonomen Fahrbetrieb stellt das Autonom-Modul 18 die gesamte Bremskraft für das Fahrzeug bereit.
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Nur in bestimmten Situationen wie dem hier beschriebenen Ansprechen des ABS-Moduls 20 wirken das Hauptmodul 16 und das Autonom-Modul 18 zusammen, um gemeinsam eine erhöhte Bremskraft zu liefern.
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Die Steuereinheit 22 des Autonom-Moduls 18 ist optional so ausgelegt, dass ein vorgegebener Maximalwert für den Bremsdruck im Autonom-Modul 18 je nach Fahrmodus unterschiedlich ist. So ist beispielsweise im normalen autonomen Fahrbetrieb der maximale Bremsdruck auf einen niedrigeren als den absolut möglichen Maximalwert begrenzt, während im Fall des Ansprechens des ABS-Moduls 20 der Maximalwert bis auf den absolut möglichen Maximalwert heraufgesetzt werden kann.
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Die Auslegung des Bremssystems 10 so, dass das Hauptmodul 16 und das Autonom-Modul 18 zusammenwirken und gemeinsam eine Bremskraft und einen Bremsdruck erzeugen können, der über den maximalen Bremsdruck der jeweils einzelnen Module hinausgeht, ermöglichen es, stets sämtliche Sicherheitsanforderungen auch im Fall einer Vollbremsung mit Ansprechen des ABS-Moduls 20 zu erfüllen, ohne dass insbesondere das Hauptmodul 16, aber auch das Autonom-Modul 18 einzeln für sich dazu ausgelegt sein müssen, die in derartigen Situationen angeforderten Spitzenbremsdrücke zu liefern.