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Die Erfindung betrifft eine Prüfstandsvorrichtung zur Überprüfung einer aus mehreren Komponenten bestehenden Fahrzeugeinheit, wie beispielsweise eine Elektromaschine für hybridisch oder rein elektrisch angetriebene Kraftfahrzeuge. Die Prüfstandsvorrichtung ist insbesondere ein akustischer Prüfstand zur Ermittlung reparaturbedürftiger Bauteile einer Fahrzeugeinheit mittels Körperschallerfassung.
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Derartige akustische Prüfstände sind insbesondere in der Fahrzeugentwicklung schon viele Jahre im Einsatz und beispielsweise auch aus der
DE 199 26 411 C1 bekannt.
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Grundsätzlich werden dabei Körperschallspektren von sich bewegenden Komponenten einer Fahrzeugeinheit erfasst und mit abgespeicherten empirisch ermittelten Körperschallspektren zu einer Vielzahl derselben Fahrzeugeinheiten verglichen.
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Bei bekannten Vorrichtungen und Verfahren zur Bestimmung von reparaturbedürftigen Bauteilen einer Fahrzeugeinheit werden Fahrzeugeinheiten im Neuzustand im Hinblick auf auftretende Schwingungen vermessen. Insbesondere bei späteren Wartungsarbeiten wird dieselbe Fahrzeugeinheit erneut im Hinblick auf auftretende Schwingungen vermessen. Die Intensitäten der Schwingungen werden miteinander verglichen. Eine unverhältnismäßig hohe Steigerung der Intensität einer Schwingung ist ein Kriterium der Reparaturbedürftigkeit eines Bauteils. Allgemein ist auch eine Gesamtschallanalyse von laufenden Maschinen und Anlagen bekannt, bei der aufgenommene Schalle mit vorgegebenen Schwellwerten verglichen werden. Auch können aufgenommene Schwingungen mit abgespeicherten Schwingungen im Hinblick auf ihr Frequenzspektrum ausgewertet werden, um die Quelle eines Geräusches in Form eines bestimmten Bauteils zu identifizieren. Oft ist eine Versuchswerkstatt oder eine Servicewerkstatt auf eine manuelle und individuelle Analyse- und Konstruktionssystematik der einzelnen Experten angewiesen.
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Einige Fahrzeugeinheiten, wie beispielsweise eine Elektromaschine für elektrifizierte Kraftfahrzeuge, weisen erstens viele Komponenten und zweitens sich bei Bewegung gegenseitig beeinflussende Komponenten auf. Dabei müssen zur Prüfung und Fehlererkennung mehrdimensionale komplexe Daten verarbeitet werden.
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Es ist daher Aufgabe der Erfindung, Prüfvorrichtungen eingangs genannter Art im Hinblick auf die Handhabbarkeit von Fehleranalysen zu immer komplexeren Fahrzeugeinheiten zu verbessern.
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Patentanspruchs 1 gelöst. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind die Gegenstände der abhängigen Ansprüche.
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Durch die erfindungsgemäße Vorrichtung findet zusammengefasst eine Externalisierung von Detailwissen in hochdimensionalen Parameterräumen über die Identifikation (und ggf. Visualisierung und/oder automatische Auswertung) von anomalen Koinzidenzen statt.
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Die Erfindung betrifft vorrangig eine Prüfstandsvorrichtung zur Überprüfung einer aus mehreren Komponenten bestehenden Fahrzeugeinheit mit Funktionsmodulen zur Berechnung einer komponentenbezogenen anomalen Koinzidenz, die als zweidimensionale aus einzelnen Zellen bestehende Hypermatrix generierbar ist, wobei jeder Zelle die Koinzidenz einer bestimmten Komponente zur mittleren Korrelation jeder Komponente zugeordnet ist. Über die Zellen der Hypermatrix entsteht ein Korrelationsmuster bezogen auf die paarweise Betrachtung aller Komponenten, wodurch ein Prüfergebnis bezogen auf die einzelnen paarweise betrachteten Komponenten entsteht, die eine Aussage über die Güte der Komponenten und somit auch über die die Güte der gesamten Funktionseinheit erlauben.
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Der Erfindung liegen folgende Überlegungen zugrunde:
- In Prüfständen, insbesondere Körperschallprüfständen, mit wechselwirkenden Messgrößen ist es selbst für Experten schwierig eindeutige Fehlerbilder zu entdecken und zu klassifizieren.
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Bisherige Auswerteprogramme an Prüfständen zeigen Rohdaten im Vergleich zueinander oder gegen eine Grenze an. Diese Einzelwerte lassen nur in manuellen Auswertungen auf Korrelationen oder Wechselwirkungen schließen.
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Zusammenhängende Fehlerbilder oder Einzelfehler mit mehreren auftretenden Symptomen können nicht analysiert oder nicht einheitlich erkannt werden. Der manuelle Aufwand in der Generierung von Annotationen oder Fehlerindikatoren für wechselwirkende Fehlermechanismen ist extrem zeitaufwendig und kann nur manuell durchgeführt werden.
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Durch die erfindungsgemäße Berechnung der anomalen Koinzidenz (d.h. wie stark weicht die Korrelation eines Motors zu sich selbst von der mittleren Korrelation ab) und der anschließenden „Clusterung“ (z.B. mittels „self-organizing maps“ SOM) kann in einem interaktiven Tool für den Experten eine adäquate Auswertung der Prüfstands-Ergebnisse ermöglicht werden. Unter Clusteranalysen versteht man Verfahren zur Entdeckung von Ähnlichkeitsstrukturen in Datenbeständen. Die so gefundenen Gruppen von „ähnlichen“ Objekten werden als Cluster bezeichnet, die Gruppenzuordnung als Clustering. Neben den aufbereiteten Daten werden ihm noch die Rohdaten angezeigt um Annotationen innerhalb der Rohdaten zusammen mit Annotationsnamen einzufügen. Diese können in einer Datenbank oder lokal gespeichert werden. Auf Basis des eingetragenen Wissens kann das Tool für einen Motor oder ein Cluster von Motoren einen Fehlernamen vorschlagen oder gesamte Cluster als in Ordnung bewerten. Dadurch wird die manuelle Bewertung normaler Maschinen beschleunigt wodurch sich der Experte auf auffällige Motoren konzentrieren kann. Nach einer „Clusterung“ findet also ein sogenanntes „Labeling“ (oder auch „Etikettierung“ genannt), wobei abweichende Verhaltensmuster von Norm-Verhaltensmuster identifiziert werden. Darüber erhalten Komponenten eine „Annotation“, d.h. einen Vermerk z.B. als „in Ordnung“ oder „nicht in Ordnung“.
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In der Zeichnung wird anhand von Ausführungsbeispielen die Erfindung im Hinblick auf mögliche technische Implementierungsdetails genauer beschrieben. Es zeigt
- 1 ein Beispiel für ein relatives Körperschall-Spektrogramm für eine (neu) zu überprüfende Fahrzeugeinheit,
- 2 einen schematischen Überblick über den Kernprozess des erfindungsgemäßen Gesamtsystems, insbesondere zur Erstellung einer Hypermatrix,
- 3 Beispiele zur Verwendung der Hypermatrix bei der Anwendung auf Elektromaschinen als zu überprüfende Fahrzeugeinheiten,
- 4 ein Beispiel für ein „Clustering“ zur weiteren Auswertung einer Hypermatrix mittels SOM,
- 5 ein Beispiel für eine erfindungsgemäße Prüfstandsvorrichtung mit erweiterten Auswertemöglichkeiten und
- 6 ergänzend ein Beispiel zum Training einer SOM.
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Datengrundlage:
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1 zeigt ein relatives Einzel-Spektrogramm A eines mit mindestens einem Sensor (vorzugsweise zwei Sensoren) gemessenen Körperschalls einer Fahrzeugeinheit (hier einer Elektromaschine), wobei die Drehzahl „RPM“ auf der y-Achse und die Ordnungen „Order“ auf der x-Achse aufgetragen sind. Die jeweilige Graustufe zeigt die Messgröße der Messung der einen Fahrzeugeinheit im Vergleich mit einem Norm-Körperschall-Spektrogramm, das die Mittelung der Messungen einer Vielzahl von Fahrzeugeinheiten darstellt und das zuvor empirisch ermittelt wurde.
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Dieses Körperschall-Spektrogramm A ist ein Mittel zur Evaluation der akustischen Eigenschaften und des technischen Zustands der Fahrzeugeinheit und ihrer Komponenten mittels Identifikation von Ordnungen [Hz/RPM] und ist also eine Vielzahl von Spektren von Ordnungsamplituden über eine verändernde Drehzahl oder diskretisierte Zeit. In dem Ordnungs-Spektrogramm sind keine Wechselwirkungen ersichtlich. Somit werden erfindungsgemäß zunächst Drehzahl-Ordnungs-Spektren ermittelt.
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Datentransformation:
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Anhand von 2 wird der Kern der Erfindung näher erläutert. Der Kern der Erfindung ist eine Prüfstandsvorrichtung 1 bestehend aus Funktionsmodulen A bis F zur Berechnung der anomalen Koinzidenz, d.h. der Abweichung der komponentenbezogenen Korrelation einer aus mehreren vorgegebenen Komponenten bestehenden Fahrzeugeinheit zu sich selbst von einer mittleren Korrelation (berechnet in Funktionsmodul D). Dabei wird insbesondere eine zweidimensionale aus einzelnen Zellen Z bestehende Hypermatrix (Funktionsmodul F) generiert, wobei jeder Zelle Z die Koinzidenz einer bestimmten Komponente zur mittleren Korrelation (Funktionsmodul D) jeder Komponente (einschließlich sich selbst) zugeordnet ist. Über die Zellen Z der Hypermatrix entsteht ein Korrelationsmuster bezogen auf die paarweise Betrachtung aller Komponenten, wodurch ein Prüfergebnis bezogen auf die einzelnen paarweise betrachteten Komponenten entsteht, die eine Aussage über die Güte der Komponenten und somit auch über die die Güte der gesamten Funktionseinheit erlauben (z. B. „In Ordnung“, wenn alle Zellen Z hell; „Anomalie einer Einzelkomponente“, wenn einige einer Einzelkomponente zugeordnete Zellen eher dunkel; oder wenn viele Zellen dunkel; „Funktionseinheit nicht in Ordnung durch mehrere starke Anomalien mehrerer Komponenten“, siehe auch Beispiele in 3; sind).
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Mit 2 wird der erfindungsgemäße Prozess zur Aggregation von Korrelationsmustern durch die Funktionsmodule A bis F beschrieben. Ziel ist die Schaffung der oben genannten Hypermatrix für eine n-te Fahrzeugeinheit (z.B. Elektromaschine). Die für den Gesamt-Prozess erforderlichen Funktionsblöcke A bis F werden stellvertretend für alle Komponenten der Funktionseinheit anhand eines ausgewählten Signal-Paares „Signal A“ und „Signal B“ erläutert. Signal A und Signal B können beispielsweise für zwei verschiedene Komponenten (z.B. Lager einer Elektromaschine) stehen. Ein Signal-Paar entspricht somit einer paarweisen Komponenten-Kombination.
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Bei einer (neu bzw. n-ten) zu überprüfenden Fahrzeugeinheit wird zunächst im Funktionsmodul A (wie in 1 dargestellt) ein relatives Einzel-Spektrogramm dieser (neuen) Fahrzeugeinheit erstellt, das als Datengrundlage das erste Funktionsmodul des erfindungsgemäßen Prüfstandes bildet. Das relative Einzel-Spektrogramm wird erstellt, indem die Abweichungen („Residuais“) des absoluten Einzel-Spektrogramms zum Norm-Spektrogramm ermittelt werden.
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Aus dem relativen Einzel-Spektrogramm des Funktionsmoduls A werden beispielhaft zwei Spalten, Signal A für eine erste Komponente und Signal B für eine zweite Komponente, extrahiert und im Funktionsmodul B miteinander korreliert.
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In Funktionsmodul C wird diese paarweise Korrelation für alle Signalpaare (bzw. Komponentenpaare) aller Fahrzeugeinheiten (hier Elektromaschinen gleicher Bauart) hinterlegt.
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Im vierten Funktionsmodul D wird durch Aufsummieren aller paarweisen Korrelationen des Funktionsmoduls C die oben beschriebene mittlere Korrelation aller Komponenten ermittelt.
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Im Funktionsmodul E wird die Differenz der Ergebnisse des Funktionsmoduls B und des Funktionsmoduls D gebildet. Jedes Signal-Paar wird anschließend, ins über die sogenannte Frobenius Norm, aggregiert, wodurch die Zellen Z der Hypermatrix im Funktionsmodul F befüllt werden. Diese Hypermatrix repräsentiert die mittlere Abweichung von Korrelationen aller Signal-Paare und damit aller Komponenten-Kombinationen einer Fahrzeugeinheit (Elektromaschine) zu allen anderen Fahrzeugeinheiten (Elektromaschinen).
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Mögliche weitere Auswertefunktionen auf Basis der erfindungsgemäßen Datentransformation:
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3 zeigt beispielhaft zu drei verschiedenen Elektromaschinen („Engine 1“, „Engine 2“, „Engine 3“) jeweils die für sie erfindungsgemäß erzeugte Hypermatrix gemäß Funktionsmodul F. Die Zellen Z der Hypermatrix sind als kleine Quadrate sichtbar.
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„Engine 1“ ist in Ordnung. „Engine 2“ zeigt beispielsweise insbesondere für ein Lager („B-Bear“) eine auftretende Anomalie. „Engine 1“ zeigt „NOK“, d.h. die Elektromaschine ist hinsichtlich mehrerer Komponenten nicht in Ordnung. Je dunkler die Graustufe ist, desto größer die Abweichung. Interessant sind insbesondere die Wechselwirkungen von Anomalien bei unterschiedlichen Komponenten, z.B. dem Lager „A-Bear“ und dem elektrischen Magnetfeld „E-Mag“.
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Die Hypermatrix F kann entweder auf einem Bildschirm optisch angezeigt werden oder einer automatischen Auswerteeinheit als Eingangsinformation zugeführt werden.
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4 zeigt eine vorteilhafte weitere Auswertefunktion, die das Funktionsmodul F oder eine weitere Auswerteeinheit vorzugsweise durchführt. Hierbei werden besonders auffällige Komponenten-Kombinationen (besonders dunkle Matrix-Elemente bzw. Maximal-Abweichwerte) extrahiert. Daraus wird ein Vektor zum Trainieren einer sogenannten self-organizing-map SOM gebildet, die Grundlage einer Clusterung bildet.
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5 zeigt einen schematischen Überblick einer erweiterten Auswertung mittels des erfindungsgemäßen Prüfstandes 1: Ein Nutzer des Prüfstandes 1 (beispielsweise ein Entwicklungsingenieur) kann in (A) SOM-Cluster für eine Analyse selektieren („SOM-Grid“) und in (B) spezifische Elektromaschinen auswählen („Engine Selector“). In (E) („Labels“) sind die betroffenen Komponenten in einem Cluster dargestellt. Nach Auswahl einer Elektromaschine wird deren Hypermatrix in (C) und deren zugehöriges Spektrogramm in (D) dargestellt. Bei Anklicken einer Zelle Z der Hypermatrix in (C) werden die entsprechenden Ordnungs-Linien in (D) markiert und die Abweichungswerte in einem Diagramm (G) übertragen. Nach der Analyse einer Elektromaschine kann ein Nutzer ein „Label“ für diese Elektromaschine oder für das gesamte Cluster in (F) selektieren und dadurch eine „Annotation“ in (D) eintragen.
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6 zeigt lediglich ergänzend einen Dialog zum Trainieren der SOM. Der Nutzer kann SOM Parameter in (1), ausgewählte Eingangs-Cluster in (2) und Filter für relevante „Label“ in (3) auswählen.
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Die Erfindung wird bevorzugt auf die Überprüfung der Komponenten (z. B. verschiedene Lager, Getriebe-Schaltelemente, Rotor, Stator usw.) einer Elektromaschine zum Antreiben eines Kraftfahrzeugs als Fahrzeugeinheit angewendet.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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