-
Die Erfindung betrifft ein Fahrzeug zur Fortbewegung entlang einer Oberfläche und ein Verfahren zur Steuerung eines Fahrzeugs, insbesondere des beschriebenen Fahrzeugs.
-
Aus der
WO 2015/120344 A1 ist ein treppensteigender Rollstuhl bekannt. Mit diesem kann eine Person durch den Rollstuhl eine Treppe hinauf oder hinab bewegt werden. Dabei kann ein Paar der Räder des Rollstuhls mit der Funktion einer Steigeinrichtung zum Überwinden der Treppenstufen ausgeführt sein, während ein anderes Paar der Räder des Rollstuhls zur Abstützung des Rollstuhls eingesetzt wird.
-
Es sind verschiedene Ausführungsarten von treppensteigenden Rädern bzw. Antriebssystemen bekannt. Unter anderem kann vorgesehen sein, dass sich die Umfangsfläche eines Rades in mehrere Segmente gliedert, wobei diese Segmente gegeneinander verdrehbar sind. Mit den in der zueinander verdrehten Position angeordneten Segmenten können Treppenstufen überwunden werden.
-
Bei derartigen Fahrzeugen bzw. Antriebssystemen sind immer zwei Radsysteme an zwei voneinander beabstandet angeordneten Achsen erforderlich, um das Antriebssystem in einer stabilen Lage zu halten.
-
Weiter ist bekannt, dass mit heute verfügbaren Steuerungen und Motoren eine ohne äußere Einwirkung instabile Position eines Gegenstandes stabilisiert werden kann, z. B. nach Art eines IWP („inverted wheel pendulum“ - invertiertes Pendel).
-
Es besteht ein ständiges Bedürfnis, vorhandene treppensteigende Fahrzeuge zu vereinfachen oder zu verbessern.
-
Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, die mit Bezug auf den Stand der Technik angeführten Probleme zumindest teilweise zu lösen. Insbesondere soll ein Fahrzeug vorgeschlagen werden, dass möglichst einfach ausgeführt und vielseitig einsetzbar ist. Insbesondere soll das Fahrzeug autonom betreibbar sein und Hindernisse, z. B. Stufen bzw. Treppen, selbsttätig überwinden können.
-
Zur Lösung dieser Aufgaben trägt ein Fahrzeug mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 1 sowie ein Verfahren mit den Merkmalen gemäß Patentanspruch 8 bei. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der abhängigen Patentansprüche. Die in den Patentansprüchen einzeln aufgeführten Merkmale sind in technologisch sinnvoller Weise miteinander kombinierbar und können durch erläuternde Sachverhalte aus der Beschreibung und/oder Details aus den Figuren ergänzt werden, wobei weitere Ausführungsvarianten der Erfindung aufgezeigt werden.
-
Es wird ein Fahrzeug zur Fortbewegung entlang einer Oberfläche vorgeschlagen. Das Fahrzeug umfasst zumindest
- • ein Gestell,
- • zwei an dem Gestell um eine gemeinsame Achse drehbar angeordnete Räder sowie
- • mindestens ein weiteres (hier: drittes) Rad, das um eine von der gemeinsamen Achse beabstandet angeordnete weitere (hier: dritte) Achse drehbar an dem Gestell angeordnet ist (über die - also die mindestens zwei Räder der gemeinsamen Achse sowie das mindestens eine weitere Rad - das Fahrzeug entlang der Oberfläche bewegbar ist), sowie
- • eine Kippeinrichtung, die zumindest einen Motor, eine Steuereinrichtung zur Regelung des Motors und ein durch den Motor antreibbares Reaktionsrad aufweist.
-
Das Reaktionsrad ist an dem Gestell drehbar angeordnet. Das Gestell ist durch die Kippeinrichtung nach Art eines invertierten Pendels um die gemeinsame Achse kippbar. Das Fahrzeug ist zumindest in einem ersten Zustand über die mindestens drei (ggf. alle) Räder entlang einer Oberfläche bewegbar (bzw. verfahrbar) und durch die Kippeinrichtung in einen zweiten (vom ersten Zustand verschiedenen) Zustand überführbar. In dem zweiten Zustand ist das Gestell gegenüber einer in dem ersten Zustand vorliegenden ersten Position durch eine von der Kippeinrichtung durchgeführte Verkippung des Gestells um die gemeinsame Achse in einer zweiten Position, in der das Fahrzeug zumindest zeitweise die Oberfläche nur über die Räder der gemeinsamen Achse kontaktiert, angeordnet.
-
Das Fahrzeug kann z. B. nach Art eines Rollstuhls (d. h. zum Transport von Personen) oder eines Rollators (d. h. zum Transport von Lasten und ggf. zur Abstützung eines Nutzers) ausgeführt sein.
-
Das Gestell ist insbesondere ein Rahmen oder ein Tragwerk, dass insbesondere formstabil ausgeführt ist. Es ist auch möglich, dass das Gestell zusammen- bzw. ausklappbar ist und in zumindest einer Endposition (z. B. einer ausgeklappten Position) formstabil ist.
-
An dem Gestell sind mindestens zwei Räder (hier: erstes Rad und zweites Rad) an einer gemeinsamen Achse (also mit im Wesentlichen fluchtenden Drehachsen) angeordnet. Diese zwei Räder bzw. die gemeinsame Achse dienen im Zusammenhang mit der Kippeinrichtung als Drehpunkt bzw. Drehachse des Gestells.
-
Das mindestens eine weitere dritte Rad, ggf. auch mehrere weitere Räder, ist an einer dritten Achse angeordnet bzw. weist eine dritte (Dreh-)Achse auf. Die dritte Achse ist beabstandet von der gemeinsamen Achse angeordnet und dient in dem ersten Zustand zur Abstützung des Gestells gegenüber der Oberfläche, so dass eine Drehung des Gestells um die gemeinsame Achse und hin zur dritten Achse verhindert ist.
-
In dem ersten Zustand bzw. in der ersten Position kann das Fahrzeug insbesondere stabil (also ohne erforderliche Regelung oder Abstützung) auf den mindestens zwei Rädern der gemeinsamen Achse und dem mindestens einen weiteren (dritte Rad) auf einer Oberfläche stehen oder entlang der Oberfläche bewegt werden.
-
Die Kippeinrichtung umfasst zumindest einen Motor (z. B. einen elektrischen Motor), eine Steuereinrichtung zur Regelung des Motors und ein durch den Motor antreibbares Reaktionsrad. Das Gestell ist durch die Kippeinrichtung nach Art eines invertierten Pendels um die gemeinsame Achse kippbar. Ausgehend von der ersten Position wird das Reaktionsrad zunächst durch den Motor angetrieben und dann abrupt abgebremst bzw. verzögert. Aufgrund der Impulserhaltung innerhalb eines Systems, kann infolge der Abbremsung bzw. Verzögerung des Reaktionsrades das Gestell rotiert werden, wobei das Gestell dann um die gemeinsame Achse rotiert bzw. verkippt wird. Dabei wird beim Abbremsen des Reaktionsrades der Impuls in Betrag und Richtung auf das Gestell übertragen. In der zweiten Position kann durch das Beschleunigen und Abbremsen des Reaktionsrads das Gestell so um die gemeinsame Achse rotiert werden, dass eine Abstützung durch die dritte Achse bzw. das mindestens eine dritte Rad nicht erforderlich ist. Das Gestell wird in der zweiten Position also durch die Kippeinrichtung in der Balance gehalten.
-
Die Verkippung des Gestells führt insbesondere dazu, dass ausgehend von der ersten Position des Fahrzeugs, in dem z. B. die drei Räder die Oberfläche kontaktieren, das Fahrzeug in eine zweite Position bewegt wird, in der nur die zwei Räder der gemeinsamen Achse die Oberfläche kontaktieren. Als „Position“ wird insbesondere die Lage des Gestells im Raum verstanden. Die zweite Position umfasst dabei eine Vielzahl von konkreten Positionen bzw. Winkelstellungen des Gestells gegenüber der ersten Position, die sich alle dadurch auszeichnen, dass das Fahrzeug die Oberfläche nur über die Räder der gemeinsamen Achse kontaktiert.
-
Über die Kippeinrichtung, also den geregelten Betrieb des Reaktionsrades, ggf. kombiniert mit einem geregelten Antrieb der Räder der gemeinsamen Achse, kann das Fahrzeug in der zweiten Position gehalten werden, d. h. der zweite Zustand, in dem nur die zwei Räder der gemeinsamen Achse die Oberfläche kontaktieren, kann ohne äußere Beeinflussung dauerhaft aufrechterhalten werden.
-
Die Kippeinrichtung ermöglicht die autonome, also selbsttätige Veränderung des Zustands des Fahrzeugs, also den Wechsel von dem ersten Zustand in den zweiten Zustand und insbesondere umgekehrt.
-
Insbesondere weist das Fahrzeug mindestens eine Sensoreinrichtung auf, durch die zumindest die Verkippung des Gestells gegenüber der gemeinsamen Achse erfassbar und zur Regelung des Motors verwendbar ist. Die Sensoreinrichtung kann einen Sensor oder eine Mehrzahl von Sensoren, von gleichen oder unterschiedlichen Sensoren aufweisen.
-
Die zur Stabilisierung einer Position eines Gegenstands (z. B. eines IWP) erforderlichen Sensoren und deren Anordnung sind grundsätzlich bekannt. Diese Sensoren bzw. Sensoreinrichtungen können auch vorliegend verwendet werden, wobei zusätzlich zur bekannten Stabilisierung eines Gegenstandes vorliegend auch eine gezielte Verkippung des Gegenstands vorgeschlagen wird.
-
Die zum Verkippen aus der ersten Position in die zweite Position (auch als Jump-up zu bezeichnen) erforderliche Drehzahl des Reaktionsrades kann z. B. reduziert werden durch eine möglichst tiefe Position (also geringer Abstand der Drehachse des Reaktionsrades zur gemeinsamen Achse) des Reaktionsrades und einem hohen Trägheitsmoment des Reaktionsrades. Aufgrund der Tatsache, dass höhere Trägheiten auch eine große Masse zur Folge haben und diese das Balancieren erschwert, existiert ein ideales System, das für den jeweiligen Anwendungsfall konstruktiv entsprechend ausgeführt werden kann. Dies hängt auch von den Regelparametern und der Dynamik des Motors des Reaktionsrades und der eingesetzten elektrischen Komponenten ab, im Falle diskreter Regelungen auch von der Abtastzeit.
-
An der gemeinsamen Achse sind ein erstes Rad an einer angetriebenen ersten Achse und ein zweites Rad an einer angetriebenen zweiten Achse angeordnet, wobei die Räder nur gemeinsam antreibbar oder aber voneinander unabhängig antreibbar sind. Bei einem voneinander unabhängigen Antrieb kann das Fahrzeug auch Kurvenfahrten durchführen, während bei einem gemeinsamen Antrieb nur Geradeausfahren möglich sind.
-
Insbesondere wird also jedes Rad der gemeinsamen Achse über einen jeweils eigenen Motor angetrieben. Alternativ ist nur ein Motor vorgesehen, über den beide Räder gemeinsam angetrieben werden. Bei einem gemeinsamen Antrieb der Räder über einen Motor können durch den Einsatz einer Pneumatik oder Hydraulik die Räder aber ggf. auch individuell, d. h. mit voneinander unterschiedlicher Drehzahl, betrieben werden.
-
Insbesondere weist das Fahrzeug zumindest eine Steigeinrichtung, durch die mit dem Fahrzeug ein Hindernis überwindbar ist; wobei die Steigeinrichtung zumindest in dem zweiten Zustand aktivierbar ist.
-
Die Steigeinrichtung ermöglicht, dass nicht nur Steigungen bzw. Gefälle, sondern auch Hindernisse, insbesondere in Form von Stufen oder anderen Unregelmä-ßigkeiten der Oberfläche, überwindbar sind. Während die Räder einen nur kraftschlüssigen Kontakt mit der Oberfläche ermöglichen und damit das Fahrzeug entlang einer im Wesentlichen ebenen Oberfläche fortbewegen können, ermöglicht die Steigeinrichtung zumindest zeitweise auch einen formschlüssigen Kontakt mit der Oberfläche. Dabei stützt sich die Steigeinrichtung auf der Oberfläche ab, so dass das Fahrzeug durch die Steigeinrichtung gegenüber der Oberfläche bewegt werden kann.
-
Derartige Steigeinrichtung sind aus dem Stand der Technik grundsätzlich bekannt und können mit der Kippeinrichtung kombiniert werden, so dass das Fahrzeug selbsttätig Hindernisse überwinden kann.
-
Insbesondere wird die Steigeinrichtung ausschließlich durch die zwei Räder der gemeinsamen Achse realisiert. Dazu können die Räder der gemeinsamen Achse z. B. segmentartig aufgebaut sein, wobei die Segmente eines Rades gegeneinander verdreht werden können und so die Steigeinrichtung ausbilden.
-
Insbesondere wird die Steigeinrichtung erst aktiviert, wenn das Fahrzeug in den zweiten Zustand überführt wurde. In diesem zweiten Zustand kontaktiert das Fahrzeug die Oberfläche nur über die Räder der gemeinsamen Achse. Es ist dann also nur erforderlich, dass die Räder der gemeinsamen Achse das Hindernis überwinden. Eine Steigeinrichtung an dem mindestens einen dritten Rad ist daher nicht erforderlich.
-
Insbesondere ist durch die Steigeinrichtung zumindest eine Stufe überwindbar, wobei das Fahrzeug durch die Steigeinrichtung über die Stufe hebbar ist. Im Gegensatz zu einem Gleiten des Fahrzeugs über die Oberfläche, das in dem ersten Zustand durch das Rollen der Räder realisiert wird, umfasst ein Heben insbesondere, dass das Fahrzeug zumindest zeitweise nicht parallel zum Verlauf der Oberfläche bewegt wird.
-
Eine Stufe stellt ein Hindernis dar, das insbesondere nicht durch einen ausschließlichen Kraftschluss der Räder mit der Oberfläche überwunden werden kann. Z. B. weist eine Stufe eine so große Steigung der Oberfläche auf, dass diese durch ein angetriebenes Rad im Rahmen einer Rollbewegung, also durch die kraftschlüssige Verbindung zwischen Rad und Oberfläche, nicht überwindbar ist. Diese Steigung kann durch die Steigeinrichtung dadurch überwunden werden, dass das mindestens eine Rad bzw. zumindest die zwei Räder der gemeinsamen Achse über diese Steigung hinweggehoben wird, ggf. ohne Kontakt des Rades oder der Steigeinrichtung mit dieser Steigung.
-
Insbesondere weist das Fahrzeug zumindest eine Trageinrichtung zum Tragen einer Last auf, wobei die Trageinrichtung drehbar an dem Gestell angeordnet ist. Insbesondere umfasst die Trageinrichtung z. B. eine Art Tablett oder Korb, auf bzw. in dem Gegenstände angeordnet werden können. Wechselt das Fahrzeug nun zwischen dem ersten Zustand und dem zweiten Zustand, kann die Trageinrichtung gegenüber dem Gestell verschwenkt werden oder sich selbsttätig verschwenken, so dass eine gegenüber der Schwerkraft konstante Lage der Trageinrichtung gewährleistet ist.
-
Insbesondere weist das Fahrzeug zumindest eine der folgenden Komponenten auf:
- • jeweils einen Drehzahlsensor für jedes angetriebene Rad und das Reaktionsrad;
- • einen Sensor zur Messung eines Abstands und/ oder einer Höhe einer, durch das eine Steigeinrichtung umfassende Fahrzeug, zu überwindenden Stufe oder eines Hindernisses;
- • ein Sensor zur Erfassung einer Winkelgeschwindigkeit der Verkippung des Gestells um die gemeinsame Achse;
- • eine Trägheitssensoreinrichtung mit sechs oder mehr als sechs Freiheitsgraden zur Bestimmung der Position des Gestells;
- • eine Messeinrichtung zur Bestimmung eines Motorstroms zumindest eines Motors des Fahrzeugs;
- • einen Drehgeber an jedem angetriebenen Rad;
- • ein Lidar zur Erkennung einer Umgebung des Fahrzeugs;
- • eine Erkennungseinrichtung zur optischen Erkennung einer Umgebung des Fahrzeugs;
- • eine Bremse für jedes angetriebene Rad und/ oder für das Reaktionsrad.
-
Die Komponenten sind insbesondere mit der Steuereinrichtung so verbunden, dass deren Messungen bzw. ermittelten Daten an die Steuereinrichtung übermittelt werden. Die Steuereinrichtung dient insbesondere zur Verarbeitung der übermittelten Messungen und/oder Daten und leitet daraus ggf. eine Regelung der Motoren, Bremsen und anderen regelbaren Komponenten des Fahrzeugs ab.
-
Über einen Drehzahlsensor ist insbesondere eine aktuelle Drehzahl einer Komponente des Fahrzeugs ermittelbar.
-
Über einen Sensor zur Messung eines Abstands und/oder einer Höhe ist insbesondere ermittelbar, zu welchem Zeitpunkt das Fahrzeug in einen anderen Zustand wechseln soll und/oder in welcher Weise z. B. eine Steigeinrichtung zu aktivieren bzw. zu betreiben ist.
-
Der Abstand ist insbesondere die Distanz bzw. Entfernung des zu überwindenden Hindernisses von der gemeinsamen Achse. Die Höhe ist insbesondere eine Distanz bzw. Entfernung zweier Oberflächen (auf der zumindest die Räder der gemeinsamen Achse positioniert werden können), die durch das Hindernis voneinander getrennt sind.
-
Über einen Sensor zur Erfassung der Winkelgeschwindigkeit kann insbesondere die zweite Position des Gestells eingestellt und der Wechsel zwischen den Zuständen des Fahrzeugs gesteuert werden.
-
Über die Trägheitssensoreinrichtung („inertial measuring unit“ - IMU) kann die Lage des Fahrzeugs bzw. des Gestells gegenüber der Umgebung bestimmt werden. Zur Erfassung der sechs möglichen kinematischen Freiheitsgrade verfügt eine IMU insbesondere über drei jeweils aufeinander orthogonal stehende Beschleunigungssensoren (Translationssensoren) für die Erfassung der translatorischen Bewegung in einer x-, y- bzw. z-Achse und drei orthogonal zueinander angebrachten Drehratensensoren (gyroskopische Sensoren) für die Erfassung rotierender (kreisender) Bewegungen in einer x-, y- bzw. z-Achse.
-
Die Freiheitsgrade 1, 2 und 3 werden insbesondere durch Beschleunigungssensoren erfasst. Die Freiheitsgrade 4, 5 und 6 werden insbesondere durch Drehratensensoren bzw. Gyroskope erfasst. Die zusätzlichen Freiheitgrade können z. B. durch Magnetometer oder durch einen dreidimensional funktionierenden Kompass erfasst. Weiter können Temperatursensoren und/ oder Oszillatoren eingesetzt werden, um einen Drift der Sensoren mit der Temperatur und Zeit entgegenwirken zu können.
-
Über die Messung eines Motorstroms kann ein Motor des Fahrzeugs z. B. hinsichtlich einer Beschleunigung und/oder der Drehzahl geregelt werden.
-
Über einen Drehgeber, einen Sensor für Winkelstellungen z. B. einer drehbaren Achse, können Informationen zur Bestimmung einer Lage der Achse oder auch über die zeitliche Veränderung der Lage der Achse ermittelt werden.
-
Ein Lidar ist insbesondere eine dem Radar verwandte Methode zur optischen Abstands- und Geschwindigkeitsmessung. Statt der Radiowellen wie beim Radar werden beim Lidar Laserstrahlen verwendet.
-
Eine Erkennungseinrichtung umfasst insbesondere ein Kamerasystem zur optischen Erfassung der Umgebung des Fahrzeugs.
-
Über eine Bremse kann ein drehendes Rad bzw. das Reaktionsrad abgebremst oder angehalten werden.
-
Die genannten Komponenten sind insbesondere grundsätzlich bekannt und können hier das vorgeschlagene Fahrzeug in besonders vorteilhafter Weise ergänzen.
-
Es wird weiter ein Verfahren zur Steuerung eines Fahrzeugs, insbesondere des bereits beschriebenen Fahrzeugs vorgeschlagen. Das Fahrzeug umfasst zumindest
- • ein Gestell,
- • zwei an dem Gestell um eine gemeinsame Achse drehbar angeordnete Räder sowie
- • mindestens ein weiteres drittes Rad, das um eine von der gemeinsamen Achse beabstandet angeordnete dritte Achse drehbar an dem Gestell angeordnet ist, über die das Fahrzeug entlang der Oberfläche bewegbar ist, sowie
- • eine Kippeinrichtung, die zumindest einen Motor, eine Steuereinrichtung zur Regelung des Motors und ein durch den Motor antreibbares Reaktionsrad aufweist.
-
Das Reaktionsrad ist an dem Gestell drehbar angeordnet. Das Gestell ist durch die Kippeinrichtung nach Art eines invertierten Pendels um die gemeinsame Achse kippbar.
-
Das Fahrzeug weist insbesondere mindestens eine Sensoreinrichtung auf, durch die zumindest die Verkippung des Gestells gegenüber der gemeinsamen Achse erfassbar und zur Regelung des Motors verwendbar ist.
-
Das Fahrzeug ist zumindest in einem ersten Zustand über die mindestens drei Räder entlang einer Oberfläche bewegbar und durch die Kippeinrichtung in einen zweiten Zustand überführbar, in dem das Gestell gegenüber einer in dem ersten Zustand vorliegenden ersten Position durch eine von der Kippeinrichtung durchgeführte Verkippung des Gestells um die gemeinsame Achse in einer zweiten Position, in der das Fahrzeug zumindest zeitweise die Oberfläche nur über die Räder der gemeinsamen Achse kontaktiert, angeordnet ist.
-
Das Verfahren umfasst zumindest die folgenden Schritte:
- a) Erkennen einer ersten Position des Gestells durch die Sensoreinrichtung;
- b) Betreiben der Kippeinrichtung zum selbsttätigen Drehen des Gestells um die gemeinsame Achse in eine zweite Position und zum selbsttätigen Halten der zweiten Position.
-
Die obige (nicht abschließende) Einteilung der Verfahrensschritte in a) und b) soll vorrangig nur zur Unterscheidung dienen und keine Reihenfolge und/oder Abhängigkeit erzwingen. Auch die Häufigkeit der Verfahrensschritte, z. B. während der Einrichtung und/oder des Betriebes des Fahrzeugs, kann variieren. Ebenso ist möglich, dass die Verfahrensschritte einander zumindest teilweise zeitlich überlagern. Ganz besonders bevorzugt findet der Verfahrensschritt a) auch während Schritt b) statt. Schritte a) und ggf. auch b) können bedingt sein und ggf. nur dann ausgeführt werden, wenn z. B. durch das Fahrzeug ein Hindernis erkannt wurde, dass nur in einem anderen Zustand des Fahrzeugs überwunden werden kann. Insbesondere werden die Schritte a) und b) in der angeführten Reihenfolge durchgeführt.
-
Die Verkippung des Gestells führt insbesondere dazu, dass ausgehend von der ersten Position des Fahrzeugs, in dem z. B. die drei Räder die Oberfläche kontaktieren, das Fahrzeug in eine zweite Position bewegt wird, in der nur die zwei Räder der gemeinsamen Achse die Oberfläche kontaktieren. Die zweite Position umfasst dabei eine Vielzahl von konkreten Positionen bzw. Winkelstellungen des Gestells gegenüber der ersten Position, die sich alle dadurch auszeichnen, dass das Fahrzeug die Oberfläche nur über die zwei Räder der gemeinsamen Achse kontaktiert.
-
Über die Kippeinrichtung, also den geregelten Betrieb des Reaktionsrades, ggf. kombiniert mit einem geregelten Antrieb der Räder der gemeinsamen Achse, kann das Fahrzeug in der zweiten Position gehalten werden, d. h. der zweite Zustand, in dem nur die zwei Räder der gemeinsamen Achse die Oberfläche kontaktieren, kann ohne äußere Beeinflussung dauerhaft aufrechterhalten werden.
-
Die Kippeinrichtung ermöglicht die autonome, also selbsttätige Veränderung des Zustands des Fahrzeugs, also den Wechsel von dem ersten Zustand in den zweiten Zustand und insbesondere umgekehrt.
-
Insbesondere sind an der gemeinsamen Achse ein erstes Rad an einer angetriebenen ersten Achse und ein zweites Rad an einer angetriebenen zweiten Achse angeordnet, wobei die Räder nur gemeinsam antreibbar oder aber voneinander unabhängig antreibbar sind. Das Fahrzeug wird über die angetriebenen Räder zumindest in der zweiten Position selbsttätig entlang der Oberfläche bewegt. Bei einem voneinander unabhängigen Antrieb kann das Fahrzeug auch Kurvenfahrten durchführen, während bei einem gemeinsamen Antrieb nur Geradeausfahren möglich sind.
-
Insbesondere wird also jedes Rad der gemeinsamen Achse über einen jeweils eigenen Motor angetrieben. Alternativ ist nur ein Motor vorgesehen, über den beide Räder gemeinsam angetrieben werden.
-
Insbesondere weist das Fahrzeug zumindest eine Steigeinrichtung auf, durch die mit dem Fahrzeug ein Hindernis überwindbar ist; wobei die Steigeinrichtung zumindest in dem zweiten Zustand aktiviert wird.
-
Insbesondere ist durch die Steigeinrichtung zumindest eine Stufe überwindbar, wobei das Fahrzeug durch die Steigeinrichtung über die Stufe gehoben wird.
-
Es ist möglich, dass das Fahrzeug sensorisch das Hindernis bzw. die Stufe erfasst, sich ggf. (automatisch) dazu ausrichtet, (eigenständig) die zweite Position einnimmt, die Steigeinrichtung aktiviert und das Hindernis (eigenständig) überwindet.
-
Insbesondere wechselt das Fahrzeug nach Überwindung des (mindestens einen) Hindernisses selbsttätig aus dem zweiten Zustand in den ersten Zustand. Dabei kann das Fahrzeug insbesondere auf aus der Umgebung erfasste Informationen zurückgreifen, anhand derer das Fahrzeug bzw. dessen Steuereinrichtung entscheidet, in welchem Zustand ein weiterer Betrieb des Fahrzeugs sinnvoll erscheint, z. B. im Hinblick auf energetische und/oder funktionale Aspekte.
-
Selbstverständlich kann das Fahrzeug auch auf eine Aufforderung durch einen Nutzer hin seinen Zustand bzw. Position verändern.
-
Ein möglicher Einsatz des Fahrzeugs lässt sich wie folgt beschreiben. Das Fahrzeug wechselt insbesondere vom ersten Zustand in den zweiten Zustand (auch als Jump-up bezeichnet) z. B. auf Nutzerwunsch oder durch eigene Detektion. Bei zu leichtgängigen Rädern kann sich das Fahrzeug gegen Verrutschen absichern (z.B. durch Aktivieren der Bremsen). Anschließend dreht das Reaktionsrad auf die notwendige Drehzahl. Diese ist abhängig von der Lage (z. B. weil die Oberfläche, also der ebene Boden, eine Steigung hat. In Deutschland sind 6% Steigung für barrierefreie Wege erlaubt, um Rollstühle vor dem Wegrollen zu schützen). Wenn die Drehzahl erreicht wird, wird durch die Bremse des Reaktionsrads ein Stoß ausgelöst und das Fahrzeug kippt in die aufrechte zweite Position. Das Fahrzeug befindet sich im zweiten Zustand und lüftet die Bremse des Reaktionsrads, um durch die Regelung des Reaktionsrades eine stabile Lage in der zweiten Position zu erreichen. Um die volle Wirkung zu entfalten, sollte die Bremse des Reaktionsrades nicht zu früh gelüftet werden. Allerdings sollte eine Verzögerungszeit beim Lüften berücksichtigt werden, ansonsten wird der Scheitelpunkt beim Kippen, bzw. der Nulldurchgang bei einem Gyroskopsensor verpasst. Im zweiten Zustand wird mittels des Drehmoments des Reaktionsrades bzw. des Motors am Reaktionsrad das Fahrzeug am Scheitelpunkt, also in einer möglichst konstanten Lage, gehalten. Da bei unterschiedlichen Lasten der Scheitelpunkt sich verändert und es nicht sinnvoll ist nur den Scheitelpunkt zu halten (es müsste sonst die Zuladung bestimmt werden) kann auch die Kippgeschwindigkeit minimiert werden. Beispielhaft kann man sich eine Person mit einem Gewicht, z.B. einem Kasten Wasser, vorstellen. Um das Gewicht optimal tragen zu können, kippt ein Mensch intuitiv zu einer Seite, damit der Schwerpunkt aus Oberköper und Gewicht über den Beinen steht und die nötige Kraft zum Tragen (und auch das Drehmoment um die Beine herum) zu minimieren.
-
Am Ende eines Hindernisses (z. B. am Ende einer Treppe, oder vor/hinter einer Bordsteinkante) wird der zweite Zustand kontrolliert aufgegeben und in den ersten Zustand gewechselt.
-
Es wird weiter eine Steuereinrichtung für ein Fahrzeug vorgeschlagen, die zur Durchführung des beschriebenen Verfahrens ausgestattet, konfiguriert oder programmiert ist.
-
Weiter kann das Verfahren auch von einem Computer bzw. mit einem Prozessor/ Mikrocontroller einer Steuereinrichtung ausgeführt werden.
-
Es wird demnach auch ein System zur Datenverarbeitung vorgeschlagen, das einen Prozessor umfasst, der so angepasst/konfiguriert ist, dass er das Verfahren bzw. einen Teil der Schritte des vorgeschlagenen Verfahrens durchführt.
-
Es kann ein computerlesbares Speichermedium vorgesehen sein, das Befehle umfasst, die bei der Ausführung durch einen Computer/Prozessor diesen veranlassen, das Verfahren bzw. mindestens einen Teil der Schritte des vorgeschlagenen Verfahrens auszuführen.
-
Die Ausführungen zu dem Fahrzeug sind insbesondere auf das Verfahren, die Steuereinrichtung und/oder das computerimplementierte Verfahren (also den Computer bzw. den Prozessor, das System zur Datenverarbeitung, das computerlesbare Speichermedium) übertragbar und umgekehrt.
-
Gemäß einem weiteren Aspekt wir die Verwendung einer Kippeinrichtung nach Art eines invertierten Pendels zur Überführung eines fahrbaren Gestells in eine (Trag-)Position zum eigenständigen Transport von Gegenständen über mindestens eine Stufe vorgeschlagen.
-
Die Verwendung unbestimmter Artikel („ein“, „eine“, „einer“ und „eines“), insbesondere in den Patentansprüchen und der diese wiedergebenden Beschreibung, ist als solche und nicht als Zahlwort zu verstehen. Entsprechend damit eingeführte Begriffe bzw. Komponenten sind somit so zu verstehen, dass diese mindestens einmal vorhanden sind und insbesondere aber auch mehrfach vorhanden sein können.
-
Vorsorglich sei angemerkt, dass die hier verwendeten Zahlwörter („erste“, „zweite“, ...) vorrangig (nur) zur Unterscheidung von mehreren gleichartigen Gegenständen, Größen oder Prozessen dienen, also insbesondere keine Abhängigkeit und/oder Reihenfolge dieser Gegenstände, Größen oder Prozesse zueinander zwingend vorgeben. Sollte eine Abhängigkeit und/oder Reihenfolge erforderlich sein, ist dies hier explizit angegeben oder es ergibt sich offensichtlich für den Fachmann beim Studium der konkret beschriebenen Ausgestaltung. Soweit ein Bauteil mehrfach vorkommen kann („mindestens ein“), kann die Beschreibung zu einem dieser Bauteile für alle oder ein Teil der Mehrzahl dieser Bauteile gleichermaßen gelten, dies ist aber nicht zwingend.
-
Die Erfindung sowie das technische Umfeld werden nachfolgend anhand der beiliegenden Figuren näher erläutert. Es ist darauf hinzuweisen, dass die Erfindung durch die angeführten Ausführungsbeispiele nicht beschränkt werden soll. Insbesondere ist es, soweit nicht explizit anders dargestellt, auch möglich, Teilaspekte der in den Figuren erläuterten Sachverhalte zu extrahieren und mit anderen Bestandteilen und Erkenntnissen aus der vorliegenden Beschreibung zu kombinieren. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Figuren und insbesondere die dargestellten Größenverhältnisse nur schematisch sind. Es zeigen:
- 1: ein Fahrzeug in einer Seitenansicht im ersten Zustand;
- 2: das Fahrzeug nach 1 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand;
- 3: ein Fahrzeug mit einer Steigeinrichtung in einer Seitenansicht im zweiten Zustand;
- 4: das Fahrzeug nach 3 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand bei Überwindung eines Hindernisses;
- 5: eine weitere Ausführungsvariante eines Fahrzeugs in einer perspektivischen Ansicht im ersten Zustand;
- 6: das Fahrzeug nach 5 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand;
- 7: eine Kippeinrichtung eines Fahrzeugs;
- 8: eine erste Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung in einem ersten Zustand;
- 9: die Steigeinrichtung nach 8 in einem zweiten Zustand;
- 10: eine zweite Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung in einem ersten Zustand;
- 11: die Steigeinrichtung nach 10 in einem zweiten Zustand;
- 12: eine dritte Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung;
- 13: eine vierte Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung;
- 14: eine weitere Ausführungsvariante eines Fahrzeugs in einer Seitenansicht in einem ersten Zustand; und
- 15: das Fahrzeug nach 14 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand.
-
Die 1 zeigt ein Fahrzeug 1 in einer Seitenansicht im ersten Zustand 14. Die 2 zeigt das Fahrzeug 1 nach 1 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand 15. 3 zeigt ein Fahrzeug 1 mit einer Steigeinrichtung 19 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand 15. 4 zeigt das Fahrzeug 1 nach 3 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand 15 bei Überwindung eines Hindernisses 20. 5 zeigt eine weitere Ausführungsvariante eines Fahrzeugs 1 in einer perspektivischen Ansicht im ersten Zustand 14. 6 zeigt das Fahrzeug 1 nach 5 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand 15. 7 zeigt eine Kippeinrichtung 10 eines Fahrzeugs 1. Die 1 bis 7 werden im Folgenden gemeinsam beschrieben.
-
Das Fahrzeug 1 ist zur Fortbewegung entlang einer Oberfläche 2 geeignet ausgeführt. Das Fahrzeug 1 umfasst ein Gestell 3, zwei an dem Gestell 3 um eine gemeinsame Achse 4, 5 drehbar angeordnete Räder 6, 7 sowie zwei weitere dritte Räder 8, die jeweils um eine von der gemeinsamen Achse 4, 5 beabstandet angeordnete dritte Achse 9 drehbar an dem Gestell 3 angeordnet ist, über die das Fahrzeug 1 entlang der Oberfläche 2 bewegbar ist. Das Fahrzeug 1 umfasst weiter eine Kippeinrichtung 10, die einen Motor 11, eine Steuereinrichtung 12 zur Regelung des Motors 11 und ein durch den Motor 11 antreibbares Reaktionsrad 13 aufweist.
-
Das Reaktionsrad 13 ist an dem Gestell 3 drehbar angeordnet. Das Gestell 3 ist durch die Kippeinrichtung 10 nach Art eines invertierten Pendels um die gemeinsame Achse 4, 5 kippbar. Das Fahrzeug 1 ist in einem ersten Zustand 14 über die vier Räder 6, 7, 8 entlang einer Oberfläche 2 bewegbar und durch die Kippeinrichtung 10 in einen zweiten Zustand 15 überführbar. In dem zweiten Zustand 15 ist das Gestell 3 gegenüber einer in dem ersten Zustand 14 vorliegenden ersten Position 16 durch eine von der Kippeinrichtung 10 durchgeführte Verkippung des Gestells 3 um die gemeinsame Achse 4. 5 in einer zweiten Position 17, in der das Fahrzeug 1 zumindest zeitweise, oder gar nicht, die Oberfläche 2 nur über die Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 kontaktiert, angeordnet.
-
Das Fahrzeug 1 ist nach Art eines Rollators (d. h. zum Transport von Lasten und ggf. zur Abstützung eines Nutzers) ausgeführt. Das Gestell 3 ist ein Rahmen oder ein Tragwerk, dass formstabil ausgeführt ist.
-
An dem Gestell 3 sind zwei Räder 6, 7 an einer gemeinsamen Achse 4, 5 (also mit im Wesentlichen fluchtenden Drehachsen) angeordnet. Diese zwei Räder 6, 7 bzw. die gemeinsame Achse 4, 5 dienen im Zusammenhang mit der Kippeinrichtung 10 als Drehpunkt bzw. Drehachse des Gestells 3.
-
Die zwei dritten Räder 8 sind an jeweils einer oder einer gemeinsamen dritten Achse 9 angeordnet bzw. weisen eine dritte (Dreh-)Achse 9 auf. Die dritte Achse 9 ist beabstandet von der gemeinsamen Achse 4, 5 angeordnet und dient in dem ersten Zustand 14 zur Abstützung des Gestells 3 gegenüber der Oberfläche 2, so dass eine Drehung des Gestells 3 um die gemeinsam Achse 4, 5 und hin zur dritten Achse 9 verhindert ist.
-
Die Kippeinrichtung 10 umfasst einen elektrischen Motor 11, eine Steuereinrichtung 12 zur Regelung des Motors 11 und ein durch den Motor 11 antreibbares Reaktionsrad 13. Das Gestell 3 ist durch die Kippeinrichtung 10 nach Art eines invertierten Pendels um die gemeinsame Achse 4, 5 kippbar. Dazu wird das Reaktionsrad 13 nächst durch den Motor 11 angetrieben und dann abrupt abgebremst bzw. verzögert. Aufgrund der Impulserhaltung innerhalb eines Systems, kann infolge der Abbremsung bzw. Verzögerung des Reaktionsrades 13 das Gestell 3 rotiert werden, wobei das Gestell 3 dann um die gemeinsame Achse 4, 5 rotiert bzw. verkippt wird.
-
Die Verkippung des Gestells 3 führt dazu, dass ausgehend von der ersten Position 16 des Fahrzeugs 1, in dem die vier Räder 6, 7, 8 die Oberfläche 2 kontaktieren, das Fahrzeug 1 in eine zweite Position 17 bewegt wird, in der nur die zwei Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 die Oberfläche 2 kontaktieren. Die zweite Position 17 umfasst dabei eine Vielzahl von konkreten Positionen bzw. Winkelstellungen des Gestells 3 gegenüber der ersten Position 16, die sich alle dadurch auszeichnen, dass das Fahrzeug 1 die Oberfläche 2 nur über die zwei Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 kontaktiert.
-
Über die Kippeinrichtung 10, also den geregelten Betrieb des Reaktionsrades 13, ggf. kombiniert mit einem geregelten Antrieb der Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5, kann das Fahrzeug 1 in der zweiten Position 17 gehalten werden, d. h. der zweite Zustand 15, in dem nur die zwei Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 die Oberfläche 2 kontaktieren, kann ohne äußere Beeinflussung dauerhaft aufrechterhalten werden.
-
Die Kippeinrichtung 10 ermöglicht die autonome, also selbsttätige Veränderung des Zustands 14, 15 des Fahrzeugs 1, also den Wechsel von dem ersten Zustand 14 in den zweiten Zustand 15 und insbesondere umgekehrt.
-
Weiter weist das Fahrzeug 1 eine Sensoreinrichtung 18 auf, durch die z. B. die Verkippung des Gestells 3 gegenüber der gemeinsamen Achse 4, 5 erfassbar und zur Regelung des Motors 11 verwendbar ist. Die Sensoreinrichtung 18 weist eine Mehrzahl von Sensoren, von gleichen und auch von unterschiedlichen Sensoren auf.
-
An der gemeinsamen Achse 4, 5 sind ein erstes Rad 6 an einer angetriebenen ersten Achse 4 und ein zweites Rad 7 an einer angetriebenen zweiten Achse 5 angeordnet, wobei die Räder 6, 7 voneinander unabhängig antreibbar sind. Bei einem voneinander unabhängigen Antrieb kann das Fahrzeug 1 auch Kurvenfahrten durchführen. Jedes Rad 6, 7 der gemeinsam Achse 4, 5 wird über einen jeweils eigenen Motor (siehe 5) angetrieben.
-
Weiter weist das Fahrzeug eine Steigeinrichtung 19, durch die mit dem Fahrzeug 1 ein Hindernis 20 überwindbar ist; wobei die Steigeinrichtung 19 zumindest in dem zweiten Zustand 15 aktivierbar ist.
-
Die Steigeinrichtung 19 ermöglicht, dass nicht nur Steigungen bzw. Gefälle, sondern auch Hindernisse 20, insbesondere in Form von Stufen oder anderen Unregelmäßigkeiten der Oberfläche 2, überwindbar sind. Während die Räder 6, 7, 8 einen nur kraftschlüssigen Kontakt mit der Oberfläche 2 ermöglichen und damit das Fahrzeug 1 entlang einer im Wesentlichen ebenen Oberfläche 2 fortbewegen können, ermöglicht die Steigeinrichtung 19 zumindest zeitweise auch einen formschlüssigen Kontakt mit der Oberfläche 2. Dabei stützt sich die Steigeinrichtung 19 auf der Oberfläche 2 ab, so dass das Fahrzeug 1 durch die Steigeinrichtung 19 gegenüber der Oberfläche 2 bewegt werden kann.
-
Die Steigeinrichtung 19 ist ausschließlich durch die zwei Räder 6, 7 bzw. an den zwei Rädern 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 realisiert. Dazu können die Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 z. B. segmentartig aufgebaut sein, wobei die Segmente eines Rades 6, 7 gegeneinander verdreht werden können und so die Steigeinrichtung 19 (siehe z. B. 13) ausbilden.
-
Die Steigeinrichtung 19 wird erst aktiviert, wenn das Fahrzeug 1 in den zweiten Zustand 15 überführt wurde. In diesem zweiten Zustand 15 kontaktiert das Fahrzeug 1 die Oberfläche 2 nur über die Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5. Es ist dann also nur erforderlich, dass die Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 das Hindernis 20 überwinden. Eine Steigeinrichtung 19 an den dritten Rädern 8 ist daher nicht erforderlich.
-
Durch die Steigeinrichtung 19 ist eine Stufe überwindbar, wobei das Fahrzeug 1 durch die Steigeinrichtung 19 über die Stufe hebbar ist. Im Gegensatz zu einem Gleiten des Fahrzeugs 1 über die Oberfläche 2, das in dem ersten Zustand 14 durch das Rollen der Räder 6, 7, 8 realisiert wird, umfasst ein Heben, dass das Fahrzeug 1 zumindest zeitweise nicht parallel zum Verlauf der Oberfläche 2 bewegt wird.
-
Eine Stufe stellt ein Hindernis 20 dar, das nicht durch einen ausschließlichen Kraftschluss der Räder 6, 7, 8 mit der Oberfläche 2 überwunden werden kann. Z. B. weist eine Stufe eine so große Steigung der Oberfläche 2 (gegenüber einer Horizontalen) auf, dass diese durch ein angetriebenes Rad 6, 7 im Rahmen einer Rollbewegung, also durch die kraftschlüssige Verbindung zwischen Rad 6, 7 und Oberfläche 2, nicht überwindbar ist. Diese Steigung kann durch die Steigeinrichtung 19 dadurch überwunden werden, dass die zwei Räder 6, 7 der gemeinsamen Achse 4, 5 über diese Steigung hinweggehoben werden, ggf. ohne Kontakt des Rades 6, 7 oder der Steigeinrichtung 19 mit dieser Steigung.
-
Weiter weist das Fahrzeug 1 zumindest eine Trageinrichtung 21 zum Tragen einer Last auf, wobei die Trageinrichtung 21 drehbar an dem Gestell 3 angeordnet ist. Die Trageinrichtung 21 umfasst eine Art Tablett oder Korb, auf bzw. in dem Gegenstände angeordnet werden können. Wechselt das Fahrzeug 1 zwischen dem ersten Zustand 14 und dem zweiten Zustand 15, kann die Trageinrichtung 21 gegenüber dem Gestell 3 verschwenkt werden oder sich selbsttätig verschwenken, so dass eine gegenüber der Schwerkraft konstante Lage der Trageinrichtung 21 gewährleistet ist.
-
Weiter weist das Fahrzeug 1 die folgenden Komponenten auf: jeweils einen Drehzahlsensor 22 für jedes angetriebene Rad 6, 7 und das Reaktionsrad 13, einen Sensor (Lidar 29, siehe 5) zur Messung eines Abstands 23 und/ oder einer Höhe 24 einer, durch das eine Steigeinrichtung 19 umfassende Fahrzeug 1, zu überwindenden Stufe oder eines Hindernisses 20, einen Sensor zur Erfassung einer Winkelgeschwindigkeit 25 der Verkippung des Gestells 3 um die gemeinsame Achse 4, 5 (in der Sensoreinrichtung 18 integriert), eine Trägheitssensoreinrichtung 26 mit sechs oder neun Freiheitsgraden zur Bestimmung der Position 16, 17 des Gestells 3, eine Messeinrichtung 27 zur Bestimmung eines Motorstroms eines Motors 11 des Fahrzeugs 1, einen Drehgeber 28 (siehe 1) an jedem angetriebenen Rad 6, 7, ein Lidar 29 zur Erkennung einer Umgebung 30 des Fahrzeugs 1, (ggf. alternativ zum Lidar 29) eine Erkennungseinrichtung 31 (siehe 1) zur optischen Erkennung einer Umgebung 30 des Fahrzeugs 1 sowie eine Bremse 32 für jedes angetriebene Rad 6, 7 und/ oder für das Reaktionsrad 13.
-
Die genannten Komponenten 18, 22, 25, 26, 27, 28, 29, 31, 32 sind mit der Steuereinrichtung 12 so verbunden, dass Messungen bzw. ermittelten Daten der Komponenten an die Steuereinrichtung 12 übermittelt werden. Die Steuereinrichtung 12 dient zur Verarbeitung der übermittelten Messungen und/oder Daten und leitet daraus ggf. eine Regelung der Motoren 11, Bremsen 32 und anderen regelbaren Komponenten des Fahrzeugs 1 ab.
-
Das Fahrzeug 1 wechselt vom ersten Zustand 14 in den zweiten Zustand 15 z. B. auf Nutzerwunsch oder durch eigene Detektion. Bei zu leichtgängigen Rädern 6, 7, 8 kann sich das Fahrzeug 1 gegen Verrutschen absichern (z.B. durch Aktivieren der Bremsen 32). Anschließend dreht das Reaktionsrad 13 auf die notwendige Drehzahl. Diese ist abhängig von der Lage (z. B. weil die Oberfläche 2, also der ebene Boden, eine Steigung hat.). Wenn die Drehzahl erreicht wird, wird durch die Bremse 32 des Reaktionsrads 13 ein Stoß ausgelöst und das Fahrzeug 1 kippt in die aufrechte zweite Position 17. Das Fahrzeug 1 befindet sich im zweiten Zustand 15 und lüftet die Bremse 32 des Reaktionsrads 13, um durch die Regelung des Reaktionsrades 13 eine stabile Lage in der zweiten Position 17 zu erreichen. Im zweiten Zustand 15 wird mittels des Drehmoments des Reaktionsrades 13 bzw. des Motors 11 am Reaktionsrad 13 das Fahrzeug 1 am Scheitelpunkt, also in einer möglichst konstanten Lage, gehalten. Da bei unterschiedlichen Lasten der Scheitelpunkt sich verändert und es nicht sinnvoll ist nur den Scheitelpunkt zu halten (es müsste sonst die Zuladung bestimmt werden) kann auch die Kippgeschwindigkeit minimiert werden.
-
8 zeigt eine erste Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung 19 in einem ersten Zustand 14. 9 zeigt die Steigeinrichtung 19 nach 8 in einem zweiten Zustand 15. Die Steigeinrichtung 19 umfasst mehrere Streben 33 die miteinander verbunden sind. Eine Strebe 33 ist mit dem Gestell 3, eine andere Strebe 33 mit der gemeinsamen Achse 4, 5 verbunden. Die Steigeinrichtung 19 kann über einen eigenen Motor 11 (nicht dargestellt) verfügen, der die Streben 33 gegeneinander verschwenkt. Der Motor 11 kann über die Steuereinrichtung 12 angesteuert werden.
-
10 zeigt eine zweite Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung 19 in einem ersten Zustand 14. 11 zeigt die Steigeinrichtung 19 nach 10 in einem zweiten Zustand 15. Diese Steigeinrichtung umfasst an der gemeinsamen Achse 4, 5 drehbar angeordnete Schwenkelemente 34, die über einen eigenen Motor 11 ansteuerbar sind.
-
12 zeigt eine dritte Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung 19. Hier sind an jedem Rad 6, 7 eine Mehrzahl von Teleskopstäben 35 angeordnet, die sich ausgehend von der gemeinsamen Achse 4, 5 in einer radialen Richtung nach außen erstrecken. Die Teleskopstäbe 35 sind über einen eigenen Motor 11 aus- und wieder einfahrbar.
-
13 zeigt eine vierte Ausführungsvariante einer Steigeinrichtung 19. Hier sind an jedem Rad 6, 7 eine Mehrzahl von verschwenkbaren Segmenten 36 angeordnet. Diese können im unverschwenkten Zustand die Umfangsfläche des Rades 6, 7 bilden oder an dem Rad 6, 7 so angeordnet sein, dass sie im unverschwenkten Zustand gegenüber der Umfangsfläche des Rades 6, 7 zurückversetzt angeordnet sind. Die Segmente 36 können über einen eigenen (für alle Segmente 36 gemeinsamen) Motor 11 angesteuert werden.
-
14 zeigt eine weitere Ausführungsvariante eines Fahrzeugs 1 in einer Seitenansicht in einem ersten Zustand 14. 15 zeigt das Fahrzeug 1 nach 14 in einer Seitenansicht im zweiten Zustand 15. Die 14 und 15 werden im Folgenden gemeinsam beschrieben. Auf die Ausführungen zu den 1 bis 7 wird verwiesen.
-
Das Fahrzeug 1 ist nach Art eines Rollators, d. h. zum Transport von Lasten in einer Trageinrichtung 21 und zur Abstützung eines Nutzers, ausgeführt. Das Gestell 3 ist ein Rahmen oder ein Tragwerk, dass formstabil ausgeführt ist.
-
Bezugszeichenliste
-
- 1
- Fahrzeug
- 2
- Oberfläche
- 3
- Gestell
- 4
- erste Achse
- 5
- zweite Achse
- 6
- erstes Rad
- 7
- zweites Rad
- 8
- drittes Rad
- 9
- dritte Achse
- 10
- Kippeinrichtung
- 11
- Motor
- 12
- Steuereinrichtung
- 13
- Reaktionsrad
- 14
- erster Zustand
- 15
- zweiter Zustand
- 16
- erste Position
- 17
- zweite Position
- 18
- Sensoreinrichtung
- 19
- Steigeinrichtung
- 20
- Hindernis
- 21
- Trageinrichtung
- 22
- Drehzahlsensor
- 23
- Abstand
- 24
- Höhe
- 25
- Winkelgeschwindigkeit
- 26
- Trägheitssensoreinrichtung
- 27
- Messeinrichtung
- 28
- Drehgeber
- 29
- Lidar
- 30
- Umgebung
- 31
- Erkennungseinrichtung
- 32
- Bremse
- 33
- Strebe
- 34
- Schwenkelement
- 35
- Teleskopstab
- 36
- Segment
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-