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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren mit zugehöriger Vorrichtung zum Trennen von unverfestigt verbliebenem Aufbaumaterial von wenigstens einem durch schichtweises Aufbringen und selektives Verfestigen des Aufbaumaterials im Rahmen eines generativen Bauprozesses entstandenen realen Objekts.
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Das Herstellen des wenigstens einen dreidimensionalen Objekts, wie beispielsweise eines Bauteils oder Modells, welches dann mit dem erfindungsgemäßen Verfahren von unverfestigt verbliebenem Aufbaumaterial getrennt wird, erfolgt in einem Schichtbauverfahren mit Hilfe von Computerdaten, indem wiederholt dünne Schichten aus losem pulverförmigen Aufbaumaterial auf eine Bauplattform und/oder in einem Baubehälter aufgetragen werden und jede einzelne Schicht selektiv zu einem Bauteil- oder Modellquerschnitt verfestigt wird. Die Verfestigung erfolgt beispielsweise chemisch, indem mit Drucktechnologie Tröpfchen aus Kleber selektiv auf festgelegte Bereiche der Schichten aus losem pulverförmigen Aufbaumaterial aufgebracht werden. Alternativ besteht die Möglichkeit, loses pulverförmiges Aufbaumaterial selektiv mit energiereicher (Laser-)Strahlung zu verschmelzen oder zu versintern.
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Unter einem Objekt soll daher im Sinne der Erfindung ein zusammen mit der Bauplattform hergestelltes Werkstück oder Bauteil verstanden werden, oder auch das Werkstück oder Bauteil alleine ohne eine Bauplattform sowie auch ein Objekt. Welches in einem Baubehälter generativ erzeugt worden ist.
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Nach dem additiven Bauprozess haftet noch unverfestigt verbliebenes, pulverförmiges Aufbaumaterial an dem Objekt. Dieses unverfestigt verbliebene, pulverförmiges Aufbaumaterial soll von dem Objekt getrennt werden. Das Trennen des wenigstens einen Objekts von losem, nicht verfestigtem pulverförmigem Aufbaumaterial kann das komplette Auspacken des Objekts aus dem Kuchen losen Aufbaumaterials oder Pulvers beinhalten oder aber lediglich ein Abreinigen von Resten von losem Pulver oder Aufbaumaterial von dem wenigstens einen Objekt und optional auch von der Bauplattform und gegebenenfalls auch von Stützstrukturen, welche nach dem Auspacken noch an dem wenigstens einen Objekt vorhanden sind.
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STAND DER TECHNIK
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Durch eine Anregung des realen Objekts zu Schwingungen kann das unverfestigt verbliebene Aufbaumaterial insbesondere fluidisiert werden, wodurch es von dem Objekt besser abfließen kann. Der Schwingungserreger erzeugt daher Schwingungen mit einer Erregerfrequenz, die dann auf das reale Objekt übertragen werden. Der Schwingungserreger kann dabei beispielsweise einen Rüttler oder Vibrator umfassen, welcher eine periodische Schwingung erzeugt. Alternativ oder zusätzlich kann der Schwingungserreger auch einen sog. Klopfer umfassen, welcher impulsartig eine Kraft erzeugt, welche dann das reale Objekt zu einer Schwingung anregt.
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Ein gattungsgemäßes Verfahren ist aus
WO 2015/071184 A1 bekannt. Dort wird zunächst eine Lasersinter- oder Laserschmelzvorrichtung als Bauvorrichtung beschrieben. Zum Aufbauen des Objekts enthält sie eine Baukammer, in der ein nach oben offener Wechselbehälter angeordnet ist, was bedeutet, dass er der Prozesskammer entnommen und wieder in sie eingesetzt werden kann. In dem Wechselbehälter ist ein in einer vertikalen Richtung bewegbarer Träger angeordnet, an dem eine Grundplatte angebracht ist, die den Wechselbehälter nach unten abschließt und damit dessen Boden bildet. Auf der Grundplatte ist eine Bauplattform angebracht sein, auf der das Objekt durch schichtweises Aufbringen und selektives Verfestigen eines pulverförmigen Aufbaumaterials aufgebaut wird. Zusätzlich zur Bauvorrichtung wird eine als Drehvorrichtung ausgebildete Auspackvorrichtung beschrieben. An einer Drehvorrichtung wird der Wechselbehälter nach dem Abschluss des Bauprozesses angebracht und dann der Wechselbehälter um einen Winkel von mindestens 90° aus der aufrechten Position herausgedreht, damit unverfestigt gebliebenes Pulver aus dem Wechselbehälter herausrieseln kann. Zusätzlich ist vorgesehen, dass Vibrationen von außen auf den Wechselbehälter aufgebracht werden, um ein Ablösen von Pulver von dem Objekt zu unterstützen.
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Ein weitere gattungsgemäßes Vorrichtung beschreibt
DE202016003042U . Hier wird loses Pulver von Bauteilen durch Schwenken und Anregen mit Schwingung innerhalb einer geschlossenen Prozesskammer gereinigt.
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Bei den beschriebenen Verfahren können sich Staubwolken aus Pulver bilden die unter Luftatmosphäre zu einer Staubexplosion führen können. Weiter ist es möglich, dass das freiwerdende Pulver an der Atmosphäre oxidativ verschleißt und nicht mehr weiterverwendet werden kann.
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Zur Vermeidung einer explosionsfähigen Atmosphäre und zur Vermeidung von oxidativem Verschleiß des Pulvers wird die Prozesskammer in den beschriebenen Verfahren mit einem Schutzgas wie z.B. Stickstoff oder Argon geflutet, bis ein bestimmter Restsauerstoffgehalt z.B. 2% erreicht wird. Durch diese Überlagerung der Atmosphäre mit Schutzgas wird ein Inertisierung erreicht. Dadurch wird eine Oxidation des Pulvers vermieden und eine Entzündung von Staubwolken unterbunden.
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Der Nachteil ist, dass bei den bekannten Verfahren die Luftatmosphäre mit Schutzgas verdrängt wird. Die Verdrängung erfolgt zunächst durch eine Vermischung von Schutzgas und Luft. Das bedeutet, dass sehr viel mehr Schutzgas zur Inertisierung verbraucht wird als nötig. Schutzgas ist teuer und der Prozess des Inertisierens dauert sehr lange.
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Um das, bei der Reinigung freiwerdende Pulver wiederverwenden zu können, muss sichergestellt sein, dass das Pulver sortenrein bleibt. Um nach einem Materialwechsel eine Vermischung unterschiedlicher Pulvermaterialien in der Prozesskammer zu vermeiden, muss diese gründlich gereinigt werden. Das Reinigen ist unwirtschaftlich und riskant, da der Anwender dabei vermeidlich Kontakt zu den gefährlichen Pulvermaterialien hat.
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AUFGABE
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Die Aufgabe der Erfindung liegt darin, die Vorrichtung und das Verfahren derart weiterzubilden, dass explosionsfähige Atmosphären und oxidativer Verschleiß vermieden werden, ohne bzw. nur eine geringe Menge an Schutzgas zu verbrauchen. Weitere Aufgabe der Erfindung ist es in der Vorrichtung einen schnellen und kontaminationsfreien Wechsel von Pulvermaterialien zu ermöglichen.
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OFFENBARUNG DER ERFINDUNG
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Die Erfindung basiert auf dem Gedanken, dass die Entpulverung des Bauteils in einer, im Wesentlichem hermetisch dicht ausgeführten Prozesskammer erfolgt. Vor Beginn der Reinigung wird der Prozesskammer bis zu einem vordefinierten Unterdruck (von z.B. 800mbar absolut) die Luft entzogen (evakuieren). Durch das Evakuieren entsteht in der Prozesskammer nahezu ein luftleerer Raum. Durch die geringe bzw. fehlende Menge an Luft wird ein Schweben der feinen Pulverteilchen und damit Bildung von Staubwolken vermieden. Durch den geringen Sauerstoffanteil wird zusätzliche die Entstehung einer explosionsfähigen Atmosphäre weitgehend verhindert. Der geringe Anteil an Sauerstoff schützt das Pulvermaterial weitestgehend vor Luftfeuchtigkeit und Oxidation, so dass die Materialeigenschaften unverändert bleiben, was für Folgeprozesse besonders wichtig ist.
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Im Gegensatz zu Verfahren, in denen die Staubwolken unter atmosphärischen Bedingungen abgesaugt werden, verbleibt in der hier vorliegenden Erfindung das gesamte Baumaterial in der Prozesskammer und kann für weitere Herstellungsprozesse wiederverwendet werden. Dies bringt einen besonders wirtschaftlichen Vorteil bringt.
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Sollte der Unterdruck nicht ausreichen, um den Restsauerstoffgehalt dermaßen zu reduzieren, dass eine Oxidation des Pulvers bzw. eine explosionsfähige Atmosphäre verhindert wird, kann nach Einsetzen des maximal erzeugbaren Unterdruckes, Schutzgas eingeleitet werden.
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Durch die geringe bzw. fehlende Menge an Luft in der Prozesskammer wird eine Vermischung des Schutzgases mit Luft weitgehend verhindert. Damit wird eine erhebliche Menge von Schutzgas eingespart. Im besten Fall füllt das Schutzgas das abgesaugt Volumen auf. Herkömmliche Verdrängungsverfahren verbrauchen unter nahezu atmosphärischen Bedingungen etwa doppelt so viel Volumen an Schutzgas wie das eigentliche Prozesskammervolumen.
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In der bevorzugten Ausführung der Erfindung befindet sich die Schwenkvorrichtung für das zu entpulvernde Objekt innerhalb einer geschlossenen Prozesskammer, die vorzugsweise einen trichterförmigen Boden aufweist.
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Die Prozesskammer trennt das Bauteil (Objekt) bzw. die Schwenkvorrichtung von etwaigen Zündquellen wie z.B. dem Antriebsmotor der Schwenkvorrichtung oder der Beleuchtung. In der bevorzugten Ausführung der Erfindung wird die Schwenkvorrichtung an mindestens eine Seitenwand angeordnet. Der Baubehälter und/oder das Bauteil wird auf der Schwenkvorrichtung fixiert, an der auch der Schwingungserreger angebracht ist. Das Bauteil kann dabei auch noch in fester Verbindung mit einer Bauplattform (=Substratplatte) sein. In der bevorzugten Ausführung der Erfindung umfasst die Schwenkvorrichtung einen horizontal drehbar gelagerten Schwenkarm der wiederum einen Drehteller aufnimmt. Am Drehteller wird das Objekt (= Baubehälter und/oder das Bauteil) angebracht. Sowohl Schwenkarm als auch Drehteller werden vorzugsweise mit steuerbaren Aktoren rotatorisch angetrieben.
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Die Prozesskammer ist im Wesentlichen hermetisch dicht ausgeführt und hat mindestens einen Absauganschluss zum Absaugen der Atmosphäre.
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Vor dem Absauganschluss befindet sich verzugsweise ein geeigneter Filter, so dass keine Pulverteilchen in den Unterdruckerzeuger oder die Umwelt gelangen kann. Verfügt die Kammer über Handschuheingriffe, können diese von außen mit einer Klappe dicht verschlossen werden. Damit wird verhindert, dass sich die Handschuhe in der Kammer aufblasen. Die Klappe kann sensorisch überwacht sein, so dass eine Evakuierung der Kammer nur möglich ist, wenn die Steuerung der Absaugung eine geschlossenen Handklappe erkannt hat.
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Die Erzeugung des Vakuums erfolgt entweder mit einer mechanischen Vakuumpumpe oder mit einem Vakuumerzeuger der nach dem pneumatischen Venturiprinzip arbeitet.
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Zur Aufhebung des Vakuums kann die Luft gegebenenfalls durch einen weiteren Anschluss mit Filter wieder zurückfließen.
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In einer besonders bevorzugten Ausführung verfügt die Prozesskammer über einen Anschluss für inertes Schutzgas wie z.B. Argon oder Stickstoff.
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Um in dieser Vorrichtung einen Materialwechsel schnell durchführen zu können, wird die Prozesskammer in einer besonderen Ausführung der Erfindung als wechselbare Einheit ausgeführt. Damit besteht die Vorrichtung aus einer Hauptvorrichtung mit der Schwenkvorrichtung, Schaltschrank, Sensorik und Antriebstechnik und der abtrennbaren Prozesskammer.
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Nach Abtrennen der Prozesskammer verbleiben an der Hauptvorrichtung alle Aktoren und Steuereinheiten wie z.B. Schaltschrank, Schwenkvorrichtung und Sensorik für Überwachung der Kammeratmosphäre
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Die Arbeitskammer wird vorzugsweise mit einer automatisierten oder manuellen Spannvorrichtung dicht an die Hauptvorrichtung angebunden. Die Arbeitskammer befindet sich vorzugsweise auf Rollen. Die Prozesskammer ist damit eine unabhängige Einheit die schnell ausgetauscht werden kann. Bei Materialwechsel ist eine Reinigung der Prozesskammer nicht mehr erforderlich. Sollten an der Arbeitskammer Aktoren verbleiben, die eine Energieversorgung benötigen, wird die Verbindung zur Hauptvorrichtung als Steckverbindung ausgeführt.
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Der Prozess erfolgt wie im Folgenden beschrieben.
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Die Beladetüre der Prozesskammer wird geöffnet und die Schwenkvorrichtung mit einem Objekt beladen. Nach Einsetzen und befestigen des Objekts werden die Prozesskammer und die Handschuheingriffe verschlossen. Die Luft in der Prozesskammer wird über den Absauganschluss abgesaugt bis einen voreingestellten Unterdruck erreicht ist. Dazu verfügen entweder die Prozesskammer oder der Unterdruckerzeuger über Sensoren oder Druckschalter. Nach erreichen des Unterdrucks beginnt der Reinigungsprozess durch Schwenken und Rütteln des Bauteils oder Wechselbehälters.
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Lässt der konstruktive Aufbau der Vorrichtung die Erzeugung eines ausreichenden Unterdrucks zur Vermeidung einer explosionsfähigen Zone nicht zu, kann nach Erreichen des möglichen Unterdrucks inertes Schutzgas in die Prozesskammer eingeleitet werden. Die Einleitung des Schutzgases erfolgt über mindestens einen Anschluss in der Prozesskammer. Die Einleitung des Schutzgases erfolgt vorzugsweise erst dann, wenn der maximal erzeugbare Unterdruck erreicht wurde.
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Das Schutzgas wird entweder so lange in die Prozesskammer eingeleitet, bis in der Prozesskammer ein Druckausgleich durch das Schutzgas erreicht ist, oder so lange bis ein bestimmter Restsauerstoffwert erreicht ist. Druck und gegebenenfalls Restsauerstoff werden dabei sensorisch überwacht.
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Es besteht auch die Möglichkeit, die Prozesskammer im Überdruck zu betreiben. Dann wird die Prozesskammer kontinuierlich mit Schutzgas gespült. Dazu verfügt die Prozesskammer über einen zusätzlichen, schaltbaren Gasauslass, der vorzugsweise mit einem Filter ausgestatte ist. Der Gasauslass öffnet, wenn in der Prozesskammer mindestens ein Druckausgleich durch das eingeleitete Schutzgas erreicht wurde. Der Überdruck, der durch das weiterhin eingeleitete Schutzgas entsteht wird nach außen über den Gasauslass abgeleitet. In einer bevorzugten Ausführung wurden der Einblasdruck des Schutzgases und die Auslassmenge über den Gasauslass so aufeinander abgestimmten, dass in der Prozesskammer immer ein leichter Überdruck herrscht.
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Nachdem der Reinigungsprozess abgeschlossen ist erfolgt ein Druckausgleich über einen eine Schaltbare Öffnung in der Prozesskammer. Dazu kann die Beladetüre eine Zuhaltevorrichtung aufweisen. Die Zuhaltevorrichtung verschließt die Türe aktiv, bis der Druckausgleich erfolgt ist. Nach dem Druckausgleich wird das Bauteil über die Beladetüre entnommen.
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Ist ein Materialwechsel in der Prozesskammer vorgesehen und ist Prozesskammer als wechselbare Einheit ausgeführt, kann diese nun getauscht werden. Dazu wird die Prozesskammer von der Hauptvorrichtung entriegelt und weggebracht. An die Hauptvorrichtung wird anschließend eine andere Prozesskammer angeschlossen.
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Figurenliste
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- 1 Eine perspektivische Darstellung der Ausführungsform der Vorrichtung.
- 2 Eine perspektivische Darstellung der Ausführungsform der Vorrichtung, wenn die Arbeitskammer von der Hauptvorrichtung getrennt ist
- 3 Eine perspektivische Darstellung der Ausführungsform der Vorrichtung bei der Prozesskammer eine wechselbare Einheit ist.
- 4 Eine perspektivische Darstellung der Ausführungsform der Vorrichtung bei der Prozesskammer eine wechselbare Einheit ist und diese von der Hauptvorrichtung getrennt ist.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Vorrichtung
- 2
- Beladetüre
- 3
- Mit Klappe verschlossene Handschuheingriffe
- 4
- Prozesskammer
- 5
- Kammerboden
- 6
- Pulverauslass
- 7
- Bauteil
- 8
- Schwenkvorrichtung
- 9
- Bauplattform (=Substratplatte)
- 10
- Absauganschluss/Gasauslass
- 11
- Schutzgasanschluss
- 12
- Drucksensor
- 13
- Restsauerstoffsensor
- 14
- Hauptvorrichtung
- 15
- Rollengestell
- 16
- Anschluss/Spannvorrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
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Zitierte Patentliteratur
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- WO 2015/071184 A1 [0006]
- DE 202016003042 U [0007]