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Die Erfindung betrifft ein Fahrwerk für ein Kraftfahrzeug mit zumindest zwei vorderen Rädern und zumindest zwei hinteren Rädern, wobei die vorderen Räder und/oder die hinteren Räder in einer Fahrtrichtung verlagerbar sind, so dass sich ein Abstand zwischen den vorderen Rädern und den hinteren Rädern ändert. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Kraftfahrzeug.
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In der urbanen Mobilität, aber auch im Gütertransport, beispielsweise bei automatisierter Logistik oder Lagerhaltung, sind Platzbedarf und Raumbedarf des Fahrzeugs während des Betriebs von großer Bedeutung. Wendige Fahrzeuge sind insbesondere in beengten Platzverhältnissen von Vorteil. Gleichzeitig werden aber zugunsten der Stabilität und sonstiger Fahreigenschaften die Räder regelmäßig im Bereich der in Fahrtrichtung gesehen vorderen und hintere Enden des Fahrzeugs angeordnet. Dies führt zu einem verhältnismäßig langen Radstand und somit zu einem relativ großen Wendekreis, was in vielen Situationen nachteilig ist.
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Aus der
EP 2 228 248 A1 ist ein Nutzfahrzeug mit einem dreh- und neigbaren Führerstand bekannt. Es wird dadurch möglich, dass der Fahrer seine Position verändert und beispielsweise dem aktuellen Untergrund anpasst oder zusammen mit dem Führerstand Hindernissen ausweicht, die sich nicht in Bodennähe, sondern lediglich in Höhe des Führerstandes befinden, wie z.B. Ästen. Weiterhin kann der Abstand der Radachsen voneinander verändert werden, um situativ einen kleineren Wendekreis zu ermöglichen. Es wird allerdings keine konstruktive Ausgestaltung angegeben, wie ein solcher variabler Radstand erreicht werden könnte.
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Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Fahrzeug anzugeben, das flexibel und besonders wendig ist, und das gleichzeitig robust und zuverlässig ausgestaltet ist.
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Die Aufgabe wird gelöst durch ein Kraftfahrzeug der eingangs genannten Art, das ein mehrgliedriges Stellelement zur Verlagerung der verlagerbaren Räder aufweist, wobei das Stellelement ein erstes Glied und ein zweites Glied, welches schwenkbar mit dem ersten Glied verbunden ist, aufweist, und wobei ein Ende des ersten Glieds mit zumindest einer verschieblich gelagerten Radaufhängung eines vorderen Rads oder eines hinteren Rads verbunden ist.
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Zweckmäßigerweise ist das Fahrwerk derart ausgestaltet, dass ein zweites Ende des zweiten Glieds mit einem Stellmotor verbunden ist. Das Fahrwerk kann dann automatisch bzw. auf einen Steuerbefehl oder eine Eingabe eines Benutzers hin an spezielle Fahrsituationen angepasst werden, indem der Radstand verändert wird. Dabei ist es sinnvoll, den Radstand, also den Abstand zwischen den vorderen Rädern und den hinteren Rädern, zu verringern, wenn enge Kurven gefahren oder rangiert werden soll. Im Normalbetrieb, bei Geradeausfahrt oder bei geringen Lenkwinkeln ist hingegen ein großer Radstand vorteilhaft. Es ist möglich, bestimmten Geschwindigkeiten, Fahrtrichtungen oder Lenkwinkeln bestimmte Radstände zuzuordnen, die dann beispielsweise automatisch bei Vorliegen des festgelegten Kriteriums eingestellt werden können. So kann beispielsweise für eine Fahrt entgegen der Fahrtrichtung, für Fahrten mit geringer Geschwindigkeit oder für große Lenkwinkel ein Verkleinern des Radstands vorgesehen sein.
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Eine einfache Möglichkeit der Umsetzung ergibt sich, wenn die Glieder stabförmig ausgestaltet sind. Die verlagerbaren Räder werden dann von einer Hebelkinematik bewegt. Dabei ist das erste hebelförmige Glied mit seinem ersten Ende schwenkbar an der jeweiligen Radaufhängung befestigt. Die Schwenkachsen verlaufen dabei zweckmäßigerweise parallel zueinander und senkrecht zur Fahrtrichtung und in horizontaler Ausrichtung.
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Gemäß einer Weiterbildung der Erfindung ist eine Länge des ersten Glieds kleiner als eine Länge des zweiten Glieds. Wenn die Länge des ersten Glieds als I1 und die Länge des zweiten Glieds als I2 bezeichnet wird, so lässt sich der Radstand um 2I1 verändern. Wenn beide Glieder parallel ausgerichtet sind, die Längsachse des ersten Glieds also genau zu der Achse des verlagerbaren Rads hin weist, ist der gesamte Abstand zwischen dem mit der Radaufhängung verbundenen Ende des ersten Glieds und dem mit dem Stellmotor verbundenen Ende des zweiten Glieds gleich I1+I2. Bei antiparalleler Stellung der beiden Glieder zueinander, wenn also von der zuvor beschriebenen Situation ausgehend eine Schwenkbewegung des zweiten Glieds um 180° stattgefunden hat, ist der zuvor beschriebene Abstand auf I2-I1 reduziert.
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Es ist möglich, dass die vorderen Radaufhängungen und/oder die hinteren Radaufhängungen an einer Linearführung oder mehreren Linearführungen verschieblich gelagert sind. Die Linearführungen können beispielsweise Schienen sein. Die Linearführungen sind dabei zweckmäßigerweise parallel zur Fahrtrichtung ausgerichtet. Eine konstruktiv aufwendigere Lösung sieht hingegen vor, dass die Linearführungen schräg nach innen verlaufen und dadurch neben dem Radstand auch der Abstand in Querrichtung der verlagerbaren Räder verändert werden kann. Auf diese Weise lässt sich der Wendekreis noch einmal reduzieren.
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Gemäß einer vorteilhaften Weiterbildung sind die Radaufhängungen der verlagerbaren Räder an Biegebalken befestigt. Es wird so eine Feder-Dämpfer-Einheit möglich, die auf einfache Weise entlang der Fahrtrichtung verschiebbar ausgestaltet werden kann.
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Hierzu kann auch vorgesehen sein, dass eine verschiebbare Einheit, die zumindest eines der verlagerbaren Räder trägt und deren Teil der Biegebalken sein kann, zumindest an zwei Punkten in Kontakt mit einer Linearführung steht, wobei jeweils ein Punkt in Fahrtrichtung gesehen vor und hinter einer zugehörigen Radachse angeordnet ist. Mit anderen Worten überspannt die verschiebbare Einheit dann in Fahrtrichtung gesehen die Radachse, so dass der Biegebalken an einem Punkt vor der Radachse und an einem Punkt hinter der Radachse an der Schiene anliegt und Kräfte übertragen kann. Die Linearführung kann eine Schiene sein.
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Es ist mit Vorteil möglich, dass eine Schwenkachse, um die das zweite Glied geschwenkt wird, in einer vertikalen Richtung gesehen oberhalb eines Verbindungspunkts des ersten Glieds mit der zumindest einen verschieblich gelagerten Radaufhängung angeordnet ist. Es wird dann eine erhöhte Bodenfreiheit und/oder ein vergrößerter Bewegungsumfang in Fahrtrichtung für die verlagerbaren Räder möglich, da verhindert wird, dass während der Schwenkbewegung insbesondere das zweite Glied zu weit nach unten ausgelenkt wird und so die Bodenfreiheit des Fahrzeugs reduziert.
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Eine Weiterbildung der Erfindung weist eine Feststelleinrichtung zum Arretieren einer Position der verlagerbaren Räder auf. Es wird dadurch verhindert, dass sich der Radstand ungewollt durch externe Krafteinwirkung ändert sowie, dass hohe Kräfte auf den Stellmotor wirken.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden anhand der Zeichnungen und der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigen:
- 1: eine schematische Draufsicht auf ein zur Umsetzung der Erfindung geeignetes Kraftfahrzeug,
- 2: eine schematische Seitenansicht eines ersten Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Fahrwerks, und
- 3: eine schematische Draufsicht auf das Ausführungsbeispiel aus 2.
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1 zeigt eine schematische Draufsicht auf ein Kraftfahrzeug 2 bzw. auf dessen Chassis 4. Es sind die an den vorderen Radaufhängungen 12 angebrachten vorderen Räder 6 sowie die an der Hinterachse 10 angebrachten hinteren Räder 8 zu erkennen. In Fahrtrichtung x gesehen besteht ein Abstand 14 zwischen den vorderen Rädern 6 und den hinteren Rädern 8 bzw. zwischen den jeweiligen Rotationsachsen der vorderen Räder 6 und der hinteren Räder 8. Dieser Abstand 14 soll durch Einsatz des erfindungsgemäßen Fahrwerks variabel ausgestaltet werden.
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2 zeigt eine schematische Seitenansicht eines ersten Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Fahrwerks 4. Es sind dabei der Übersicht halber lediglich die verlagerbare Hinterachse 10 und die Verlagerungseinheit dargestellt. Die Vorderräder hingegen sind nicht dargestellt. Das Hinterrad 8 wird von der Hinterachse 10 getragen, die wiederum an dem Biegebalken 16 befestigt ist. Zwischen der Hinterachse 10 und dem Biegebalken 26 ist symbolisch die Feder-Dämpfer-Einheit 24 dargestellt, deren Funktion auch von dem Biegebalken 26 übernommen werden kann.
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Der Biegebalken 16 ist an dem hinteren Schlittenelement 18 und an dem vorderen Schlittenelement 20 befestigt. Die Schlittenelemente 18, 20 stellen eine zweiteilige verschiebbare Einheit dar und gleiten entlang der in Fahrtrichtung x orientierten Schiene 22, wenn der Radstand durch Verlagerung der Hinterachse 10 sowie der daran befestigten Räder 8 verändert werden soll. Hierzu greift an dem vorderen Schlittenelement 20 das erste Hebelelement 28 an, welches die Länge I1 aufweist. Es ist um eine parallel zur Hinterachse 10 verlaufende Schwenkachse mittels des Gelenks 38 schwenkbar, so dass der Winkel zwischen dem Biegebalken 16 und dem ersten Hebelelement 28 variabel ist.
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Auf gleichartige Art und Weise ist das erste Hebelelement 28 ebenfalls gelenkig mit dem zweiten Hebelelement 30 verbunden. Hierzu ist das Gelenk 40 vorhanden, das das erste Hebelelement 28 mit dem zweiten Hebelelement 30 verbindet. Das zweite Hebelelement 30 ist wiederum mit dem Stellmotor 32 verbunden und kann von diesem um die Rotationsachse 42 geschwenkt werden. Als Folge einer solchen, von dem Pfeil 36 angedeuteten Schwenkbewegung verändern sich die Winkel zwischen dem ersten Hebelelement 28 und dem zweiten Hebelelement 30 sowie zwischen dem ersten Hebelelement 28 und dem Biegebalken 16.
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In 2 ist eine Position mittlerer Auslenkung dargestellt. Die beiden Hebelelemente 28, 30 bilden einen Winkel von mehr als 90°, aber von weniger als 180° miteinander. Wenn die beiden Hebelelemente 28, 30 einen Winkel von 180° miteinander bilden, mit anderen Worten also kollinear sind, befindet sich die Hinterachse 10 in einer Position, in der der Radstand maximal ist. Wird, von dieser Position maximalem Radstands ausgehend, das zweite Hebelelement 30 um 180° verschwenkt, so wird eine Position minimalen Radstands erreicht. Auch in dieser Position sind die beiden Hebelelemente 28, 30 kollinear angeordnet, verlaufen nun aber antiparallel, so dass das zweite Schlittenelement 20 nahe an der Drehachse 42 positioniert ist.
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Das erste Hebelelement 28 hat die Länge 11, wohingegen das zweite Hebelelement 30 die Länge I2 hat. Vorzugsweise ist dabei I2 größer als I1, so dass sich die zuvor beschriebene Position mit zueinander antiparallel ausgerichteten Hebelelementen 28, 30 erreichen lässt. Die maximale Variation des Radstands beträgt dann das doppelte der Länge I1 bzw. einer trigonometrischen Funktion davon, wenn sich die Rotationsachse 42 und das Gelenk 38 nicht auf gleicher Höhe befinden.
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Es kann eine einzelne Schiene 22 vorhanden sein, die sich in Fahrzeugquerrichtung gesehen im mittleren Bereich des Kraftfahrzeugs befindet. Ebenso ist es, insbesondere bei einer Einzelradaufhängung, aber auch möglich, zumindest zwei Schienen 22 vorzusehen, die sich dann ebenfalls in Fahrzeugquerrichtung gesehen im Bereich der Position des jeweiligen Rades 8 befinden. Mit anderen Worten sind die Schienen dann im linken und rechten Außenbereich des Fahrwerks angeordnet.
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3 zeigt eine schematische Draufsicht auf das Ausführungsbeispiel aus 2. Es ist zu erkennen, dass die beiden Schlittenelemente 18, 20 ebenso wie der nicht dargestellte Biegebalken in Fahrzeugquerrichtung y gesehen zentral angeordnet sind. Die Hinterachse 10 ist über die beiden Hebelelemente 28, 30 wie zuvor beschrieben mit dem Stellmotor 32 verbunden und kann in der Fahrzeuglängsrichtung bzw. der Fahrtrichtung x verlagert werden. Alternativ oder zusätzlich können natürlich auch die Vorderräder auf gleichartige Art und Weise verlagerbar ausgestaltet sein, wie dies zuvor für die Hinterräder beschrieben wurde.
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Bezugszeichenliste
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- 2
- Kraftfahrzeug
- 4
- Fahrwerk/Chassis
- 6
- Vorderrad
- 8
- Hinterrad
- 10
- Hinterachse
- 12
- Radaufhängung
- 14
- Radstand
- 16
- Biegebalken
- 18
- vorderes Schlittenelement
- 20
- hinteres Schlittenelement
- 22
- Schiene
- 24
- Feder-Dämpfer-System
- 26
- Aufhängung
- 28
- erstes Glied
- 30
- zweites Glied
- 32
- Stellmotor
- 34
- Untergrund
- 36
- Schwenkbewegung
- 38
- Gelenk
- 40
- Gelenk
- 42
- Rotationsachse
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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