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Stand der Technik
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Der Ansatz geht von einer Vorrichtung oder einem Verfahren nach Gattung der unabhängigen Ansprüche aus. Gegenstand des vorliegenden Ansatzes ist auch ein Computerprogramm.
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Die
DE 10 2017 205 063 A1 beschreibt ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Überwachung eines Kraftrads. Hierbei werden instabile Fahrzustände eines Kraftrads basierend auf Beschleunigungssignalen detektiert. Die in der genannten Offenlegungsschrift beschriebenen Schwellwerte von Beschleunigungen und Zeitintervalle deren Überschreitung sind mitunter schwer allgemeingültig festlegbar, insbesondere wenn Fehlauslösungen z. B. durch Touchieren von Wänden beim Rangieren in Garagen oder harmlose Umfaller im Stand vermieden werden sollen.
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Offenbarung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund werden mit dem hier vorgestellten Ansatz ein Verfahren zum Detektieren eines Unfalls eines Kraftrads, weiterhin eine Vorrichtung, die dieses Verfahren verwendet, sowie schließlich ein entsprechendes Computerprogramm gemäß den Hauptansprüchen vorgestellt. Durch die in den abhängigen Ansprüchen aufgeführten Maßnahmen sind vorteilhafte Weiterbildungen und Verbesserungen der im unabhängigen Anspruch angegebenen Vorrichtung möglich.
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Die mit dem vorgestellten Ansatz erreichbaren Vorteile bestehen darin, dass ein Unfall eines Kraftrads besonders plausibel detektiert werden kann. Ein vorschneller Fehlalarm kann so beispielsweise vermieden werden.
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Es wird ein Verfahren zum Detektieren eines Unfalls eines Kraftrads vorgestellt. Das Verfahren weist einen Schritt des Einlesens, einen Schritt des Auswählens und einen Schritt des Erkennens auf. Im Schritt des Einlesens wird eine erfasste Kraftradgeschwindigkeit des Kraftrads eingelesen. Im Schritt des Auswählens wird ein Schwellenwert für zumindest einen sensierten Sensorwert eines Sensors des Kraftrads unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit ausgewählt. Im Schritt des Erkennens wird der Unfall des Kraftrads erkannt, wenn der sensierte Sensorwert den im Schritt des Auswählens ausgewählten Schwellenwert erreicht oder überschreitet.
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Dieses Verfahren kann beispielsweise in Software oder Hardware oder in einer Mischform aus Software und Hardware beispielsweise in einem Steuergerät implementiert sein.
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In allen neuen Pkws und leichten Nutzfahrzeugen werden innerhalb der Europäischen Union seit dem 31. März 2018 automatische Notrufsysteme verpflichtend verbaut. Diese Notrufsysteme sollen im Falle eines Verkehrsunfalles automatisiert einen Notruf absetzen, damit Rettungsmaßnahmen schneller eingeleitet werden können. Die Schwierigkeit einer vergleichbaren technischen Umsetzung für motorisierte Zweiräder verglichen mit Systemen für den Pkw-Bereich besteht in der wesentlich komplexeren Fahr- und Unfall-Dynamik im Zweirad-Bereich. So können Motorräder auch bei stabiler Fahrt große Schräglagen und auch Nickwinkel aufweisen, beispielsweise bei einer Fahrt auf lediglich dem Hinterrad oder dem Vorderrad wie bei sogenannten „Wheelies“ und „Stoppies“. Die Gefahr von Fehlauslösungen eines Notrufsystems ist daher bei Krafträdern sehr viel höher. Das hier vorgestellte Verfahren ermöglicht vorteilhafterweise ein Detektieren eines Unfalls, wobei ein Schwellenwert für den zum Detektieren notwendigen Sensorwert abhängig von einer Kraftradgeschwindigkeit zuvor realistisch angepasst wurde. So kann beispielsweise ein harmloses Umfallen des Kraftrads aus dem Stillstand als kein Unfall erkannt werden. Ein Notrufsystem des Kraftrads, welches ansprechend auf erkannte Unfälle reagiert, kann so beispielsweise einen Fehlalarm vermeiden.
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Im Schritt des Auswählens kann ein Schwellenwert aus einer Mehrzahl von hinterlegten Schwellenwerten für zumindest den sensierten Sensorwert des Sensors unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit ausgewählt werden. So können beispielsweise in einem Fahrzeugspeicher für verschiedenste Kraftradgeschwindigkeiten diesen zugeordnete Schwellenwerte in beispielsweise einer Tabelle hinterlegt sein. Je nach eingelesener Kraftradgeschwindigkeit kann dann schnell und einfach der zugehörige Schwellenwert ausgewählt werden.
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Gemäß einer Ausführungsform kann beispielsweise im Schritt des Auswählens der Schwellenwert für eine sensierte Kraftradbeschleunigung eines Beschleunigungssensors des Kraftrads ausgewählt werden. Bei der Kraftradbeschleunigung kann es sich um eine mehrdimensionale, beispielsweise dreidimensionale Kraftradbeschleunigung handeln, welche beispielsweise von einem als ein Inertialsensor ausgeformten Beschleunigungssensor erfasst wird. Bei einer solchen Kraftradbeschleunigung handelt es sich um einen gängigen Sensorwert zur Erkennung von Kraftrad-Unfällen.
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Im Schritt des Auswählens kann ferner eine definierte Zeitdauer für ein Erreichen oder Überschreiten des Sensorwerts über dem Schwellenwert ausgewählt werden, wobei im Schritt des Erkennens der Unfall erkannt wird, wenn der sensierte Sensorwert den ausgewählten Schwellenwert für zumindest die Zeitdauer erreicht oder übersteigt. So kann der Unfall noch plausibler erkannt werden.
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Es ist weiterhin von Vorteil, wenn das Verfahren einen Schritt des Ausgebens aufweist, in dem ein Notsignal ausgegeben wird, wenn der Unfall erkannt wurde. Das Notsignal kann beispielsweise an eine Kommunikationsschnittstelle zu einem Sicherheitssystem wie ein Notrufsystem ausgegeben werden, welches dazu ausgebildet ist, um Rettungsmaßnahmen anzufordern. So kann beispielsweise sofort nach Erkennen des Unfalls Hilfe angefordert werden.
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Das Verfahren kann ferner einen Schritt des Bestimmens aufweisen, in dem eine Unfallschwere und zusätzlich oder alternativ ein Unfalltyp des Unfalls unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit und zusätzlich oder alternativ einer Clipping-Zeit eines den Sensorwert repräsentierenden Sensorsignals und zusätzlich oder alternativ eines die Kraftradgeschwindigkeit repräsentierenden Geschwindigkeitssignals bestimmt werden. Im Schritt des Ausgebens kann so gemäß einer vorteilhaften Ausführungsform das Notsignal ausgegeben werden, welches ferner die bestimmte Unfallschwere und zusätzlich oder alternativ den Unfalltyp anzeigt. Dies ermöglicht der Unfallschwere und zusätzlich oder alternativ dem Unfalltyp entsprechende Hilfemaßnahmen. Als Clipping-Zeit ist eine Zeitspanne, in der das Sensorsignal/Geschwindigkeitssignal außerhalb des Dynamikbereichs angeordnet ist, zu verstehen, also wenn das Sensorsignal im Sättigungsbereich nicht auflösbar ist. Diese Clipping-Zeit zu nutzen ist vorteilhaft, da es eine starke Korrelation zwischen Unfallschwere und Clipping-Zeiten gibt, insbesondere steigt in der Regel die Clipping-Zeit mit der Relativgeschwindigkeit kollidierender Fahrzeuge.
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Es ist weiterhin von Vorteil, wenn das Verfahren einen Schritt des Anpassens aufweist, in dem eine Clipping-Zeit eines den Sensorwert repräsentierenden Sensorsignals und zusätzlich oder alternativ eines die Kraftradgeschwindigkeit repräsentierenden Geschwindigkeitssignals unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit und zusätzlich oder alternativ eines Misuse-Signals angepasst wird. Dies ist vorteilhaft, da die Clipping-Zeiten auch bei bestimmten Misuse-Fällen ohne Folgeunfall mit der Geschwindigkeit steigen. Daher können die Clipping-Zeiten vorteilhafterweise sorgfältig für verschiedene Geschwindigkeitsbereiche für die dort typischen Werte für Unfälle und Anregungen durch Misuse-Fälle angepasst werden. Das Misuse-Signal kann einen solchen Misuse-Fall wie z. B. Offroad-Fahrten, Überfahren von Gegenständen und zusätzlich oder alternativ Sprünge repräsentieren. Unter einem Misuse kann vorliegend ein Szenario verstanden werden, bei dem ein Bodenkontakt des Kraftrads zumindest zeitweise aufgehoben ist. In solches Szenario stellt auch beispielsweise einen Fall dar, in dem das Kraftrad nicht auf einer befestigten Fahrbahn fährt.
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Im Schritt des Einlesens kann die erfasste Kraftradgeschwindigkeit eingelesen werden, die eine aktuell erfasste Raddrehzahl zumindest eines Rads des Kraftrads oder eine vorangegangen erfasste Raddrehzahl zumindest des Rads aus einem Ringspeicher des Kraftrads repräsentiert. Die vorangegangen erfasste Raddrehzahl aus dem Ringspeicher kann hilfreich sein, wenn das Rad bei dem Unfall beispielsweise abrupt blockiert und daher in diesem Moment keine Raddrehzahl gemessen werden kann. Hier kann als die vorangegangen erfasste Raddrehzahl der neueste Wert aus dem Ringspeicher verwendet werden.
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Der hier vorgestellte Ansatz schafft ferner eine Vorrichtung, die ausgebildet ist, um die Schritte einer Variante eines hier vorgestellten Verfahrens in entsprechenden Einrichtungen durchzuführen, anzusteuern bzw. umzusetzen. Auch durch diese Ausführungsvariante des Ansatzes in Form einer Vorrichtung kann die dem Ansatz zugrunde liegende Aufgabe schnell und effizient gelöst werden.
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Hierzu kann die Vorrichtung zumindest eine Recheneinheit zum Verarbeiten von Signalen oder Daten, zumindest eine Speichereinheit zum Speichern von Signalen oder Daten, zumindest eine Schnittstelle zu einem Sensor oder einem Aktor zum Einlesen von Sensorsignalen von dem Sensor oder zum Ausgeben von Daten- oder Steuersignalen an den Aktor und/oder zumindest eine Kommunikationsschnittstelle zum Einlesen oder Ausgeben von Daten aufweisen, die in ein Kommunikationsprotokoll eingebettet sind. Die Recheneinheit kann beispielsweise ein Signalprozessor, ein Mikrocontroller oder dergleichen sein, wobei die Speichereinheit ein Flash-Speicher, ein EEPROM oder eine magnetische Speichereinheit sein kann. Die Kommunikationsschnittstelle kann ausgebildet sein, um Daten drahtlos und/oder leitungsgebunden einzulesen oder auszugeben, wobei eine Kommunikationsschnittstelle, die leitungsgebundene Daten einlesen oder ausgeben kann, diese Daten beispielsweise elektrisch oder optisch aus einer entsprechenden Datenübertragungsleitung einlesen oder in eine entsprechende Datenübertragungsleitung ausgeben kann.
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Unter einer Vorrichtung kann vorliegend ein elektrisches Gerät verstanden werden, das Sensorsignale verarbeitet und in Abhängigkeit davon Steuer- und/oder Datensignale ausgibt. Die Vorrichtung kann eine Schnittstelle aufweisen, die hard- und/oder softwaremäßig ausgebildet sein kann. Bei einer hardwaremäßigen Ausbildung können die Schnittstellen beispielsweise Teil eines sogenannten System-ASICs sein, der verschiedenste Funktionen der Vorrichtung beinhaltet. Es ist jedoch auch möglich, dass die Schnittstellen eigene, integrierte Schaltkreise sind oder zumindest teilweise aus diskreten Bauelementen bestehen. Bei einer softwaremäßigen Ausbildung können die Schnittstellen Softwaremodule sein, die beispielsweise auf einem Mikrocontroller neben anderen Softwaremodulen vorhanden sind.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung erfolgt durch die Vorrichtung eine Detektion eines Unfalls eines Kraftrads. Hierzu kann die Vorrichtung beispielsweise auf Sensorsignale wie ein Geschwindigkeitssignal, das eine erfasste Kraftradgeschwindigkeit des Kraftrads repräsentiert, und ein Sensorsignal, das einen sensierten Sensorwert eines Sensors des Kraftrads repräsentiert, zugreifen. Die Ansteuerung erfolgt über Aktoren wie eine Einleseeinrichtung, die dazu ausgebildet ist, um die erfasste Kraftradgeschwindigkeit des Kraftrads und/oder den sensierten Sensorwert einzulesen, eine Auswähleinrichtung, die dazu ausgebildet ist, um einen Schwellenwert für zumindest den sensierten Sensorwert des Sensors unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit auszuwählen, und eine Erkenneinrichtung, die dazu ausgebildet ist, um den Unfall des Kraftrads zu erkennen, wenn der sensierte Sensorwert den von der Auswähleinrichtung ausgewählten Schwellenwert erreicht oder überschreitet.
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Von Vorteil ist auch ein Computerprogrammprodukt oder Computerprogramm mit Programmcode, der auf einem maschinenlesbaren Träger oder Speichermedium wie einem Halbleiterspeicher, einem Festplattenspeicher oder einem optischen Speicher gespeichert sein kann und zur Durchführung, Umsetzung und/oder Ansteuerung der Schritte des Verfahrens nach einer der vorstehend beschriebenen Ausführungsformen verwendet wird, insbesondere wenn das Programmprodukt oder Programm auf einem Computer oder einer Vorrichtung ausgeführt wird.
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Ausführungsbeispiele des hier vorgestellten Ansatzes sind in den Zeichnungen dargestellt und in der nachfolgenden Beschreibung näher erläutert. Es zeigt:
- 1 eine schematische Darstellung eines Kraftrads mit einer Vorrichtung zum Detektieren eines Unfalls des Kraftrads gemäß einem Ausführungsbeispiel;
- 2 eine schematische Darstellung einer Vorrichtung gemäß einem Ausführungsbeispiel; und
- 3 ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens zum Detektieren eines Unfalls eines Kraftrads gemäß einem Ausführungsbeispiel.
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In der nachfolgenden Beschreibung günstiger Ausführungsbeispiele des vorliegenden Ansatzes werden für die in den verschiedenen Figuren dargestellten und ähnlich wirkenden Elemente gleiche oder ähnliche Bezugszeichen verwendet, wobei auf eine wiederholte Beschreibung dieser Elemente verzichtet wird.
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1 zeigt eine schematische Darstellung eines Kraftrads 100 mit einer Vorrichtung 105 zum Detektieren eines Unfalls des Kraftrads 100 gemäß einem Ausführungsbeispiel.
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Lediglich beispielhaft ist die Vorrichtung 105 gemäß diesem Ausführungsbeispiel in oder an dem Kraftrad 100 angeordnet, das gemäß diesem Ausführungsbeispiel als ein motorisiertes Zweirad, beispielsweise ein Motorrad, ausgeformt ist. Die Vorrichtung 105 ist gemäß einem Ausführungsbeispiel in ein Steuergerät des Kraftrads 100 implementiert.
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Die Vorrichtung 105 ist dazu ausgebildet, um einen Unfall des Kraftrads 100 zu detektieren. Hierzu weist die Vorrichtung 105 eine Einleseeinrichtung 110, eine Auswähleinrichtung 115 und eine Erkenneinrichtung 120 auf. Die Einleseeinrichtung 110 ist dazu ausgebildet, um eine erfasste Kraftradgeschwindigkeit 125 des Kraftrads 100 eingelesen. Die Auswähleinrichtung 115 ist dazu ausgebildet, um einen Schwellenwert für zumindest einen sensierten Sensorwert 130 eines Sensors 135 des Kraftrads 100 unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit 125 auszuwählen. Die Erkenneinrichtung 120 ist dazu ausgebildet, um den Unfall des Kraftrads 100 zu erkennen, wenn der sensierte Sensorwert 130 den von der Auswähleinrichtung 115 ausgewählten Schwellenwert erreicht oder überschreitet.
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Gemäß diesem Ausführungsbeispiel weist das Kraftrad 100 zumindest einen Raddrehzahlsensor 140, ein Sicherheitssystem 145 und/oder den Sensor 135 auf, der gemäß diesem Ausführungsbeispiel als ein Beschleunigungssensor, hier beispielhaft in Form eines Inertialsensors, ausgeformt ist.
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Die Einleseeinrichtung 110 ist gemäß diesem Ausführungsbeispiel dazu ausgebildet, um die erfasste Kraftradgeschwindigkeit 125 einzulesen, die eine aktuell erfasste Raddrehzahl zumindest eines Rads des Kraftrads 100, oder eine vorangegangen erfasste Raddrehzahl zumindest des Rads aus einem Ringspeicher des Kraftrads 100 repräsentiert. Die Einleseeinrichtung 110 ist dazu ausgebildet, um die Kraftradgeschwindigkeit 125 von dem Raddrehzahlsensor 140 einzulesen. Gemäß diesem Ausführungsbeispiel weist das Kraftrad 100 an jedem der zwei Räder einen Raddrehzahlsensor 140 auf, wobei die Einleseeinrichtung 110 dazu ausgebildet ist, um die Kraftradgeschwindigkeit 125 von jedem der Raddrehzahlsensoren 140 einzulesen.
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Gemäß diesem Ausführungsbeispiel ist die Auswähleinrichtung 115 dazu ausgebildet, um den Schwellenwert für den sensierten Sensorwert 130 in Form einer sensierten Kraftradbeschleunigung des Beschleunigungssensors des Kraftrads 100 auszuwählen. Bei der Kraftradbeschleunigung handelt es sich gemäß diesem Ausführungsbeispiel um eine mehrdimensionale, beispielsweise dreidimensionale Kraftradbeschleunigung, welche von dem als Inertialsensor ausgeformten Beschleunigungssensor erfasst wird. Gemäß diesem Ausführungsbeispiel ist die Auswähleinrichtung 115 ferner dazu ausgebildet, um den Schwellenwert aus einer Mehrzahl von hinterlegten Schwellenwerten für zumindest den sensierten Sensorwert 130 des Sensors 135 unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit 125 auszuwählen. Die hinterlegten Schwellenwerte sind gemäß einem Ausführungsbeispiel in einem Fahrzeugspeicher des Kraftrads 100 oder einer Cloud für verschiedenste Kraftradgeschwindigkeiten in beispielsweise einer Zuordnungstabelle hinterlegt. Die Auswähleinrichtung 115 ist gemäß diesem Ausführungsbeispiel weiterhin dazu ausgebildet, um eine definierte Zeitdauer für ein Erreichen oder Überschreiten des Sensorwerts 130 über dem Schwellenwert auszuwählen, wobei die Erkenneinrichtung 120 dazu ausgebildet ist, um den Unfall zu erkennen, wenn der sensierte Sensorwert 130 den ausgewählten Schwellenwert für zumindest die Zeitdauer erreicht oder übersteigt. Die Vorrichtung 105 ist gemäß diesem Ausführungsbeispiel dazu ausgebildet, um ein Notsignal 150 auszugeben, wenn der Unfall von der Erkenneinrichtung 120 erkannt wurde. Gemäß diesem Ausführungsbeispiel ist die Vorrichtung 105 dazu ausgebildet, um das Notsignal 150 an das Sicherheitssystem 145 auszugeben, das dazu ausgebildet ist, um ansprechend auf das Notsignal 150 Rettungsmaßnahmen anzufordern.
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Der sensierte Sensorwert 130 des Sensors 135 wird gemäß diesem Ausführungsbeispiel von der Einleseeinrichtung 110 und/oder der Erkenneinrichtung 120 eingelesen.
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2 zeigt eine schematische Darstellung einer Vorrichtung 100 gemäß einem Ausführungsbeispiel. Dabei kann es sich um ein Ausführungsbeispiel der anhand von 1 beschriebene Vorrichtung 100 handeln.
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Die Vorrichtung 100 weist ferner gemäß diesem Ausführungsbeispiel eine Ausgabeeinrichtung 200, eine Anpassungseinrichtung 205 und/oder eine Bestimmeinrichtung 210 auf.
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Die Ausgabeeinrichtung 200 ist dazu ausgebildet, um das Notsignal 150 ausgegeben, wenn der Unfall erkannt wurde. Die Anpassungseinrichtung 205 ist dazu ausgebildet, um eine Clipping-Zeit eines den Sensorwert 130 repräsentierenden Sensorsignals 215 und/oder eines die Kraftradgeschwindigkeit 125 repräsentierenden Geschwindigkeitssignals 217 unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit 125 und/oder eines Misuse-Signals 220 anzupassen. Als Clipping-Zeit ist eine Zeitspanne, in der das Sensorsignal 215/Geschwindigkeitssignal 217 außerhalb des Dynamikbereichs angeordnet ist, zu verstehen, also wenn das Sensorsignal 215/Geschwindigkeitssignals 217 im Sättigungsbereich nicht auflösbar ist. Das Misuse-Signal 220 repräsentiert gemäß diesem Ausführungsbeispiel einen erkannten Misuse-Fall des Kraftrads wie beispielsweise eine Offroad-Fahrt, ein Überfahren zumindest eines Gegenstands und/oder zumindest einen Sprung des Kraftrads. Die Bestimmeinrichtung 210 ist dazu ausgebildet, um eine Unfallschwere und/oder einen Unfalltyp 222 des Unfalls unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit 125 und/oder der Clipping-Zeit des den Sensorwert 130 repräsentierenden Sensorsignals 215 und/oder des die Kraftradgeschwindigkeit 125 repräsentierenden Geschwindigkeitssignals 217 zu bestimmen. Die Bestimmeinrichtung 210 ist gemäß diesem Ausführungsbeispiel dazu ausgebildet, um die Unfallschwere und/oder den Unfalltyp 222 des Unfalls unter Verwendung einer von der Anpassungseinrichtung 205 angepassten Clipping-Zeit 225 des Sensorsignals 215 und/oder Geschwindigkeitssignals 217 zu bestimmen. Die Ausgabeeinrichtung 200 ist gemäß diesem Ausführungsbeispiel dazu ausgebildet, um das Notsignal 150 auszugeben, welches ferner die bestimmte Unfallschwere und/oder den Unfalltyp 222 anzeigt.
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Die hier vorgestellte Vorrichtung 105 ermöglicht vorteilhafterweise eine Unfallerkennung für motorisierte Zweiräder mit geschwindigkeitsabhängiger Unfallklassifikation. Fehlauslösungen eines mit der Vorrichtung 105 gekoppelten Sicherheitssystems des Kraftrads können trotz der sehr komplexeren Fahr- und Unfall-Dynamik im Zweirad-Bereich dank der hier vorgestellten Vorrichtung 105 vorteilhafterweise vermieden oder zumindest reduziert werden, z. B. wenn das Kraftrad beim Rangieren in einer Garage eine Wand touchiert oder harmlos aus dem Stand umfällt. Ferner kann dank der Vorrichtung 105 auch bei großen Schräglagen und/der Nickwinkeln des Kraftrads noch eine stabile Fahrt beispielsweise während der Ausübung von Wheelies und Stoppies erkannt werden.
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Die hier vorgestellte Vorrichtung 105 ist dazu ausgebildet, um als die Sensorwerte 130 Werte von Sensoren einzulesen, deren Wertebereiche für eine Fahrdynamik-Sensierung ausgelegt sind. Diese Sensoren sind bei Motorrädern mit Kurven-ABS/-Traktionskontrolle bereits verbaut. Bei der Vorrichtung 105 wird eine Fahrzeuggeschwindigkeit in Form der Kraftradgeschwindigkeit 125 hinzugezogen, da Schwellwerte von Beschleunigungen und Zeitintervalle deren Überschreitung mitunter schwer allgemeingültig festlegbar sind, insbesondere wenn Fehlauslösungen vermieden werden sollen.
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Die Schwellwerte und die Zeitdauer deren Überschreitung von mit Inertial-Sensoren erfassten Beschleunigungen zur Motorrad-Unfallerkennung werden daher von der Vorrichtung 105 dynamisch an die aktuelle Fahrzeuggeschwindigkeit angepasst. Die Unfall-Erkennung wird so präziser, gemäß einem Ausführungsbeispiel wird ferner der Unfalltyp und/oder die Unfallschwere 222 abgeschätzt. Die Berücksichtigung der Kraftradgeschwindigkeit 125 ermöglicht eine sicherere Erkennung und auch Differenzierung diverser Unfallszenarien, die in unterschiedlichen Geschwindigkeitsbereichen typischerweise unterschiedliche Beschleunigungs-Schwellwerte über unterschiedliche Zeiträume überschreiten. Die geschwindigkeitsabhängige Betrachtung ermöglicht auch zumindest eine grobe Abschätzung der Unfallschwere bzw. des Unfalltyps.
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Das Kraftrad 100 in Form eines Motorrads ist gemäß diesem Ausführungsbeispiel mit einer Sensorik ausgestattet, welche die Verfügbarkeit von unter anderem Radgeschwindigkeiten und Beschleunigungen aller RaumRichtungen des Motorrads ermöglicht. Die verwendeten Sensoren sensieren gemäß einem Ausführungsbeispiel Wertebereiche für Fahrdynamikanwendungen, welche wesentlich kleinere Wertebereiche als bei speziellen Crash-Sensoren sind. Dementsprechend früh geraten diese Sensoren während eines Unfallgeschehens ins Clipping und verbleiben dort für signifikante Zeiträume. Gerade die Beobachtung der Clipping-Zeiten dieser Fahrdynamiksensoren wird nun von der Vorrichtung 105 zur Unfallerkennung genutzt. Untersuchungen von Sensordaten bei Crash-Tests und Realunfällen zeigten folgendes Verhalten:
- • Es gibt eine starke Korrelation zwischen Unfallschwere und Clipping-Zeiten, insbesondere steigt in der Regel die Clipping-Zeit mit der Relativgeschwindigkeit der kollidierenden Fahrzeuge. Allerdings steigen die Clipping-Zeiten auch bei bestimmten Misuse-Fällen ohne Folgeunfall mit der Geschwindigkeit. Daher werden die Clipping-Zeiten gemäß diesem Ausführungsbeispiel von der Anpassungseinrichtung 205 sorgfältig für verschiedene Geschwindigkeitsbereiche für die dort typischen Werte für Unfälle und Anregungen durch Misuse-Fälle, z. B. Offroad-Fahrten, Überfahren von Gegenständen, Sprünge, angepasst.
- • Es liegen jedoch auch Messdaten vor, bei denen z. B. harmloses Touchieren von Garagenwänden beim Rangieren im Schrittgeschwindigkeitsbereich unter Umständen längere Clipping-Zeiten aufweisen, als bei Unfällen, bei langsamer Normal-Fahrt.
- • Bei Fahrzeugstillstand ist meist gewünscht, dass Anregungen der Sensoren durch einen harmlosen Umfaller, z. B. beim Stehen an der Ampel oder Tankstelle, keinen automatischen Notruf auslösen. Es reicht jedoch nicht aus, bei Fahrzeugstillstand die Unfallerkennung gänzlich abzuschalten, da z. B. beim Stehen an der Ampel das Motorrad von anderen Fahrzeugen umgefahren werden kann, was wiederum ein potentiell sehr schwerwiegendes Unfallszenario darstellt.
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Um bei den genannten Szenarien jeweils geschwindigkeitsabhängig geeignete Schwellwerte und Clipping-Zeiten zu verwenden, werden neben den Sensorwerten 130 in Form von Inertialsensor-Signalen auch die Kraftradgeschwindigkeiten 125 in Form von Raddrehzahlen ausgewertet. Geeignete Raddrehzahlsensoren stehen an allen mit ABS ausgerüsteten Motorrädern (Pflicht seit 2016) zur Verfügung. Da bei Kollisionen einzelne Räder abrupt blockieren können, werden gemäß einem Ausführungsbeispiel für eine brauchbare Geschwindigkeitsklassifikation die Raddrehzahlen beider Räder betrachtet und/oder gemäß einem Ausführungsbeispiel z. B. mittels eines Ringspeichers die Raddrehzahlen kurz vor dem Erreichen auffälliger Werte der Inertialsensor-Signale zur Bewertung herangezogen, unter Berücksichtigung spezieller Fahrzustände mit großem Radschlupf einzelner Räder durch starkes Beschleunigen oder Bremsen; entsprechende Bewertungen sind in einem Algorithmus bereits implementiert. Die Signale der Raddrehzahl-Sensoren und des Inertialsensors werden in der Vorrichtung 105, die ein Steuergerät sein kann, ausgewertet. Bei Erkennen der oben genannten Situationen durch einen entsprechenden Algorithmus wird von diesem Steuergerät eine geeignete Kommunikationseinheit getriggert, die automatisch einen Notruf absetzt. Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird so auch wie oben beschrieben das gemäß den beschriebenen Kriterien vermutete Unfallszenario kommuniziert, um die folgende Rettungskette auf die Unfallschwere vorzubereiten.
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3 zeigt ein Ablaufdiagramm eines Verfahrens 300 zum Detektieren eines Unfalls eines Kraftrads gemäß einem Ausführungsbeispiel. Dabei kann es sich um ein Verfahren 300 handeln, das von einer der anhand der vorangegangenen Figuren beschriebenen Vorrichtungen ausführbar oder ansteuerbar ist.
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Das Verfahren 300 weist einen Schritt 305 des Einlesens, einen Schritt 310 des Auswählens und einen Schritt 310 des Erkennens auf. Im Schritt 305 des Einlesens wird eine erfasste Kraftradgeschwindigkeit des Kraftrads eingelesen. Im Schritt 310 des Auswählens wird ein Schwellenwert für zumindest einen sensierten Sensorwert eines Sensors des Kraftrads unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit ausgewählt. Im Schritt 310 des Erkennens wird der Unfall des Kraftrads erkannt, wenn der sensierte Sensorwert den im Schritt des Auswählens ausgewählten Schwellenwert erreicht oder überschreitet.
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Das Verfahren 300 weist gemäß diesem Ausführungsbeispiel ferner einen Schritt 320 des Anpassens, einen Schritt 325 des Bestimmens und/oder einen Schritt 330 des Ausgebens auf.
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Im Schritt 320 des Anpassens wird eine Clipping-Zeit eines den Sensorwert repräsentierenden Sensorsignals und/oder eines die Kraftradgeschwindigkeit repräsentierenden Geschwindigkeitssignals unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit und/oder eines Misuse-Signals angepasst. Im Schritt 325 des Bestimmens wird eine Unfallschwere und/oder ein Unfalltyp des Unfalls unter Verwendung der Kraftradgeschwindigkeit und/oder einer Clipping-Zeit eines den Sensorwert repräsentierenden Sensorsignals und/oder eines die Kraftradgeschwindigkeit repräsentierenden Geschwindigkeitssignals bestimmt. Im Schritt 330 des Ausgebens wird ein Notsignal ausgegeben, wenn der Unfall erkannt wurde.
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Die hier vorgestellten Verfahrensschritte können wiederholt sowie in einer anderen als in der beschriebenen Reihenfolge ausgeführt werden.
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Umfasst ein Ausführungsbeispiel eine „und/oder“-Verknüpfung zwischen einem ersten Merkmal und einem zweiten Merkmal, so ist dies so zu lesen, dass das Ausführungsbeispiel gemäß einer Ausführungsform sowohl das erste Merkmal als auch das zweite Merkmal und gemäß einer weiteren Ausführungsform entweder nur das erste Merkmal oder nur das zweite Merkmal aufweist.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102017205063 A1 [0002]