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Technisches Gebiet
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Die Erfindung bezieht sich auf ein Reanimationsphantom zum praktischen Training von Wiederbelebungsmaßnahmen, mit einem den menschlichen Rumpf nachbildenden Phantomkörper, in dem ein Fluidleitungssystem angeordnet ist, das den menschlichen Blutkreislauf schematisiert nachbildet und arterielle sowie venöse, dem menschlichen Abdomen und Leistenbereich zuordenbare Fluidleitungsabschnitte umfasst, die mit einer Pumpe fluidisch verbunden sind. Zudem weist das Reanimationsphantom einen den menschlichen Kopf nachbildenden Phantomkopf auf, der am Phantomkörper angebracht ist, mit einer mundartig ausgebildeten Öffnung, die mit wenigstens einem die menschliche Lunge nachbildenden Beutel fluidisch verbunden ist, der im Brustbereich, des zumindest in diesem Bereich elastisch verformbar ausgebildeten Phantomkörpers angeordnet ist.
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Im Bereich der Reanimation haben die Ergebnisse der letzten Jahre gezeigt, dass die Reduktion der Zeitdauer unter Herz- und Kreislaufstillstand, d.h. No-Flow-Time, einen erheblichen Einfluss auf das Überleben und den neurologischen Therapieerfolg (Outcome) von Reanimationspatienten hat. Ein Minimum an No-Flow-Time kann nur dadurch erreicht werden, dass jeder der an Reanimationsmaßnahmen beteiligt ist, seine Rolle perfekt beherrscht und die Abläufe mit den Maßnahmen anderer Teammitglieder abgestimmt sind. Dies kann nur durch entsprechendes Training erfolgen. Mit der Erwähnung der extrakorporalen kardio-pulmonalen Reanimation in den aktuellen Leitlinien, erhält ein hochinvasives Verfahren Einzug in den erweiterten Reanimations-Algorithmus. Die Integration der Kanülierung während qualitativ hochwertiger konventioneller Reanimation mit minimaler No-flow-Time und der parallelen Durchführung aller erweiterten Reanimationsmaßnahmen stellt ganz neue Ansprüche an das Teamtraining und die damit verbundene Simulation. Ein Trainingsphantom soll die Möglichkeit zum Üben der Kanülierung als „Single Task“-Training beinhalten, aber auch die Abbildung der hochkomplexen Gesamtsituation erlauben.
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Stand der Technik
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Bekannte Reanimationsphantome ermöglichen entweder das Üben der Reanimation, bspw. inklusive Intubation, Thoraxkompression, Legen von intravenösen Zugängen, Simulation der Defibrillation, etc., oder das Üben der reinen Kanülierung mit anschließendem Anschluss einer Pumpe an ein geschlossenes System.
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Bekannte Reanimationsphantome zum Üben der reinen Reanimation sind bspw. in den Druckschriften
EP 1 623 403 B1 ,
EP 2 430 628 B1 oder in
WO 1994/05000 A1 beschrieben und weisen typischerweise eine puppenhafte Nachbildung des menschlichen Oberkörpers mit Kopf auf, über dessen Mund- und Nasenöffnungen die künstliche Beatmung in kontinuierlichem Wechsel mit der Herzdruckmassage vorgenommen werden kann. Diese dem menschlichen Körper schematisiert nachgebildeten Modellpuppen sind derart konzipiert, so dass sie der jeweils an der Modellpuppe übenden Person einen möglichst realitätsnahen haptischen Eindruck bei der Durchführung der künstlichen Beatmung sowie der Herzdruckmassage zu vermitteln vermögen.
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Die Druckschrift
EP 1 230 634 B1 beschreibt eine Vorrichtung zur Simulation von Mund-zu-Mund-Beatmung und Herzdruckmassage, an der zusätzlich der Vorgang der Defibrillation geübt werden kann. Die puppenhafte Nachbildung des menschlichen Oberkörper- und Kopfbereiches weist hierzu an der nachgiebig ausgebildeten Brustplatte angebrachte Elektroden auf.
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Ein bekanntes Reanimationsphantom zum Üben der Kanülierung ist der Druckschrift
WO 2017/127724 A1 zu entnehmen und weist eine menschliche Körperattrappe auf, die den Oberkörper- und Leistenbereich umfasst. Innerhalb der vorwiegend aus Silikon bestehenden Körperattrappe sind den menschlichen arteriellen sowie auch venösen Blutkreislauf stark schematisiert nachbildende Fluidleitungen verlegt, die über einen Leistenabschnitt pumpengetrieben mit einem extrakorporalen Flüssigkeitsreservoir verbunden sind. Zum Zwecke der Punktion und Kanülierung sind im Brust-, Nacken- und dem rechten Leistenbereich sog. Kanülierungsfenster vorgesehen, unter denen die arteriellen sowie auch venösen Fluidleitungsabschnitte angeordnet sind. Mit der bekannten Simulationsvorrichtung kann die Punktion und das Einführen medizinischer Instrumente in das Fluidleitungssystem geübt und die sich durch die Kanülierung ergebenden Strömungsänderungen innerhalb des Fluidleitungssystems erkannt und überwacht werden.
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Ein weiteres Reanimationsphantom mit einer mechanischen Fluidpumpe sowie einem mit dieser fluidisch verbundenen Fluidleitungssystem, das über venöse sowie auch arterielle Fluidleitungsabschnitte verfügt, ist in der Druckschrift
US 2015/0279237 A1 beschrieben. Der Aufbau des bekannten Pumpenmechanismus umfasst jeweils ein Mitralventil sowie ein Aortenventil.
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Die Druckschrift
US 2008/0131855 A1 offenbart ein komplexes Phantom, das in erster Linie dazu dient den Geburtsvorgang zu trainieren und hierzu über Sensoren und RFID-Chips verfügt, um therapierelevante feedback-Signale zu erzeugen.
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Die Druckschrift
US 2017/0076635 A1 beschreibt ein Trainingsphantom in Form einer menschlichen Extremität. Ein das menschliche Gefäßsystem innerhalb des Trainingsphantoms nachbildendes Fluidleitungssystem wird pumpengetrieben von einer Flüssigkeit durchströmt und ist mittels Ultraschall sondierbar.
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Die Druckschrift
WO 2009/010898 A2 offenbart ein mittels Ultraschall durchschallbares sowie auch punktierbares Phantom, das in Konsistenz und strukturellem Aufbau den menschlichen Hautschichten nachgebildet ist.
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Die Druckschrift
DE 10 2018 118 918 B3 offenbart ein System und Verfahren zur Validierung und zum Training invasiver Eingriffe an einem Körperteilphantom, das über eine den Eingriff wahrnehmbare Sensorik verfügt, deren Sensorsignale dem Betrieb einer Pumpeneinheit zugrunde gelegt werden, durch die der Strömungsfluss durch ein im Körperteilphantom verlegtes Fluidleitungssystem beeinflusst wird.
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Grundsätzlich eignen sich Trainingspuppen bzw. Reanimationsphantome der vorstehenden Art für das Einüben von Kanülierungen zum Zwecke einer fluidischen Verbindung zu einem extrakorporalen Fluidkreislauf, längs dem bspw. eine extrakorporale Membranoxygenierungsmaschine (ECMO) enthalten sein kann. Derartige Reanimationsphantome sind in der Literatur sowie auch auf dem Markt als ECMO-Trainer bzw. ECMO-Reanimationspuppen bekannt.
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Ein System zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation entspricht einer Vorrichtung zur Behandlung eines Individuums mit Herz- oder Kreislaufstillstand oder mit Schlaganfall, wie sie in der Druckschrift
EP 2 488 231 B1 beschrieben ist.
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Darstellung der Erfindung
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Reanimationsphantom zum praktischen Training von Wiederbelebungsmaßnahmen, mit einem den menschlichen Rumpf nachbildenden Phantomkörper, in dem ein erstes Fluidleitungssystem angeordnet ist, das den menschlichen Blutkreislauf schematisiert nachbildet und arterielle sowie venöse, dem menschlichen Abdomen und Leistenbereich zuordenbare Fluidleitungsabschnitte umfasst, die mit einer Pumpe fluidisch verbunden sind, derart weiterzubilden, dass eine durchgängige Simulation sämtlicher Reanimationsszenarien an einem einzigen Reanimationsphantom durchgeführt werden sollen. Die möglichen Reanimationsszenarien sollen dabei folgende Maßnahmen umfassen: Basic Life Support (BLS), umfassend Maßnahmen der Reanimation, wie bspw. Mund-zu-Mund-Beatmung bzw. Mund-zu-Nase-Beatmung sowie Herzdruckmassage, professionelle kardiopulmonale Reanimation (CPR) unter Einsatz mechanischer Reanimationshilfen, bspw. in Form mechanischer Systeme zur Ausübung einer Thoraxkompression, extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (eCPR), umfassend die Implantation eines extrakorporalen Unterstützungssystems.
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Die neuartige Reanimationspuppe soll ein Simulationstraining für alle an den Wiederbelebungsmaßnahmen teilhabenden Personen ermöglichen, d. h. Laien, Not-Ärzte, Kardiotechniker, Rettungsdienst- und weiteres medizinisches Fachpersonal.
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Die Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden Aufgabe ist im Anspruch 1 angegeben. Gegenstand der Ansprüche 19 und 20 ist jeweils ein System zum praktischen Trainieren von Wiederbelebungsmaßnahmen mit einem lösungsgemäßen Reanimationsphantom. Den Erfindungsgedanken in vorteilhafter Weise weiterbildende Merkmale sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der weiteren Beschreibung insbesondere unter Bezugnahme auf die Ausführungsbeispiele zu entnehmen.
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Das lösungsgemäße Reanimationsphantom nach den Merkmalen des Oberbegriffes des Anspruches 1 zeichnet sich dadurch aus, dass im Bereich des menschlichen Oberbauches sowie im Bereich der menschlichen rechten und/oder linken Leistengegend der Phantomkörper jeweils eine Öffnung vorsieht, unter denen jeweils wenigstens der arterielle oder venöse Fluidleitungsabschnitt des ersten Fluidleitungssystems abschnittsweise verläuft und in denen jeweils ein physisch schallbarer und punktierbarer Körper angeordnet bzw. eingesetzt ist. Zudem sind das erste Fluidleitungssystem sowie die Pumpe mit einem zweiten Fluidleitungssystem fluidisch verbunden, längs dem wenigstens eine fluidische Schnittstelle angeordnet ist, an die eine fluidische Steuer- und/oder Regeleinheit zur Vorgabe und/oder Variation eines absoluten und/oder pulsatilen Fluidströmungsdruckes innerhalb des ersten Fluidleitungssystems anschließbar ist.
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Der am Phantomkörper fest oder abnehmbar fest angebrachte Phantomkopf dient mit der dort vorgesehenen mundartig ausgebildete Öffnung sowie optional zusätzlich vorgesehenen Nasenlochöffnungen zum Einüben einer Mund-zu-Mund-Beatmung bzw. Mund-zu-Nasen-Beatmung bzw. Masken-Beutel-Beatmung über eine Gesichtsmaske, die sich durch eine möglichst realistische Haptik im Hinblick auf den Beatmungswiderstand bei der Inspiration sowie der Rückstellkraft, die bei der Exspiration zum Tragen kommt, auszeichnet. Hierzu ist zumindest die mundartig ausgebildet Öffnung mit wenigstens einem die menschliche Lunge nachbildenden Beutel über wenigstens einen luftführenden Kanal verbunden. Zudem wird der durch die Beatmung erzeug- und erfahrbare Fülldruck des sich in den Bereich des Sternums innerhalb des Phantomkörpers, d. h. des Thoraxraumes, erstreckenden Beutels, der über den wenigstens einen luftführenden Kanal mit der mundartig ausgebildeten Öffnung sowie optional den Nasenlochöffnungen fluidisch verbunden ist, durch das innerhalb des Phantomkörpers vorhandene begrenzte Volumen mitbestimmt.
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Die Nachbildung der mundartigen Öffnung und des luftführenden Kanals sind innerhalb des Phantomkopfes derart gestaltet, dass sie die oberen Atemwege bis unterhalb des Kehlkopfs anatomisch nachbilden, um so ein Einüben der Einführung von Atemwegshilfen, d.h. von verschiedenartigen Beatmungsschläuchen in den Rachen (Larynxmaske LM, Larynxtubus LT) oder über den Kehlkopf in die Luftröhre (Endotrachealtubus, ETT) jeweils ohne (LM, LT) oder mit (ETT) zusätzlichen Instrumenten (Laryngoskop), möglichst realitätsnah zu ermöglichen. Zu Zwecken einer Erfolgskontrolle können die Atemgeräusche über ein Stethoskop abgehört werden. Dieser Teilaufgabenabschnitt der Notfallversorgung, welcher über eine Mund-zu-Mund- oder Mund-zu-Nase-Beatmung oder die Beatmung mit aufgesetzter Gesichtsmaske und Beutel („Beutel-Masken-Beatmung“) hinausgeht, wird gemeinhin als erweitertes Atemwegsmanagement bezeichnet.
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Bei Fehlen eines erweiterten Atemwegsmanagements ist überdies für eine technisch korrekte und erfolgreiche Durchführung einer Mund-zu-Mund-Beatmung bzw. Mund-zu-Nasen-Beatmung bzw. Masken-Beutel-Beatmung eine korrekte Kopf- und Halsposition notwendig, d.h. der Unterkiefer ist vorzuziehen (Unterkieferprotrusion) und der Kopf/Hals zu überstrecken (Reklination). Ein Fehlen dieser Maßnahmen kann eine erfolgreiche Beatmung unmöglich machen. Diese Bedingung ist im Phantomkopf über einen Blockademechanismus gelöst, der bei fehlender Reklination/ Unterkieferprotrusion den luftführenden Schlauch komprimiert.
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In einer bevorzugten Ausführungsform ist das Pumpensystem als eine auf der Höhe des Sternums innerhalb des Thoraxraumes des Phantomkörpers angebrachte mechanische Pumpe derart ausgebildet und angeordnet, so dass sie durch uniaxiale stoßartige Druckeinwirkung, bedingt durch eine vertikal von oben nach unten auf das Sternum eines rücklings horizontal liegenden Reanimationsphantoms gerichtete Kraft betätigbar ist und dabei einen haptisch erfahrbaren mechanischen Widerstand leistet, der weitgehend der Situation einer an einem Menschen durchführbaren Herzdruckmassage entspricht.
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Somit umfasst das lösungsgemäße Reanimationsphantom sämtliche Einrichtungen zur Durchführung einer simulierten Beatmung sowie Herzdruckmassage.
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Die vorzugsweise manuell betätigbare, mechanische Pumpe vermag in Abhängigkeit ihrer Betätigung innerhalb des ersten Fluidleitungssystems einen gerichteten pulsatilen Systemfluss zu etablieren, der bei Nichtbetätigung der mechanischen Pumpe zum Erliegen kommt. Die mechanischen Eigenschaften der Pumpe, wie bspw. Kompressionstiefe, Druckpunkt, selbständig, entlastende Rückführung der Pumpe in den Ausgangszustand sowie auch die Bedienung der mechanischen Pumpe, d. h. der Frequenz der manuell auf die Pumpe einwirkenden Kompressionskraft, nehmen entscheidenden Einfluss auf den innerhalb des ersten Fluidleitungssystem generierten Systemfluss.
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Alternativ zur Verwendung einer mechanischen Pumpe sieht eine weitere Ausführungsform des Reanimationsphantoms wenigstens eine motorisch, vorzugsweise elektromotorisch, angetriebene Pumpe vor, deren Ansteuerung bzw. Aktivierung in Abhängigkeit einer durch die manuelle Herzdruckmassage hervorgerufenen elastischen Verformung des Brustbereiches bzw. Thoraxraumes des Phantomkörpers erfolgt. In diesem Fall dient wenigstens ein in oder am Phantomkörper angebrachter Sensor zur Erfassung der elastischen Verformung des Brustbereiches des Phantomkörpers. Das vom Sensor erzeugte Sensorsignal wird der Ansteuerung der wenigstens einen motorisch angetriebenen Pumpe zugrunde gelegt, um auf diese Weise innerhalb des ersten Fluidleitungssystems eine Fluidströmung bzw. ein Fluidströmungsmuster einzuprägen, die bzw. das mit der elastischen Verformung des Brustbereiches des Phantomkörpers korrespondiert. Hierzu ist der wenigstens eine Sensor mit einer Steuer- und/oder Regeleinheit verbunden, die das vom Sensor herrührende Sensorsignal der Generations eines Steuersignales zugrunde legt, das der Ansteuerung der wenigstens einen motorisch angetriebenen Pumpe dient.
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Der mit Hilfe der manuell betätigbaren oder motorisch angetriebenen Pumpe innerhalb der arteriellen sowie venösen Fluidleitungsabschnitte des ersten Fluidleitungssystems initiierbare Systemfluss lässt sich überdies mit Hilfe eines externen mobilen Ultraschallgerätes detektieren und durch entsprechende bildgebende Verfahren für die jeweils an oder mit dem Reanimationsphantom trainierenden Personen sichtbar und erlebbar machen.
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Das Reanimationsphantom sieht zum Zwecke einer möglichst verlustfreien Ultraschallwellenkopplung an die arteriellen sowie venösen Fluidleitungsabschnitte des ersten Fluidleitungssystems im Bereich des menschlichen Oberbauches sowie im Bereich der menschlichen rechten und/oder linken Leistengegend Öffnungen vor, die jeweils mit einem physikalisch durchschallbaren Körper, bestehend vorzugsweise aus medizinischem synthetischen Gel, bedeckt bzw. gefüllt sind. Grundsätzlich eignen sich auch alternative Materialien zur Abdeckung bzw. Füllung der im Phantomkörper vorgesehenen Öffnungen, wie bspw. ballistische Gelatine oder ähnliches, die physisch durchschallbare Eigenschaften aufweisen. Ferner ist es überdies möglich, den vermittels der Pumpe innerhalb des ersten Fluidleitungssystems etabliertem pulsatilen Systemfluss haptisch anhand der taktil wahrnehmbaren Druckwellen über das medizinisch synthetische Gel bzw. ähnlich elastisches Material wahrzunehmen.
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Die durschallbaren und punktierbaren Körper sind vorzugsweise intransparent, so dass sie die innerhalb des Phantomkörpers verlaufenden Fluidleitungsabschnitte für am Reanimationsphantom übende Personen unsichtbar abdecken.
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Der Vorgang der Punktion sowie auch der nachfolgenden Kanülierung werden vorzugsweise ultraschallunterstützt durchgeführt, so dass die jeweilige Person den Umgang sowohl mit einem Punktions- bzw. Kanülierungsinstrument als auch mit einem Ultraschallkopf zur visuellen Darstellung des Injektions- bzw. Kanülierungsvorganges anhand eines Ultraschallbildes einüben kann. Das Reanimationsphantom bietet hierzu die Möglichkeit, die Punktion und Kanülierung an wenigstens zwei unterschiedlichen Bereichen des Phantomkörpers durchzuführen, um auf diese Weise unterschiedliche Punktionssituationen sowie gegebenenfalls auch deren unmittelbare Auswirkung auf den Systemfluss erfahrbar zu machen. So lassen sich neben möglichst realitätsnahen Kanülierungserlebnissen insbesondere qualitative Aspekte der Reanimation und vor allem deren Interaktionen und Abhängigkeiten, wie bspw. die vorstehend bereits erwähnte Kompressionstiefe, Druckpunkt, Frequenz der Kompression, die alle einen entscheidenden Einfluss auf den Systemfluss haben, besser abbilden.
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Die Verwendung eines mobilen Ultraschallgerätes, dessen Ultraschallkopf jeweils im Bereich der Öffnungen auf die Oberfläche eines der durchschallbaren Körper aufgesetzt wird, erzeugt Ultraschallschnittbilder von den jeweils unmittelbar unter oder in dem durchschallbaren Körper verlaufenden Fluidleitungsabschnitten, die es zu punktieren gilt.
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In einem erweiterten Ausführungsbeispiel ist im Bereich wenigstens einer der Öffnungen eine elektrisch, magnetisch oder elektromagnetisch detektierbare Einheit innerhalb des Phantomkörpers angeordnet, vorzugsweise in Form eines RFID-Chips, um einerseits auf die Notwendigkeit eines echten Ultraschallgerätes verzichten zu können (der Punktionsvorgang wird in einem solchen Fall, getriggert durch die detektierbare Einheit, auf einem Ultraschall-Simulationsgerät virtuell dargestellt), und andererseits die Darstellung und Erfahrbarkeit weiterer intrakorporaler Bereiche des Reanimationsphantoms virtuell generieren und visuell darstellen zu können. Insbesondere durch Nutzung der RFID-Technik können Herzbefunde, reversible Ursachen eines Herz-Kreislauf-Zustandes, Punktionsnadel- und/oder Kanülenfehllagen, Therapiesteuerungen etc. simuliert werden. So lässt sich mit Hilfe einer extern handhabbaren RFID-Antenne, die manuell im Bereich der Öffnungen oder anderer Körperregionen („Regions of interest“) über das Reanimationsphantom geführt wird, die als RFID-Chip ausgebildete detektierbare Einheit erfassen, von der beliebig bevorratete bzw. programmierbare Informationen abrufbar sind, und der betreffenden Person in geeigneter Weise visuell zur Darstellung gebracht werden können, beziehungsweise die eine solche visuelle Darstellung auf einem geeigneten Anzeigegerät triggern.
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Durch Vorsehen des zum ersten Fluidleitungssystem parallel geschalteten zweiten Fluidleitungssystems, das über die erste fluidische Schnittstelle, die längs des ersten Fluidleitungssystems eingebracht ist, mit dem steuer- bzw. regelbaren fluidischen Systems bspw. zur Simulation eines Patienten verbindbar oder verbunden ist, können zum einen verschiedene variable Drücke im gesamten Fluidleitungssystem, so insbesondere des ersten Fluidleitungssystem, längs dem die Punktierungs- und Kanülierungsbereiche enthalten sind, vorgegeben werden, zum anderen können realitätsnahe Reanimationsszenarien generiert und simuliert werden, die über den Zeitpunkt der Kanülierung hinausreichen. Durch Zuschalten der fluidischen Steuer- und/oder Regeleinheit, über die der absolute und/oder pulsatile Fluidströmungsdruck innerhalb des ersten Fluidleitungssystems individuell vorgegeben werden kann, können gezielte medizinische Szenarien simuliert werden, die während einer Reanimation auftreten können. Insbesondere frühere Perfusionsphasen sowie auch primär kardiotechnisch problematisch handzuhabende Fallkonstellationen in der Handhabung der extrakorporalen Zirkulation, wie bspw. das Ansaugen der venösen Kanüle oder Auftreten einer Vasoplegie, können auf diese Weise simuliert und eingeübt werden.
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Vor allem aber ermöglicht das lösungsgemäß ausgebildete Reanimationsphantom das Einüben der Durchführung einer extrakorporalen kardiopulmonalen Widerbelebung, kurz eCPR, die gemäß den Leitlinien aus dem Jahre 2015 dann zu berücksichtigen sind, wenn primäre Reanimationsbemühungen gescheitert sind oder spezielle Interventionen zur Behebung reversibler Ursachen notwendig sind.
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Über die längs des ersten Fluidleitungssystems vorgesehenen Punktierungs- und Kanülierungsbereiche, die durch die physisch schallbaren und punktierbaren Körper vorgegeben sind, ist durch entsprechende Kanülierung ein extrakorporales Zirkulationssystem, vorzugsweise in Form eines kardiopulmonalen Reanimationssystems mit dem Fluidleitungssystem des Reanimationsphantoms verbindbar, dessen Umgang und fluiddynamisches Verhalten in Kombination mit dem Reanimationsphantom trainiert werden kann. Insbesondere die Möglichkeit der Einflussnahme der an dem ebenfalls mit dem ersten Fluidleitungssytem verbundenen fluidischen Regel- und oder Steuereinheit auf das absolute und pulsatile Druckverhalten innerhalb des ersten Fluidleitungssystem lässt eine Vielzahl von Trainingsszenarien zu, unter denen auch der Einsatz eines extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimationssystem eingeübt werden kann.
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Längs des ersten Fluidleitungssystem ist zudem eine zweite fluidische Schnittstelle vorgesehen, über die wenigstens eine fluidisch wirksame Komponente, bspw. eine Entgasungseinheit oder ein offenes Fluidreservoir anschließbar sind.
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Insbesondere lässt sich jedoch in Kombination mit oder anstelle einer Kanülierung, wie vorstehend erläutert, das extrakorporale kardiopulmonale Reanimationssystem über die zweite fluidische Schnittstelle an das erste Fluidleitungssystem anschließen, um den Trainingsumfang mit dem Reanimationsphantom zu erweitern. Die zweite fluidische Schnittstelle ist vorzugsweise derart ausgebildet, dass das extrakorporale kardiopulmonale Reanimationssystem über den arteriellen und venösen Schenkel an das erste Fluidleitungssystem anschließbar ist, um so eine Entnahme und Rückgabe des Fluids bzw. Blutes jeweils mit der richtige Strömungsrichtung realisieren zu können.
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Ein besonders bevorzugtes System zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation entspricht einer Vorrichtung zur Behandlung eines Individuums mit Herz- oder Kreislaufstillstand oder mit Schlaganfall, wie sie in der Druckschrift
EP 2 488 231 B1 beschrieben ist. Die bekannte Vorrichtung umfasst folgende Komponenten: ein an einem Individuum applizierbares Blutentnahmemittel, zur Entnahme zumindest eines Teils des Blutes aus dem Individuum; eine mittel- oder unmittelbar mit dem Blutentnahmemittel verbundene Analyseeinheit zur Erfassung und Bereitstellung wenigstens einer Eigenschaft des Blutes in Form eines Blutanalyseergebnis; eine Wirkeinheit, die mittel- oder unmittelbar mit einem am Individuum applizierbaren Rückführungsmittel verbunden ist und zur Abgabe einer Substanz über das Rückführungsmittel an das Individuum ausgebildet ist, wobei die Wirkeinheit wenigstens eine Reservoireinheit umfasst, die wenigstens zwei Substanzen bevorratet, wobei eine mit der Reservoireinheit kombinierte Dosiereinheit vorgesehen ist, die zumindest unter Berücksichtigung eines von der Analyseeinheit ermittelten Blutanalyseergebnisses aus den wenigstens zwei Substanzen wenigstens eine Substanz auswählt oder eine Mischung aus den wenigstens zwei der Substanzen anfertigt, wobei die wenigstens eine ausgewählte Substanz oder die Mischung mittel- oder unmittelbar über das Rückführungsmittel in das Individuum einbringbar ist. Das Blutentnahmemittel und das Rückführmittel sind dabei entweder per Kanülierung über die physisch schallbaren und punktierbaren Körper oder über die zweite fluidische Schnittstelle mit dem ersten Fluidleitungssystem fluiddicht verbunden bzw. verbindbar.
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Um die sich innerhalb des ersten Fluidleitungssystem während sämtlicher Trainingsszenarien ausbildenden Druck- und/oder Durchströmungsverhältnisse zu erfassen, bspw. um therapeutische Effekte darstellen und um mögliche therapeutische Korrekturmaßnahmen während der Übung vornehmen zu können, ist wenigstens ein Sensor zur Erfassung des innerhalb des ersten Fluidleitungssystems vorherrschenden Fluidströmungsdruckes und/oder der Fluidströmungsgeschwindigkeit vorgesehen, dessen Sensorsignale zur weiteren Regelung bzw. Steuerung der fluidischen Steuer- und/oder Regeleinheit zugeführt werden. In gleicher Weise werden auch die Sensorsignale des vorstehend erwähnten, optional vorgesehenen Sensors zur Erfassung der elastischen Verformung des Brustbereiches des Phantomkörpers der fluidischen Steuer- und/oder Regeleinheit zugeführt.
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In einer weiteren Ausführungsform zur Realisierung des Reanimationsphantoms ist die fluidische Steuer- und/oder Regeleinheit über einen fluidischen Kurzschlussmechanismus unter Umgehung des ersten Fluidleitungssystems mit dem dritten Fluidleitungssystem, d.h. mit dem System zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation, direkt verbindbar bzw. verbunden,
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Figurenliste
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Die Erfindung wird nachstehend ohne Beschränkung des allgemeinen Erfindungsgedankens anhand von Ausführungsbeispielen unter Bezugnahme auf die Zeichnungen exemplarisch beschrieben. Es zeigen:
- 1 Draufsicht auf ein lösungsgemäß ausgebildetes Reanimationsphantom,
- 2 Darstellung des ersten, zweiten und dritten Fluidleitungssystems mit mechanischer Pumpe,
- 3 Fluidkupplungen mit modular auswechselbaren Fluidleitungsabschnitt, und
- 4 Fluidkupplungen mit modular auswechselbaren Fluidleitungsabschnitt.
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Wege zur Ausführung der Erfindung, gewerbliche Verwendbarkeit
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1 zeigt eine Draufsicht auf ein lösungsgemäß ausgebildetes Reanimationsphantom 1, das einen den menschlichen Rumpf nachbildenden Phantomkörper 2 sowie einen daran unmittelbar anschließenden Leistenbereich 3, der jeweils einen linken und rechten oberen Oberschenkelbereich 3', 3" umfasst. Am Schulterbereich des Phantomkörpers 2 ist ein Phantomkopf 4 angebracht, der über eine mundartig ausgebildete Öffnung 5 sowie zwei Nasenlochöffnungen 6 verfügt, die mit der mundartig ausgebildeten Öffnung 5 fluidisch verbunden sind.
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Zum Zwecke der Durchführung einer möglichst realitätsnahen Mund-zu-Mund-Beatmung sind die mundartig ausgebildete Öffnung 5 sowie die Nasenlochöffnungen 6 über wenigstens einen im Inneren des Phantomkopfes 4 sowie Phantomkörper 2 verlaufenden Luftkanal mit einem die menschliche Lunge nachbildenden Beutel, der im Bereich des Sternums 7 angeordnet ist, fluidisch verbunden.
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Bevor auf die in 1 dargestellten, jeweils mit einem durchschallbaren sowie punktierbaren Körper 9, 10, 11 geschlossenen Öffnungen 12, 13, 14 innerhalb des Phantomkörpers 2 sowie der rechten und linken oberen Oberschenkelbereiche 3', 3" Bezug genommen wird, sei auf die Erläuterung des im Inneren des Reanimationsphantoms 1 angeordneten Fluidleitungssystems verwiesen, das in 2 illustriert ist.
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2 illustriert das innerhalb des Reanimationsphantoms angeordnete Fluidleitungssystem. Zentrale Komponente ist eine manuell betätigbare, mechanische Pumpe 15, die innerhalb des Phantomkörpers 2 im Bereich des menschlichen Sternums 7 angeordnet ist. Fluidisch mit der manuell betätigbaren Pumpe 15 ist ein erstes Fluidleitungssystem 16 verbunden, das in 2 strichliert umrahmt ist. Das erste Fluidleitungssystem 16 bildet den menschlichen Blutkreislauf schematisiert nach und setzt sich aus venösen 17 und arteriellen 18, dem menschlichen Abdomen zuordenbaren Fluidleitungsabschnitten sowie venöse 19 und arterielle 20 dem menschlichen Leistenbereich zuordenbare Fluidleitungsabschnitte zusammen. Zum Zwecke der Punktierung und Kanülierung sind im Bereich des Abdomens jeweils unterhalb der aus 1 entnehmbaren Öffnung 14 sowie im linken und rechten oberen Oberschenkelbereich 3', 3" jeweils unterhalb der in 1 dargestellten Öffnungen 12, 13 möglichst nach Maßgabe der menschlichen Anatomie im Hinblick auf Form, Größe und relative räumliche Anordnung arterielle und venöse Fluidleitungsabschnitte angeordnet. In 2 sind diese Bereiche durch die ebenfalls aus 1 entnehmbaren durchschallbaren und punktierbaren Körper 9, 10, 11 überdeckt.
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Bei Betätigung der Pumpe 15 wird längs des ersten Fluidleitungssystems 16 ein durch die aus 2 entnehmbaren Pfeile orientierter Strömungsfluss eingeprägt, der ausgehend von der Pumpe 15 zunächst die arteriellen Fluidabschnitte 18, 20 und nachfolgend die venösen Fluidabschnitte 19, 17 durchströmt.
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Im Bereich der venösen und arteriellen, dem Abdomen zuordenbaren Fluidleitungsabschnitte 17, 18 ist fluidisch ein zweites Fluidleitungssystem 21 fluidisch verbunden, das parallel zum ersten Fluidleitungssystem 16, ebenfalls gespeist und angetrieben durch die manuell betätigbare Pumpe 15 durchströmt wird. Längs des zweiten Fluidleitungssystems 21 ist eine fluidische Schnittstelle 22 eingebracht, an der ein extrakorporaler Fluidkreislauf 23 ankoppelbar ist. Längs des extrakorporalen Fluidkreislaufes 23 ist außerhalb des Reanimationsphantoms 1 wenigstens eine Komponente 24 der nachfolgenden Komponenten fluidisch ankoppelbar: Flüssigkeitsreservoir, fluidische Steuer- und/oder Regeleinheit zur Vorgabe, Beeinflussung und/oder Variation eines absoluten und/oder pulsatilen Fluidströmungsdruckes innerhalb des ersten Fluidleitungssystems, Entgasungseinheit, Patientensimulator.
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Das in 2 dargestellte zweite Fluidleitungssystem 21 ist in 1 durch die vom Reanimationsphantom 1 weg- bzw. zuführenden Leitungen 21' angedeutet.
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In Kenntnis des in 2 illustrierten ersten und zweiten Fluidleitungssystems 16, 21 sowie der mit diesem fluidisch verbundenen, manuell betätigbaren mechanischen Pumpe 15 lassen sich an dem in 1 gezeigten Reanimationsphantom 1 punktions- und Kanülierungsmaßnahmen in der folgenden Weise vornehmen:
- Die Öffnungen 12, 13 und 14 sind vollständig mit den aus nicht transparentem Material bestehenden durchschall- und punktierbaren Körpern 9, 10, 11 bedeckt. Somit ist eine möglichst realitätsnahe Situation geschaffen. Zur genauen Ortung der zu punktierenden, unmittelbar unterhalb der Körper 9 bis 11 befindlichen Fluidleitungsabschnitte eignet sich vorzugsweise ein übliches mobiles Ultraschallgerät. Da die durchschallbaren Körper 9, 10, 11 vorzugsweise aus einem medizinischen synthetischen Gel bestehen, werden hierdurch kaum Artefakte oder Störungen in der Ultraschallortung hervorgerufen. Die mit der Punktion sowie auch Kanülierung befasste Person kann grundsätzlich im Bereich der Öffnungen 12 und 13 jeweils eine ultraschalwellenüberwachte Gefäßpunktion sowie Lagekontrolle von Draht und Kanülen vornehmen. Typischerweise erfolgt im Bereich der Öffnung 14 keine Punktion, vielmehr wird hier mit Hilfe eines Ultraschallkopfes die Lagekontrolle eines Führungsdrahtes vorgenommen, der nach einer Punktion im Bereich der Öffnungen 12, 13 platziert und längs der Fluidleitungen vorgeschoben wird.
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Alternativ oder in Kombination mit der Durchführung einer ultraschallwellenüberwachten Punktion und Kanülierung kann im Bereich wenigstens einer der Öffnungen 12, 13, 14 ein RFID-Chip angeordnet sein, der von einem simulierten Schallkopf mit RFID-Antenne detektierbar ist. Anstelle eines Live-Bildes des jeweils von einem realen Ultraschallkopf erfassten Körperbereiches, kann mit Hilfe der RFID-Technik ein Ultraschallgerät simuliert werden und in Verbindung mit auf einem Datenträger bevorrateten Schnittbildern auf einem entsprechenden Sichtgerät zur visuellen Darstellung gebracht werden. Darüber hinaus können weitere RFID-Chips innerhalb des Phantomkörpers an geeigneten Stellen angebracht werden, wodurch eine Steigerung der Komplexität von medizinischen Übungsaufgabe, bspw. durch Hinzufügung komplexer Befundkonstellationen bzw. Pathologien möglich wird.
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Über wenigstens einen durchschallbaren und punktierbaren Körper
9,
10 im Leistenbereich des ersten Fluidleitungssystems
16 kann mittels fachgerechter Kanülierung ein System zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation
32, das über kanülenartig ausgebildete Blut- bzw. Fluidentnahme- und ein Rückführmittel
37 verfügt, an das erste Fluidleitungssystem angeschlossen werden, um ein Einüben sämtlicher Maßnahmen bis hin durch erfolgreichen Durchführung einer extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation am Reanimationsphantom vornehmen zu können. Das heißt das Einüben der gesamte Prozesskette ab dem Kollaps eines Patienten bis zur weiterführenden Behandlung in der Klinik, einschließlich der Simulation von Zwischenfällen, technischen Störungen und weiteren pathologischen Zuständen ist möglich. Dies beinhaltet auch die komplexe Interaktion zwischen einem an das ersten Fluidleitungssystem
16 angeschlossenen extrakorporalen Kreislaufsystem, vorzugsweise in Form einer Vorrichtung zur Behandlung eines Individuums mit Herz- oder Kreislaufstillstand oder mit Schlaganfall nach der Druckschrift
EP 2 488 231 B1 , sowie das Beherrschen der im ersten Fluidleitungssystem herrschenden Hydrodynamik, einschließlich der durch manuelle oder mechanische Thoraxkompression herbeigeführten Änderungen der Hydrodynamik sowie entsprechender trainingsbedingter Änderungen der Hydrodynamik mittels der über den zweiten Fluidleitungsabschnitt angeschlossenen fluidischen Steuer- und Regelungseinheit. Die über die erste Schnittstelle
22 angeschlossene fluidische Steuer- und Regeleinheit
24 vermag alle einflussbedingten Zustandsänderungen störungsfrei zu erkennen und die Simulation hinsichtlich der Beeinflussung von Druck- und Flussverhältnissen innerhalb des ersten Fluidleitungssystem entsprechend vorzugeben bzw. anzupassen. Mit Hilfe eines lösungsgemäß ausgebildeten Reanimationsphantoms lassen sich somit erstmalig gegenseitig beeinflussende Effekte wie Thoraxkompressionen und Maßnahmen zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation einüben.
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Zusätzlich zur Möglichkeit der Kanülierung und einer darauf beruhenden fluidischen Verbindung des Systems zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation 32 mit dem ersten Fluidleitungssystem 16 sieht das Reanimationsphantom im ersten Fluidleitungsabschnitt 16, vorzugsweise längs eines venösen Fluidleitungsabschnittes, eine zweite fluidische Schnittstelle 30 vor, an die ein drittes Fluidleitungssystem 31 anschließbar bzw. angeschlossen ist, das vorzugsweise das System zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation 32 umfasst. Alternativ zu oder in Kombination mit dem Systems zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation 32 lassen sich auch weitere fluidische Komponenten über die zweite fluidische Schnittstelle 30 mit dem ersten Fluidleitungssystem 16 verbinden, wie bspw. eine Entgasungseinheit oder ein druckloses Fluidreservoir
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Optional ist das dritte Fluidleitungssystem 31, das das System zur extrakorporalen kardiopulmonalen Reanimation 32 umfasst, über eine fluidische Kurzschlussleitung 33, längs der ein Kurzschlussmechanismus 34 mit Ventilen angeordnet ist, direkt, d.h. unter Umgehung der mit der Pumpe 15 verbundenen Fluidleitungsabschnitte, mit der fluidischen Steuerungs- und/oder Regeleinheit 24 verbunden.
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3 zeigt eine alternative Ausgestaltung eines innerhalb des Reanimationsphantoms angeordneten Fluidleitungssystems, das anstelle der mechanisch betätigbaren Pumpe 15 des in 2 gezeigten Ausführungsbeispiels ein motorisch angetriebenes Pumpensystem 15' aufweist. Die Ansteuerung bzw. der Betrieb des Pumpensystems 15' erfolgt auf Basis wenigstens eines Sensorsignals, das von einem Sensor 35 stammt, der die von einer am Reanimationsphantom durchgeführten Herzdruckmassage herrührende Thoraxkompression erfasst. Der Sensor 35 ist hierzu innerhalb oder am Reanimationsphantom im Brustbereich angebracht und mit der Steuer- und/oder Regeleinheit 24 und mit einer nicht dargestellten Motorsteuerung für das Pumpensystem 15' verbunden. Optional ist die Motorsteuerung Teil der fluidischen Steuer- und Regeleinheit 24.
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Das Pumpensystem 15' kann in Form einer Fluidpumpe oder vorzugsweise in Form zweier getrennter Fluidpumpen ausgebildet sein, von denen eine längs des venösen, vorzugsweise dem Abdomen zuordenbaren Fluidleitungsabschnittes 17 und die andere längs des arteriellen Fluidleitungsabschnittes 18 angeordnet sind. Die vom Sensor 35 registrierte Thoraxkompressionen der Torso-Nachbildung durch die Herzrythmusmassage werden in Echtzeit auf die Fluss- und Druckverhältnisse im ersten Fluidleitungssystem 16 durch eine entsprechende Ansteuerung des Pumpensystems 15' übertragen. Bei korrekter Thoraxkompression entsteht so ein gerichteter pulsatiler Fluss im ersten Fluidleitungssystem 16, dessen Pulsamplitude von der Drucktiefe und korrekter Relaxation, d.h. Nachlassen des Drucks auf den Torso, abhängig ist. Auf diese Weise werden ebenso die Kompressionsfrequenz und auch Druckpausen in Echtzeit abgebildet. Vorzugsweise ist wenigstens einen Sensor 36 zur Erfassung des innerhalb des ersten Fluidleitungssystems 16 vorherrschenden Fluidströmungsdruckes und/oder der Fluidströmungsgeschwindigkeit angeordnet, der mit der fluidischen Steuer- und/oder Regeleinheit 24 verbunden ist.
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Um die Aufbereitung des Reanimationsmodells 1 zwischen mehrfachen Anwendungen möglichst kurz und einfach zu gestalten, gilt es, die punktierten und damit undicht gewordenen Fluidleitungsabschnitte möglichst schnell und einfach zu ersetzen. 4 zeigt einen bevorzugten Aufbau für einen raschen modulartigen Austausch von punktierten Fluidleitungsabschnitten 25, 26, längs der ein durchschallbarer und punktierbarer Körper, vorzugsweise in Form eines medizinischen synthetischen Gel 9, 10 angeordnet ist. So lassen sich die punktierten Fluidleitungsabschnitte 25, 26 samt des Körpers bspw. 9, der die Fluidleitungsabschnitte matrixartig umgibt, über Kugelventil-Schnellkupplungen 27 vom übrigen Fluidleitungssystem abtrennen und durch neue Fluidleitungsabschnitte samt Körpers ersetzen.
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Ein derartiger modularer Aufbau begünstigt zudem das erneute Entlüften nach einem Austausch der Punktionsstelle und begrenzt bzw. reduziert das Verbrauchsmaterial im Gebrauch des lösungsgemäßen Reanimationsphantoms auf ein Minimum.
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Für eine benutzerfreundliche Handhabung sowie eine positionsfeste Arretierung der Schnellkupplungen 27 sowie auch eine damit verbundene ortsfest vorgegebene Positionierung der punktierbaren Fluidleitungsabschnitte 25, 26 sind die Schnellkupplungen 27 über entsprechende Halterungen 28 im Inneren des Phantom körpers 1 befestigt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform sieht das Reanimationsphantom zu Seiten der venösen Fluidleitungsabschnitte ein elastisches Fluidreservoir 29 vor, um ein Kollabieren dieser venösen Fluidleitungsabschnitte während der Nutzung einer Reanimationshilfe zu verhindern und zusätzlich die Simulation eines zentral venösen Druckes (ZVD) in Kombination mit einer innerhalb des zusätzlichen extrakorporalen Kreislaufes 23 integrierten fluidischen Komponente 24 zu realisieren. Zudem wird dieses Reservoir 29 genutzt, um automatisch Luftblasen aus dem Fluidsystem zu eliminieren.
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Insbesondere für den Betrieb eines extrakorporalen Systems zur Reanimation in Verbindung mit dem lösungsgemäßen Reanimationsphantom ist eine absolute Luftfreiheit im Fluidleitungssystem erforderlich. Zum einen kann auch durch geringe Mengen an Luft das extrakorporale Reanimationssystem beschädigt werden, zum anderen gehört das Eindringen von Luft in den künstlichen und in der Folge in den patienteneigenen Kreislauf zu jenen Zwischenfällen, die erkannt und eigens trainiert werden müssen.
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Zudem ist außerhalb von Trainingseinheiten das Fluidleitungssystem des Reanimationsphantoms aus hygienischen Gründen trocken zu legen. Zur Trainingsdurchführung muss das Fluidleitungssystem stets neu mit Flüssigkeit befüllt und sämtliche noch im Fluidleitungssystem befindliche Luft eliminiert werden. Dies geschieht im Wesentlichen durch das Befüllen mit Flüssigkeit. Dennoch verbleibende Restluft muss gesondert eliminiert werden, z.B. aktiv abgezogen werden.
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Hinzukommt, dass in den durchschallbaren und punktierbaren Körpern in den Leisten während und nach dem Punktionsvorgang längs der eingebrachten Instrumente, bspw. in Form von Nadeln, Schleusen, Drähten, Dilatatoren, Kanülen, sowie zwischen dem künstlichen Gefäßabschnitt und dem umgebenden durchschallbaren und punktierbaren gewebeartigen Material jeweils ein Leck gebildet wird, durch das Luft eintreten kann. Dies wird zudem begünstigt durch einen Sog auf der venösen Seite des ersten Fluidleitungsabschnitts.
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Im Fluidleitungssystem vorhandene Luft kann unter Zuhilfenahme der intelligenten fluidischen Steuer- und Regelungseinheit 24, entsprechender Sensorik, wie bspw. Luftblasendetektoren, sowie des Pumpensystems aus dem Fluidleitungssystem eliminiert werden. Durch gezielten, differenziellen Druckaufbau in verschiedenen Unterabschnitten des Fluidleitungssystem und passagere, d.h. vorübergehende Flussbeschleunigung („Boost“) können Luftblasen im Flüssigkeitsstrom gelenkt und gezielt in eine im Fluidleitungssystem integrierte Luftfalle transportiert werden, die nur einen Austritt, aber nicht einen Wiedereintritt von Luft ermöglicht.
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Zur Verhinderung eines Wiedereintritts von Luft wird über das Pumpensystem sowie die intelligente fluidische Steuer- und Regelungseinheit 24 auf der venösen (Niederdruck-) Seite ein leichter Überdruck erzeugt, der einen Lufteintritt verhindert.
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Zusätzlich wird der punktierbare Fluidleitungsabschnitt nach Punktion und Platzierung der venösen Kanüle durch einen fernbedienbaren Verschlussmechanismus um die Kanüle herum von außen abgedichtet.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Reanimationsphantom
- 2
- Phantomkörper
- 3
- Leistenbereich
- 3`
- rechter oberer Oberschenkelbereich
- 3"
- linker oberer Oberschenkelbereich
- 4
- Phantom kopf
- 5
- mundartig ausgestaltete Öffnung
- 6
- Nasenlochöffnung
- 7
- Sternum
- 8
- N.N.
- 9, 10, 11
- durchschallbarer und punktierbarer Körper
- 12, 13, 14
- Öffnung
- 15
- Pumpensystem, manuell betätigbare Pumpe
- 16
- erstes Fluidleitungssystem
- 17
- venöser, dem Abdomen zuordenbarer Fluidleitungsabschnitt
- 18
- arterieller, dem Abdomen zuordenbarer Fluidleitungsabschnitt
- 19
- venöser, dem Leistenbereich zuordenbarer Fluidleitungsabschnitt
- 20
- arterieller, dem Leistenbereich zuordenbarer Fluidleitungsabschnitt
- 21
- zweites Fluidleitungssystem
- 21'
- Zu-, Ab-Leitung
- 22
- erste fluidische Schnittstelle
- 23
- extrakorporaler Flüssigkeitskreislauf
- 24
- Komponente, fluidische Steuer- und/oder Regeleinheit
- 25, 26
- punktierbarer Fluidleitungsabschnitt
- 27
- Fluidkupplung, Schnellkupplung-Kugelkupplung
- 28
- mechanische Halterung
- 29
- elastisches Reservoir
- 30
- Zweite fluidische Schnittstelle
- 31
- drittes Fluidleitungssystem
- 32
- extrakorporales System zur Reanimation
- 33
- Kurzschlussleitung
- 34
- Kurzschlussmechanismus mit Ventilen
- 35
- Sensor
- 36
- Sensor
- 37
- Fluidentnahme- und Rückführmittel