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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Formteils zur Verwendung in einem Gießverfahren, ein Formteil, insbesondere einen Gusskern, sowie ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils.
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Es ist aus dem Stand der Technik bekannt, Formteile, wie Gusskerne, mittels additiver Fertigungsverfahren zu erzeugen. Dies ist notwendig, da die Geometrie der Kerne oftmals so kompliziert ist, dass andere Verfahren zur Kernherstellung weniger geeignet sind. Wassermantelkerne, wie sie bei der Fertigung von Verbrennungskraftmaschinen für beispielsweise Personenkraftwagen eingesetzt werden, weisen beispielweise eine derart komplizierte Geometrie auf. Die
DE 10 2018 216 271 A1 offenbart einen Sandkern zur Verwendung in einem Verfahren zur Herstellung eines Gehäuseblocks, welcher eine Kanalstruktur aufweist, wobei der Sandkern durch ein generatives Verfahren hergestellt ist. In der Praxis hat sich allerdings das Problem ergeben, dass in den derart hergestellten Kernen, beispielsweise hervorgerufen durch Eigenspannungen, Risse entstehen können. Derartige Kerne können nicht verwendet werden bzw. führen bei deren Verwendung zu Ausschuss.
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Es ist daher eine Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zum Herstellen eines Formteils, ein Formteil sowie ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils anzugeben, wobei das vorbeschriebene Problem kosteneffizient vermieden wird.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1, durch ein Formteil gemäß Anspruch 10 sowie durch ein Verfahren gemäß Anspruch 11 gelöst. Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus den Unteransprüchen sowie der Beschreibung und den beigefügten Figuren.
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Erfindungsgemäß umfasst ein Verfahren zum Herstellen eines Formteils zur Verwendung in einem Gießverfahren, wobei das Formteil mittels additiver Fertigung hergestellt wird, den Schritt:
- - Einbringen zumindest einer Entlastungsfuge in das Formteil während der Herstellung des Formteils zum Vermeiden oder Abbauen von Spannungen in dem Formteil.
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Bei den Spannungen handelt es sich insbesondere Eigenspannung bzw. um Zugspannung bzw. allgemein um Spannungen bzw. Kräfte (im Formteil), welche dazu führen, dass das Formteil beschädigt wird, insbesondere zum Beispiel, zumindest lokal, bricht oder reißt. Typischerweise kann es im Rahmen der Herstellung des Formteils oder auch bei der weiteren Verwendung zu (Eigen-)Spannungen in Abschnitten oder Bereichen des Formteils kommen, welche das Formteil ggf. für eine weitere Verwendung unbrauchbar machen. Derartige Spannungen können beispielsweise durch eine Behinderung der thermischen Ausdehnung/Schrumpfung beim (thermischen) Aushärteprozess der Formteile im Rahmen der additiven Fertigung entstehen. Eine Rissanfälligkeit kann auch durch während des Gießprozesses mechanisch und/oder thermisch induzierte Spannungen induziert werden. Um diesen Problemen zu begegnen wird nun vorgeschlagen, gezielt zumindest eine Entlastungsfuge in den oder die kritischen Bereiche einzubringen, wodurch insbesondere eine unkontrollierte Rissbildung vermieden werden kann.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Formen der Entlastungsfuge durch Einbringen eines zumindest bereichsweise das Formteil durchdringenden Spalts.
Ein derartiger Spalt oder Schlitz wirkt im rissgefährdeten Bereich wie ein Loslager. Die Eigenspannungen können durch Einbringen einer gezielten Materialausnehmung, beispielsweise in Form eines Spaltes oder Schlitzes, welche in einem Dehnungs-/Verschiebungsfreiheitsgrad resultiert, in Spannungsrichtung reduziert bzw. vermieden werden. Die Entlastungsfuge eröffnet also mit Vorteil einen, oder zumindest einen, zusätzlichen Freiheitsgrad für die Dehnung/Verschiebung des betreffenden Bereichs des Formteils, sodass der Aufbau von signifikanten (Eigen-)Spannungen, beispielsweise im Druck-/Aushärteprozess, von vornherein verhindert wird.
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Dabei ist die Entlastungsfuge zweckmäßigerweise derart gestaltet, dass ein Eindringen von Gussschmelze nicht möglich ist oder zumindest weitgehend vermieden wird. Hierzu ist der Spalt zweckmäßigerweise entsprechend dünn ausgebildet. Alternativ ist die Entlastungsfuge, soweit möglich, zweckmäßigerweise in einen Bereich verlagert, welcher leicht einer Nacharbeit zugänglich ist, wodurch ein etwaiger Gussgrat oder dergleichen aufwandsarm entfernt werden kann.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Formen der Entlastungsfuge derart, dass die angrenzenden oder entstehenden Formteilabschnitte in zumindest einer Raumrichtung zueinander nicht verlagerbar sind.
Zweckmäßigerweise ermöglicht dieser Schritt, dass die Formteilabschnitte trotz des zusätzlichen Freiheitsgrades festgelegt und fixiert bzw. zueinander gehalten sind.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist die Entlastungsfuge entsprechend abgesetzt oder gestuft, insbesondere mehrfach gestuft, ausgebildet. Gemäß einer Ausführungsform formt die Entlastungsfuge zumindest eine Tasche oder zumindest einen Hinterschnitt.
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Wie bereits erwähnt, ist die Entlastungsfuge als ein das Formteil zumindest bereichsweise durchdringender Spalt oder Schlitz ausgebildet. Gemäß einer Ausführungsform ist der Spalt oder Schlitz nicht vollständig durchgehend ausgebildet. Es können beispielsweise kleine Verbindungselemente, wie Verbindungsstege, zwischen den Formteilabschnitten ausgebildet werden, welche als kleine Sollbruchstellen wirken und die Handhabung des Kerns erleichtern, da sie eine Stabilität bereitstellen. Auch kann es möglich sein, den Schlitz oder Steg von vornherein nicht vollständig durchgehend auszubilden.
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Erzeugen der Entlastungsfuge durch ein gezieltes Nicht-Verfestigen des Ausgangswerkstoffs beim Herstellen des Formteils.
Der vorliegende Ansatz ist nicht auf ein spezielles additives Fertigungsverfahren gerichtet. Der grundsätzliche Ansatz zum Erzeugen der Entlastungsfuge durch ein gezieltes Nicht-Verfestigen kann auf die verschiedensten Verfahren angewandt werden.
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Gemäß einer Ausführungsform wird das Formteil mittels Binder-Jetting hergestellt. Beim Binder-Jetting, auch 3D-Drucken genannt, wird ein pulverförmiges Ausgangsmaterial an ausgewählten Stellen mit einem Binder verklebt, um so ein Werkstück, vorliegend das Formteil, zu erzeugen. Insbesondere bevorzugt wird das Formteil mittels Sanddrucken hergestellt. Die erzeugten Sandschichten werden mit dem Binder benetzt und anschließend thermisch ausgehärtet. Zweckmäßigerweise umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Erzeugen der Entlastungsfuge durch gezieltes Stoppen des Bindereintrags.
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Mit anderen Worten wird also gezielt kein Binder eingebracht. Nach dem Aushärten des Formteils bleibt an den entsprechenden Stellen loser Sand zurück.
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Prozessbedingt verbliebener loser Sand in der Entlastungsfuge sorgt mit Vorteil für eine passive Positionierung der Formteilabschnitte zueinander. Das Gleiten der losen Sandkugeln in der Entlastungsfuge ermöglicht ein geringfügiges Bewegen zur Entlastung. Mit anderen Worten können sich die Formteilabschnitte über die Sandkugeln mit Vorteil zueinander abstützen.
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Mit Vorteil ist die vorgenannte Tasche oder der Hinterschnitt ausgelegt und geformt, dass der lose Sand/Formstoff in diesem Bereich der Entlastungsfuge verbleibt, wodurch sich die Formteilabschnitte zueinander abstützen können. Der lose Sand wird also in der Entlastungsfuge gehalten, welche lokal ähnlich einer Labyrinthdichtung wirkt.
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Zweckmäßigerweise umfasst das Verfahren den Schritt:
- - Reinigen, insbesondere Ausblasen, der Entlastungsfuge vor der Verwendung des Formteils.
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Das Ausblasen kann zweckmäßigerweise mittels Druckluft erfolgen. Gemäß einer Ausführungsform wird die Entlastungsfuge vor der weiteren Verwendung des Formteils vollständig von losem Sand/Formstoff gereinigt. Weitere bevorzugte Reinigungsverfahren sind unter anderem Saugen oder Rütteln. Alternativ kann das Reinigen auch, alternativ oder in Kombination, über ein Verlagern, insbesondere Verschwenken oder Drehen, Rotieren etc., des Formteils erfolgen, sodass lose Partikel, insbesondere loser Sand, herausfallen können.
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Gemäß einer Ausführungsform ist die Entlastungsfuge derart geformt, dass ein vollständiges Entfernen der (Sand-)Partikel nicht möglich ist, vgl. den vorgenannten Hinterschnitt oder die Tasche. Wie bereits erwähnt, können die Sandpartikel für eine passive Positionierung sorgen. Dabei ist die Entlastungsfuge zweckmäßigerweise derart geformt, dass die Partikel auch bei der weiteren Verwendung bzw. Handhabung des Formteils nicht herausfallen. Ggf. können sie während des gesamten Gießverfahrens in der Entlastungsfuge verbleiben.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist das Formteil ein Kern, insbesondere ein Sandkern. Gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform ist der Kern ein Fluidkern, wie ein Ölraumkern und/oder ein Wassermantelkern, beispielsweise eines Kurbelgehäuses oder besonders bevorzugt eines Zylinderkopfs einer Verbrennungskraftmaschine. Gemäß einer Ausführungsform ist der Kern beispielsweise ein Auslasskanalkern oder ein Wassermantelkern eines Zylinderkopfs einer Verbrennungskraftmaschine, bevorzugt für einen Personenkraftwagen. Das Formteil ist allerdings nicht auf die Verwendung als Kern beschränkt-
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Gemäß einer Ausführungsform umfasst das Verfahren die Schritte:
- - Simulatives Ermitteln eines rissgefährdeten Bereichs in dem Formteil vor dessen Herstellung;
- - Einbringen zumindest einer Entlastungsfuge in den Bereich bei der Herstellung des Formteils.
Zweckmäßigerweise werden im Datenmodell, auf dessen Basis das Formteil erzeugt wird, die Entlastungsfuge bzw. mehrere, vorgehalten.
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Die Erfindung betrifft auch ein Formteil, insbesondere einen Gusskern, welcher nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt ist. Bevorzugt wird das Formteil in einem Metallgussverfahren, insbesondere im Schwerkraftguss, Niederdruckguss oder auch Druckguss verwendet. Bezüglich der Verwendung im Druckguss sei angemerkt, dass dort alternative Materialien zur Kernherstellung verwendet werden. Bevorzugte Metallschmelzen sind beispielsweise Aluminiumschmelzen.
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Das Material für das Formteil ist abhängig von der weiteren Verwendung des Formteils. Bei Verwendung als Formteil/Kern in einem Sandgussverfahren oder im Kokillenguss wird entsprechender Formstoff verwendet. Derartige Formstoffe bestehen aus dem Formgrundstoff, dem Formstoffbindemittel und den Formzusatzstoffen. Hinsichtlich des vorgeschlagenen Ansatzes betreffend das Einbringen der Entlastungsfuge gibt es hinsichtlich der Materialwahl in Bezug auf den Formstoff keine Einschränkungen.
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Weiter betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Herstellen eines Bauteils, wobei zumindest ein erfindungsgemäßes Formteil zur Herstellung verwendet wird. Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform handelt es sich bei dem Bauteil um eine Gusskomponente, bevorzugt um eine Motorkomponente, wie beispielsweise um einen Zylinderkopf einer Verbrennungskraftmaschine eines Personenkraftwagens, eines Nutzfahrzeugs oder eines Kraftrads. Die vorgenannten Beispiele sind nicht als Beschränkung zu verstehen.
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Weitere Vorteile und Merkmale ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsformen von Formteilen mit Bezug auf die beigefügten Figuren.
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Es zeigen:
- 1: eine schematische Ansicht eines Formteils zur Erläuterung der Rissbildung;
- 2: eine schematische Ansicht einer Ausführungsform eines Formteils;
- 3: zwei weitere Ansichten einer Ausführungsform eines Formteils;
- 4: eine weitere Ansicht einer Ausführungsform eines Formteils.
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1 zeigt, schematisch dargestellt, ein Formteil 10, hergestellt beispielsweise mittels Binder-Jetting. Im Kerndruckprozess und im anschließenden Aushärteprozess härtet der Binder durch Wasserentzug aus. Hierbei entstehen Eigenspannungen im Formteil 10, vorliegend skizziert über die voneinander weg gerichteten Pfeile, welche zu Rissen führen können, vgl. vorliegend den schematisch dargestellten Riss 20. Ein derartiges Formteil 10 ist beispielsweise zur weiteren Verwendung nicht geeignet. Handelt es sich bei dem Formteil 10 um einen Gusskern, können beispielsweise ein nicht erkannter Kernbruch und/oder das unkontrollierte Eindringen von Werkstoffschmelze in den Riss während des Abgießens des Bauteils das entstandene Bauteil unbrauchbar machen.
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2 zeigt eine schematische Ansicht eines Formteils 10, umfassend eine Entlastungsfuge 40. Vorliegend sind zwei Formteilabschnitte 11 und 12 gebildet, welche sich entlang der x-Achse, vgl. das skizzierte Koordinatensystem, voneinander weg bewegen können. Die Entlastungsfuge 40 eröffnet also einen Freiheitsgrad, sodass der Aufbau von signifikanten Eigenspannungen im kritischen Bereich, beispielsweise während des Druck-/Aushärteprozesses, verhindert werden kann.
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3 zeigt eine weitere Ausführungsform eines Formteils 10, umfassend eine Entlastungsfuge 40, in einer schematischen Darstellung. Die Entlastungsfuge 40 ist vorliegend derart gestaltet, dass die Formteilabschnitte 11 und 12 formschlüssig zueinander positioniert sind. Vorliegend ist die Entlastungsfuge hierzu entsprechend gestuft ausgebildet. In der unteren Bildhälfte ist das Formteil 10 um 90° gedreht. Die Entlastungsfuge 40 ist derart geformt, dass sich die Formteilabschnitte 11 und 12 sowohl in y-Richtung als auch in z-Richtung zueinander abstützen können. Prozessbedingt verbliebender loser Sand/Formstoff in der Entlastungsfuge 40 kann für eine passive Positionierung der Formteilabschnitte 11 und 12 zueinander sorgen. Zudem ermöglicht das Gleiten der losen Sandkugeln innerhalb der Entlastungsfuge eine geringfügige Bewegung der beiden Formteilabschnitte 11 und 12 zueinander zur Entlastung.
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4 zeigt eine weitere Ausführungsform eines schematisch dargestellten Formteils 10, wobei eine Entlastungsfuge 40 vorliegend eine Tasche oder einen Hinterschnitt umfasst oder ausgebildet. Ein derartiger Hinterschnitt kann die Formteilabschnitte 11 und 12 in alle Raumrichtungen fixieren. Zudem ermöglicht eine derartige Geometrie, dass in der Entlastungsfuge 40 verbliebener Sand/Formstoff dort verbleiben und während der späteren Verwendung des Formteils 10 nicht unbeabsichtigt herausfallen kann. Dies ist vorteilhaft, da sich die beiden Formteilabschnitte 11 und 12 über den losen Sand in der Entlastungsfuge 40 zueinander abstützen können, was der Stabilität des Formteils 10 zugutekommt.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Formteil
- 11
- Formteilabschnitt
- 12
- Formteilabschnitt
- 20
- Riss
- 40
- Entlastungfuge
- x,y,z
- Koordinatensystem, (Raum-)Richtungen
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102018216271 A1 [0002]