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Die vorliegende Erfindung betrifft ein computerimplementiertes Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugsystems.
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Mit zunehmender Urbanisierung kommt es zu einer Verknappung des Verkehrsraum und zu steigendem Bedarf an öffentlichem Personennahverkehr. Um diesen abzudecken bzw. zu ergänzen, werden zunehmend Sharing-Services für Fahrräder, E-Bikes, E-Scooter und andere Kleinst-/Leichtfahrzeuge, hier im Folgenden als Mikromobil-Fahrzeuge bezeichnet, angeboten. Unter den Sharing-Systemen gibt es auch stationslose Systeme, also solche Sharing-Systeme, innerhalb deren es für die „Rückgabe“ eines Fahrzeugs keines festen Standorts bedarf. Dennoch führt die steigende Zahl von Nutzern wiederum zur Verknappung des Verkehrsraums, da mehr und mehr Fahrräder etc. bereitgestellt werden müssen.
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Bereits die
US 4,855,822 beschreibt ein ferngesteuertes Fahrzeugsystem, bei dem ein Fahrzeug von einer Fernsteuerstation aus geleitet wird. Ein an dem Fahrzeug montierter Sensor liefert dabei Videobildinformationen an eine Steuerstation. Fahrzeugpositions- und Lagedaten, die von einer Trägheitsreferenzeinheit des Fahrzeugs an Bord abgeleitet werden können, werden ebenfalls an die Steuerstation übertragen. Von dort aus werden Steuersignale an das Fahrzeug gesendet.
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Ein (zumindest teilweise) autonom fahrendes Mikromobilfahrzeug benötigt zwar wegen seiner geringen Fahrtgeschwindigkeit nur vereinfachte Umgebungssensoren mit beispielsweise weniger Reichweite und geringerer Auflösung im Vergleich zu den Sensoren, die im Automobilbereich verbaut werden (müssen).
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Dennoch wird in komplexen Verkehrsszenarien, denen auch ein Mikromobilfahrzeug ausgesetzt ist, ebenso leistungsfähige Hardware für die Verarbeitung von Sensorsignalen und die Berechnung einer aktuellen Fahrstrategie benötigt. Eine Verwendung derart leistungsfähiger Hardware ist in dieser Fahrzeugklasse aus mehreren Gründen, wie beispielsweise dem Energieverbrauch, dem notwendigen Bauraum und der Bauteilkosten wirtschaftlich nicht sinnvoll.
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Damit ist die Aufgabe der Erfindung, ein Fahrzeugsystem und ein Verfahren zum Betreiben dieses Fahrzeugsystems bereitzustellen, mit Hilfe dessen eine Vielzahl von Mikromobilfahrzeugen in gezielt (zumindest teilweise) autonomen Betrieb möglichst effizient und dennoch verkehrssicher und funktionssicher betrieben werden können. Damit wäre beispielsweise ein autonom fahrendes Mikromobilitätskonzept realisierbar, welches ein Zu- und Aussteigen an beliebigen Orten erlaubt und eine bedarfsgerechte Verteilung der Fahrzeuge ermöglicht, so dass der Flächenverbrauch pro Fahrzeug signifikant reduziert werden kann.
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Die genannte Aufgabe wird durch ein computerimplementiertes Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugsystems gemäß dem beigefügten Anspruch 1 gelöst.
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Kerngedanke der Erfindung ist dabei bereits, dass bereits die Bereitstellung der Fahrzeuge durch einen (zumindest teilweise) autonomen Fahrbetrieb realisiert wird.
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Dafür wird eine Fahrzeugsystem genutzt, dass eine Fahrzeugflotte von n Fahrzeugen umfasst. Typischerweise handelt es sich bei diesen Fahrzeugen um (zumindest teilweise) muskelkraftbetriebene Fahrzeuge, wie beispielsweise Fahrräder, E-Bikes, E-Scooter bzw. jedes Fahrzeug einer Fahrzeugklasse, die typischerweise für die sogenannte „letzte Meile“ genutzt wird. Damit kann das Fahrzeugsystem auch Fahrzeuge unterschiedlicher Bauart umfassen.
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Das erfindungsgemäße computerimplementiertes Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugsystems ist für eine Vielzahl n von Fahrzeugen derselben oder unterschiedlicher Fahrzeugklassen ausgelegt. Dabei können einem bestehenden Fahrzeugsystem nachträglich weitere Fahrzeuge hinzugefügt werden oder aus dem System entfernt werden. Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird in einem ersten Schritt ein k-tes der Fahrzeuge Fk in Betrieb genommen, wobei 1 ≤ k ≤ n.
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In einem weiteren Schritt wird die aktuelle Position PA von Fk erfasst. Dies kann beispielsweise durch Übermittlung der GPS-Daten des Fahrzeugs an einen Cloud-Server geschehen.
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In einem weiteren Schritt wird eine Zielposition Pz für Fk bestimmt. Dies ist der Ort, an welchen Fk mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens verbracht werden soll. Typischerweise kann es sich dabei um Haltestationen öffentlicher Verkehrsmittel oder Parkplätze handeln. Es kann sich generell jedoch um jeden beliebigen Ort handeln, der sich innerhalb der Reichweite von Fk befindet. Beispielsweise kann dies aber auch eine Ladeposition oder eine Reparaturwerkstatt sein. Dieser Schritt zur Bestimmung der Zielposition kann auch vor dem oben beschriebenen Schritt zur Erfassung der aktuellen Position erfolgen, so dass bei der erfindungsgemäßen Inbetriebnahme von Fk bereits feststeht, welches dessen Zielposition Pz ist.
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Als nächster Schritt wird ein Pfad von PA nach PZ ermittelt. Dieser Pfad ist der Weg, den Fk ohne Fahrer zurücklegen können soll, um zu PZ zu gelangen, wo dann eine durch einen Fahrer (typischerweise ein Kunde eines Sharing-Systems, der eine Kurzstrecke zurücklegen will) selbstbestimmte Fahrt beginnt.
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In einem nächsten Schritt wird Fk entlang dieses vorab ermittelten Pfades bewegt.
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In einem weiteren Schritt werden Umgebungsdaten und Positionsdaten sensorisch erfasst. Vorzugsweise geschieht dieses Erfassen durch direkt in Fk verbaute Sensoren. Weiter vorzugsweise geschieht dieses Erfassen wiederholt in kurzen zeitlichen Abständen.
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Jedem derartigen Erfassen erfolgt ein Abgleich: Die erfassten Daten werden dafür vorzugsweise an den Cloud-Server übermittelt. Erfassen und Abgleichen geschehen vorzugsweise in kurzen Abständen wiederholt so lange bis sich ein Grund ergibt, warum diese autonome Bewegung nicht fortgesetzt werden kann. Im Folgenden wird eine solche Situation als das Befinden an einer eingriffsrelevanten Position bezeichnet.
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Die erfassten Umgebungsdaten und Positionsdaten werden erfindungsgemäß mit einer vorab hinterlegten Karte abgeglichen. Dies geschieht zur Bestimmung, ob sich Fk an einer eingriffsrelevanten Position PE befindet. Vorzugsweise handelt es sich dabei um eine hochauflösende Karte, in der eingriffsrelevante Positionen gekennzeichnet sind.
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Die hochauflösende Karte enthält vorzugsweise vorgespeichert derart eingriffsrelevanten Strecken, beispielsweise mittels Geofencing.
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Durch Abgleich der GPS-Daten mit der Karte generiert das Fahrzeugsystem Informationen, dass das Fahrzeug an eine vorgespeicherte eingriffsrelevante Position kommt. Durch einen Abgleich der erfassten Umgebungsdaten mit den voraufgezeichneten Umgebungsdaten können neue eingriffsrelevante Position entdeckt werden, beispielsweise neue Baustellen oder Änderungen der Fahrbahn- oder Radwegführung.
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In einer bevorzugten Ausführungsform umfassen solche Umgebungsdaten Informationen über statische Punkte in der aktuellen Umgebung von Fk.
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Im Falle, dass sich Fk an einer eingriffsrelevanten Position befindet, wird erneut ein Pfad ermittelt, auf dem das Fahrzeug von der nunmehr aktuellen Position zur Zielposition bewegt wird. In einer bevorzugten Ausführungsform wird diese erneute Ermittlung eines Pfades von einem Cloud-Server durchgeführt.
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Sobald das Fahrzeug diesem Pfad folgt, wird erfindungsgemäß wieder das beschriebene Erfassen von Umgebungsdaten und Positionsdaten und der darauffolgende Abgleich durchgeführt. Vorzugsweise erfolgt dies in zeitlich kurzen Abständen wiederholt.
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Im Falle, dass sich Fk nicht an einer eingriffsrelevanten Position befindet, wird erfindungsgemäß ohne eine erneute Pfadermittlung das beschriebene Erfassen von Umgebungsdaten und Positionsdaten und der darauffolgende Abgleich durchgeführt. Vorzugsweise erfolgt dies in zeitlich kurzen Abständen wiederholt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform folgen dem Schritt einer erneuten Ermittlung eines Pfades ferne einer Freigabeschritt. Dafür wird eine Freigabe des erneut ermittelten Pfades angefordert. Diese Freigabe erfolgt vorzugsweise durch einen Teleoperator. Im Falle einer solchen Freigabe wird das Verfahren wie beschrieben fortgesetzt. Falls eine solche Freigabe nicht erteilt wird, erfolgt eine manuelle Ansteuerung des Fk durch einen Teleoperator bis dieser wiederum an den bekannten Schritt „Bewegen von Fk entlang des ermittelten Pfades“ übergibt.
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In einer bevorzugten Ausführungsform werden bis zu n Fahrzeuge Fk des Fahrzeugsystems betrieben. Dabei können in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform die bis zu n Fahrzeuge Fk des Fahrzeugsystems durch den Teleoperator angesteuert werden.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Fahrzeugsystem umfassend einen Prozessor, der zur Ausführung eines vorstehend beschriebenen Verfahrens zum Betreiben eines Fahrzeugsystems konfiguriert ist. Bei dem System können dieselben Vorteile erreicht werden, wie sie im Zusammenhang zum Betreiben eines Fahrzeugsystems beschrieben worden sind.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ferner die Verwendung eines vorstehend genannten Fahrzeugsystems.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein Computerprogramm umfassend Befehle, die bei der Ausführung des Computerprogramms durch einen Computer diesen veranlassen, ein vorstehend erläutertes Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugsystems auszuführen.
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Ein weiterer Gegenstand der Erfindung ist ein computerlesbares Medium umfassend Befehle, die bei der Ausführung der Befehle durch einen Computer diesen veranlassen, ein vorstehend erläutertes Verfahren zum Betreiben eines Fahrzeugsystems auszuführen.
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Weitere Einzelheiten und Vorteile der Erfindung sollen nachfolgend anhand des in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispiels erläutert werden. Die Zeichnungen illustrieren dabei lediglich eine beispielhafte Ausführungsform der Erfindung, welche den Erfindungsgedanken nicht einschränkt. Hierin zeigen 1 und 2 verschiedene Verfahrenssituationen und illustrieren die einzelnen Verfahrensschritte:
- 1 zeigt ein Ausführungsbeispiel des Fahrzeugsystems 10 umfassend mehrere Fahrzeuge Fk 11a, 11b, 12, 13 die sich alle in einem Straßenverkehrsszenario 20 bewegen. Fk 11a symbolisiert ein Fahrzeug, welches sich autonom bewegt, und zwar geradeaus entlang der Vorfahrtstraße oder in einer vorfahrtberechtigten rechts abbiegenden Situation. Fk 11b symbolisiert ein Personenkleinstfahrzeug und Fk 11a ein Lastenfahrrad, also Fahrzeuge unterschiedlicher Fahrzeugklassen, die jedoch von demselben Fahrzeugsystem 10 umfasst sein können. Fk 12 ist ein Fahrzeug, welches sich unter Steuerung des Teleoperators befindet, da es sich in einer eingriffsrelevanten Position 21 befindet, bzw. sich dieser nähert. Beispielhaft ist auch ein Fk 13 dargestellt, welches ohne autonomen Fahrbetrieb durch einen Nutzer betrieben wird.
- 2 zeigt wiederum ein Ausführungsbeispiel des Fahrzeugsystems 10 umfassend mehrere Fahrzeuge Fk 11a, 12, die sich in einem Straßenverkehrsszenario 20 bewegen. Fk 11a symbolisiert ein Fahrzeug, welches sich autonom bewegt. Diese nähert sich zwar einer Situation, die den Pfad beeinträchtigt, und zwar in Gestalt eines querenden Fußgängers. Dies ist jedoch eine im autonomen Fahrbetrieb zu bewältigende Situation 23, die Fk 11a, auch mit der implementierten „low cost“-Hard- und Software selbstständig durch Abbremsen/Anhalten bewerkstelligen kann. Es bedarf dabei aufgrund gleichbleibenden Pfades keines Eingriffs des Teleoperators. Fk 12 hingegen nähert sich einer eingriffsrelevanten Position 21, deren Komplexität (hier Zebra-Streifen) durch Fk 11a nicht zu bewältigen ist.
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Eine weitere vorübergehende eingriffsrelevante Position 22, hier eine Baustelle, weist die Besonderheit auf, dass diese erwartungsgemäß nur temporär positioniert ist. Der Eingriff des Teleoperators ist damit obligatorisch. Allerdings kann eine solche vorübergehende eingriffsrelevante Position 22 gegebenenfalls vom Fahrzeugsystem in engeren Zeiträumen aktiv auf Veränderungen überprüft werden.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Fahrzeugsystems
- 11a
- Fahrzeug Fk als Personenkleinstfahrzeug
- 11a
- Fahrzeug Fk als Lastenfahrrad
- 12
- Fahrzeug Fk unter Steuerung des Teleoperators
- 13
- Fahrzeug Fk in nicht-autonomem Fahrbetrieb durch Nutzer
- 20
- Straßenverkehrsszenario
- 21
- eingriffsrelevante Position
- 22
- (vorübergehend) eingriffsrelevante Position
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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