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Die Erfindung trifft eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Ermitteln eines Sicherheitsabstands unter Berücksichtigung des Bremsvermögens eines Fahrzeugs, sowie ein System zum Ermitteln des Bremsvermögens eines Fahrzeugs.
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Derzeit sind bereits die meisten neueren Fahrzeugen mit einer Vielzahl von Sensoren zur Umfelderfassung ausgestattet. Bei den Fahrzeugen, die zumindest im teilautomatisierten Fahrbetrieb betreibbar sind, ermöglicht die im Fahrzeug verbaute Sensorik sogar oft eine 360-Grad-Umfelderfassung um das jeweilige Fahrzeug. Für die Umfelderfassung kommen dabei oft folgende Sensoren und Systeme zum Einsatz:
- - Radar, Lidar, Ultraschall, Stereokamera, Laserscanner
- - Nahbereichssensorik (Ultrakurzwelle)
- - Horizontal-/Vertikalüberwachung, Tag-/Nachtsicht
- - Surround-View Kameras
- - Bildauswertungssoftware (Objekterkennung)
- - Navigation (Digitale Karte, Map Matching)
- - Internetverbindung (Datenverbindung zu einem externen Server)
- - Car-to-Car-Kommunikation (WLAN, Mobilfunk o.ä.) / Car-to-Infrastruktur-Kommunikation / Car-to-Mobile/Handheld/Tablet / UMTS, WLAN, Bluetooth etc.
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Durch eine immer besser werdende Umfelderfassung und größer werdender Anwendungsmöglichkeiten von Fahrerassistenzsystemen werden zukünftig im Straßenverkehr immer mehr Fahrzeuge im teil- oder vollautomatisierten Fahrbetrieb betrieben werden. Trotz dieses Anstiegs an Fahrzeugen im teil- oder vollautomatisierten Fahrbetrieb wird es auf absehbare Zeit für Fahrzeuge, die im teil- oder vollautomatisierten Fahrbetrieb betrieben werden, aufgrund von Bauraumbeschränkungen, fehlenden Baugenehmigungen und der Gefahr von erhöhten Stauaufkommen auf Straßen/Fahrbahnen für den konventionellen Fahrbetrieb keine separate Fahrspur geben.
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Aufgabe der Erfindung ist es, die Interaktion zwischen manuell geführten, (teil-) automatisierten und autonom fahrenden Fahrzeugen bei gleichzeitigem Betrieb der Fahrzeuge auf einer Fahrspur zu verbessern.
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Die Aufgabe wird durch die Merkmale der unabhängigen Patentansprüche gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen sind in den abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es wird darauf hingewiesen, dass zusätzliche Merkmale eines von einem unabhängigen Patentanspruch abhängigen Patentanspruchs ohne die Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs oder nur in Kombination mit einer Teilmenge der Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs eine eigene und von der Kombination sämtlicher Merkmale des unabhängigen Patentanspruchs unabhängige Erfindung bilden können, die zum Gegenstand eines unabhängigen Anspruchs, einer Teilungsanmeldung oder einer Nachanmeldung gemacht werden kann. Dies gilt in gleicher Weise für in der Beschreibung beschriebene technische Lehren, die eine von den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche unabhängige Erfindung bilden können.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass im Verkehrsgeschehen, bei denen sich Fahrzeuge mit und ohne (teil-)automatisierten oder autonomen Fahrbetrieb eine Straße bzw. eine Fahrspur teilen, dem unterschiedlichen Bremsvermögen der Fahrzeuge bzw. Betriebsarten (manuell automatisiert oder autonom geführt) ein entscheidender Sicherheitsaspekt zukommt.
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Bei manuell geführten Fahrzeugen hängt das Bremsvermögen unter anderem von folgenden Faktoren ab:
- - Reaktionszeit des Fahrers (z. B. bedingt durch Alter oder Erfahrung),
- - Sitzeinstellung des Fahrers (zu nah, zu weit weg, Lehne zu flach), und/oder
- - aufgewendete Kraft auf das Bremspedal (z. B. bedingt durch die Einschätzung des Fahrers zur aktuellen Situation und/oder abhängig von der Sitzeinstellung).
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Im Gegensatz dazu ist bei automatisiert bzw. autonom betriebenen Fahrzeugen das Bremsvermögen unabhängig von
- - der Reaktionszeit (Zeitdauer für die Verarbeitung/Ausführung der systemischen Anforderung liegt im Millisekundenbereich),
- - der Sitzeinstellung (da die Ausführung der systemischen Anforderung durch das Fahrzeug erfolgt), und
- - der Einschätzung des Fahrers.
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Aufgrund der bei manuell geführten Fahrzeugen relevanten Einflussfaktoren auf das Bremsvermögen dauern in der Regel Bremsvorgänge bei manuell geführten Fahrzeugen länger, wodurch sich auch der Bremsweg bei gleicher Bremsleistung im Gegensatz zu automatisiert ausgeführten Bremsvorgängen verlängert. Insbesondere kann sich der Bremsweg bei unerfahrenen Fahrern und bei älteren Fahrzeugen (z. B. Oldtimern) mit geringerer Bremsleistung deutlich verlängern. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn sich ein automatisiert oder autonom geführtes Fahrzeug z. B. vor einem manuell geführten Fahrzeug befindet und das automatisiert oder autonom geführte Fahrzeug eine Vollbremsung einleiten muss.
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Unter Berücksichtigung obiger Erkenntnis wird gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung eine Vorrichtung in einem zumindest teilweise automatisiert geführten Fahrzeug zum Ermitteln eines für den zumindest teilweise automatisierten Fahrbetrieb geeigneten Sicherheitsabstands zwischen dem zumindest teilweise automatisiert geführten Fahrzeug und einem nachfolgenden manuell geführten Fahrzeug vorgeschlagen, wobei die Vorrichtung umfasst:
- - Eine erste Ermittlungseinheit, die ausgebildet ist, eine Folge-Verkehrssituation festzustellen, bei dem das zumindest teilweise automatisiert geführte Fahrzeug vor einem manuell geführten Fahrzeug fährt,
- - eine Erfassungseinheit, die ausgebildet ist, ein mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierendes Bremsvermögen-Maß zu erfassen, und
- - eine zweite Ermittlungseinheit, die ausgebildet ist, bei detektierter Folge-Verkehrssituation basierend auf dem erfassten Bremsvermögen-Maß des manuell geführten Fahrzeugs einen Sicherheitsabstand zwischen dem zumindest teilautomatisierten geführten Fahrzeug und dem nachfolgenden manuell geführten Fahrzeug zu ermitteln.
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Im Sinne eines zumindest teilweise automatisiert betriebenen Fahrzeugs sind alle Fahrzeuge zu verstehen, bei denen die Fahraufgabe, insb. die Längsführung zumindest teilweise automatisiert erfolgt. Derartige Fahrzeuge können z. B. automatisiert einen Bremsvorgang einleiten oder die Längsführung zumindest in definierten Bereichen vollständig übernehmen (z. B. Fahrzeuge mit einem abstandsgeregelten Geschwindigkeitsregelsystem). Ebenfalls mit umfasst sind Fahrzeuge, die zumindest temporär die Fahraufgabe vollständig übernehmen (sog. autonomer Betrieb).
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Vorteilhafterweise umfasst die Vorrichtung weiter eine Steuereinheit, die ausgebildet ist, basierend auf dem ermittelten Sicherheitsabstand zwischen dem zumindest teilautomatisiert geführten Fahrzeug und dem nachfolgenden manuell geführten Fahrzeug ein Einstellen des ermittelten Sicherheitsabstands oder eines größeren Abstands durch Eingriff in die Längsführung zu veranlassen, wenn der aktuelle Abstand zwischen dem zumindest teilautomatisiert geführten Fahrzeug und dem nachfolgenden manuell geführten Fahrzeug kleiner als der ermittelte Sicherheitsabstand ist. Somit kann sichergestellt werden, dass bei einem plötzlichen Bremseingriff des vorausfahrenden, zumindest teilweise automatisiert betriebenen Fahrzeugs dem Fahrer des nachfolgenden manuell geführten Fahrzeugs entsprechend seinem Bremsvermögen und dem Bremsvermögen des Fahrzeugs genügend Zeit bleibt, einen Bremseingriff vorzunehmen und somit eine Kollision mit dem vorausbefindlichen Fahrzeug zu verhindern oder die Folgen zumindest zu minimieren.
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Vorteilhafterweise wird das mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierende Bremsvermögen-Maß basierend auf einer ermittelten Reaktionszeit des Fahrers des manuell geführten Fahrzeugs und/oder einer ermittelten Bremsleistung des manuell geführten Fahrzeugs ermittelt. Im Detail kann das Bremsvermögen-Maß basierend auf der erfassten (fahrzeug- und personenbezogenen) Verzögerungszeit (bzw. Reaktionszeit) und dem Bremsweg, insb. bei unterschiedlichen Witterungsverhältnissen und Tageszeiten (Tag/Nach) ermittelt werden. Bei dem Bremsvermögen-Maß kann es sich um einen Wert handeln, der das Bremsvermögen direkt oder indirekt beschreibt. Im einfachsten Fall kann das Bremsvermögen-Maß eine Zuordnung zu einer von mehreren vorgegebenen Bremsvermögen-Klassen (schnell, mittel, langsam) bedeuten. Alternativ kann das Bremsvermögen-Maß auch in direkter Korrelation mit dem Brems- und/oder Anhalteweg stehen.
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Die Ermittlung des mit dem Bremsvermögen korrelierenden Bremsvermögen-Maßes basiert vorteilhafterweise auf einer Auswertung zumindest eines vorangegangenen eingeleiteten Bremsvorgangs (oder mehrerer vorangegangener eingeleiteter Bremsvorgänge) des manuell geführten Fahrzeugs.
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Erfolgt eine Ermittlung des mit dem Bremsvermögen korrelierenden Bremsvermögen-Maßes basierend auf einer Auswertung eines vorangegangenen eingeleiteten Bremsvorgangs, wird vorteilhafterweise die ermittelte Information zum Bremsvermögen über eine Kommunikationsschnittstelle aus einer fahrzeugexternen zentralen Speichereinheit oder einer Speichereinheit bzw. Datenbank eines weiteren Fahrzeugs in das Fahrzeug übermittelt. Bei der Kommunikationsschnittstelle kann es sich um sog. Car-to-Car oder Car-to-X Kommunikationsschnittstellen handeln.
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Um aus den Informationen vorangegangener Bremsvorgänge ein mit dem Bremsvermögen korrelierendes Bremsvermögen-Maß ermitteln zu können, kann in einer vorteilhaften Weiterbildung der Erfindung das korrelierende Bremsvermögen-Maß basierend auf einer Information zur Zeitdauer zwischen dem Beginn eines Bremsvorgangs des vorausfahrenden zumindest teilweise automatisiert geführten Fahrzeugs und dem Beginn eines Bremsvorgangs des dem zumindest teilweise automatisiert geführten Fahrzeug nachfolgenden manuell betriebenen Fahrzeugs nach erfolgtem Bremsvorgang des vorausfahrenden Fahrzeugs ermittelt werden. Mit anderen Worten ausgedrückt kann die Zeitdauer ausgewertet werden, die zwischen dem (erkannten) Beginn eines ersten Bremsvorgangs des vorausfahrenden Fahrzeugs und dem (erkannten) Beginn des durch den ersten Bremsvorgangs veranlassten zweiten Bremsvorgangs des nachfolgenden manuell betriebenen Fahrzeugs ermittelt werden, um daraus ein Maß für die Reaktionszeit des Fahrers (ggf. unter Berücksichtigung des Ansprechverhaltens der Bremse) ableiten zu können.
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Alternativ oder zusätzlich kann vorteilhafterweise das mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierende Bremsvermögen-Maß basierend auf einer Information über die Veränderung des Abstands zwischen dem vorausfahrenden Fahrzeug und dem manuell geführten Fahrzeug während einer Bremssituation, bei der basierend auf einem eingeleiteten erster Bremsvorgangs des vorausfahrenden Fahrzeugs ein zweiter Bremsvorgang des manuell geführten Fahrzeugs eingeleitet wird, ermittelt wird. Mit anderen Worten ausgedrückt kann die Veränderung des Abstands zwischen den beiden Fahrzeugen während einer oben genannten Bremsfolge-Situation ausgewertet werden, um daraus ein Maß für die vom Fahrer aufgebrachte Bremskraft und/oder die zur Verfügung stehende Bremsleistung des Bremssystems ableiten zu können.
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ferner ein Verfahren zum Ermitteln eines für den zumindest teilweise automatisierten Fahrbetrieb geeigneten Sicherheitsabstands zwischen einem zumindest teilweise automatisiert geführten Fahrzeug und einem (nachfolgenden) manuell geführten Fahrzeug, mit folgenden Schritten:
- - Feststellen einer Verkehrssituation, bei der das zumindest teilweise automatisiert geführte Fahrzeug vor einem manuell geführten Fahrzeug fährt,
- - Erfassen eines mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierenden Bremsvermögen-Maßes, und
- - Ermitteln eines Sicherheitsabstandes zwischen dem zumindest teilautomatisiert geführten Fahrzeug und dem nachfolgenden manuell geführten Fahrzeug bei detektierter
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Folge-Verkehrssituation basierend auf dem erfassten Bremsvermögen-Maß des manuell geführten Fahrzeugs.
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Das Verfahren kann in einem Fahrzeug, verteilt über mehrere Fahrzeuge und/oder in einem fahrzeugexternen System ausgeführt werden. Falls die einzelnen Schritte in verschiedenen Systemen ausgeführt werden, müssen diese Systeme über eine geeignete Kommunikationsschnittstelle verbindbar sein.
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein System zum Ermitteln eines mit dem Bremsvermögen eines manuell geführten Fahrzeugs korrelierenden Bremsvermögen-Maßes während einer Verkehrssituation, bei dem sich vor und hinter dem manuell geführten Fahrzeug jeweils ein Fahrzeug (idealerweise mit einer Umfelderfassungssensorik in Richtung des manuell geführten Fahrzeugs und) mit einer Kommunikationsschnittstelle zum direkten oder indirekten Austauschen von Daten zwischen den beiden Fahrzeugen vor und hinter dem manuell geführten Fahrzeug befindet, mit
- - einer Bremserfassungseinheit, die ausgebildet ist,
- ▪ einen eingeleiteten ersten Bremsvorgangs des vor dem manuell geführten Fahrzeugs vorausfahrenden ersten Fahrzeugs zu erfassen,
- ▪ einen im Anschluss an den ersten Bremsvorgang eingeleiteten zweiten Bremsvorgang des manuell geführten Fahrzeugs zu erfassen,
- - einer Bremsparameter-Ermittlungseinheit, die ausgebildet ist, mit den beiden Bremsvorgängen im Zusammenhang stehende Bremsvermögen-Parameter (z. B. Zeit, Abstand) zu ermitteln,
- - einer Bremsvermögen-Ermittlungseinheit, die ausgebildet ist, basierend auf den ermittelten Bremsvermögen-Parametern ein mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierenden Bremsvermögen-Maß zu ermitteln, und
- - einer Bereitstellungseinheit, die ausgebildet ist, die ermittelten Bremsvermögen-Parameter oder das aus den ermittelten Bremsvermögen-Parametern ermittelte Bremsvermögen-Maß des manuell geführten Fahrzeugs (über eine Kommunikationsschnittstelle) anderen Verkehrsteilnehmern, insb. dem vor dem manuell geführten Fahrzeug vorausfahrenden Fahrzeug (direkt oder indirekt) zur Verfügung zu stellen.
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Im Sinne eines direkten Datenaustausches bzw. eines direkten zur Verfügung stellen der ermittelten Bremsvermögen-Parameter und/oder des ermittelten Bremsvermögen-Maßes ist in den Fahrzeugen eine Kommunikationsschnittstelle bzw. ein Kommunikationssystem vorzusehen, die bzw. das einen direkten Datenaustausch zwischen den beiden Fahrzeugen ermöglicht (sog. car-to-car-Kommunikation). Im Sinne eines indirekten Datenaustausches bzw. eines indirekten zur Verfügung stellen der ermittelten Bremsvermögen-Parameter und/oder des ermittelten Bremsvermögen-Maßes ist in den Fahrzeugen eine Kommunikationsschnittstelle bzw. ein Kommunikationssystem vorzusehen, die bzw. das eine Kommunikation zu einer fahrzeugexternen zentralen Datenspeicher (und/oder Datenaufbereitungseinheit) und eine Übertragung von Informationen von dem fahrzeugexternen zentralen Datenspeicher in das Fahrzeug ermöglicht (sog. car-to-X-Kommunikation). Der Datenaustausch erfolgt in beiden Varianten in der Regel „over the air“.
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Um das ermittelte Bremsvermögen-Maß vielen Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stellen zu können, wird vorteilhafterweise das ermittelten Bremsvermögen bzw. das damit korrelierende Bremsvermögen-Maß in einer fahrzeugexternen, zentralen Speichereinheit gespeichert, so dass es von (anderen) Verkehrsteilnehmern jederzeit abrufbar ist.
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Vorteilhafterweise ist die Bremsparameter-Ermittlungseinheit ausgebildet, im Sinne eines ersten Bremsvermögen-Parameter die Zeitdifferenz zwischen dem eingeleiteten ersten Bremsvorgang und dem eingeleiteten zweiten Bremsvorgang zu ermitteln.
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Alternativ oder zusätzlich kann die Bremsparameter-Ermittlungseinheit ausgebildet sein, im Sinne eines zweiten Bremsvermögen-Parameters eine zeitliche Veränderung des Abstands zwischen dem vorausfahrendem Fahrzeug und dem manuell geführten Fahrzeug während eines Bremsvorgangs zu ermitteln.
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Um eine möglichst genaue Abschätzung bzw. Ermittlung des Bremsvermögen-Maßes für eine bestimmte Situation ermöglichen zu können, kann vorteilhafterweise die Bremsvermögen-Ermittlungseinheit weiter ausgebildet sein, bei der Ermittlung des mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierenden Bremsvermögen-Maßes Umfeldinformationen, insb. Informationen zur Tageszeit und/oder zur Wetterlage zu berücksichtigen.
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Die vorstehenden Ausführungen zur erfindungsgemäßen Vorrichtung nach dem ersten Aspekt der Erfindung und zu dem erfindungsgemäßen System gemäß dem dritten Aspekt der Erfindung gelten in entsprechender Weise jeweils auch für die erfindungsgemäße Vorrichtung, das erfindungsgemäße Verfahren und das erfindungsgemäße System. An dieser Stelle und in den Patentansprüchen nicht explizit beschriebene vorteilhafte Ausführungsbeispiele der erfindungsgemäßen Vorrichtung und des Assistenzsystems entsprechen den vorstehend beschriebenen oder in den Patentansprüchen beschriebenen vorteilhaften Ausführungsbeispielen des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels unter Zuhilfenahme der beigefügten Zeichnungen beschrieben. Dabei zeigt:
- 1 eine Verkehrssituation,
- 2 eine beispielhafte erfindungsgemäße Ausgestaltung einer Vorrichtung zum Ermitteln eines Sicherheitsabstands zwischen dem zumindest teilweise automatisiert geführten Fahrzeug und einem manuell geführten Fahrzeug,
- 3 eine beispielhafte erfindungsgemäße Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ermitteln eines Sicherheitsabstands, und
- 4 eine Verkehrssituation in Verbindung mit einem System zum erfindungsgemäßen Ermitteln eines mit dem Bremsvermögen eines manuell geführten Fahrzeugs korrelierenden Bremsvermögen-Maßes.
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Die 1 zeigt eine Verkehrssituation, bei der ein manuell betriebenen Fahrzeug F_O in einem Abstand d einem automatisiert betriebenen Fahrzeug F_AD folgt. Aufgrund einer hier nicht dargestellten Gefahrensituation leitet das automatisiert betriebene Fahrzeug F_AD einen Bremsvorgang ein, so dass es an der Position F_AD_v0 zum Stillstand kommt. Aufgrund der eingeleiteten (ersten) Bremsung des automatisiert betriebenen Fahrzeugs F_AD ist der Fahrer des manuell geführten Fahrzeugs F_O gezwungen, ebenfalls einen Bremseingriff einzuleiten. Da das autonom geführte Fahrzeug F_AD früher und stärker bremst als der Fahrer des manuell geführten Fahrzeugs F_O, ist der Anhalteweg des manuell geführten Fahrzeugs länger als beim automatisiert abgebremsten Fahrzeug F_AD. Das manuell geführte Fahrzeug F_O kommt erst an der Position F_O_v0 zum Stillstand und kann somit nur knapp eine Kollision mit dem vorausfahrenden Fahrzeug vermeiden. Wäre der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen F_O und F_AD geringer gewesen, hätte der Fahrer des manuell geführten Fahrzeugs F_O eine Kollision nicht vermeiden können. Um derartige kritische Situationen zu vermeiden, sieht die Erfindung vor, bei einer derartigen Verkehrssituation einen notwendigen Sicherheitsabstand zu ermitteln und bei der automatisiert ausgeführten Fahrzeugführung zu berücksichtigen.
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Die 2 zeigt eine beispielhafte erfindungsgemäße Ausgestaltung einer Vorrichtung zum Ermitteln eines Sicherheitsabstands ds zwischen einem zumindest teilweise automatisiert geführten Fahrzeug und einem manuell geführten Fahrzeug mit folgenden TeilKomponenten, die in einer Einheit zusammengefasst oder über mehrere Steuergeräte im Fahrzeug verteilt angeordnet sein können:
- - Eine ersten Ermittlungseinheit E1, die ausgebildet ist, basierend auf erfassten Eingangssignalen s1 einer Umgebungserfassungssensorik (z. B. Kamera) eine Folge-Verkehrssituation FV festzustellen, bei dem das zumindest teilweise automatisiert geführte Fahrzeug vor einem manuell geführten Fahrzeug fährt,
- - Einer Erfassungseinheit EE, die ausgebildet ist, basierend auf weiteren Eingangssignalen s2, die von außerhalb des Fahrzeug abgerufen werden können, ein mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierendes Bremsvermögen-Maß brm zu ermitteln bzw. zu erfassen, und
- - Eine zweiten Ermittlungseinheit E2, die ausgebildet ist, bei detektierter Folge-Verkehrssituation FV basierend auf dem erfassten Bremsvermögen-Maß brm des manuell geführten Fahrzeugs einen Sicherheitsabstand ds zwischen dem zumindest teilautomatisierten geführten Fahrzeug und dem nachfolgenden manuell geführten Fahrzeug zu ermitteln.
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Diese Information über den Sicherheitsabstand ds wird einer Steuereinheit zugeführt, die ausgestaltet ist, unter Berücksichtigung des ermittelten Sicherheitsabstands ds die automatisierte Längsführung vorzunehmen bzw. anzupassen. Insbesondere ist die Steuereinheit dabei ausgestaltet, für den Fall, dass der aktuelle Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen geringer als der ermittelte Sicherheitsabstand ist, derartig in die Längsführung einzugreifen (z. B. das Fahrzeug zu beschleunigen), dass der Sicherheitsabstand eingehalten wird.
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Die 3 zeigt eine beispielhafte erfindungsgemäße Ausgestaltung eines Verfahrens zum Ermitteln eines Sicherheitsabstands. Das Verfahren beginnt im Schritt 10 mit dem Erkennen bzw. Feststellen einer Verkehrssituation, bei der das zumindest teilweise automatisiert geführte Fahrzeug vor einem manuell geführten Fahrzeug fährt. Wird einer derartige Verkehrssituation erkannt, erfolgt im Schritt 20 ein Erfassen eines mit dem Bremsvermögen des manuell geführten Fahrzeugs korrelierenden Bremsvermögen-Maß. Basierend auf dem ermittelte Bremsvermögen-Maß erfolgt im Schritt 30 ein Ermitteln eines Sicherheitsabstandes zwischen dem zumindest teilautomatisiert geführten Fahrzeug und dem nachfolgenden manuell geführten Fahrzeug bei detektierter Folge-Verkehrssituation basierend auf dem erfassten Bremsvermögen-Maß des manuell geführten Fahrzeugs.
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Eine konkrete Ermittlung eines mit dem Bremsvermögen eines manuell geführten Fahrzeugs korrelierenden Bremsvermögen-Maßes während einer Verkehrssituation, wird anhand der nachfolgenden Beschreibung zu 4 näher erläutert.
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Die 4 zeigt eine zu zwei Zeitpunkten t0 und t1 vorliegende Verkehrssituation, bei der eine erfindungsgemäße Ermittlung des Sicherheitsabstandes möglich ist. Während der gesamten Zeit bilden die Fahrzeuge A1, M und A3 eine Kolonne, wobei sich zwischen den beiden autonom geführten Fahrzeugen A1 und A3 ein manuell geführtes Fahrzeug M befindet. Die Fahrzeuge A1 und A3 verfügen beide über eine Kommunikationsschnittstelle KA1 und KA3, so dass sie via Car-to-X oder Car-to-Car Daten von außerhalb des eigenen Fahrzeugs empfangen und Daten nach außerhalb des Fahrzeugs versenden können. Hier dargestellt ist für beide Fahrzeuge A1 und A3 eine Kommunikationsschnittstelle KA1 und KA3 zum direkten Datenaustausch zwischen dem eigenen Fahrzeug A1 bzw. A3 und einer zentralen, fahrzeugexternen Datenspeicher und Datenaufbereitungseinheit C. Weiter verfügen die beiden Fahrzeuge A1 und A3 jeweils über eine Abstandserfassungssensorik SA1 bzw. SA3, mit der sie den jeweiligen Abstand zum manuell betriebenen Fahrzeug M erfassen können.
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Zum Zeitpunkt t0 beträgt der Abstand zwischen dem vorausfahrenden, autonom betriebenen Fahrzeug A1 und dem mittleren, manuell betriebenen Fahrzeug M eine erste Länge I_A1M_t0. Zwischen dem mittleren Fahrzeug M und dem dahinter fahrenden Fahrzeug A3 beträgt der Abstand I_MA3_t0. Nun leitet das vorausfahrende Fahrzeug A1 einen Bremsvorgang ein, der für nachfolgende Verkehrsteilnehmer (M und A3) durch das Aufleuchten der nach hinten gerichteten Bremslichter RA1 erkennbar ist. Mit dem Einleiten des Bremsvorgangs beginnt das Fahrzeug A1 mit einer Datenübertragung an die externe Datenspeicher und Aufbereitungseinheit C, wobei insbesondere eine Information zum Abstand I_A1M_t0 zwischen dem ersten Fahrzeug A1 und dem mittleren Fahrzeug M übertragen wird. Dies bzw. die Erkennung des eingeleiteten Bremsvorgangs ist auch gleichzeitig der Startpunkt für die Messung der Rektionszeit des das Fahrzeug M betreibenden Fahrers, d. h. mit Erkennen des Einleitens des Bremsvorgangs des Fahrzeugs A1 mittels einer dafür vorgesehenen, hier aber nicht dargestellten Bremserfassungseinheit startet eine im Fahrzeug A3 integrierte Bremsparameter-Ermittlungseinheit B einen Timer und speichert den zu diesem Zeitpunkt t0 vorliegenden Abstand I_MA3_t0 zwischen sich und dem mittleren Fahrzeug ab.
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Der Timer läuft solange, bis das hinterherfahrende Fahrzeug A3 im Zeitpunkt t1 das Aufleuchten der Bremsleuchten RM des manuell geführten Fahrzeugs M erkennt, also der Fahrer erkennbar den Bremsvorgang eingeleitet hat. Diese Zeitdauer zwischen Aufleuchten der Bremsleuchten RA1 des ersten Fahrzeugs A1 und dem Aufleuchten der Bremsleuchten RM des manuell geführten Fahrzeugs M gibt die Gesamtreaktionszeit des mittleren Fahrzeugs M wieder, die sich aus der Reaktionszeit des Fahrers und einer Ansprechdauer der Bremsanlage zusammensetzt.
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Diese Information zur (Gesamt-) Reaktionszeit wird - ggf. mit weiteren Informationen zur Tageszeit und/oder zu Witterungsverhältnissen an die als externe Datenspeicher und Aufbereitungseinheit C ausgebildete Bereitstellungseinheit gesendet, welche diese Information zumindest temporär abspeichert.
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Zum Zeitpunkt t1 werden die Abstände I_A1M_t1 und I_MA3_t1 zwischen den Fahrzeugen A1 und M bzw. M und A3 erneut vermessen und diese Daten zusammen mit den ermitteln Abständen I_A1M_t0 und I_MA3_t0 zum Zeitpunkt t0 an die externe Datenspeicher und Aufbereitungseinheit C.
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Die als externe Datenspeicher und Aufbereitungseinheit C ausgebildete Bereitstellungseinheit kann nun aus diesen Informationen und ggf. weiteren vorhandenen Informationen mittels einer hier nicht dargestellten integrierten Bremsvermögen-Ermittlungseinheit ein mit dem Bremsvermögen des manuell betriebenen Fahrzeugs M korrelierendes Bremsvermögen-Maß ermitteln und anderen zumindest teilweise automatisiert betriebenen Fahrzeugen zur Verfügung stellen, so dass diese abhängig von der bekannten eigenen Bremsleistung einen notwendigen Sicherheitsabstand zu diesem nachfolgenden manuell betriebenen Fahrzeug ermitteln und ggf. einstellen können.
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Alternativ ist es auch möglich, dass die als externe Datenspeicher und Aufbereitungseinheit C ausgebildete Bereitstellungseinheit bereits aus dem ermittelten Bremsvermögen-Maß einen notwendigen Sicherheitsabstand des manuell betriebenen Fahrzeugs M zum Vordermann ermittelt und diese Information den Verkehrsteilnehmern zur Verfügung stellt.
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Durch diese Erfindung kann der Betrieb von manuell und (teil-)automatisiert betriebenen Fahrzeug auf einer Fahrbahn positiv beeinflusst werden.