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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Messen des Effektivwerts einer Wechselspannung. Gemäß einem zweiten Aspekt betrifft die Erfindung ein Wechselspannungsmessgerät.
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Die Spannungseinheit Volt wird in der Regel über eine Reihenschaltung von Josephson-Kontakten und eine Mikrowellen-Frequenzquelle dargestellt. Wechselspannungen müssen auf eine so definierte Gleichspannung zurückgeführt werden. Das geschieht im Stand der Technik durch thermische Konverter. Dabei wird die zu messende Wechselspannung an einen ohmschen Widerstand angeschlossen, der sich daraufhin erwärmt. Danach wird eine rückgeführte Spannung an den gleichen ohmschen Widerstand angelegt und ermittelt, wann der ohmsche Widerstand die gleiche Wärmemenge abgibt.
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Für Spannungen oberhalb einiger weniger Volt werden zusätzlich in Serie geschaltete Widerstände verwendet, um die entsprechende Wechselspannung rückgeführt zu messen, da der Dynamik-Bereich thermischer Konverter auf rund 10:1 beschränktist. Je höher die Wechselspannung ist, desto größer wird dabei die freiwerdende Verlust-Wärme, die nicht zum thermischen Transfer beiträgt, aber die Messeinrichtung aufheizt. Das ist insbesondere bei sehr hohen Wechselspannungen problematisch.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, den Effektivwert einer Wechselspannung verlustärmer auf eine Gleichspannung zurück zu führen.
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Die Erfindung löst das Problem durch ein Verfahren zum Messen des Effektivwerts einer Wechselspannung mit den Schritten: (a) Anlegen der Wechselspannung an eine Pockels-Zelle eines Wechselspannungsmessgerät, (b) Leiten eines in einer Eingangs-Polarisationsrichtung linear polarisierten einfallenden Lichtstrahls durch die Pockels-Zelle, sodass ein linear polarisierter auslaufender Lichtstrahl entsteht, dessen Ausgangs-Polarisations-Richtung um einen Ablenkwinkel zu einer Eingangs-Polarisationsrichtung des einfallenden Lichtstrahl gedreht ist, (c) Leiten des auslaufenden Lichtstrahls durch einen Polarisator, sodass ein polarisationsgefilterter Lichtstrahl entsteht, (d) Messen einer wechselspannungsbedingten Intensität des polarisationsgefilterten Lichtstrahls, sodass ein elektrisches Messsignal erhalten wird und (e) Bestimmen der Wechselspannung aus dem elektrischen Messsignal, (f) wobei das Bestimmen der Wechselspannung ein Tiefpassfiltern des elektrischen Messsignals umfasst, sodass ein zeitlicher Messsignal-Mittelwert erhalten wird, und (g) wobei der Effektivwert aus dem zeitlichen Messsignal-Mittelwert bestimmt wird.
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Gemäß einem zweiten Aspekt löst die Erfindung das Problem durch ein Wechselspannungsmessgerät mit (a) einer Pockels-Zelle, (b) einer Lichtquelle zum Abgeben eines linear polarisierten einfallenden Lichtstrahls auf die Pockels-Zelle, sodass der einfallende Lichtstrahl durch die Pockels-Zelle verläuft und ein auslaufender Lichtstrahl entsteht, (c) einem Polarisator, der so angeordnet ist, dass der auslaufende Lichtstrahl durch den Polarisator verläuft, sodass ein polarisationsgefilterter Lichtstrahl entsteht, (d) einem Intensitätsmesser zum Messen einer wechselspannungsbedingten Intensität des polarisationsgefilterten Lichtstrahls, (e) einem Tiefpassfilter zum Tiefpassfiltern des elektrischen Messsignals, sodass ein Messsignal für den zeitlichen Intensitäts-Mittelwert erhalten wird, und (f) einer Auswerteeinheit, die ausgebildet ist zum automatischen Bestimmen des Effektivwerts aus der wechselspannungsbedingten Intensität.
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Vorteilhaft an der Erfindung ist, dass der Strom, der durch die Pockels-Zelle fließt, sehr gering ist und in guter Näherung vernachlässigt werden kann. Es ist daher möglich, den Effektivwert mit einer sehr geringen Verlustleistung zu bestimmen, selbst wenn die Wechselspannung beispielsweise mehr als 100 Volt beträgt. Vorteilhaft ist zudem, dass der Aufbau des erfindungsgemäßen Wechselspannungsmessgeräts vergleichsweise einfach ist.
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Vorteilhaft ist zudem, dass die Pockels-Zelle in der Regel so gewählt werden kann, dass vergleichsweise hohe Wechselspannungen vermessen werden. Die Höhe der maximal anlegbaren Wechselspannung wird bei gleich gewähltem Design lediglich durch die Durchschlagsfestigkeit der Pockels-Zelle begrenzt.
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Im Rahmen der vorliegenden Beschreibung wird unter dem Anlegen der Wechselspannung an die Pockels-Zelle insbesondere verstanden, dass diejenige Wechselspannung an die Pockels-Zelle angelegt wird, deren Effektivwert gemessen werden soll.
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Bei dem Lichtstrahl, der durch die Pockels-Zelle geleitet wird, handelt es sich vorzugsweise um einen linear polarisierten Laserstrahl.
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Unter der Pockels-Zelle wird insbesondere ein elektrooptischer Modulator verstanden der den Pockels-Effekt nutzt. Das umfasst beispielsweise einen Kristall mit elektrooptischen Eigenschaften, an den Elektroden angelegt sind. Alternativ ist es möglich, dass die Elektrode direkt auf den Kristall abgeschieden ist. Derartige Vorrichtungen werden beispielsweise zur Modulation von Laserlicht oder bei der Güteschaltung von gepulsten Lasern verwendet.
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Vorzugsweise umfasst das Verfahren die Schritte (a) Anlegen einer positiven rückgeführten Gleichspannung an die Pockels-Zelle, (b) Leiten eines in der Eingangs-Polarisationsrichtung linear polarisierten einfallenden Lichtstrahls durch die Pockels-Zelle, sodass ein linear polarisierter auslaufender Lichtstrahl entsteht, dessen Ausgangs-Polarisations-Richtung um einen Ablenkwinkel zu einer Eingangs-Polarisationsrichtung des einfallenden Lichtstrahl gedreht ist, (c) Leiten des auslaufenden Lichtstrahls durch den Polarisator, sodass der polarisationsgefilterter Lichtstrahl entsteht, (d) Messen einer gleichspannungsbedingten Positivspannungs-Intensität des polarisationsgefilterten Lichtstrahls, (e) Anlegen einer negativen rückgeführten Gleichspannung an die Pockels-Zelle, (f) Messen einer gleichspannungsbedingten Negativspannungs-Intensität des polarisationsgefilterten Lichtstrahls und (g) Bestimmen der Wechselspannung aus der Positivspannungs-Intensität, der Negativspannungs-Intensität und der wechselspannungsbedingten Intensität. In anderen Worten reicht eine rückgeführte Gleichspannung aus, um mittels des Wechselspannungsmessgeräts den Effektivwert der angelegten Wechselspannung zu bestimmen.
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Besonders günstig ist es, wenn zum Bestimmen der Wechselspannung die Formel
verwendet wird. Dabei ist
der zeitliche Mittelwert der wechselspannungsbedingten Intensität ist,
Adc den Mittelwert aus Negativspannungs-Intensität und Positivspannungs-Intensität beschreibt,
Udc die auf SI-Einheiten zurückgeführte Gleichspannung ist und
Uac die zu bestimmende Wechselspannung beschreibt.
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Diese Formel ergibt sich auf die folgende Weise.
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Der Pockels-Effekt dreht die Polarisationsebene um den Winkel α proportional zu U:
wobei U
π die sogenannte Halbwellenspannung bezeichnet, die für eine halbe Umdrehung der Polarisation benötigt würde. Die Lichtintensität, die durch den Analysepolarisator übertragen wird, kann ausgedrückt werden als
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Wenn die Drehung der Polarisation klein im Vergleich zu einer Viertel Umdrehung ist, kann eine Taylor-Reihe verwendet werden, um die Cosinusfunktion zu approximieren:
und die Intensität wird zu
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Für hinreichend kleine Gleichspannungen
U können die Terme höherer Ordnung vernachlässigt werden und die Lichtintensität wird beschrieben durch
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Nun sei U(t) eine sinusförmige Wechselspannung
was zu einer zeitabhängigen Drehung der Polarisation α(t) führt
mit â = π · Û / U
π und einer zeitabhängigen Lichtintensität am Detektor von
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Nun untersucht man den Mittelwert der Lichtintensität, gemittelt über eine Periode der angelegten Wechselspannung. Das Integral
hat keine analytische Lösung, aber wenn man die Taylor-Reihe aus Formel 3 anwendet, ergibt sich die Lichtintensität zu
wobei dann die einzelnen Summanden analytisch gemittelt werden können. Es sind lediglich die Mittelwerte der geraden Potenzen der Funktion sin(ωt) erforderlich:
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Die mittlere Intensität errechnet sich damit zu
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Für hinreichend kleine Spannungen können die Terme höherer Ordnung vernachlässigt werden und es ergibt sich die durchschnittliche Lichtintensität
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Einsetzen des Effektivwerts
Ueff , wobei die Amplitude als Û = √2· U
eff ausgedrückt wird, liefert:
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Der Vergleich mit Gleichung (5) erlaubt es, einen optischen Wechsel-Gleich-Transfer durchzuführen. Wird Formel 5 durch Formel 13 geteilt, ergibt sich
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Durch Umformen ergibt sich aus Formel 14
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Vorzugsweise ist der Intensitätsmesser eine Fotodiode. Diese Fotodiode wird im Strommodus mit einer Vorspannung betrieben. Beim Auftreffen des polarisationsgefilterten Lichtstrahls ergibt sich ein Fotostrom IFoto . Dieser fließt über einen ohmschen Widerstand, sodass sich eine zum Fotostrom IFoto proportionierte Fotospannung UFoto ergibt. Diese Fotospannung UFoto wird vorzugsweise über einen R-C-Tiefpassfilter mindestens erster Ordnung geleitet. Es ergibt sich so ein elektrisches Messsignal, das eine Mess-Spannung Umess kodiert oder mit dieser identisch ist. Die Messspannung Umess kann mit einem Digitalvoltmeter gemessen werden, das dann das Messsignal abgibt.
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Vorzugsweise beträgt die Frequenz der Wechselspannung zumindest 1 Hertz. Günstig ist es, wenn die Frequenz der Wechselspannung höchstens 1 Gigahertz, insbesondere höchstens 30 Megahertz, vorzugsweise höchstens 1 Megahertz beträgt.
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Vorzugsweise ist die Amplitude der Wechselspannung höchstens so gewählt und die Pockels-Zelle ist so gewählt, dass eine Ablenkwinkel Δα zwischen einem Minimal-ablenkwinkel amin bei einem Nulldurchgang der Wechselspannung und einem Maximalablenkwinkel αmax , wenn die Scheitelspannung der Wechselspannung an der Pockels-Zelle anliegt, höchstens 9°, insbesondere höchstens 1,5° beträgt. Es werden dann nur kleine Korrekturterme für die nach dem Glied zweiter Ordnung abgebrochene Taylor-Reihe (Formel 11 und Formel 12) vernachlässigt und es wird somit eine besonders kleine Messunsicherheit erreicht.
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Vorzugsweise werden abwechselnd die Wechselspannung und die Gleichspannung mit alternierender Polarität an die Pockels-Zelle angelegt und aus den resultierenden Lichtintensitäten wird eine zeitliche Drift des Wechselspannungsmessgeräts bestimmt. Anhand dieser Drift wird der Effektivwert, der aus dem zeitlichen Messsignal-Mittelwert bestimmt wird, um die Drift korrigiert.
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Unter der Drift wird der Effekt verstanden, dass das Wechselspannungsmessgerät auch beim Anlegen der gleichen Wechselspannung mit der Zeit sich langsam ändernde Effektivwerte ermittelt. Da die Gleichspannung rückgeführt bekannt ist, kann aus der zeitlichen Drift der korrekte Effektivwert bestimmt werden. Die Drift kommt beispielsweise durch eine Alterung des Kristalls der Pockels-Zelle oder des Polarisators zustande.
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Erfindungsgemäß ist zudem eine Wechselspannungsmesseinheit mit einem erfindungsgemäßen Wechselspannungsmessgerät und einem Kalibrierschein, in dem die Messunsicherheit für die Messung der Wechselspannung mit dem Wechselspannungsmessgerät angegeben ist. Die Messunsicherheit bezieht sich auf eine Messunsicherheit in Bezug auf ein Primärnormal, mittels dem eine SI-Einheit dargestellt wird.
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Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform besitzt das Wechselspannungsmessgerät eine Gleichspannungsquelle zum Abgeben einer rückgeführten Gleichspannung, einen Wechselspannungsanschluss und einen Umschalter zum alternativen Verbinden der Gleichspannungsquelle oder des Wechselspannungsanschlusses mit der Pockels-Zelle. Unter dem Merkmal, dass die Gleichspannungsquelle zum Abgeben einer rückgeführten Gleichspannung ausgebildet ist, wird insbesondere verstanden, dass für die von der Gleichspannungsquelle abgegebene Gleichspannung die Messunsicherheit in Bezug auf ein Primärnormal für eine SI-Einheit bekannt ist. Diese Messunsicherheit ist in einem entsprechenden Kalibrierschein angegeben.
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Vorzugsweise ist der Polarisator so relativ zur Polarisationsebene der Lichtquelle angeordnet, dass ohne an der Pockels-Zelle anliegende Spannung die durchtretende Lichtintensität minimal ist, insbesondere null wird. Alternativ oder zusätzlich ist der Polarisator so relativ zur Polarisationsebene der Lichtquelle angeordnet, dass die durchtretende Lichtintensität bei beiden Polaritäten der an der Pockels-Zelle anliegenden Gleichspannung sich um höchstens 1 % unterscheiden. In anderen Worten ändert sich die auf den Intensitätsmesser auftreffende Lichtintensität beim Umpolen um höchstens 1 %.
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Bei der Pockels-Zelle handelt es sich vorzugsweise um eine transversale Pockels-Zelle.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert. Dabei zeigt
- 1 einen schematischen Aufbau eines erfindungsgemäßen Wechselspannungsmessgeräts zum Durchführen eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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1 zeigt ein Wechselspannungsmessgerät 10 mit einer Pockels-Zelle 12, einer Lichtquelle 14 in Form eines Lasers, einem Polarisator 16 und einem Intensitätsmesser 18. Das Wechselspannungsmessgerät 10 umfasst zudem einen Tiefpassfilter 20 und eine Auswerteeinheit 22.
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Die Lichtquelle
14 gibt einen linear polarisierten einfallenden Lichtstrahl
24 ab, der in die Pockels-Zelle
12 einfällt, sodass ein auslaufender Lichtstrahl
26 entsteht. Der auslaufende Lichtstrahl
26 fällt auf den Polarisator
16, sodass sich ein polarisationsgefilterter Lichtstrahl
28 ergibt, der auf den Intensitätsmesser
18 auffällt. Es ergibt sich dort ein elektrisches Messsignal, im vorliegenden Fall in Form der Fotospannung
UFoto . Es ergibt sich so ein Messsignal für den zeitlichen Intensitäts-Mittelwert
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Die Auswerteeinheit 22 berechnet daraus wie oben angegeben den Effektivwert Ueff der Wechselspannung.
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Das Wechselspannungsmessgerät 10 besitzt zudem eine Gleichspannungsquelle 30, die mittels eines schematisch eingezeichneten Umschalters 32 mit der Pockels-Zelle 12 verbindbar ist. Das Wechselspannungsmessgerät 10 kann zudem einen Anschluss 34 zum Anlegen der Wechselspannung aufweisen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- Wechselspannungsmessgerät
- 12
- Pockels-Zelle
- 14
- Lichtquelle
- 16
- Polarisator
- 18
- Intensitätsmesser
- 20
- Tiefpassfilter
- 22
- Auswerteeinheit
- 24
- einfallender Lichtstrahl
- 26
- auslaufender Lichtstrahl
- 28
- polarisationsgefilterter Lichtstrahl
- 30
- Gleichspannungsquelle
- 32
- Umschalter
- 34
- Anschluss
- Δα
- Ablenkwinkeldifferenz
- αmin
- Minimal-Ablenkwinkel
- αmax
- Maximal-Ablenkwinkel
- ω
- Kreisfrequenz
- Adc
- Mittelwert aus Negativspannungs-Intensität und Positivspannungs-Intensität
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- auf 1 normierte Amplitude
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- zeitlicher Intensitäts-Mittelwert
- U□
- Halbwellenspannung
- IFoto
- Fotostrom
- Ueff
- Effektivwert
- U
- Amplitude der Wechselspannung
- Uac
- zu bestimmende Wechselspannung
- Udc
- auf SI-Einheiten zurückgeführte Gleichspannung
- UFoto
- Fotospannung
- Umess
- Messsignal, Mess-Spannung