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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeuges nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1. Zum Stand der Technik wird beispielshalber auf die
DE 10 2017 006 692 A1 verwiesen.
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Insbesondere bei Elektrofahrzeugen und Hybridfahrzeugen, also Fahrzeugen mit einer elektrischen Antriebseinheit (=Elektromotor) ist die sogenannte Rekuperation bekannt. Bei der Rekuperation wird kinetische Energie der Antriebsräder durch die elektrische Antriebseinheit, insbesondere durch den Elektromotor in elektrische Energie umgewandelt. Die elektrische Antriebseinheit wird dabei generatorisch betrieben. So kann ein Teil der Energie, die beim Bremsen normalerweise als Reibungswärme verloren geht, in Form von elektrischer Energie in einen elektrischen Energiespeicher, wie beispielsweise in eine Batterie oder einen Kondensator, eingespeist und anschließend genutzt werden. Gleichzeitig wird durch den generatorischen Betrieb der E-Maschine eine das Fahrzeug abbremsende Wirkung erzielt, die sogenannte Rekuperationsbremsung. Diese wird auch als regeneratives bzw. rekuperatives Bremsen bezeichnet.
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Um eine Rekuperationsbremsung zu realisieren, wird an der elektrischen Antriebeinheit ein Rekuperationsmoment eingestellt, welches ein Bremsmoment darstellt und das Fahrzeug dadurch verzögert.
Insbesondere bei Elektrofahrzeugen ist es dabei bekannt, die genannte Rekuperation zu nutzen, indem bei Erfassen eines Bremswunsches, beispielsweise durch Betätigung des Bremspedals durch einen Fahrzeuginsassen, ein Rekuperationsmoment (i.d.R. in Abhängigkeit eines durch Betätigung des Bremspedals durch den Fahrzeuginsassen zurückgelegten Bremspedalwegs des Bremspedals) eingestellt und das Fahrzeug damit gezielt auf die gewünschte Bremsleistung abgebremst wird.
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Es ist ferner bekannt, dass die genannte Rekuperation auch im Schubbetrieb bzw. im Schleppbetrieb einer Antriebseinheit zur Verzögerung des Fahrzeuges genutzt werden kann. Dabei wird i.d.R. bei Beendigung oder bei Nachlassen der Betätigung des Fahrpedals durch einen Fahrzeuginsassen, wenn also beispielsweise der Fahrzeuginsasse die Fahrpedalbetätigung verringert oder ganz vom Fahrpedal geht, ein sogenanntes Schubrekuperationsmoment (auch als Schlepprekuperationsmoment bekannt) an der Antriebseinheit eingestellt. Das Fahrzeug wird dadurch abgebremst. Üblicherweise erreicht das Schubbremsmoment bei Beendigung der Betätigung des Fahrpedals durch den Fahrzeuginsassen seinen maximalen Wert (das sog. Soll-Schubrekuperationsmoment).
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Um einen möglichst effizienten Bremsvorgang einzuleiten, ist es aus dem Stand der Technik bekannt das genannte Rekuperationsmoment unmittelbar nach Erfassung eines Verzögerungswunsches einzustellen bzw. zu beaufschlagen. Die
DE 10 2017 006 692 A1 beispielsweise offenbart ein Verfahren, indem speziell darauf abgezielt wird eine verzögerte Aktivierung des Rekuperationsvorgangs durch schnelles Einstellen eines Rekuperationsmoments zu vermeiden. Dabei erfolgt neben der genannten Schubrekuperation (durch vermindern oder Beenden der Betätigung des Fahrpedals) gleichzeitig die genannte Rekuperationsbremsung.
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Diese schnelle Einstellung bzw. Überlagerung des Rekuperationsmoments direkt anschließend an die Erfassung eines Verzögerungswunsches, bewirkt in einigen Situationen ein unstetes Bremsverhalten, welches ein Fahrzeugführer bzw. ein Fahrzeuginsasse als unkomfortabel wahrnimmt. Dieses unstete Bremsverhalten ist einem „Nachhängen“ des Antriebs zu verschulden, welcher zu Beginn des Schubbetriebs noch eine gewisse Zeitdauer benötigt, um das Schubmoment umzusetzen. Diese Zeitversetzung wird für einen Fahrzeugfahrer als unstet wahrgenommen. Das Bremsverhalten des Fahrzeuges ist dann zeitlich etwas versetzt von der Betätigung des Bremspedals und damit anders als die von einem Fahrzeugführer beabsichtigte Wirkung. Darüber hinaus kann ein solches Bremsverhalten zu einem möglichen Überbremsen führen, da der Fahrzeugfahrer bis Umsetzung des Schubmoments bzw. bis Beginn der Einstellung eines Schubmoments, annimmt, dass das Fahrzeug nicht ausreichend auf dessen Betätigung reagiert und daraufhin eine stärke Bremsbetätigung einleitet (auch als zweiphasiges Bremsen bezeichnet).
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Es ist somit Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeuges bereitzustellen, um das Verzögerungsverhalten des Fahrzeuges mit einer Rekuperationsbremsung vorhersehbarer zu machen und somit das Fahrverhalten des Fahrzeuges zu verbessern.
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Die Lösung der Aufgabe ergibt sich durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch ein Bremssystem nach Anspruch 7, ein Elektrofahrzeug nach Anspruch 8 und ein Hybridfahrzeug nach Anspruch 9. Vorteilhafte Aus- und Weiterbildungen sind Inhalt der Unteransprüche.
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Zur Lösung der genannten Aufgabe wird ein Verfahren zum Betreiben eines Bremssystems eines Fahrzeuges vorgeschlagen, wobei das Fahrzeug zumindest eine zur Rekuperationsbremsung des Fahrzeuges einsetzbare elektrische Maschine umfasst.
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Bei dem Fahrzeug handelt es sich bevorzugt um ein Kraftfahrzeug, insbesondere ein zweispuriges Kraftfahrzeug. Die Erfindung ist jedoch auch bei einem einspurigen Fahrzeug, wie beispielsweise einem Motorrad oder ähnlichem möglich.
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Ferner handelt es sich bei der genannten elektrischen Maschine vorzugsweise um einen Elektromotor zum Antreiben zumindest einer Achse bzw. eines Rads des Fahrzeuges.
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Unter der genannten Rekuperationsbremsung wird im Sinne dieser Erfindung eine oben bereits beschriebene Bremseinleitung durch Beaufschlagung eines Rekuperationsmoments der elektrischen Maschine verstanden. Die Höhe des beaufschlagten Rekuperationsmoments und damit die Höhe der Verzögerung des Fahrzeuges durch die Rekuperationsbremsung ist dabei bevorzugt abhängig von dem vom Fahrer betätigten Bremspedalweg.
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Ferner ist es vorgesehen, dass das Fahrzeug eine im Schubbetrieb zur Schubbremsung einsetzbare Antriebseinheit umfasst.
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Diese Antriebseinheit stellt dabei bevorzugt die bereits genannte elektrische Maschine dar. Alternativ oder zusätzlich kann die Antriebseinheit auch ein Verbrennungsmotor darstellen. Jedenfalls muss es sich um eine Antriebseinheit handeln, welche in einem Schubbetrieb betrieben werden kann und welche in diesem Schubbetrieb eine Schubbremsung (auch als Schlepprekuperation bzw. Schubrekuperation bezeichnet) durchführen kann. Die Antriebseinheit muss dabei eine vorgegebene Soll-Schlepprekuperation bzw. ein vorgegebenes Soll-Schubbremsmoment realisieren können.
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Zur Realisierung der Schubrekuperation wird ein sogenanntes Schubrekuperationsmoment (auch als Schlepprekuperationsmoment bekannt) an der Antriebseinheit eingestellt. Das Fahrzeug wird dadurch abgebremst. Üblicherweise erreicht das Schubbremsmoment bei Beendigung der Betätigung des Fahrpedals nach einer bestimmten Zeitspanne seinen maximalen Wert, die oben genannte Soll-Schubrekuperation bzw. Soll-Schlepprekuperation. Wann dieser maximale Wert erreicht ist, ist sehr stark von der entsprechenden Applikation im Antrieb abhängig. In einem reinen Elektrofahrzeug beispielsweise ist dieser Zeitraum in der Regel etwas kürzer als bei einem Fahrzeug mit einem Hybridantrieb, bedingt durch den Verbrennungsmotor.
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Der Schubbetrieb der Antriebseinheit setzt dabei insbesondere dann ein, wenn der Fahrzeugfahrer das Fahrpedal bzw. die Fahrbetätigung zurücknimmt bzw. komplett beendet. Betätigt also beispielsweise der Fahrzeugfahrer das Fahrpedal bzw. das Gaspedal weniger oder beendet dieser die Pedalbetätigung des Fahrpedals bzw. des Gaspedals, dann wird die Antriebseinheit in einen Schubbetrieb versetzt und eine Schubbremsung bzw. eine sogenannte Schlepprekuperation beginnt; das Fahrzeug wird dadurch verzögert. Bis jedoch das Schleppmoment bzw. das Schubmoment an der Antriebseinheit umgesetzt wird, vergeht eine bestimmte Zeitdauer, d.h. dass die Schubrekuperation bzw. die Schlepprekuperation einige Millisekunden bis mehrere Sekunden verzögert eintritt.
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In einem ersten Schritt des Verfahrens ist es demnach vorgesehen, dass, beispielsweise durch eine Steuereinheit oder bestimmte Sensoren, eine Verzögerungseinleitung des Fahrzeuges erfasst wird.
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Eine solche Verzögerungseinleitung kann beispielsweise eine Betätigung des Bremspedals durch einen Fahrzeugfahrer sein. Alternativ oder gleichzeitig kann eine solche Verzögerungseinleitung eine automatische bzw. selbstständige Abbremsung des Fahrzeuges sein, beispielsweise wenn sich das Fahrzeug in einem autonomen Fahrmodus bzw. Bremsmodus befindet (wie Beispielsweise bei aktivierter automatischer Abstandsregelung).
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Gleichzeitig wird eine rekuperationsfähige Fahrsituation erfasst. Diese Erfassung erfolgt ebenfalls durch geeignete Sensoren bzw. durch hinterlegte Voreinstellungen einer Steuereinheit.
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Unter einer rekuperationsfähigen Fahrsituation werden jene Fahrzustände im Sinne dieser Erfindung bezeichnet, bei welchen eine o.g. Bremsrekuperation bzw. Rekuperationsbremsung erfolgt d.h. bei welchen die elektrische Maschine mit einem Rekuperationsmoment beaufschlagt wird und dadurch das Fahrzeug verzögert wird.
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Eine solche rekuperationsfähige Situation ist beispielsweise bei einem Lastwechsel gegeben. Befindet sich die elektrische Maschine, insbesondere der Elektromotor als Antriebseinheit, auf einem positiven Moment (also einem Antriebsmoment) und verlässt der Fahrer dann das Fahrpedal während er direkt anschließend auf durch Betätigung des Bremspedals das Fahrzeug aktiv abbremsen möchte, so findet ein schneller Lastwechsel statt.
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Weitere Beispiele für eine rekuperationsfähige Fahrsituation sind eine aktive Bremseinleitung durch einen Fahrzeugfahrer durch Betätigen des Bremspedals, einen Abwurf von ACC oder Tempomat durch das Betätigen des Bremspedals oder einen sogenannten Zweifuß-Fahrer. Bei einem genannten Zweifuß-Fahrer wird gleichzeitig neben dem Bremspedal das Fahrpedal betätigt. Eine weitere rekuperationsfähige Fahrsituation ist beispielsweise ein Beenden von einem Motor-Aus-Segeln, d.h. dass ein mit abgeschaltetem Verbrennungsmotor segelndes Fahrzeug durch das Betätigen des Bremspedals abgebremst wird.
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Anschließend ist es vorgesehen, dass die genannte Antriebseinheit, bevorzugt die elektrische Maschine selbst, in einen Schubbetrieb versetzt wird, d.h. dass an der Antriebseinheit ein Schubrekuperationsmoment bzw. ein Schlepprekuperationsmoment eingestellt wird, welches das Fahrzeug verzögert. Zur Umsetzung der genannten Soll-Schlepprekuperation bzw. Soll-Schubrekuperation, d.h. zu Umsetzung des maximalen Schlepprekuperationsmoments bzw. Schubrekuperationsmoments, benötigt die Antriebseinheit eine gewisse Zeit.
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Auch zur Einleitung des Schubbetriebs benötigt die Antriebseinheit eine kurze Zeitdauer, d.h. dass zwischen dem Verlassen bzw. Zurücknehmen des Fahrpedals durch den Fahrer bzw. zwischen dem Einleitungsbefehl der Schlepprekuperation von einer Steuereinheit und der tatsächlichen Umsetzung der Schlepprekuperation eine zeitliche Verzögerung auftritt.
Das aktuelle Ist-Antriebsmoment wird dann binnen einer gewissen Zeitspanne auf das maximale bzw. das gewünschte Soll-Schlepprekuperationsmoment herunter geregelt.
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Anschließend an die Einleitung des genannten Schubbetriebes der Antriebseinheit ist die Aktivierung bzw. Einleitung einer genannten Rekuperationsbremsung vorgesehen; d.h. dass an der elektrischen Maschine, bevorzugt an dem genannten Elektromotor als Antriebseinheit, ein Rekuperationsmoment eingestellt wird und das Fahrzeug dadurch eine weitere Verzögerung erfährt. Dabei ist es vorgesehen, dass durch die Rekuperationsbremsung und die Schubbremsung eine Soll-Gesamtrekuperation, also ein Soll-Gesamtrekuperationsmoment erreicht werden soll. Dieses Soll-Gesamtrekuperationsmoment stellt dabei das gewünschte, endgültig einzustellende Bremsmoment dar. Das Soll-Gesamtrekuperationsmoment wird dabei durch eine Überlagerung des Schubrekuperationsmoments und des Bremsrekuperationsmoments realisiert.
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Erfindungsgemäß ist es vorgesehen, dass die genannte Rekuperationsbremsung durch Einstellen eines Rekuperationsmoments an der elektrischen Maschine erst ab Unterschreiten eines vorgegebenen Grenzwertes der Differenz zwischen dem Ist-Antriebsmoment bzw. dem aktuellen Ist-Schubrekuperationsmoment und dem Soll-Schubrekuperationsmoment stattfindet. In einem Schubbetrieb des Fahrzeuges entspricht das Ist-Antriebsmoment einem Ist-Schubrekuperationsmoment. Eine solche Differenz wird im Sinne dieser Erfindung als sogenanntes Aktivierungsoffset bezeichnet. Dabei ist die Aktivierung der Rekuperationsbremsung, also der Einstellung eines Rekuperationsmoments, dabei erfindungsgemäß von einer absoluten Differenz zwischen dem Ist-Antriebsmoment und dem Soll-Schubrekuperationsmoment abhängig. D.h., dass die Rekuperationsbremsung erst aktiviert wird, wenn zwischen dem Ist-Antriebsmoment der Antriebseinheit und dem Soll-Schubrekuperationsmoment bzw. Soll-Schlepprekuperationsmoment nur noch ein bestimmtes Aktivierungsoffset vorhanden ist. Die Differenz zwischen dem Ist-Antriebsmoment und dem Soll-Schlepprekuperationsmoment, die durch dieses Aktvierungsoffset beschrieben wird, muss also unterhalb einer vorgegebenen Schwelle liegen damit die Rekuperationsbremsung gefordert wird bzw. aktiviert bzw. eingeleitet wird.
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In einer alternativen Ausführung der Erfindung wird das Rekuperationsmoment an der elektrischen Maschine erst eingestellt, um die Rekuperationsbremsung zu aktivieren, wenn die Antriebseinheit ein bestimmtes minimales Ist-Antriebsmoment im Schubbetrieb unterschritten bzw. ein bestimmtes Ist-Schubrekuperationsmoment erreicht hat. In diesem Falle ist die Aktivierung der Rekuperationsbremsung, also der Einstellung eines Rekuperationsmoments, dabei erfindungsgemäß von einem relativen Wert des Ist-Antriebsmoments zum Soll-Schubrekuperationsmoment abhängig.
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Dieses bestimmte minimale Ist-Antriebsmoment, ab welchen die Rekuperationsbremsung aktiviert wird, kann 0 - 100 % des Soll-Schubrekuperationsmoments, besonders bevorzugt 60 - 80 % des Soll-Schubrekuperationsmoments bzw. Soll-Schlepprekuperationsmoments betragen. Grundsätzlich ist ein Wertebereich von 0 - 100% denkbar, wobei der relative Wert sich im Besonderen am absoluten Niveau des Soll-Schlepprekuperationsmoments orientiert. Dieses kann sowohl innerhalb eines Fahrzeugs (durch unterschiedliche Fahrmodi) und zwischen verschiedenen Fahrzeugen (Elektrofahrzeug, Hybridfahrzeug, mild Hybrid-Fahrzeug etc.) sehr unterschiedlich ausgeprägt sein.
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Im Falle eines Elektromotors als Antriebseinheit sowie als elektrische Maschine wird beispielsweise von diesem erst eine Rekuperationsbremsung bzw. ein Rekuperationsmoment gefordert, wenn der Elektromotor selbst bereits ein eigenes Soll-Schubmoment zum größten Teil (bevorzugt 60 - 80% des Soll-Schubrekuperationsmoments) umgesetzt hat.
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Dieses Verfahren hat insbesondere den Vorteil, dass das Fahrverhalten und das Bremsverhalten des Fahrzeuges für einen Fahrzeuginsassen besser einschätzbar ist und dadurch Fehlbremsungen (wie beispielsweise Überbremsen oder zweiphasiges Bremsen) verhindert werden können. Das Verzögerungsverhalten des Fahrzeuges wird durch das erfindungsgemäße Verfahren harmonischer und dadurch für einen Fahrzeugfahrer als komfortabler empfunden.
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Neben dem erfindungsgemäßen Verfahren wird gemäß Anspruch 7 ein Bremssystem zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens beansprucht sowie gemäß Anspruch 9 und 10 ein Elektrofahrzeug und ein Hybridfahrzeug umfassend ein solches Bremssystem.
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Bei dem erfindungsgemäßen Bremssystem handelt es sich um ein bilanzierungsfähiges Bremssystem (auch als integriertes Bremssystem bekannt). Ein solches bilanzierungsfähiges Bremssystem ist im Unterschied zu einem konventionellen Bremssystem in der Lage dazu, zwischen der Reibbremse und der Bremsrekuperation hin und herzu bilanzieren bzw. zu blenden. Besonders bevorzugt handelt es sich um ein pedalentkoppeltes Bremssystem (auch als sogenannte „by-wire“-Bremsbetätigung bezeichnet), bei dem ein Bilanzieren des Bremsmoments zwischen der Rekuperation und der Reibbremse nicht im Bremspedal spürbar ist.
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Das erfindungsgemäße Bremssystem umfasst dabei zumindest eine elektrische Maschine, welche derart ausgebildet ist, dass diese eine Rekuperationsbremsung des Fahrzeuges durchführen kann.
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Bei dieser elektrischen Maschine handelt es sich, wie oben bereits genannt, insbesondere um einen Elektromotor, welcher als Antriebseinheit für das Fahrzeug dient.
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Ferner umfasst das Bremssystem zumindest eine Antriebseinheit, welche derart ausgebildet ist, dass diese eine Schubbremsung des Fahrzeuges in einem Schubbetrieb der Antriebseinheit durchführen kann.
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Diese Antriebseinheit kann die bereits genannte elektrische Maschine, insbesondere der Elektromotor als Antriebseinheit des Fahrzeuges, sein. Alternativ, wie oben bereits vorgeschlagen, ist es ebenso denkbar, dass die Antriebseinheit eine zusätzliche Antriebseinheit, wie beispielsweise einen Verbrennungsmotor darstellt, welche in einem Schubbetrieb durch ein Schubrekuperationsmoment das Fahrzeug verzögert bzw. abbremst.
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Es ist zumindest eine Steuereinheit und/oder zumindest eine Sensoreinheit vorgesehen (beispielsweise ein bekanntes und bereits im Fahrzeug vorhandenes Bremsregelsystem, wie zum Beispiel ein DSC), welche derart eingerichtet ist, eine Verzögerungseinleitung des Fahrzeuges und eine rekuperationsfähige Fahrsituation zu erfassen.
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Ferner umfasst das erfindungsgemäße Bremssystem zumindest eine (zusätzliche oder die bereits genannte) Steuereinheit, welche derart eingerichtet ist, eine Rekuperationsbremsung des Fahrzeuges einzuleiten bzw. ein Rekuperationsmoment an der elektrischen Maschine, insbesondere am Elektromotor, einzustellen. Die Steuereinheit ist dabei derart ausgebildet, dass diese erst ab Erreichen eines vorgegebenen Ist-Antriebsmoments bzw. ab Erreichen bzw. Unterschreiten einer vorgegebenen Differenz zwischen dem aktuellen Ist-Antriebsmoment der Antriebseinheit und einem Soll-Schubrekuperationsmoment der Antriebseinheit, die Rekuperationsbremsung aktiviert.
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In einer ersten beanspruchten Ausführung ist das genannte Bremssystem in einem Elektrofahrzeug angeordnet. Das erfindungsmäße Elektrofahrzeug umfasst dabei das genannte Bremssystem zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Dabei ist die genannte elektrische Maschine als elektromotorischer Antrieb (auch als Elektromotor bezeichnet) des Fahrzeuges ausgebildet und ist für die Energiebereitstellung für den Antrieb des Fahrzeuges verantwortlich. Dabei wird über den elektromotorischen Antrieb sowohl die genannte Schubbremsung, als auch die Rekuperationsbremsung realisiert. Um also ein vorgegebenes Soll-Gesamtrekuperationsmoment bzw. eine vorgegebene Gesamtrekuperation zu erzielen, wird vorerst der elektromotorische Antrieb in einen Schubbetrieb versetzt. Ab Erreichen der vorgegebenen Differenz zwischen dem Ist-Antriebsmoment und der Soll-Schubrekuperation wird die Rekuperationsbremsung durch Einstellen eines Rekuperationsmoments an dem elektromotorischen Antrieb eingeleitet bzw. aktiviert. Durch die genannte Soll-Schubrekuperation und später die überlagerte Rekuperationsbremsung wird die gewünschte Soll-Gesamtrekuperation bzw. das Soll-Gesamtrekuperationsmoment erreicht und das Fahrzeug dementsprechend abgebremst.
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Die elektrische Maschine ist dann derart ausgebildet, dass diese sowohl in einem Schubbetrieb (in welchen eine Schubbremsung erfolgt), als auch in einem Rekuperationsbetrieb (in welchen eine Rekuperationsbremsung des Fahrzeuges erfolgt) betrieben werden kann. Dabei können der Rekuperationsbetrieb und der Schubbetrieb gleichzeitig bzw. nebeneinander erfolgen.
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Daneben wird auch ein Hybridfahrzeug beansprucht, welches ein genanntes erfindungsgemäßes Bremssystem zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens umfasst.
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Dieses Hybridfahrzeug umfasst dabei zumindest eine elektrische Maschine, insbesondere einen elektromotorischen Antrieb, sowie eine weitere Antriebseinheit. Dabei kann das Fahrzeug bevorzugt sowohl von dem elektromotorischen Antrieb, als auch von der weiteren Antriebseinheit angetrieben werden.
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Es ist auch möglich, dass das Hybridfahrzeug nur von einem der beiden, insbesondere nur von der elektrischen Maschine angetrieben wird. In zuletzt genanntem Fall kann die zusätzliche Antriebseinheit dem Aufladen eines Energiespeichers, wie beispielsweise eines Kondensators oder einer Batterie, der elektrischen Maschine dienen.
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Es ist jedoch erforderlich, dass die elektrische Maschine bzw. die zusätzliche Antriebseinheit derart ausgebildet sind, dass das Fahrzeug in einen Rekuperations- sowie in einen Schubbetrieb versetzt werden kann, um die genannte Soll-Gesamtrekuperation zu erreichen.
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Diese und weitere Merkmale gehen außer aus den Ansprüchen und aus der Beschreibung auch aus der Zeichnung hervor, wobei die einzelnen Merkmale jeweils für sich alleine oder zu mehreren in Form von Unterkombinationen bei einer Ausführungsform der Erfindung verwirklicht sein und vorteilhafte sowie für sich genommen schutzfähige Ausführungen darstellen können, für die hier Schutz beansprucht wird.
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Im Folgenden wird die Erfindung anhand von einem Ausführungsbeispiel weiter erläutert.
Die einzige 1 zeigt dabei ein Diagramm des Verlaufs des aktuellen Bremsmoments (Mist) in Nm, welches auf das Fahrzeug während eines erfindungsgemäßen Verfahrens wirkt in Abhängigkeit der Zeit t.
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Zur Durchführung des Verfahrens umfasst das Bremssystem des Ausführungsbeispiels einen Elektromotor zum Antrieb des Fahrzeuges, welcher in einem Schubbetrieb durch ein Schubmoment eine Schubbremsung des Fahrzeuges und im Rekuperationsbetrieb eine Rekuperationsbremsung des Fahrzeuges realisieren kann.
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In einer Ausgangssituation befindet sich das Antriebsmoment des Elektromotors Mist in einem positiven Bereich (nicht im Diagramm eingezeichnet).
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In einem ersten Schritt des Verfahrens wird eine Verzögerungseinleitung des Fahrzeuges bzw. ein Verzögerungswunsch, beispielsweise durch Betätigung des Bremspedals des Fahrzeuges oder durch eine nachlassende Betätigung oder Beendigung der Betätigung eines Fahrpedals, erfasst. Dieser Verzögerungswunsch bzw. diese Verzögerungseinleitung erfolgt zum Zeitpunkt tbrems. In einem nächsten Schritt wird eine rekuperationsfähige Fahrsituation erfasst, d.h. durch geeignete Sensorik bzw. Berechnungen im Fahrzeug wird festgestellt, dass eine Rekuperationsbremsung stattfinden soll.
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Anschließend an die Erfassung der Verzögerungseinleitung bzw. des Verzögerungswunsches durch den Fahrzeugfahrer wird ein Schubbetrieb des Elektromotors eingeleitet, indem das Ist-Antriebsmoment Mist auf ein Soll-Schubrekuperationsmoment MSchub gebracht wird. In vielen Fahrsituationen besteht jedoch zwischen dem Zeitpunkt tbrems, in dem eine Verzögerungseinleitung bzw. ein Verzögerungswunsch erfasst wurde und der tatsächlichen Einleitung des Schubbetriebs, also dem Zeitpunkt tSchub1, bei dem tatsächlich ein negatives Antriebsmoment Mist durch einen Schubbetrieb des Elektromotors eingeleitet wird, eine zeitliche Verzögerung Δt.
Wird direkt nach Erfassen des Verzögerungswunsches bzw. der Verzögerungseinleitung zum Zeitpunkt tbrems eine Rekuperationsbremsung bzw. ein Rekuperationsmoment MReku eingestellt, wie dies in 1 mit der gestrichelten Linie (MReku) angedeutet ist, so entsteht ein unstetes Bremsverhalten, da die Rekuperationsbremsung bereits begonnen hat, während die Schubrekuperation aufgrund der zeitlichen Verzögerung Δt noch nicht begonnen hat. Dieses Bremsverhalten wird für einen Fahrzeugfahrer bzw. Fahrzeuginsassen als unstet und unkomfortabel empfunden.
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Um diesen Nachteil zu vermeiden, ist es vorgesehen, dass das Rekuperationsmoment MReku zur Aktivierung der Rekuperationsbremsung erst ab Erreichen einer vorgegebenen Differenz ΔM zwischen dem Ist-Antriebsmoment bzw. Ist-Schubrekuperationsmoment Mist und dem Soll-Schubrekuperationsmoment MSchub eingestellt wird. Diese Differenz wird auch als Aktivierungsoffset ΔM bezeichnet.
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Hierzu wird dem Elektromotor ein Rekuperationsmoment MReku zum Zeitpunkt tReku, an dem das Aktivierungsoffset erreicht wurde, überlagert bzw. eingestellt. Durch das genannte Einstellen des Rekuperationsmoments MReku wird die Rekuperationsbremsung aktiviert.
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Das Gesamtrekuperationsmoment bzw. Gesamtbremsmoment MSoll wird dann durch das eingestellte Soll-Schubrekuperationsmoment MSchub und das eingestellte Rekuperationsmoment MReku erreicht.
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Somit wird ein stetiges und für einen Fahrzeuginsassen als komfortable empfundenes Bremsverhalten erreicht.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102017006692 A1 [0001, 0005]