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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung des Blutdruckverlaufs gemäß Oberbegriff des Anspruches 1 sowie eine zugehörige Einrichtung gemäß Oberbegriff des Anspruches 10.
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Die oszillometrische Bestimmung des Blutdrucks basiert auf dem Einsatz einer aufblasbaren Manschette am Handgelenk oder Oberarm. Die Methode kann entweder oszillometrisch oder auskultatorisch ausgeführt werden. Sie liefert mit Hilfe eines an der aufblasbaren Manschette angeordneten Messsensors, meist eines Messventils, einen einzelnen systolischen, einen mittleren und einen diastolischen Wert für den aktuellen Blutdruck. Die Methode kann intermittierend, etwa alle 5 Minuten, angewandt werden und bedarf bei jeder Messung eines Aufblasens der Manschette, die z.B. um einen Oberarm oder um das Handgelenk herum gelegt werden muss.
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Gerade bei längeren und nächtlichen Untersuchungen ist das wiederholte Aufblasen der Manschette störend. Der Blutdruck ändert sich zudem mit jedem Herzschlag und kurzfristige Schwankungen können große Bedeutung haben. Außerdem hat der Blutdruck neben systolischem, mittlerem und diastolischem Blutdruckwert weitere Formmerkmale (es handelt sich bei dem Blutdruckwert eigentlich um einen Kurvenverlauf), die mit dieser Messung nicht erfasst werden.
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Alternativ können durch eine sog. invasive Messung (Goldstandard der Blutdruckmessung) auch kurzfristige Schwankungen und Details der Blutdruckkurve erfasst werden. Für die invasive Messung des Blutdrucks muss allerdings ein direkter Zugang zum Blutkreislauf hergestellt werden, eine solche Aufnahme ist daher nur in speziellen Bereichen wie etwa in der Klinik möglich und bedeutet stets ein Risiko für die Patienten.
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Die Alternative ist die nicht-invasive kontinuierliche Blutdruckbestimmung (continuous non-invasive blood pressure, CNIBP). Für die CNIBP kann die sog. Volumenkompensationsmethode oder die sog. Applanationstonometrie genutzt werden. Ausserdem kann mit der Kontaktdruckmethode eine schlagweise Schätzung des systolischen und des diastolischen Blutdrucks vorgenommen werden. Daneben existieren Verfahren, die eine schlagweise Schätzung des systolischen und/oder diastolischen Blutdrucks auf Basis von Eigenschaften der Pulswelle des Blutflusses vornehmen (z.B. Pulswellengeschwindigkeit, Pulsform, ...). Die Pulswelle kann dabei messtechnisch auf verschiedene Arten erfasst werden.
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Alle bestehenden Verfahren haben spezifische Nachteile bezüglich der Qualität der Messung und/oder den Anwendungsbedingungen.
- - Volumenkompensationsmethode:
- Die Anwendung schränkt den Nutzer ein (es ist hierfür ein Fingerclip nötig, eine längere Anwendung führt zu Taubheitsgefühl am Finger). Es ist eine (ggf. wiederholte) Initialisierung zur Bestimmung des absoluten Blutdruckwertes nötig (dazu wird eine zusätzliche Messung an einer zweiten Messstelle (z.B. am Oberarm) nötig). Dies bedeutet eine aufwändige technische Umsetzung. Weiterhin ergeben sich leicht fehlerhafte Ergebnisse bei schlechter peripherer Durchblutung. Der Messort entspricht nicht dem Ort des „interessierenden Blutdrucks“.
- - Applanationstonometrie:
- Es ist eine (ggf. wiederholte) Initialisierung zur Bestimmung des absoluten Blutdrucks nötig (dazu wird eine zusätzliche Messung an einer zweiten Messstelle (z.B. am Oberarm) nötig). Dies bedeutet eine aufwändige Umsetzung („passende Arterie muss gefunden werden“). Der Messort entspricht nicht Ort des „interessierenden Blutdrucks“.
- - Kontaktdruckmethode:
- kein kontinuierliches Blutdrucksignal (nur schlagweiser systolischer/ diastolischer Blutdruck). Es ist eine (ggf. wiederholte) Initialisierung zur Bestimmung des absoluten Blutdrucks nötig. Fehlerhaft. Kaum gebräuchlich.
- - Pulswellenanalyse:
- kein kontinuierliches Blutdrucksignal (nur schlagweiser systolischer/ diastolischer Blutdruck). Es ist eine (ggf. wiederholte) Initialisierung zur Bestimmung des absoluten Blutdrucks nötig. Fehleranfällig z.B. bei Änderungen des Gefäßtonus'.
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Es besteht daher ein Bedarf an einer nicht-invasiven, gleichwohl aber den Blutdruckverlauf ermittelnden Methode zur Blutdruckmessung.
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Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren und eine Einrichtung zur Blutdruckmessung zur Verfügung zu stellen, die ohne invasiven Eingriff eine möglichst genaue Erfassung des Verlaufs der Blutdruckkurve, insbesondere auch über längere Zeiträume ermöglicht.
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Die Lösung der erfindungsgemäßen Aufgabe ergibt sich hinsichtlich des Verfahrens aus den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruches 1 und hinsichtlich der Einrichtung aus den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruches 10 jeweils in Zusammenwirken mit den Merkmalen des zugehörigen Oberbegriffes. Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Die Erfindung geht aus von einem Verfahren zur Bestimmung des Blutdruckverlaufs, mittels einer am Körper, vorzugsweise an einer der Extremitäten, eines Patienten befestigten Kompressionseinrichtung, vorzugsweise einer Manschette oder dgl., die zumindest zeitweise einen Druck auf Teile des Körpers des Patienten ausübt, der den arteriellen Druck des Blutes übersteigt, wobei mindestens ein an der Kompressionseinrichtung angeordneter Drucksensor den Blutdruck misst. Ein derartiges gattungsgemäßes Verfahren wird dadurch in erfindungsgemäßer Weise weiter entwickelt, dass nach dem Aufbau des maximalen Drucks der Kompressionseinrichtung der Druck langsam auf einen Wert unter den diastolischen Blutdruck reduziert wird, wobei mindestens ein weiterer, an der dem Körper des Patienten zugewandten Fläche der Kompressionseinrichtung angeordneter Drucksensor und/oder der Drucksensor an der Kompressionseinrichtung globale Oszillationen des Blutdruckverlaufs ermitteln, anhand der globalen Oszillationen der mittlere, der systolische und der diastolische Wert des Blutdrucks bestimmt wird, und anhand der von dem mindestens einen Drucksensor bei der initialen absoluten Druckmessung individuell erfassten Charakteristika lokaler Oszillationen an der Messstelle des Drucksensors ein individuelles Gewebemodell im Bereich des Messvolumens ermittelt wird, das eine Übertragungsfunktion des Blutdrucks im Gewebe darstellt, und anschließend von dem mindestens einen Drucksensor in einem geeigneten Druckbereich, vorzugsweise bei einem Druck unter dem diastolischen Druck, Druckschwankungen erfasst werden, aus denen der zeitliche Verlauf des Blutdrucks durch inverse Berechnungen auf Basis des zuvor generierten Gewebemodells und der initialen absoluten Druckmessung bestimmt wird.
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Der beschriebene Ansatz des Verfahrens macht sich die real vorliegende Inhomogenität des betrachteten Messvolumens im Körper des Patienten, z.B. bei einer Messung an Oberarm oder Handgelenk, zu Nutze. Während einer oszillometrischen Blutdruckmessung wird ein lokales Gewebemodell erstellt und mit Hilfe von diesem das inverse Problem der Blutdruckbestimmung anhand eines oder mehrerer Messwerte gelöst. Am ähnlichsten erscheint der verfolgte Ansatz der Kontaktdruckmethode, da auch bei dieser Methode mit einer Oberarmmanschette, leichtem Anpressdruck und Initialisierung gearbeitet wurde (umgesetzt im Cortronic 7001). Allerdings liefert das Messprinzip kein kontinuierliches Blutdrucksignal (nur schlagweiser systolischer/ diastolischer Blutdruck), wurde frühzeitig als nicht ausreichend genau charakterisiert und konnte sich nicht etablieren.
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Eine „direkte“ Erfassung des Blutdruckes mit einem oder mehreren Drucksensoren ist nicht ohne Weiteres möglich, da das erfasste Ergebnis vom Anpressdruck und vom Gewebe an der Messstelle abhängig ist. Beide Größen sind im realen Einsatz nicht verfügbar. Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht hingegen, die nicht-invasive kontinuierliche Blutdruckbestimmung CNIBP an beliebigen Messorten, die (vereinfacht) als zylindrische Messvolumina (Querschnitt A, Länge I) betrachtet werden können und ein arterielles Gefäß beinhalten (beides trifft insbesondere auf den Oberarm mit der Arteria Brachialis zu).
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Messtechnische Grundlage ist der Einsatz von mindestens einem, vorteilhaft zwei, Drucksensoren (realisierbar z.B. auch durch eine flächig aufgelöste Druckmessung wie durch Druckmessmatten). Diese Drucksensoren werden um das Messvolumen herum oder entlang des Messvolumens angeordnet (im einfachsten Fall radial entlang eines Querschnitts z.B. des Oberarms als Messvolumens) und durch eine als Manschette/Band ausgebildete Kompressionseinrichtung fixiert. Zur CNIBP wird zunächst analog der oszillometrischen Blutdruckmessung von außen ein Druck durch die Manschette/Band aufgebaut, welcher den arteriellen Druck übersteigt. In der Folge wird der Druck (langsam) auf einen Wert unter den diastolischen Blutdruck verringert. Beim Nachlassen des Drucks werden durch den üblicherweise in der Manschette vorgesehenen Drucksensor bzw. den oder die weiteren Drucksensoren sog. Oszillationen erfasst (im Folgenden als globale Oszillationen bezeichnet). Die globalen Oszillationen werden genutzt, um den mittleren, systolischen und diastolischen Druck zu bestimmen (wie bei der herkömmlichen oszillometrischen Blutdruckmessung).
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Daneben wird aber auch noch die Ausprägung der Oszillationen bei variablem externen Druck an dem mindestens einen weiteren, an der dem Körper des Patienten zugewandten Fläche der Kompressionseinrichtung angeordneten Drucksensor (im Folgenden als lokale Oszillationen bezeichnet) gegenüber den globalen Oszillationen verwendet, um ein individuelles Gewebemodell des Messvolumens zu erstellen. Dabei wird ausgenutzt, dass das Gewebe nicht homogen ist, d.h. heißt, die lokalen Oszillationen werden sich örtlich, d.h. in der Druckmessung der jeweiligen Drucksensoren, unterscheiden. Es lassen sich somit Übertragungsfunktionen, die das Gewebe charakterisieren, bestimmen. Im weiteren Betrieb (die Manschette hat nunmehr z.B. einen Druck unter dem diastolischen Druck, so dass die Blutpulsation nicht mehr behindert ist) werden von dem mindestens einen Drucksensor an der dem Körper des Patienten zugewandten Fläche der Kompressionseinrichtung Druckschwankungen erfasst. Aus diesen wird der Blutdruck als sog. inverses Problem bestimmt, wobei das zuvor generierte Gewebemodell sowie die initiale absolute Druckmessung hierin eingehen.
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Damit lässt sich die herkömmliche oszillometrischen Bestimmung des Blutdrucks zu einer Bestimmung des Blutdruckverlaufs erweitern, ohne dass der Patient über Gebühr beeinträchtigt wird. Im Vergleich zu den verfügbaren Verfahren der CNIBP erhöht der verfolgte Ansatz die Messqualität und verbessert die Anwendungsbedingungen maßgeblich (weniger störend für den Nutzer, hardwaretechnisch elegantere Umsetzung). Die Methode hat dadurch vielfältige medizinische Einsatzmöglichkeiten und eröffnet Anwendungen aus den Bereichen Wellness und Sport (beispielsweise als Wearable).
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Von Vorteil ist hierbei das Vorsehen von mindestens einem oder mehreren Drucksensoren, neben dem Drucksensor an der Kompressionseinrichtung, an der dem Körper des Patienten zugewandten Fläche der Kompressionseinrichtung, da damit die erfassten lokalen Oszillationen eine verbesserte Berechnung des Blutdruckverlaufs ermöglichen. Hierdurch können die von den jeweiligen Drucksensoren erfassten, lokalen Oszillationen des Blutdrucks sich abhängig von der Anordnung der Drucksensoren zum Messvolumen örtlich unterscheiden, wodurch die einzelnen Druckmessungen der jeweiligen Drucksensoren unterschiedlich zueinander sind. Diese Unterschiede der von den jeweils unterschiedlich zueinander angeordneten Drucksensoren können nun dazu ausgenutzt werden, die von den jeweiligen Drucksensoren gemessenen lokalen Oszillationen in ein Gewebemodell umzurechnen, dass dann als eine Art Übertragungsfunktion für die Rückrechnung später gemessener lokaler Oszillationen in den gewünschten Blutdruckverlauf genutzt werden kann. Hierbei ist insbesondere das Gewebemodell in Form einer als Impulsantwort anzusehende Übertragungsfunktion abgebildet, die die lokale mechanische Reaktion des Gewebes im Messvolumen auf Druckschwankungen aufgrund des Blutdruck innerhalb des Messvolumens darstellt.
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In einer ersten denkbaren Ausgestaltung kann zur Bestimmung des Gewebemodells aus den Oszillationen die Überdruckmethode genutzt werden, bei der die Form der brachialen Blutdruckkurve bei vollkommen abgedrücktem Messvolumen erfasst wird. Insbesondere, wenn der mindestens eine Drucksensor derart an der Kompressionseinrichtung angeordnet werden, dass der Drucksensor den Blutdruck und damit die Oszillationen unmittelbar am Rand der Stauung des Blutflusses erfasst, kann das Gewebemodell wegen der anfangs vollständigen Unterbindung des Blutflusses durch das Messvolumen von recht gut definierten Anfangsbedingungen ausgegangen und anhand der sich bei sinkenden Druck der Manschette sich verändernden Werte des mindestens einen Drucksensors auf die Eigenschaften des Gewebes im Messvolumen und damit auf das zugrunde zu legende Gewebemodell geschlossen werden. Ist dieses Gewebemodell einmal bestimmt, kann es dann nachfolgend zur Rückrechnung der Messwerte des mindestens einen Drucksensors in den Blutdruckverlauf genutzt werden. Dieser Ansatz zur Bestimmung des Gewebemodells basiert auf der Beobachtung, dass sich die Form der brachialen Blutdruckkurve bei vollkommen abgedrücktem Oberarm (externer Druck > SBP+35 mmHg) durch Drucksensoren unmittelbar am Rand der Stauung formtreu erfassen lässt.
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In einer anderen Ausgestaltung kann zur Bestimmung des Gewebemodells aus den Oszillationen eine interaktive Bestimmung genutzt wird, bei der die Blutdruckkurve aufgrund eines manuell eingebrachten Druckimpulses im Bereich eines des mindestens einen Drucksensors erfasst wird. Hierzu kann z.B. der Patient selber im Bereich des mindestens einen Drucksensors einen lokalen Druckimpuls zu einer Veränderung der Druckverhältnisse in Messvolumen ausüben und verfahrensgemäß diese Veränderung zur Bestimmung eines passenden Gewebemodells genutzt werden. Zwischen dem Druckpuls am Entstehungsort und dessen Auswirkungen in anderen Sensoren lässt sich das Gewebeverhalten im Messvolumen insgesamt bestimmen. Die Gewebemodellierung berechnet dann ausgehend von einer Schätzung der Lage der Druckquelle(n) (mit a priori Wissen oder anhand von Pulsationsamplituden) die gesuchten inversen Übertragungsfunktionen zwischen Druckquellen und Drucksensor aus dem Gewebeverhalten.
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In einer weiteren Ausgestaltung kann zur Bestimmung des Gewebemodells aus den Oszillationen das Verfahren der Quellentrennung cBSS (cBSS = convolutive blind source separation) genutzt werden, bei der die Blutdruckkurve rechentechnisch inversiv ermittelt wird. Das Verfahren der Quellentrennung ist dabei ein gängiges Verfahren, um aus mehreren parallel aufgenommenen, sich überlagernden Messwerten die jeweiligen Einzeleinflüsse zu extrahieren.
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Hierbei kann in weiterer Ausgestaltung bei der Gewebemodellierung mittels Überdruckmethode oder Quellentrennung cBSS die Charakterisierung des Gewebes unter variablen externen Druckverhältnissen ausgeführt werden. Dies ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn der wirksame Pulsdruck dabei gleich bleibt, wobei die mittels Drucksensor erfassten Wechselanteile sich je nach externem Druck unterscheiden. Dabei kann das Verhalten des Gewebes in Abhängigkeit des externen Drucks genutzt werden, um eine verbesserte Modellierung des Gewebemodells vorzunehmen, bei dem ein Netzwerkmodell für das Gewebemodell genutzt wird und die druckabhängigen Messwerte zur Identifikation der Parameter des Gewebemodells verwendet werden.
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Von besonderem Vorteil ist es, wenn die absolute Blutdruckbestimmung, die Gewebemodellierung und die Verfeinerung des Gewebemodells im Rahmen einer oszillometrischen Blutdruckmessung ausgeführt wird.
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Auch ist es denkbar, dass die oszillometrische Blutdruckmessung wiederholt nacheinander durchgeführt wird, um das Gewebemodell zu verbessern.
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Die Erfindung betrifft weiterhin eine Einrichtung zur Durchführung eines Verfahrens zur oszillometrischen Bestimmung des Blutdrucks gemäß Anspruch 1, bei der die Einrichtung eine am Körper, vorzugsweise an einer der Extremitäten, eines Patienten befestigte Kompressionseinrichtung mit einem an der Kompressionseinrichtung angeordneten Drucksensor aufweist und die Kompressionseinrichtung zumindest zeitweise einen Druck auf Teile des Patienten ausübt, der den arteriellen Druck des Blutes übersteigt, wobei an der dem Körper des Patienten zugewandten Fläche der Kompressionseinrichtung mindestens ein weiterer Drucksensor angeordnet ist, dieser mindestens eine Drucksensor und der Drucksensor an der Kompressionseinrichtung mit einer Auswertungseinheit funktionsmäßig derart verbunden sind, dass die Messwerte der Drucksensoren rechentechnisch bearbeitet und in einen Blutdruckverlauf umgerechnet werden können. Die Vorteile einer derartigen Einrichtung ergeben sich wie vorstehend schon ausführlich geschildert aus dem erfindungsgemäßen Verfahren, worauf hier vollumfänglich Bezug genommen wird.
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Von Vorteil ist es hierbei, wenn der mindestens eine Drucksensor derart an der Kompressionseinrichtung angeordnet ist, dass der mindestens eine Drucksensor den Blutdruck und damit die lokalen Oszillationen unmittelbar am Rand der Stauung des Blutflusses aufgrund des Drucks der Kompressionseinrichtung erfasst. Hier ergeben sich aufgrund der bekannten Ausgangssituation besondere Vorteile für die Bestimmung des Gewebemodells.
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Weiterhin ist es denkbar, dass mehrere Drucksensoren rings um das Messvolumen herum verteilt und/oder in Längsrichtung verteilt an dem Messvolumen angeordnet sind. Bei einer etwa radial zum Messvolumen, also etwa am Umfang des Oberarms als Messvolumen verteilten Anordnung mehrerer Drucksensoren wird das Gewebe in einem gleichen Querschnitt hinsichtlich seines Druckverhaltens erfasst, so dass dabei recht überschaubare Gewebereaktionen gegeben sein dürften. Es ist aber auch möglich, mehrere Drucksensoren etwa in Längsrichtung des Oberarms verteilt anzuordnen und dadurch Effekte des Blutflusses durch das Messvolumen hindurch mit zu erfassen. Auch ist selbstverständlich eine Kombination beider Anordnungen oder auch andere Anordnungen der Drucksensoren denkbar. Der Einsatz weiterer Drucksensoren (beispielsweise durch Anordnung auf mehreren Querschnitten, d.h. dem Einschluss eines Volumens) kann zur Verbesserung des Gewebemodells genutzt werden.
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Von Vorteil ist es insbesondere, wenn die Kompressionseinrichtung eine aufblasbare Manschette aufweist. Diese Technik zum Aufbringen eines den arteriellen Druck übersteigenden äußeren Drucks ist einfach und erprobt und zudem für Patienten und medizinischem Personal allseits vertraut.
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In einer weiteren Ausgestaltung ist es auch denkbar, dass der oder die Drucksensoren flächenhaft arbeitende Druckaufnehmer, vorzugsweise Druckmessmatten oder dgl. aufweisen. Zudem können an der Kompressionseinrichtung weitere Sensoren, vorzugsweise zum Impedanzmessung oder zur Ultraschallmessung angeordnet sein, mit denen weitere Messwerte aufgenommen und zur Verbesserung der Messung des Blutdruckverlaufs genutzt werden können.
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Eine besonders bevorzugte Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens zeigt die Zeichnung.
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Es zeigt:
- 1 - eine schematische Darstellung einer ersten denkbaren Anordnung der Drucksensoren in einer manschettenartig ausgebildeten Kompressionseinrichtung der erfindungsgemäßen Einrichtung,
- 2 - Anordnung der Kompressionseinrichtung am Oberarm eines Patienten,
- 3 - eine schematische Darstellung der Vorgehensweise bei der Druckbestimmung des Blutdrucks anhand der Oszillationen.
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In der 1 ist in einer schematischen Darstellung ein Schnitt quer durch die erfindungsgemäße Einrichtung 1 zu erkennen. Die erfindungsgemäße Einrichtung 1 weist dabei eine in Form einer üblichen Druckmanschette 2 ausgebildeten Kompressionseinrichtung auf, die wie in 2 zu erkennen in grundsätzlich bekannter Weise um einen Oberarm 3 eines Patienten 4 herum gelegt und etwa mittels eines nicht weiter dargestellten Bandes oder eines Klettverschlusses verschlossen werden kann. Diese Manschette 2 ist in ebenfalls bekannter Weise durch eine nicht dargestellte Pumpe aufblasbar und übt beim Einpressen der Luft in das Innere der Manschette 2 einen hier rings um den Oberarm 3 herum nach innen gerichteten Druck auf den Oberarm 3 aus. Da durch den Oberarm 3 neben einem Knochen 8 eine Arterie 5, die Arteria Brachialis, hindurch führt, wird aufgrund des Drucks der Manschette 2 das Gewebe des Oberarms 3 nach innen gedrückt und die Arterie 5 dabei komprimiert. Erhöht man den Druck in der Manschette 2 so weit, dass der Druck der Manschette 2 den arteriellen Druck in der Arterie 5 übersteigt, so wird die Arterie 5 vollständig abgedrückt und es kann kein Blut mehr hindurch pulsen.
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In der manschettenartigen Kompressionseinrichtung 2 sind neben dem üblicherweise als Druckmessventil ausgebildeten, integrierten Drucksensor 9 hier erkennbar drei Drucksensoren 6 radial am Umfang derart angeordnet, dass sie auf der Innenseite der Manschette 2 liegen und im Bereich der Auflagefläche der Manschette 2 auf dem Oberarm 3 positioniert sind. Dadurch werden sie von der aufgepumpten Manschette 2 gegen den Oberarm 3 gedrückt und können dadurch den Gegendruck des Gewebes messen. Dieser Gegendruck verändert sich mit der Pulsation des Blutes durch die Arterie 5, so dass die Drucksensoren 6 und der Drucksensor 9 den Blutdruckverlauf durch die Arterie 5 erfassen können. Dieser Verlauf des Blutdrucks wird, wie nachstehend ausführlicher beschrieben, anhand der von jedem Drucksensor 6 erfassten lokalen Oszillationen gemäß 3 aus den Messwerten der Drucksensoren 6 anhand eines vorab bestimmten Gewebemodells berechnet. Dazu werden vorab bei einer herkömmlichen oszillometrischen Bestimmung des Blutdruckverlaufs zum einen der diastolische und der systolische Wert des Blutdrucks in der Arterie 5 bestimmt, gleichzeitig aber auch die lokalen Oszillationen jedes der Drucksensoren 6 separat erfasst und wie nachstehend zum Gewebemodell umgerechnet.
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Das erfindungsgemäße Verfahren gibt hierfür verschiedene Möglichkeiten der Gewebemodellierung zur Blutdruckmessung mittels der oberflächig angeordneten Drucksensoren
6. Grundlage hierbei ist, dass ein Drucksensor
6 an der Oberfläche einen Druck y(t) misst. Verantwortlich für den gemessenen Druck ist der Gegendruck des Gewebes y
A(t) (Druck im Gewebe als Folge des Drucks, mit dem der Drucksensor aufgedrückt wird) und der durch eine gewebeabhängige Übertragungsfunktion h veränderten Blutdruck x(t) [1] (der Begriff Übertragungsfunktion meint das Verhalten des Gewebes als Reaktion auf Druckschwankungen und wird im Folgenden als Impulsantwort verstanden). Damit kann vereinfacht
angenommen werden, wobei ⊙ eine Faltung darstellt. Die Bestimmung des Blutdrucks kann demnach gemäß
erfolgen. Problematisch ist der Gewebeeinfluss (inverse Übertragungsfunktion h'). Dieser ist unbekannt und individuell verschieden. Zur Bestimmung werden nachfolgend drei Ansätze vorgeschlagen, die durch eine Messung bei variablem externen Druck noch verfeinert werden können. Bei der oszillometrischen Messung werden die lokalen Oszillationen zu den globalen Oszillationen bei verschiedenen Drücken in Relation gesetzt, um das Gewebemodell zu bestimmen. Der Gegendruck des Gewebes y
A in obiger Formel wird als Konstante betrachtet, die einmalig bestimmt werden muss, um den absoluten Blutdruck zu erhalten. Diese Bestimmung kann im Rahmen einer oszillometrischen Messung erfolgen. Aus dem mittleren Blutdruck und dem über einen Herzzyklus gemessenen gemittelten Druck, kann y
A bestimmt werden.
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Gewebemodellierung mittels Überdruckmethode:
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Der Ansatz basiert auf der Beobachtung, dass sich die Form der brachialen Blutdruckkurve bei vollkommen abgedrücktem Oberarm (externer Druck > SBP+35 mmHg) durch Drucksensoren 6 unmittelbar am Rand der Stauung formtreu erfassen lässt [2], [3]. Werden danach Druckkurven beim Arbeitsdruck (dem Druck, mit dem der/die Drucksensoren 6 während der normalen Messung angedrückt werden) erfasst, lassen sich die (inversen) Übertragungsfunktion zwischen diesen Messungen und der unmittelbar zuvor bestimmten realen Blutdruckkurve bestimmen und so das Übertragungsverhalten des Gewebes charakterisieren.
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Ablauf der Gewebemodellierung
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- - Erfassung der Blutdruckkurve durch Druckmessung bei hohem externem Druck (über SBP + 35 mmHg)
- - Druckreduktion auf Arbeitsdruck und Durchführung von Druckmessungen
- - Bestimmung der inversen Übertragungsfunktionen der einzelnen Druckmessungen zur Blutdruckkurve aus a
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Betrieb der Blutdruckmessung
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- - Anwendung der inversen Übertragungsfunktionen auf einzelne Druckmessungen zur Bestimmung geschätzter Drücke
- - Bestimmung des Blutdrucks als Überlagerung der geschätzten Drücke
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Das Verfahren lässt sich mit einem oder mehreren Drucksensoren 6 anwenden.
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Gewebemodellierung mittels interaktiver Bestimmung:
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Der Ansatz basiert auf einer einfachen Nutzerinteraktion in Form eines manuellen Druckimpulses. Dabei kann der Nutzer ggf. ein audiovisuelles Feedback erhalten. Zwischen dem Druckpuls am Entstehungsort und den Auswirkungen in anderen Drucksensoren 6 lässt sich das Gewebeverhalten insgesamt bestimmen. Die Gewebemodellierung berechnet dann ausgehend von einer Schätzung der Lage der Druckquelle(n) (mit a priori Wissen oder anhand von Pulsationsamplituden) die gesuchten inversen Übertragungsfunktionen zwischen Druckquellen und Drucksensor 6 aus dem Gewebeverhalten.
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Ablauf der Gewebemodellierung
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- - Aufstellen der paarweisen Übertragungsfunktionen zwischen den Drucksensoren 6 (für alle Drucksensoren 6: manuelle Impulserzeugung an einem Drucksensor 6 und Erfassung der Auswirkung an verbleibenden Drucksensoren 6)
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Betrieb der Blutdruckmessung
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- - Schätzung der Lage der Druckquelle(n) (aus Amplitudenverhältnissen der Einzelmessungen (dynamisch) oder mittels a priori Wissen (statisch))
- - Gewichtete Überlagerung der paarweisen Übertragungsfunktionen (Drucksensor-Drucksensor) um inverse Übertragungsfunktion (Drucksensor-Druckquelle) zu bestimmen
- - Anwendung der inversen Übertragungsfunktionen auf einzelne Druckmessungen zur Bestimmung geschätzter Drücke
- - Bestimmung des Blutdrucks als Überlagerung der geschätzten Drücke
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Das Verfahren benötigt mindestens zwei Drucksensoren 6.
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Gewebemodellierung mittels Quellentrennung:
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Die convolutive blind source separation (cBSS) löst Probleme (diese Formulierung bezieht sich auf ein Quellensignal, kann aber auf mehrere Quellensignale erweitert werden) der Form
mit y
m (t) als das vorhandene Ergebnis der Messung, x
n (t - k) als unbekannte Quellensignale, h
mn(k) als unbekannte Übertragungsfunktion zwischen m und n und v
m(t) als unbekanntes Rauschen in Kanal mn [4]. Diese Formulierung entspricht der zuvor beschriebenen Messsituation. Die cBSS findet h'
mn (also die gesuchte inverse Übertragungsfunktion(en)) sowie x
n(t) bei ausschließlicher Kenntnis von y
m(t) und ermöglicht damit die Gewebecharakterisierung durch h'
mn bzw. unmittelbar die Bestimmung des Quellensignals x(t) (hier der Blutdruck).
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Ablauf der Gewebemodellierung
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- - Berechnung der inversen Übertragungsfunktionen durch cBSS
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Betrieb der Blutdruckmessung
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- - Anwendung der inversen Übertragungsfunktionen auf einzelne Druckmessungen zur Bestimmung geschätzter Drücke
- - Bestimmung des Blutdrucks als Überlagerung der geschätzten Drücke
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Das Verfahren benötigt mindestens so viele Drucksensoren 6 wie angenommene Druckquellen.
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Die vorstehend beschriebene Gewebemodellierung durch die Überdruckmethode und Quellentrennung kann verfeinert werden, indem die Charakterisierung des Gewebes nicht nur beim Arbeitsdruck sondern unter variablen externen Druckverhältnissen ausgeführt wird. Der wirksame Pulsdruck bleibt dabei gleich, die mittels Drucksensoren 6 erfassten Wechselanteile unterscheiden sich je nach externem Druck. Das Verhalten des Gewebes in Abhängigkeit des externen Drucks kann genutzt werden, eine genauere Modellierung des Gewebes vorzunehmen. Dazu kann ein Netzwerkmodell für das Gewebe angenommen. Die druckabhängigen Messwerte werden zur Identifikation der Parameter des Modells verwendet. Für den Betrieb wird die inverse Übertragungsfunktion aus dem parametrisierten Netzwerkmodell abgeleitet.
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Eine Vorgehensweise dafür erfolgt analog zur oszillometrischen Blutdruckmessung, d.h. ein externer Druck wird kontinuierlich abgelassen und die Oszillationen in einem geeigneten Druckbereich gemessen. Als Bezugsgröße, d.h. als Verlauf zwischen dem und den Einzelmessungen können inverse Übertragungsfunktionen bestimmt werden, wobei die Referenzpulswellenform aus der Überdruckmethode verwendet werden kann.
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Damit ist es möglich, die absolute Blutdruckbestimmung, die Gewebemodellierung nach der Überdruckmethode und die Verfeinerung des Modells im Rahmen einer oszillometrischen Blutdruckmessung auszuführen.
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Literatur
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- [1] W. Zuo, P. Wang, and D. Zhang, „Comparison of three different types of wrist pulse signals by their physical meanings and diagnosis performance," IEEE J. Biomed. Heal. Informatics, vol. 20, no. 1, pp. 119-127, 2016.
- [2] F. Liang, „Numerical validation of a suprasystolic brachial cuff-based method for estimating aortic pressure," Biomed. Mater. Eng., vol. 24, no. 1, pp. 1053-1062, 2014.
- [3] I. G. Horvath, Á. Nemeth, Z. Lenkey, N. Alessandri, F. Tufano, P. Kis, B. Gaszner, and A. Cziráki, „Invasive validation of a new oscillometric device (Arteriograph) for measuring augmentation index, central blood pressure and aortic pulse wave velocity," J. Hypertens., vol. 28, no. 10, pp. 2068-2075, 2010.
- [4] M. S. Pedersen, J. Larsen, U. Kjems, L. C. Parra, and K. Lyngby, Springer Handbook of Speech Processing. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2008.
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Bezugszeichenliste
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- 1 -
- Einrichtung
- 2 -
- Manschette, Kompressionseinrichtung
- 3 -
- Oberarm
- 4 -
- Patient
- 5 -
- Arterie
- 6 -
- Drucksensoren
- 7 -
- Messvolumen
- 8 -
- Oberarmknochen
- 9 -
- Drucksensor an Kompressionseinrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- W. Zuo, P. Wang, and D. Zhang, „Comparison of three different types of wrist pulse signals by their physical meanings and diagnosis performance,“ IEEE J. Biomed. Heal. Informatics, vol. 20, no. 1, pp. 119-127, 2016 [0041]
- F. Liang, „Numerical validation of a suprasystolic brachial cuff-based method for estimating aortic pressure,“ Biomed. Mater. Eng., vol. 24, no. 1, pp. 1053-1062, 2014 [0041]
- I. G. Horvath, Á. Nemeth, Z. Lenkey, N. Alessandri, F. Tufano, P. Kis, B. Gaszner, and A. Cziráki, „Invasive validation of a new oscillometric device (Arteriograph) for measuring augmentation index, central blood pressure and aortic pulse wave velocity,“ J. Hypertens., vol. 28, no. 10, pp. 2068-2075, 2010 [0041]
- M. S. Pedersen, J. Larsen, U. Kjems, L. C. Parra, and K. Lyngby, Springer Handbook of Speech Processing. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2008 [0041]