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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung der Fahrtrichtung eines Fahrzeugs basierend auf einer Beschleunigungsinformation.
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Fahrzeuge mit der Fähigkeit zum zumindest teilweise autonomen Fahren sind bereits bekannt. Insbesondere sind Fahrzeuge mit Parkassistenzsystemen bekannt, mittels denen ein Fahrzeug automatisch in eine Parklücke eingeparkt werden kann. Während derartigen automatischen Parkvorgängen ist es notwendig, die Lage und Ausrichtung des Fahrzeugs präzise zu bestimmen bzw. zu schätzen, um das Fahrzeug kollisionsfrei auf einer geplanten Parktrajektorie in eine finale Parkposition steuern zu können.
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Während des Parkvorgangs ist es möglich, dass das Fahrzeug zwischen Parkzügen die Fahrtrichtung ändert. Die Fahrtrichtung muss ebenfalls bestimmt bzw. geschätzt werden, um Fehler in der Positionsschätzung zu vermeiden. Die Bestimmung der Fahrtrichtung ist insbesondere dann kritisch, wenn das Fahrzeug anfährt, d.h. sich aus dem Stillstand in Bewegung setzt. Für den Fall, dass die Fahrtrichtung nicht, zu spät oder falsch bestimmt wird, kann die Fahrzeugbewegung nicht nachvollzogen werden oder die Fahrzeugbewegung wird in die falsche Richtung angenommen. Wird die Fahrtrichtung zu spät nach dem Anfahren erkannt, ergeben sich für das automatisierte Parken nicht akzeptable Fehler in der Positionsschätzung.
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Aus dem Stand der Technik bekannte Lösungen haben das Problem, dass diese die Bestimmung der Fahrtrichtung erst mit großer Verzögerung und oberhalb eines gewissen Geschwindigkeitswerts ermöglichen, so dass eine Bestimmung der Fahrtrichtung unmittelbar nach dem Anfahren des Fahrzeugs und/oder bei einer schnellen Fahrtrichtungsänderung, wie sie beispielsweise beim Überfahren eines Randsteins auftreten kann, nicht möglich ist. So liefert beispielsweise ein Raddrehzahlsensor die Drehrichtung der Räder erst nach drei erkannten Flanken des Encoder-Rades, d.h. das Fahrzeug ist beispielsweise schon ca. 10 cm gefahren, bis die Fahrtrichtung erkannt wird.
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Ausgehend hiervon ist es Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zur Bestimmung der Fahrtrichtung eines Fahrzeugs anzugeben, das eine genaue Bestimmung der Fahrtrichtung bereits kurz nach dem Anfahren des Fahrzeugs und bei geringer Geschwindigkeit, beispielsweise einer Geschwindigkeit kleiner als 0,2 m/s ermöglicht.
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Die Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des unabhängigen Patentanspruchs 1 gelöst. Bevorzugte Ausführungsformen sind Gegenstand der Unteransprüche. Ein System zur Bestimmung der Fahrtrichtung ist Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 14 und ein Fahrzeug mit einem solchen System ist Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 15.
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Gemäß einem ersten Aspekt bezieht sich die Erfindung auf ein Verfahren zur Bestimmung der Fahrtrichtung eines Fahrzeugs. Das Verfahren umfasst dabei die folgenden Schritte:
- Zunächst wird ein erster Sensor zur Messung einer Längsbeschleunigung des Fahrzeugs und zumindest ein zweiter Sensor zur Ermittlung der Drehbewegung eines Rades des Fahrzeugs bereitgestellt. Vorzugsweise ist jedem Rad ein zweiter Sensor zugeordnet und diese von den zweiten Sensoren bereitgestellten Informationen werden zumindest teilweise gemeinsam ausgewertet. Der erste Sensor kann insbesondere ein Sensor einer inertialen Messeinheit oder ein Sensor des Bremssystems sein. Der zumindest eine zweite Sensor kann insbesondere ein Sensor des Bremssystems sein. Dieser kann vorzugsweise ein induktiv arbeitender Sensor sein (z.B. Hall-Sensor). Der zweite Sensor kann abhängig von der Winkelgeschwindigkeit des Rades ein zeitveränderliches gepulstes Signal bereitstellen. Insbesondere kann über den zeitlichen Abstand zweier Flanken des Ausgangssignals des zweiten Sensors auf die Winkelgeschwindigkeit des Rades rückgeschlossen werden.
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Anschließend wird ein eine Beschleunigungsinformation enthaltendes Beschleunigungssignal von dem ersten Sensor bereitgestellt. Diese Beschleunigungsinformation resultiert vorzugsweise aus einer Bewegung des Fahrzeugs, beispielsweise dem Anfahren des Fahrzeugs, einen Richtungswechsel etc.
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Das Beschleunigungssignal wird anschließend gefiltert, wodurch ein modifiziertes Beschleunigungssignal resultiert. Durch das Filtern des Beschleunigungssignals können Störeinflüsse, insbesondere Offsets durch eine Neigung des Fahrzeugs (beispielsweise durch Stehen an einer schiefen Ebene bzw. einem Hang) kompensiert werden.
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Zuletzt wird die Fahrtrichtung des Fahrzeugs basierend auf dem modifizierten Beschleunigungssignal und basierend auf dem Ausgangssignal des zweiten Sensors ermittelt. Das Ausgangssignal des zweiten Sensors wird insbesondere dazu verwendet, den Zeitpunkt der Auswertung des modifizierten Beschleunigungssignals für die Bestimmung der Fahrtrichtung bestimmen zu können. Insbesondere ist es mittels des zweiten Sensors möglich, festzustellen, dass ein Anfahren oder ein Richtungswechsel des Fahrzeugs erfolgt ist.
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Der technische Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin, dass die Fahrtrichtung des Fahrzeugs bereits unmittelbar nach dem in Bewegung setzen des Fahrzeugs bereits bei geringer Geschwindigkeit sehr exakt erfassbar ist und damit eine hochgenaue Kontrolle des Fahrvorgangs, insbesondere des Parkvorgangs, möglich wird.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel umfasst das Filtern des Beschleunigungssignals eine Tiefpassfilterung. Durch die Tiefpassfilterung ist es möglich, unerwünschte Nebeneffekte, wie beispielsweise das Schrägstehen des Fahrzeugs, die zu einer falschen Beurteilung der Fahrtrichtung führen können, zu kompensieren oder zumindest abzuschwächen. Die Tiefpassfilterung kann vorzugsweise zumindest zeitweise deaktiviert werden, beispielsweise abhängig von der Fahrzeuggeschwindigkeit oder aber abhängig von anderen Fahrzeug- oder Fahrsituationsparametern.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt bei der Bestimmung der Fahrtrichtung des Fahrzeugs ein Vergleich des tiefpass-gefilterten Beschleunigungssignals und des vom ersten Sensor bereitgestellten oder daraus abgeleiteten Beschleunigungssignals. Unter „abgeleitetes Beschleunigungssignal“ wird insbesondere ein Signal verstanden, das durch eine Signalverarbeitung erhalten wird. Die Signalverarbeitung kann dabei beispielsweise eine weitere Filterung des Signals umfassen. Durch diesen Vergleich lassen sich vorzugsweise falsche Fahrtrichtungsinformationen, die aus einem ruckartigen Abbremsen oder in-Bewegung-Setzen des Fahrzeugs resultieren, vermeiden oder zumindest abschwächen.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird bei der Bestimmung der Fahrtrichtung des Fahrzeugs die Abweichung zwischen dem vom ersten Sensor bereitgestellten oder daraus abgeleiteten Beschleunigungssignal und dem tiefpassgefilterten Beschleunigungssignal bestimmt. Das tiefpassgefilterte Beschleunigungssignal nähert sich im Sillstand des Fahrzeugs an das vom ersten Sensor bereitgestellte oder daraus abgeleitete Beschleunigungssignal, welches einen Offset durch eine Hangneigung enthalten kann, an. Beim Anfahren steigt das vom ersten Sensor bereitgestellte oder daraus abgeleitete Beschleunigungssignal schneller an, als das tiefpassgefilterte Beschleunigungssignal. Die Differenz beider Signale liefert die Fahrtrichtung. Dadurch lässt sich ein durch die Hangneigung entstehender Offset vorteilhafterweise kompensieren.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt bei der Bestimmung der Fahrtrichtung des Fahrzeugs eine Differenzbildung zwischen dem vom ersten Sensor bereitgestellten oder daraus abgeleiteten Beschleunigungssignal und dem tiefpass-gefilterten Beschleunigungssignal und basierend auf dem Vorzeichen des Ergebnisses der Differenzbildung wird die Fahrtrichtung bestimmt. Dadurch kann die Genauigkeit der Fahrtrichtungsbestimmung weiter gesteigert werden.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel umfasst das Filtern des Beschleunigungssignals eine Filterung mittels eines Bandsperrfilters. Dadurch lassen sich Schwingbewegungen der Fahrzeugkarosserie, die beim Abbremsen bzw. beim Anfahren des Fahrzeugs entstehen, zumindest teilweise ausfiltern.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel filtert das Bandsperrfilter ein Frequenzband aus, das die Schwingfrequenz des Fahrzeugs nach einem Abbrems- oder Beschleunigungsvorgang umfasst. Die Filterfunktion des Bandsperrfilters kann dabei in Abhängigkeit des jeweiligen Fahrzeugs mit einer festen Filtercharakteristik dimensioniert werden, da das Schwingverhalten eines Fahrzeugs relativ konstant ist und sich damit durch eine fest vorgegebene Filtercharakteristik gut kompensieren lässt.
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Bei adaptiv einstellbaren Fahrwerken kann die Filterfunktion anpassbar sein, beispielsweise durch Auswählen einer bestimmten Filterfunktion aus mehreren unterschiedlichen, vorgegebenen Filterfunktionen.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel weist das Bandsperrfilter eine Übertragungsfunktion invers zu dem Masse-Feder-Dämpfer-Modell des Fahrzeugs auf. Durch diese inverse Übertragungsfunktion lässt sich das Schwingungsverhalten des Fahrwerks kompensieren, so dass die von dem Beschleunigungssensor gemessenen Schwingungen zumindest weitestgehend kompensiert werden können.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel weist der Bandsperrfilter folgende Übertragungsfunktion auf:
wobei gilt:
Diese Übertragungsfunktion kann auf technisch einfache Weise implementiert werden und ermöglicht eine gute Kompensation der Schwingbewegungen des Fahrzeugs.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel sind die Parameter der vorstehenden Übertragungsfunktion wie folgt gewählt:
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel umfasst das Filtern des Beschleunigungssignals mehrere aufeinanderfolgende Filterschritte, und zwar einen ersten Filterschritt mittels eines Bandsperrfilters und einen zweiten Filterschritt, bei dem das Signal nach der Filterung durch das Bandsperrfilter durch ein Tiefpassfilter gefiltert wird. Dadurch können vor der Tiefpassfilterung unerwünschte Schwingungen herausgefiltert werden. Jedoch können schnelle, insbesondere sprungartige Signalveränderungen den Bandsperrfilter passieren, so dass das Tiefpassfilter in der Filteranordnung bzw. Filterkaskade seine Wirkung behält.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel erfolgt das Bestimmen der Fahrtrichtung des Fahrzeugs in Abhängigkeit des zeitlichen Verlaufs des Ausgangssignals des zweiten Sensors. In anderen Worten wird basierend auf dem Ausgangssignals des zweiten Sensors bestimmt, zu welchem Zeitpunkt das durch das Filtern modifizierte Beschleunigungssignal für die Bestimmung der Fahrtrichtung des Fahrzeugs ausgewertet wird. Insbesondere erfolgt eine Auswertung des modifizierten Beschleunigungssignals unmittelbar nach dem Anfahren oder einem Richtungswechsel des Fahrzeugs, wobei das in Bewegung setzen des Fahrzeugs, beispielsweise nach einem Stillstand oder nach einem Richtungswechsel, über das Ausgangssignal des zweiten Sensors erfassbar ist.
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Gemäß einem Ausführungsbeispiel wird die Fahrtrichtung des Fahrzeugs unmittelbar nach dem Empfangen einer Flanke des Ausgangssignals des zweiten Sensors bestimmt. Der zweite Sensor ist vorzugsweise dazu ausgebildet, ein zeitabhängiges, Flanken aufweisendes Ausgangssignal bereitzustellen. Dies kann insbesondere ein Rechtecksignal sein. Vorzugsweise wird das modifizierte Beschleunigungssignal unmittelbar nach dem Empfangen der ersten Flanke (steigend oder fallend) des Ausgangssignals des zweiten Sensors ausgewertet (d.h. unmittelbar nach dem Anfahren des Fahrzeugs) und dadurch die Fahrtrichtung des Fahrzeugs bestimmt.
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Gemäß einem weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein System zur Bestimmung der Fahrtrichtung eines Fahrzeugs umfassend einen ersten Sensor zur Messung einer Längsbeschleunigung des Fahrzeugs und zumindest einen zweiten Sensor zur Ermittlung der Drehbewegung eines Rades des Fahrzeugs. Das System ist dazu ausgebildet:
- - ein eine Beschleunigungsinformation enthaltendes Beschleunigungssignal von dem ersten Sensor zu empfangen;
- - das Beschleunigungssignal zu filtern, wodurch ein modifiziertes Beschleunigungssignal resultiert;
- - die Fahrtrichtung des Fahrzeugs basierend auf dem modifizierten Beschleunigungssignal und basierend auf dem Ausgangssignal des zweiten Sensors zu bestimmen.
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Gemäß einem nochmals weiteren Aspekt betrifft die Erfindung ein Fahrzeug mit einem vorbeschriebenen System.
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Unter „Parkvorgang“ im Sinne der vorliegenden Erfindung werden Vorgänge verstanden, bei denen ein Fahrzeug vorwärts, rückwärts, seitwärts oder schräg in eine Parklücke manövriert wird. Dabei kann sich der Fahrer beim Parkvorgang im Fahrzeug oder außerhalb des Fahrzeugs befinden (Remote-Parkvorgang). Ein „Parkvorgang“ kann dabei ein Einparkvorgang oder ein Ausparkvorgang sein.
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Unter „Parkassistenzsystem“ im Sinne der vorliegenden Erfindung werden jegliche Systeme verstanden, die dem Fahrer eine Unterstützung beim Parkvorgang bieten und die zumindest einen teilautomatisierten Parkvorgang ermöglichen.
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Die Ausdrücke „näherungsweise“, „im Wesentlichen“ oder „etwa“ bedeuten im Sinne der Erfindung Abweichungen vom jeweils exakten Wert um +/- 10%, bevorzugt um +/- 5% und/oder Abweichungen in Form von für die Funktion unbedeutenden Änderungen.
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Weiterbildungen, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich auch aus der nachfolgenden Beschreibung von Ausführungsbeispielen und aus den Figuren. Dabei sind alle beschriebenen und/oder bildlich dargestellten Merkmale für sich oder in beliebiger Kombination grundsätzlich Gegenstand der Erfindung, unabhängig von ihrer Zusammenfassung in den Ansprüchen oder deren Rückbeziehung. Auch wird der Inhalt der Ansprüche zu einem Bestandteil der Beschreibung gemacht.
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Die Erfindung wird im Folgenden anhand der Figuren an Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- 1 beispielhaft und schematisch ein Fahrzeug mit einer Sensorik in der Nähe einer nicht belegten Längsparkposition;
- 2 beispielhaft und schematisch eine Filteranordnung zur Filterung eines Beschleunigungssignals eines Beschleunigungssensors;
- 3 beispielhaft mehrere Zeitdiagramme, die das ungefilterte Beschleunigungssignal des Beschleunigungssensors, das mit einem Bandsperrfilter gefilterte Beschleunigungssignal und das mit einem Tiefpassfilter gefilterte Beschleunigungssignal zeigen; und
- 4 beispielhaft ein Ablaufdiagramm, das die Schritte des Verfahrens zur Bestimmung der Fahrtrichtung eines Fahrzeugs verdeutlicht.
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1 zeigt ein Fahrzeug 1 im Umfeld einer Längs-Parksituation, bei der eine zwischen zwei Fahrzeugen vorhandene Parkposition nicht belegt ist. Das Fahrzeug 1 weist ein Parkassistenzsystem auf, mittels dem sich das Fahrzeug 1 zumindest teilautomatisiert in die nicht belegte Parkposition einparken lässt. Beim Parkvorgang wird das Fahrzeug 1 durch das Parkassistenzsystem entlang einer Parktrajektorie PT von einer Startposition SP in eine Zielposition ZP manövriert. Eine derartige Parktrajektorie PT ist in 1 beispielhaft dargestellt. Die Zielposition ZP des Fahrzeugs 1 kann, wie im dargestellten Fall, durch einen einzigen Parkzug erreichbar sein. Alternativ ist es jedoch möglich, dass zum Erreichen der Parkposition mehrere Züge nötig sind, beispielsweise drei Parkzüge, wobei zwischen den einzelnen Parkzügen die Fahrtrichtung geändert wird. Um sicherzustellen, dass sich das Fahrzeug 1 auf der berechneten Parktrajektorie PT bewegt, ist es nötig, die Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 möglich exakt zu erfassen, insbesondere auch bei sich plötzlich ändernder Fahrtrichtung, wie es beispielsweise beim Auffahren auf einen Randstein o.ä. vorkommt.
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Zur Bestimmung der Fahrtrichtung weist das Fahrzeug ein System auf, das zumindest einen ersten Sensor 2 und einen zweiten Sensor 3 umfasst. Der erste Sensor 2 ist zur Messung der Längsbeschleunigung des Fahrzeugs 1 ausgebildet (Längsbeschleunigungssensor). Vorzugsweise ist der erste Sensor 2 ein Sensor der inertialen Messeinheit des Fahrzeugs oder ein Sensor, der dem Bremssystem des Fahrzeugs zugeordnet ist, z.B. ein Sensor der elektronischen Stabilitätskontrolle (ESC). Der zweite Sensor 3 ist vorzugsweise ein Sensor, mittels dem die Fahrzeugbewegung erfassbar ist, insbesondere ein Sensor zur Bestimmung der Drehbewegung eines Rades (Raddrehzahlsensor). Der zweite Sensor 3 ist beispielsweise dazu ausgebildet, in Abhängigkeit der Winkelgeschwindigkeit des Rades Impulse bereitzustellen, die Rückschlüsse über die Bewegung des Fahrzeugs zulassen. Der zweite Sensor 3 kann beispielsweise ein induktiver Sensor, insbesondere ein Hall-Sensor sein. Damit kann mittels des zweiten Sensors 3 festgestellt werden, ob sich das Rad des Fahrzeugs 1 dreht bzw. um welchen Winkel sich das Rad gedreht hat. Insbesondere kann ein Anfahren des Fahrzeugs 1 bzw. ein Richtungswechsel detektiert werden. Vorzugsweise kann der zweite Sensor 3 durch eine Sensorgruppe gebildet sein, die mehrere Einzelsensoren enthält, beispielsweise jeweils einen Einzelsensor pro Rad des Fahrzeugs 1.
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Um eine möglichst exakte Bestimmung der Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 zu erreichen, wird das vom ersten Sensor 2 bereitgestellte Messsignal, im Folgenden als Beschleunigungssignal bezeichnet, einer Filterung unterzogen.
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Die Filterung kann zum einen eine Tiefpassfilterung umfassen. Mittels der Tiefpassfilterung können Verfälschungen des Beschleunigungssignals kompensiert werden, die beispielsweise aufgrund von Offsets und/oder einer Neigung des Fahrzeugs (beispielsweise resultierend aus dem Fahren des Fahrzeugs auf einer geneigten Fläche) entstehen. Insbesondere kann mittels einer Tiefpassfilterung des Beschleunigungssignals erreicht werden, dass aufgrund einer Verfälschung das Beschleunigungssignal ein falsches Vorzeichen aufweist und daher auf eine falsche Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 rückgeschlossen wird.
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Das durch die Tiefpassfilterung erhaltene modifizierte Beschleunigungssignal wird vorzugsweise mit dem vom ersten Sensor 2 bereitgestellten Beschleunigungssignal oder einem davon abgeleiteten Beschleunigungssignal verglichen und auf Basis des Signalvergleichs wird die Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 bestimmt.
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Insbesondere wird die Abweichung des vom ersten Sensor 2 bereitgestellten Beschleunigungssignals und des Signals am Ausgang des Tiefpassfilters ermittelt (Differenzbildung) und das Vorzeichen des Ergebnisses der Differenzbildung wird zur Bestimmung der Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 herangezogen. Insbesondere wird die Fahrtrichtung des Fahrzeugs in zeitlicher Abhängigkeit zu einem vom zweiten Sensor 3 empfangenen Signalanteil erfasst. Insbesondere ist das vom zweiten Sensor bereitgestellte Signal ein zeitveränderliches, Pulsflanken aufweisendes Signal, insbesondere ein Rechtecksignal, dessen Frequenz von der Drehzahl des Rades abhängig ist. Die Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 wird vorzugsweise insbesondere dann ermittelt, wenn nach einer Stillstandsphase des Fahrzeugs erneut eine Flanke eines Pulses des Ausgangssignals des zweiten Sensors 3 empfangen wird.
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Vorzugsweise umfasst die Filterung des Beschleunigungssignals eine Bandsperrfilterung. Wenn ein Fahrzeug 1 abrupt abgebremst wird, beispielsweise bis zum Stillstand, werden die Federn an einer Achse komprimiert und die Federn an der anderen Achse entlastet. Nach dem Stillstand führt dies zu einer gedämpften Schwingung des Fahrzeugchassis, die über mehrere Sekunden andauern kann und das Beschleunigungssignal verfälscht. In dieser Zeit kann sich das Fahrzeug 1 aber bereits wieder in Bewegung setzen, so dass die Bewegungsrichtung des Fahrzeugs 1 zu bestimmen ist.
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Durch die Bandsperrfilterung ist es möglich, die Bewegungsrichtung des Fahrzeugs 1 auch während der Schwingung des Fahrzeugchassis hinreichend genau zu bestimmen.
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Die Filterfunktion des Bandsperrfilters ist derart gewählt, dass die Oszillationsfrequenz ausgefiltert wird, wohingegen Signalanteile in anderen Frequenzbereichen den Bandsperrfilter passieren können. Insbesondere können Signalanteile, die bei ruckartigen Bewegungen des Fahrzeugs 1 entstehen, das Bandsperrfilter passieren. Hierbei sei erwähnt, dass vorzugsweise die Oszillationsfrequenz und die Dämpfung des Beschleunigungssignals aufgrund der Federung des Fahrzeugs bei einem vorgegebenen Fahrzeugtyp nahezu konstant sind und damit eine Filterfunktion eines Bandsperrfilters mit fest vorgegebenen Filtereigenschaften verwendet werden kann, um störende Oszillationen auszufiltern.
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Vorzugsweise wird zur Definition der Filterfunktion des Bandsperrfilters ein Feder-Dämpfer-Modell des Fahrzeugs 1 verwendet und die Filterfunktion des Bandsperrfilters wird invers zu dem Feder-Dämpfer-Modell des Fahrzeugs 1 gewählt, um die Oszillationen des Fahrzeugs 1 auszufiltern.
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Beispielsweise weist die Übertragungsfunktion des Bandsperrfilters die folgende Übertragungsfunktion auf:
wobei gilt:
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Die Parameter der Übertragungsfunktion können insbesondere wie folgt gewählt werden:
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2 zeigt eine schematische Darstellung einer Filterkaskade zur Filterung des vom ersten Sensor 2 bereitgestellten Beschleunigungssignals.
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Das vom ersten Sensor 2 bereitgestellte Beschleunigungssignal wird durch die Filteranordnung empfangen und zunächst durch den Bandsperrfilter gefiltert, um die vorher beschriebenen, aus dem Wanken der gefederten Karosserie resultierenden Schwingungen auszufiltern.
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Anschließend wird das vom Bandsperrfilter bereitgestellte Ausgangssignal als Eingangssignal eines Tiefpassfilters verwendet, um die vorher beschriebenen Abweichungen bzw. Drifts beispielsweise aufgrund einer Schrägstellung des Fahrzeugs 1 zu vermeiden.
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Vorzugsweise wird das Ausgangssignal der Filterkaskade bzw. Filteranordnung durch eine Differenzbildung zwischen dem Ausgangssignal des Tiefpassfilters und dem Ausgangssignal des Bandsperrfilters gebildet. Alternativ kann die Differenzbildung zwischen dem Ausgangssignal des Tiefpassfilters und dem Eingangssignal des Bandsperrfilters, d.h. insbesondere dem ungefilterten Beschleunigungssignal des ersten Sensors 2 erfolgen. Die Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 kann basierend auf diesem Ausgangssignal der Filterkaskade bzw. der Filteranordnung bestimmt werden.
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3 zeigt den zeitlichen Verlauf des Beschleunigungssignals, das vom ersten Sensor 2 bereitgestellt wird, den zeitlichen Verlauf des Ausgangssignals des Bandsperrfilters und den zeitlichen Verlauf des Ausgangssignals des Tiefpassfilters.
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Die oberste Darstellung zeigt dabei den zeitlichen Verlauf des Beschleunigungssignals, das vom ersten Sensor 2 bereitgestellt wird, die mittlere Darstellung den zeitlichen Verlauf des Ausgangssignals des Bandsperrfilters und die untere Darstellung den zeitlichen Verlauf des Ausgangssignals des Tiefpassfilters.
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Aus den zeitlichen Verläufen ist erkennbar, dass durch den Bandsperrfilter das Nachschwingen des Beschleunigungssignals nach einem Abbrems- oder Beschleunigungsvorgang deutlich reduziert werden kann. Die Tiefpassfilterung bewirkt, dass sprunghafte Änderungen des Beschleunigungssignals ausgeglichen werden.
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4 zeigt in schematischer Darstellung die Schritte eines erfindungsgemäßen Verfahrens zur Bestimmung der Fahrtrichtung eines Fahrzeugs 1.
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Zunächst wird ein erster Sensor 2 zur Messung einer Längsbeschleunigung des Fahrzeugs 1 und ein zweiter Sensor 3 zur Ermittlung der Drehbewegung eines Rades des Fahrzeugs 1 bereitgestellt (S10).
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Anschließend wird ein eine Beschleunigungsinformation enthaltendes Beschleunigungssignal von dem ersten Sensor 2 empfangen (S11).
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Das Beschleunigungssignal wird in einem weiteren Verfahrensschritt gefiltert, wodurch ein modifiziertes Beschleunigungssignal resultiert (S12).
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Zuletzt wird die Fahrtrichtung des Fahrzeugs 1 basierend auf dem modifizierten Beschleunigungssignal und basierend auf dem Ausgangssignal des zweiten Sensors 3 bestimmt (S13).
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Die Erfindung wurde voranstehend an Ausführungsbeispielen beschrieben. Es versteht sich, dass zahlreiche Änderungen sowie Abwandlungen möglich sind, ohne dass dadurch der durch die Patentansprüche definierte Schutzbereich verlassen wird.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- erster Sensor
- 3
- zweiter Sensor
- PT
- Parktrajektorie
- SP
- Startposition
- ZP
- Zielposition