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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Bewegung eines Masts einer Vorrichtung zum Austragen von Dickstoff und eine Vorrichtung zum Austragen von Dickstoff.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zum Steuern einer Bewegung eines (Verteiler-) Masts einer Vorrichtung zum Austragen von Dickstoff und eine Vorrichtung zum Austragen von Dickstoff zur Verfügung zu stellen, die ein möglichst sicheres Betreiben der Vorrichtung ermöglichen.
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Das Verfahren dient zum Steuern einer Bewegung eines Masts einer Vorrichtung, wobei die Vorrichtung zum Austragen von Dickstoff ausgebildet ist. Bei dem Dickstoff kann es sich beispielsweise um Flüssigbeton handeln. Die Vorrichtung kann beispielsweise ein stationärer Verteilermast oder eine Autobetonpumpe sein.
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Der Mast ist in unterschiedlichen Maststellungen bzw. Mastposen positionierbar. Eine Maststellung bzw. Mastpose kann beispielsweise durch eine Drehwinkelstellung des Masts und/oder durch Winkel zwischen verschiedenen Mastsegmenten des Masts definiert sein.
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Zunächst wird ein, insbesondere elektrisches, Bewegungssteuersignal basierend auf einer Nutzervorgabe erfasst. Die Nutzervorgabe kann beispielsweise durch Betätigung eines geeigneten Steuerorgans erfolgen, beispielsweise indem ein Benutzer einen Joystick betätigt, wobei basierend auf der Betätigung des Joysticks das elektrische Bewegungssteuersignal erzeugt wird.
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Das Bewegungssteuersignal wird mit einer Filtercharakteristik zum Erzeugen eines Antriebssteuersignals derart gefiltert, dass im Frequenzspektrum des Antriebssteuersignals Frequenzanteile einer Eigenfrequenz des Masts, die gegebenenfalls im Bewegungssteuersignal noch enthalten sind, unterdrückt werden. Es versteht sich, dass der Mast mehrere verschiedene Eigenfrequenzen aufweisen kann, wobei für diesen Fall das Bewegungssteuersignal bevorzugt derart gefiltert wird, dass im Frequenzspektrum des Antriebssteuersignals Frequenzanteile sämtlicher Eigenfrequenzen des Masts, die gegebenenfalls im Bewegungssteuersignal noch enthalten sind, unterdrückt werden.
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Schließlich wird ein Mast-Antrieb in Abhängigkeit von dem Antriebssteuersignal angesteuert. Das Antriebssteuersignal kann beispielsweise ein Geschwindigkeits-Sollwert des Mast-Antriebs sein bzw. einen Geschwindigkeits-Sollwert vorgeben.
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Gemäß einer Ausführungsform wird die Filtercharakteristik in Abhängigkeit von einer momentanen Maststellung eingestellt.
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Gemäß einer Ausführungsform ist eine Dickstoffförderleitung entlang des Masts angeordnet, durch die Dickstoff von einer Dickstoffpumpe zu einem Dickstoffausbringungsort gefördert wird, wobei die Filtercharakteristik in Abhängigkeit von einer örtlichen Verteilung des Dickstoffs in der Dickstoffförderleitung und/oder in Abhängigkeit von einer Dichte des Dickstoffs eingestellt wird.
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Gemäß einer Ausführungsform weist das Filtern des Bewegungssteuersignals folgende Schritte auf: Falten des Bewegungssteuersignals im Zeitbereich mit einem Filtersignal, wobei das Frequenzspektrum des Filtersignals im Wesentlichen keine Frequenzanteile an der Eigenfrequenz bzw. den Eigenfrequenzen des Masts aufweist.
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Gemäß einer Ausführungsform ist das Filtersignal aus zwei zeitlich beabstandeten überlagerten Impulsen gebildet, wobei der zeitliche Abstand der beiden Impulse in Abhängigkeit von der halben Eigenschwingdauer des Masts eingestellt wird.
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Gemäß einer Ausführungsform wird eine Bewegungsgeschwindigkeit des Masts ermittelt, ein notwendiger Bremsweg des Masts basierend auf einem Brems-Antriebssteuersignal errechnet, bei dem Frequenzanteile der Eigenfrequenz bzw. der Eigenfrequenzen des Masts unterdrückt sind, und der Mast mit dem Brems-Antriebssteuersignal in Abhängigkeit von dem berechneten Bremsweg und vorgegebenen Bewegungsgrenzen des Masts automatisch abgebremst.
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Die Vorrichtung zum Austragen von Dickstoff weist auf: einen Mast, wobei der Mast in unterschiedlichen Maststellungen positionierbar ist, einen Mast-Antrieb zur Positionierung des Masts in den unterschiedlichen Stellungen, und eine Steuereinrichtung, die dazu ausgebildet ist, die Vorrichtung derart anzusteuern, dass die Vorrichtung ein oben beschriebenes Verfahren ausführt.
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Der (Verteiler-) Mast einer Autobetonpumpe wird beim Bewegen basierend auf Nutzereingaben ungewollt teils zu starken Schwingungen angeregt. Im Zuge von immer leichter, und somit meist biegeweicher werdenden Bauteilen nehmen solche Schwingungen zu. Dadurch wird wiederum die Arbeit in der Nähe eines Endschlauchs erschwert und die Gefährdung steigt.
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Schwingungen des Mastes entstehen dadurch, dass zu Beginn einer (Dreh-) Bewegung die Mastspitze aufgrund Massenträgheit zunächst an ihrer ursprünglichen Position verharrt, während sich ein zugehöriges Gelenk bereits dreht. Der Mast wird somit vorgespannt. Erst ab einer gewissen Vorspannung beginnt sich die Mastspitze relativ abrupt zu bewegen. Dies führt zu ungewollten, teils peitschenden Bewegungen des gesamten Masts. Beim Bremsvorgang ist das gleiche Verhalten zu beobachten.
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Außerdem ist es derzeit möglich, den Mast bewusst in Eigenschwingung anzuregen. Dieser Missbrauch führt zu erheblichen Amplituden an einem Endschlauch und stellt eine Gefahr für Personen in Maschinennähe dar. Zudem leidet die Stahlstruktur unter den vielen Lastwechseln der Mastschwingungen und Mastbiegungen.
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Die Erfindung verhindert nun eine ungewollte oder gewollte Anregung des Masts in seiner Eigenfrequenz bzw. seinen Eigenfrequenzen.
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Die Erfindung setzt an dem Schwingverhalten des Verteilermastes an und stellt ein Verfahren zur schwingungsarmen Bewegung des Masts zur Verfügung.
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Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen detailliert beschrieben. Hierbei zeigt:
- 1 hoch schematisch eine Vorrichtung zum Austragen von Dickstoff und
- 2 ein Bewegungssteuersignal und ein Filtersignal jeweils im Frequenzbereich.
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1 zeigt eine Vorrichtung 100 zum Austragen von Dickstoff DS in Form eines Mastes 1 einer Autobetonpumpe.
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Die Vorrichtung 100 weist einen herkömmlichen, mehrgelenkigen bzw. mehrsegmentigen Mast 1 mit einer Mehrzahl von über Gelenke 8a bis 8e miteinander verbundenen Mastsegmenten 1a bis 1e auf, wobei der Mast 1 in unterschiedlichen Maststellungen positionierbar ist. Verschiedene Maststellungen können sich durch ihre Drehwinkelstellung (siehe Pfeil) unterscheiden und/oder durch die Winkel zwischen den Mastsegmenten 1a bis 1e unterscheiden.
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Die Vorrichtung 100 weist einen hoch schematisch und exemplarisch dargestellten Mast-Antrieb 2 zur Positionierung des Masts 1 bzw. der Mastsegmente 1a bis 1e in den unterschiedlichen Maststellungen auf. Der Mast-Antrieb 2 weist exemplarisch ein Getriebe 2a, eine Hydraulikpumpe 2b und ein Steuerventil 2c auf und bildet ein Drehwerk. Es versteht sich, dass der Mast-Antrieb 2 weitere, nicht dargestellte Komponenten aufweisen kann, beispielsweise jeweilige Hydraulik-Zylinder zwischen den Mastsegmenten 1a bis 1e bzw. Gelenken 8a bis 8e, mittels derer Winkel zwischen den Mastsegmenten 1a bis 1e einstellbar sind. Im Übrigen sei insoweit auch auf die einschlägige Fachliteratur verwiesen.
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Die Vorrichtung 100 weist weiter eine Dickstoffförderleitung 3 auf, die entlang des Masts 1 angeordnet ist. Durch die Dickstoffförderleitung 3 hindurch wird Dickstoff DS von einer Dickstoffpumpe 4 zu einem Dickstoffausbringungsort an der Mastspitze gefördert.
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Eine exemplarisch dargestellte Steuereinrichtung 5 steuert den Betrieb der Vorrichtung 100.
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Die Bewegungssteuerung des Masts 1 basierend auf einer Nutzervorgabe wird nachfolgend beschrieben.
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Zunächst gibt ein Nutzer der Vorrichtung 100 mittels einer Bedieneinrichtung 6, beispielsweise in Form einer Funkfernsteuerung, eine gewünschte Mastbewegung vor, die in ein elektrisches Bewegungssteuersignal BS umgesetzt wird.
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Das Bewegungssteuersignal BS wird mit einer Filtercharakteristik zum Erzeugen eines Antriebssteuersignals AS derart gefiltert, dass im Frequenzspektrum des Antriebssteuersignals AS Frequenzanteile einer Eigenfrequenz fe des Masts 1, die gegebenenfalls im Bewegungssteuersignal BS enthalten sind, unterdrückt werden, siehe hierzu auch 2. Schließlich wird der Mast-Antrieb 2 in Abhängigkeit von dem Antriebssteuersignal AS angesteuert.
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Die Filtercharakteristik kann in Abhängigkeit von einer momentanen Maststellung und/oder in Abhängigkeit von einer örtlichen Verteilung des Dickstoffs DS in der Dickstoffförderleitung 3 und/oder in Abhängigkeit von einer Dichte des Dickstoffs DS eingestellt werden.
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Das Filtern des Bewegungssteuersignals BS weist folgende Schritte: Falten des Bewegungssteuersignals BS im Zeitbereich mit einem Filtersignal FS, wobei das Frequenzspektrum des Filtersignals FS, siehe 2, keine Frequenzanteile an der Eigenfrequenz fe des Masts 1 aufweist.
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Das Filtersignal FS wird aus zwei zeitlich beabstandeten Impulsen P1, P2 gebildet, wobei der zeitliche Abstand der beiden Impulse P1, P2 der halben Eigenschwingdauer des Masts 1 entspricht. Grundsätzlich kann der zeitliche Abstand der beiden Impulse P1, P2 auch von der Dämpfungsrate des schwingenden Systems abhängen, die wiederum unmittelbar durch die aktuelle Maststellung bestimmt wird. Untersuchungen der Anmelderin haben jedoch ergeben, dass die Dämpfungsrate bei Betonpumpen als konstant (= 0) angenommen werden kann, ohne dass signifikante Schwingungen erzeugt werden. Daher kann die Dämpfungsrate vernachlässigt werden.
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Die Amplituden beider Impulse P1, P2 können in Summe 1 ergeben. Um die Beschleunigungs-/Verzögerungsphasen zu verlängern, beispielsweise um Erschütterungen zu mindern, kann die Impulsdauer der beiden Impulse P1, P2 verlängert werden. Dann ergeben die Flächen unterhalb der beiden Impulse P1, P2 in Summe 1.
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Die Erfindung setzt an dem Schwingverhalten des Masts 1 an und stellt ein Verfahren zur schwingungsarmen Bewegung des Masts 1 vor.
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Durch Bewegen, beispielsweise Drehen, des Masts 1 und/oder Bewegen eines oder mehrerer Mastsegmente 1a bis 1e, wird der Mast 1 aufgrund seiner Massenträgheit vorgespannt. Die Mastspitze verharrt zunächst an ihrer ursprünglichen Position, während sich der Mast 1 bereits bewegt, beispielsweise dreht.
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Ab einer gewissen Vorspannung beginnt sich die Mastspitze relativ abrupt zu bewegen und erreicht nach der halben Eigenschwingdauer die doppelte Drehgeschwindigkeit der Gelenkdrehgeschwindigkeit. Nun wird genau zu diesem Zeitpunkt die Antriebsgeschwindigkeit verdoppelt. Dies führt dazu, dass sich der Mast 1 und die Mastspitze schwingungsarm und gleichmäßig bewegen.
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Einen Spezialfall stellen Mastgelenke 8a bis 8e mit entsprechenden Gelenk-Kinematiken dar. Hier werden erfindungsgemäß Geschwindigkeiten der Gelenkpunkte bzw. Hydraulik-Zylinder mit dem eigenfrequenzfreien Antriebssteuersignal AS gestellt. Die translatorische Bewegung der Hydraulikzylinder wird über die Gelenkkinematik in eine rotatorische Bewegung der Gelenkpunkte überführt. Damit die Gelenkpunkte die eigenfrequenzfreie Bewegung durchführen, wird das Antriebssteuersignal AS für die Hydraulik-Zylinder über eine GelenkKinematik-Übertragungsfunktion zusätzlich umgerechnet.
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Der Mast 1 kann eine oder mehrere Eigenschwingdauern aufweisen, die von der Maststellung abhängen. Zu beachten ist, dass dieselbe Position der Mastspitze mit unterschiedlichen Maststellungen erreicht werden kann und somit der Mast 1 bei gleicher Mastspitzenposition verschiedene Eigenschwingdauern aufweisen kann.
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Die Eigenschwingdauern zu unterschiedlichen Maststellungen können in einem Kennfeld 7 hinterlegt sein und mittels Interpolation für die aktuelle Maststellung berechnet werden. Das Kennfeld 7 zeichnet sich durch eine komplexe Struktur im 6-dimensionalen Raum (bei 5 Gelenken zwischen den Mastsegmenten + leere und volle Förderleitung) aus, da es jede Gelenkwinkelkombination beinhalten muss.
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Das Kennfeld kann beispielsweise durch Messungen an der Vorrichtung 100 und/oder durch Berechnung anhand von Simulationsmodellen im Voraus befüllt werden. Es ist denkbar, dass das Kennfeld 7 während des Betriebs der Vorrichtung 100 bei auftretenden Schwingungen durch Messen der Eigenschwingdauern mit einem Lernalgorithmus stetig verbessert wird.
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Eine weitere Möglichkeit die Eigenschwingdauer zu bestimmen ist die ständige Berechnung durch ein in der Steuereinrichtung 5 hinterlegtes mathematisches Modell des Masts 1 bzw. der Vorrichtung 100.
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Der Vorteil der Kennfeldvariante und der Modellberechnung liegt darin, dass an der Vorrichtung 100 keine Schwingungen auftreten müssen, um die Eigenschwingdauer zu bestimmen.
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Weitere Ausgestaltung ist die permanente Messung der Eigenfrequenz und ggf. der Dämpfungsrate durch geeignete Sensoren. Zum Beispiel kann ein Positions- oder Beschleunigungssensor an der Mastspitze geeignet angeordnet sein, um Schwingungen des Systems bzw. des Masts 1 zu detektieren.
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Alternativ können die Kennfeld-Parameter auch aus einem Motordrehmoment/Motordrehstrom und/oder den hydraulischen Drücken der Gelenke 8a bis 8e bestimmt werden. Die Berechnung erfolgt aufgrund vorhandener Schwingungen, die mittels Fast Fourier Transformation ausgewertet werden können.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist für alle Gelenke 8a bis 8e der Vorrichtung 100 anwendbar, d.h. sowohl in horizontaler Richtung beim Drehen des Drehwerks als auch in vertikaler Richtung mit und entgegen der Schwerkraft in den anderen Gelenken 8a bis 8e.
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Für die schwingungsfreie Bewegung der Gelenke 8a bis 8e (nicht Drehwerk) ist es notwendig, das Antriebssteuersignal AS über die Gelenkübertragungsfunktion (nichtlinear) in ein Zylindersteuersignal umzurechnen.
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Mittels der Erfindung sind folgende Vorteile erzielbar:
- - Gleichmäßige, schwingungsfreie Geschwindigkeitsänderungen (Anfahren, Anhalten, Beschleunigen)
- - Kein Stocken beim konstanten Drehen
- - Schwingungsarmes Bewegen für alle Maststellungen
- - Erleichterte Bedienung, auch für unerfahrene Betonpumpenfahrer geeignet. Es ist nicht mehr möglich gewollt und / oder ungewollt Schwingungen durch Mastfahren anzuregen
- - Präzises Erreichen der vorgegebenen Geschwindigkeit, kein Überschreiten der zulässigen Maximalgeschwindigkeit
- - Gewünschte Zielpositionen können präziser angefahren werden, da das Mastverhalten durch den Bediener besser eingeschätzt werden kann
- - Arbeit an einem Endschlauch wird deutlich sicherer
- - Eingebrachte Energie wird effizient zur Schwenkbewegung genutzt und nicht durch Anregen von Schwingungen verschwendet
- - Deutliche Reduktion von Bauteilbelastungen durch weniger Spannungen auf der Stahlstruktur
- - Reduzierte Unterbauschwingungen beim Mastdrehen.