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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reduzierung von Emissionen in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch Verwendung prädikativer streckenbezogener Daten, ein System, welches das Verfahren anwendet, sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zur Durchführung des Verfahrens.
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Stand der Technik
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Um bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor festgelegte Grenzen für die Emission von unterschiedlichen Schadstoffen einzuhalten, ist eine Abgasnachbehandlung notwendig. Jedoch benötigt das Abgasnachbehandlungssystem eine gewisse Betriebstemperatur, um den notwendigen Umsatz zur Einhaltung reglementierter Emissionen sicherzustellen, und arbeitet nur in einem bestimmten Temperaturbereich optimal. Abgasnachbehandlungssysteme erwärmen sich üblicherweise durch den Abgasstrom.
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In verschiedenen Situationen im Fahrzeug wird jedoch die Motorleistung des Verbrennungsmotors reduziert oder abgeschaltet, so dass auch die Temperatur eines angeschlossenen Katalysators sinkt. Beispielsweise kann dies beim Anhalten vor einer Ampel, allgemein bei einer Verlangsamung des Fahrzeugs oder auch bei einer Bergab-Fahrt der Fall sein. Dazu zählt die Schubabschaltung, d.h. das gezielte Unterbrechen der Kraftstoffzufuhr in einem Verbrennungsmotor, wenn das Fahrzeug im Schubbetrieb läuft.
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Wenn dann anschließend der Verbrennungsmotor wieder mit höherer Leistung befeuert wird, kann der zwischenzeitlich abgekühlte Katalysator die Schadgase nur eingeschränkt konvertieren. Zudem kann es durch das während der Schubabschaltung auftretende Fluten des Katalysators mit Frischluft zu einem Sauerstoffüberschuss im Katalysator kommen. Bei einsetzender Verbrennung kann dies dazu führen, dass insbesondere NOx-Bestandteile nicht ausreichend konvertiert werden können und in die Umgebung gelangen. Ebenso können erhöhte Partikelemissionen auftreten. Ähnliche Situationen treten auch bei Hybridfahrzeugen auf, bei denen zeitweise nur der Elektromotor ohne den Verbrennungsmotor eingesetzt wird und der Verbrennungsmotor abgekoppelt wird.
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Offenbarung der Erfindung
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Erfindungsgemäß werden ein Verfahren, ein System sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.
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Gemäß einem Aspekt der Erfindung wird ein Verfahren zur Reduzierung von Emissionen in Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor vorgeschlagen, welches das Erhalten von streckenbezogenen Daten umfasst, welche zumindest teilweise Daten in Bezug auf die voraussichtlich benötigte Antriebsleistung des Verbrennungsmotors auf einer vorbestimmten Fahrstrecke umfassen, wobei abhängig von den erhaltenen streckenbezogenen Daten der Verbrennungsmotor bei dem oder vor dem Befahren der vorbestimmten Fahrstrecke angesteuert wird, um ein Abgasnachbehandlungssystem des Verbrennungsmotors zu erwärmen.
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Das Ansteuern des Verbrennungsmotors kann beispielsweise umfassen, eine Betriebsphase mit abgeschaltetem Verbrennungsmotor vorzeitig zu beenden und den Verbrennungsmotor zu reaktivieren. Hierbei könnte die Betriebsphase mit abgeschaltetem Verbrennungsmotor z.B. eine Halte- bzw. Stillstandsphase des Fahrzeugs, eine Schubabschaltungs-Phase oder eine Rekuperationsphase sein. In einer weiteren Ausführungsform der Erfindung könnte das Ansteuern des Verbrennungsmotors umfassen, eine Leistung des Verbrennungsmotors zumindest vorübergehend zu begrenzen. Die vorzeitige Reaktivierung des Verbrennungsmotors kann über die Erwärmung des Abgasnachbehandlungssystems die Emissionen im Fahrzeug ebenso einschränken wie die Begrenzung der Motorleistung.
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Gemäß einer beispielhaften Ausführungsform umfasst das Ansteuern des Verbrennungsmotors die folgenden Schritte: Ermitteln, ob sich das Fahrzeug aktuell in einer Schubabschaltungsphase befindet; Bestimmen einer voraussichtlichen Haltedauer in einer erwarteten Haltephase des Fahrzeugs anhand der streckenbezogenen Daten; und Festlegen, auf Grundlage der voraussichtlichen Haltedauer, ob die Schubabschaltungsphase vorzeitig beendet werden soll oder ob der Verbrennungsmotor in der erwarteten Haltephase vorzeitig reaktiviert werden soll. Optional könnte die Regelung auch bestimmen, dass keine der beiden Optionen ausgeführt wird. Auf diese Weise kann je nach erwarteter Dauer der vorausliegenden Haltephase die leistungs- und emissionstechnisch optimale Steuerung bestimmt werden.
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In allen Beispielen können die streckenbezogenen Daten von einem zentralen Server erhalten werden, wobei ein oder mehrere Fahrzeuge beim Befahren der vorgegebenen Strecke Messdaten erfassen und diese an den zentrale Server übermitteln, und wobei der zentrale Server die Messdaten zumindest teilweise auswertet und zu streckenbezogenen Daten für die vorgegebene Strecke verarbeitet. So können auch Fahrzeuge ohne eigene Sensoren Vorhersagewerte und streckenbezogene Daten zur Anwendung passender Fahrstrategien erhalten, beispielsweise als Erweiterung von Navigationskarten.
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Gemäß einer Ausführungsform der Erfindung enthalten die streckenbezogenen Daten mindestens eines der folgenden: Positionsdaten, Navigationsdaten, Steigungsdaten, Haltepunkte an einer Strecke, erwartete Haltedauer an einem Haltepunkt der Strecke, erwartete Motorleistung, erwartete Drehzahl. Ebenso können die Messdaten und/oder die streckenbezogenen Daten mindestens eines der folgenden umfassen: Positionsdaten des Fahrzeugs, Geschwindigkeit eines Fahrzeugs, Beschleunigung eines Fahrzeugs, Steigung einer Strecke, Benutzeranforderungen, Lambdawert einer Lambdasonde, Temperatur eines Abgasnachbehandlungssystems, Motortemperatur, Motormoment, Motordrehzahl, eingelegter Gang. Weitere Beispiele für streckenbezogene Daten und Messdaten ergeben sich aus den detailliert beschriebenen Ausführungsformen. Die Daten können auch in Abhängigkeit voneinander kombiniert werden, z.B. als Angabe einer Motordrehzahl an einer bestimmten Position, oder als Funktion anderer Messwerte.
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Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät eines Kraftfahrzeugs, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen.
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Auch die Implementierung eines erfindungsgemäßen Verfahrens in Form eines Computerprogramms oder Computerprogrammprodukts mit Programmcode zur Durchführung aller Verfahrensschritte ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten verursacht, insbesondere wenn ein ausführendes Steuergerät noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, optische und elektrische Speicher, wie z.B. Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
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Weiter wird gemäß einer Ausführungsform der Erfindung ein System vorgeschlagen, das folgendes umfasst: eine weitere, entfernt gelegene Recheneinheit, die dazu eingerichtet ist, Messdaten in Bezug auf eine vorgegebene Fahrstrecke zu empfangen, wobei die entfernt gelegene Recheneinheit weiter dazu eingerichtet ist, die Messdaten zumindest teilweise auszuwerten und zu streckenbezogenen Daten zu verarbeiten, und eine Recheneinheit bzw. ein Steuergerät in einem Fahrzeug wie obenstehend angegeben, welche dazu ausgelegt ist, die streckenbezogenen Daten von der entfernt gelegenen Recheneinheit erhalten. Weiter kann das System eines oder mehrere Fahrzeuge umfassen, die mit mindestens einem Sensor und einer Steuervorrichtung ausgestattet sind, wobei die Steuervorrichtung dazu eingerichtet ist, Messdaten des mindestens einen Sensors auf einer vorgegebenen Strecke zu erfassen und diese Messdaten an den zentralen Server weiterzuleiten.
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Dabei sind unter dem Begriff der entfernt gelegenen Recheneinheit natürlich auch jede beliebige Verarbeitungsstelle, Server, Cloud oder sonstige Elemente umfasst, die in der Lage sind, die Daten mehrerer Fahrzeuge zu sammeln, auszuwerten und weiter zu geben, und die entsprechende Schnittstellen oder Kommunikationsverbindungen umfassen.
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Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.
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Die Erfindung ist anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben.
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Figurenliste
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- 1 zeigt in einem schematischen Diagramm eine Fahrsituation, in der ein Verfahren gemäß einer Ausführungsform der Erfindung angewendet werden kann;
- 2 zeigt beispielhaft das zentrale Sammeln von Streckendaten gemäß einer Ausführungsform der Erfindung;
- 3 zeigt eine Fahrsituation, in der ein Verfahren zum Beenden einer Schubabschaltung gemäß einer beispielhaften Ausführungsform der Erfindung verwendet wird; und
- 4 zeigt eine Fahrsituation, in der ein Verfahren zum vorzeitigen Motorstart gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung verwendet wird.
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Ausführungsform(en) der Erfindung
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Datensammlung und Vorhersage
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1 zeigt beispielhaft einen Geschwindigkeitsverlauf von Fahrzeugen auf einer vorgegebenen Strecke, wobei die Geschwindigkeit v gegen den zurückgelegten Weg d aufgetragen ist. Die Strecke kann in zwei Bereiche B1 und B2 aufgeteilt werden, wobei beispielsweise der Teilpunkt ein Haltepunkt 10 an einer Ampel oder Abbiegung sein kann. Dies ist eine typische Situation, in der bei einem Fahrzeug der Schubbetrieb und Schubabschaltung eingesetzt werden kann. Eine andere typische Situation ist eine Bergabfahrt.
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Das Schaubild zeigt drei verschiedene Geschwindigkeitsverläufe F1, F2, F3, die beispielsweise die Verläufe von drei Fahrzeugen auf einer vorgegebenen Fahrstrecke darstellen können, oder drei Fahrten desselben Fahrzeugs. Dabei bewegen sich die Fahrzeuge in Bereich B1 zunächst mit gleichförmiger Geschwindigkeit, wobei die Anfangsgeschwindigkeiten verschieden sind, und reduzieren dann die Geschwindigkeit bis auf eine Minimalgeschwindigkeit. Diese kann, muss aber nicht 0 sein. Man erkennt, dass der Haltepunkt mit der niedrigsten Geschwindigkeit jeweils an einem anderen Punkt der Strecke liegt. Ebenso beginnt der Bremsvorgang in diesem Beispiel bei jeder Fahrt an einer anderen Stelle; Fahrt 1 zeigt die höchste Anfangsgeschwindigkeit und die längste Verlangsamungsstrecke. Die genauen Verläufe sind nur beispielhaft dargestellt.
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Nach dem Haltepunkt 10 bzw. dem Punkt mit minimaler Geschwindigkeit ist in Bereich B2 eine Beschleunigungsphase gezeigt. Wieder sind die Verläufe für jede Fahrt unterschiedlich, Fahrt F1 zeigt hier die geringste Beschleunigung, während z.B. Fahrt F3 eine starke Beschleunigung darstellt. Es könnte sich bei diesem Bereich beispielsweise um die Beschleunigung nach dem Anhalten, z.B. das Anfahren nach einer Ampel handeln.
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Anstelle eines Geschwindigkeitsverlaufs wie dargestellt könnten aber ähnliche Situationen auch eine hohe Dynamik im Fahrverhalten darstellen, also starke Beschleunigungs- oder Bremsverhalten, oder auch eine generell erhöhte Last (auch bei gleichbleibender Geschwindigkeit), wie beispielsweise die Auffahrt an einer Steigung ohne Halt. In all diesen Fällen tritt durch die erhöhte Belastung auch eine höhere Emissionsbelastung auf, die vom Abgasnachbehandlungssystem aufgefangen werden sollte.
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Aus den verschiedenen Fahrtverläufen können verschiedene Aussagen über die Strecke getroffen werden, indem diese und weitere Daten gesammelt und ausgewertet werden.
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2 zeigt beteiligte Elemente gemäß einer Ausführungsform der Erfindung, bei der Streckendaten erfasst und angelernt werden, um damit die Fahr- und Betriebsstrategie von Fahrzeugen anzupassen. Dabei ist ein Fahrzeug 100 stellvertretend gezeigt, das im Betrieb verschiedene Daten sammelt und nutzt. Dies können Daten sein, die das Fahrzeug selbst betreffen, wie beispielsweise vorhandene Komponenten und Bauteile, die Einfluss auf das Fahrverhalten und den Motorbetrieb haben; Daten, die im Fahrbetrieb erfasst werden, wie etwa Geschwindigkeit, Beschleunigung, Lambdawerte der Lambdasonde (vor oder hinter einem Katalysator), Temperatur des Katalysators, Motortemperatur, Motormoment, Motordrehzahl, eingelegter Gang; sowie erfasste Daten, die sich auf die Umgebung beziehen, wie etwa Positionsdaten über GPS oder andere Positionsbestimmungssysteme, Höhenmessdaten, Steigungsdaten, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Durchschnittsgeschwindigkeiten, Abbiege- und Haltestellen im Verkehr, Wetterdaten wie Glatteis oder Feuchtigkeit. Beispielsweise könnte ein Fahrzeug aufzeichnen, wie sich die Geschwindigkeit auf einem bestimmten festgelegten Streckenstück verändert, welche Motordrehzahlen bei einer kurzen Steigung bei der gewählten Geschwindigkeit auftreten, und ab welchem Bereich der Nutzer (oder die Fahrzeugautomatik) üblicherweise den Gang wechselt, während er die Strecke entlang fährt.
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Ein geeignetes Fahrzeug 100 kann also zumindest einen Teil solcher Daten über geeignete Sensoren im Fahrzeug erfassen und dann über Kommunikationsmittel weiterleiten, 110. Dazu kann das Fahrzeug beispielsweise mit einer Mobilfunkverbindung ausgestattet sein. Heutzutage sind Fahrzeuge auch für andere Anwendungen oft auf eine oder mehrere Arten vernetzt. Es kann eine Verbindung zu mindestens einer entfernten Recheneinheit 120, wie z.B. einem zentralen Server bzw. Rechenzentrum, zu einem Speichersystem wie einer Cloud oder einem dezentral verteilten Speichersystem, zu anderen Fahrzeugen und/oder zu Verkehrsinfrastruktur bestehen. Die Verbindung 110 kann dabei etwa über die Datenverbindung eines Mobilfunknetzes oder eine gesonderte Datenverbindung hergestellt werden. Auch andere Schnittstellen sind möglich, die lokal oder aus der Ferne genutzt werden können, z.B. eine WLAN-Verbindung oder eine Bluetooth-Schnittstelle und andere übliche low energy-Schnittstellen.
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Alternativ könnte ein Fahrzeug auch eine nur zeitweise verfügbare Kommunikationsverbindung in Kombination mit lokaler Speicherung nutzen, die beispielsweise immer dann verwendet wird, wenn temporär oder dauerhaft keine Mobilfunkverbindung möglich ist. In diesem Fall könnten auch größere Mengen an Daten zunächst im Fahrzeug 100 durch ein geeignetes Speichersystem abgespeichert werden und dann, beispielsweise bei Ankunft zuhause, entsprechend synchronisiert bzw. abgerufen und an den zentralen Server 120 weitergeleitet werden. 2 zeigt beispielhaft die Sammlung von Daten in einem online verbundenen zentralen System als entfernte Recheneinheit, das die Daten einer Vielzahl von Fahrzeugen sammelt und verarbeitet.
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Alle verwendeten Elemente können an verschiedener Stelle im Fahrzeug integriert oder angebunden sein; so könnte die Sammlung von Daten über verschiedene Sensoren von der Motorsteuerung vorgenommen werden, in einen Bordcomputer oder ein Infotainmentsystem integriert sein. Es kann sich um ein getrenntes System handeln oder um eine Steuerung bzw. einen Mikroprozessor, der bereits andere Aufgaben im Fahrzeug übernimmt. Das System kann fest im Fahrzeug integriert sein oder nachgerüstet bzw. entnehmbar und mit entsprechenden Schnittstellen zu den Sensoren und Bordmitteln des Fahrzeugs versehen sein. Es gibt in Fahrzeugen nicht zwingend eine klare Abgrenzung dieser verschiedenen Systeme, die auch untereinander üblicherweise wiederum auf verschiedene Arten verbunden sein können, z.B. über ein Bussystem. Es versteht sich, dass jede beliebige praktikable Kombination aus diesen und anderen Elementen möglich ist, soweit sie die Aufgaben von Datensammlung, Datenweiterleitung und/oder Datenauswertung je nach Bedarf übernehmen können.
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Aus den gesammelten Daten können dann in Kombination mit Positionsdaten entsprechende kombinierte streckenbezogene Daten erstellt werden. Für die Positionsdaten können ein übliches System wie GPS oder andere Positionierungssysteme, die im Fahrzeug vorhanden sind, ausgewertet werden.
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Es versteht sich, dass mit größerer Anzahl von Messdaten auch eine verbesserte Vorhersage möglich sein kann. Dabei könnte das System beispielsweise alle erhaltenen Messdaten für einen Streckenabschnitt mitteln, soweit das sinnvoll ist; ebenso könnten aber alle Streckendaten oder ein Teil der gewonnenen Daten getrennt z.B. für jedes Fahrzeugmodell aufgezeichnet und gespeichert werden, da sich die Betriebsdaten unterschiedlicher Fahrzeuge auf derselben Strecke stark unterscheiden können.
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Die erfassten und ausgewerteten Daten werden dann in der gewünschten Verarbeitungsstufe wieder an nutzende Fahrzeugsysteme verteilt, 130 in 2. Dazu können die Fahrzeuge 140 beispielsweise regelmäßige Aktualisierungen ihrer Navigationskarten erhalten, wobei die Karten mit solchen streckenbezogenen Betriebsdaten kombiniert sind. Für die Verbindungen und Kommunikationsmittel der Fahrzeuge 140 gilt dasselbe wie vorstehend für die datensammelnden Fahrzeuge 100. Dabei können bevorzugt entsprechend ausgestattete Fahrzeuge sowohl Daten erfassen und weiterleiten als auch gesammelte Streckendaten zur Nutzung für eine Fahrstrategie wieder empfangen, oder sie können nur eine der beiden Rollen 100, 140 übernehmen.
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Je nach Ausführungsform kann ein Teil der Daten bereits im sammelnden Fahrzeug 100 verarbeitet und ausgewertet werden und nur das Ergebnis der Auswertung, z.B. Streckendaten über dieselbe Fahrstrecke von mehreren Tagen gemittelt, dann an die entfernte Recheneinheit 120 übersendet werden. Alternativ können aber auch sämtliche Rohdaten alleine oder zusätzlich zu ausgewerteten Daten übermittelt werden. Ebenso gilt bei der Verwendung der Daten, dass die Fahr- oder Betriebsstrategie bereits an einer zentralen Stelle 120 berechnet und vorbereitet werden kann und so fertig, beispielsweise in Form einer mit ausgearbeiteten Fahrstrategien unterlegten Navigationskarte an das Fahrzeug zur Verwendung weiter geleitet wird, oder dass auch rohe Messdaten oder nur teilweise verarbeitete Daten an das Fahrzeug 140 geleitet werden, und ein entsprechendes Steuersystem im Fahrzeug 140 dann in der Lage ist, aus diesen Daten (z.B. mit geeigneter Software) jeweils eine angepasste Fahr- und Betriebsstrategie für das genutzte Fahrzeug zu entwerfen.
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Die vorstehend gesammelten Daten ermöglichen gemäß einer Ausführungsform der Erfindung also eine Anreicherung der reinen Kartendaten mit verschiedenen Informationen über die Strecke und den erwarteten Betrieb eines Fahrzeugs, das sich auf dieser Strecke bewegt. Beispielsweise kann die Karte so mit zusätzlichen Informationen über Steigungen, über die Dauer von Ampelphasen oder über Streckenabschnitte mit vorübergehend begrenzter Geschwindigkeit versehen werden. Dabei können diese Daten beliebig detailliert sein, je nach gewünschter Vorhersagetiefe; so könnten zum Beispiel verschiedene Streckenprofile für verschiedene Uhrzeiten abgespeichert werden.
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Es könnten auch Daten, die speziell für eine konkrete Fahrtstrecke gespeichert und ausgewertet wurden, auf andere Fahrtstrecken extrapoliert werden. Wenn beispielsweise das Fahrzeugverhalten an verschiedenen Ampeln mit einem Fahrzeug aufgezeichnet und bekannt ist, dann kann daraus eine entsprechende Regel bzw. Fahrstrategie abgeleitet und gespeichert werden, die für alle Ampeln oder Haltepunkte gilt, auch wenn für diese noch keine Daten vorliegen. Falls später neue Daten vorhanden sind, die eine genauere Auswertung erlauben (z.B. abweichende Dauer der Ampelphasen an einer bisher unbekannten Ampel), so können die gespeicherten Daten verbessert werden. Ein ähnliches Vorgehen ist für Steigungen auf der Strecke oder Abbiegungen und Abfahrten denkbar. So können auch Kartenbereiche, für die bisher keine oder nur wenige Messdaten zur Auswertung vorliegen, problemlos mit Daten zur Fahr- und Betriebsstrategie versehen werden, indem gespeicherte Modellsituationen auf andere Situationen übertragen werden.
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Gespeicherte Daten und Regeln zur Fahrstrategie können auch mit dynamisch im Fahrbetrieb gemessenen Daten kombiniert werden, um möglichst effektiv zu arbeiten. Neben Daten, die im Fahrzeug aktuell gemessen werden, können dabei auch Systeme wie Car-2-lnfrastructure (Car2x) genutzt werden, wenn entsprechende Schnittstellen und Systeme vorhanden sind. Dabei sind Elemente der Infrastruktur, wie etwa Ampeln und speziell vorgesehene Sendepunkte, mit Kommunikationsmitteln versehen, um z.B. über WLAN oder Mobilfunknetz direkt Informationen mit Fahrzeugen auszutauschen. Dies können Informationen wie Ampelphasen, Straßensperrungen, Verzögerungen durch Staus und veränderliche Geschwindigkeitsbegrenzungen sein. Ein ähnliches Konzept ist die v2v (vehicle to vehicle)- oder car2car-Kommunikation, bei der direkte Kommunikation unter Fahrzeugen in der Umgebung stattfindet, um etwa Spurwechsel, Notbremsungen, Stauende oder andere spontane Ereignisse auf der Strecke anzuzeigen, die für die anderen Fahrzeuge relevant sein können. In einer Ausführungsform kann ein erfindungsgemäßes Fahrzeug solche Daten in die aktuelle Fahrstrategie einfließen lassen oder die kartenbasierten Regeln abändern.
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Fahr- und Betriebsstrategien
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Die aus den gesammelten Daten gewonnenen Erkenntnisse über die Strecke, die etwa in Form von getrennten Streckendaten, kombinierten Kartendaten oder situationsbasierten Regeln vorliegen können, werden nun gemäß einer Ausführungsform der Erfindung genutzt, um die Emissionen im Fahrbetrieb möglichst effektiv zu begrenzen. Insbesondere kann dabei der Motor abhängig von den streckenbezogenen Daten mehr befeuert werden, als dies aufgrund der sonstigen Antriebssteuerung im Antriebsstrang angefordert wird. Dabei können die Daten sowohl auf die Betriebsstrategie, also auf die Betriebsweise des Verbrennungsmotors in konkreten Situationen, als auch auf die gesamte Fahrstrategie (Beschleunigung, Geschwindigkeit) angewandt werden.
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Die Temperaturwiedererhöhung eines abgekühlten Katalysators kann beispielsweise innerhalb von 20 bis 30 Sekunden erfolgen. Das Sauerstoffgleichgewicht wird üblicherweise schneller hergestellt und kann in etwa 5 Sekunden erfolgen. Die genauen Zeiten sind jedoch natürlich von der Art der verwendeten Abgasnachbehandlung und vor allem auch vom Betriebspunkt des Verbrennungsmotors abhängig. Wie bereits beschrieben, spielt das Sauerstoffgleichgewicht beim reinen Verbrennungsantrieb eine größere Rolle als bei einem Hybridantrieb, bei dem anstelle einer Schubabschaltung normalerweise eine Rekuperationsphase angewendet wird, in der der Verbrennungsmotor vom Antrieb vollständig abgekoppelt wird und keinen erhöhten Luftdurchsatz aufweist. Grundsätzlich sind aber alle für die Schubabschaltung beispielhaft beschriebenen Verfahren auch für ein Hybridfahrzeug anwendbar, bei dem stattdessen z.B. eine Rekuperationsphase stattfindet.
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Eine erste Möglichkeit besteht darin, das Schubabschalten auszusetzen. Diese Situation ist in 3 gezeigt, wieder anhand des Beispiels aus 1 mit einer Geschwindigkeitsreduktion (Bereich B1), Haltephase und anschließender Beschleunigung (Bereich B2). Wenn also eine Betriebsphase mit Schubbetrieb beginnt (B1) und eine Schubabschaltung einsetzt, d.h. die Kraftstoffeinspritzung zum Verbrennungsmotor unterbrochen wird, dann kann eine Steuervorrichtung des Fahrzeugs 140 anhand der erhaltenen streckenbezogenen Daten ermitteln, wie das Fahrverhalten und die benötigten Motorleistungen auf dem vorausliegenden Streckenabschnitt voraussichtlich verlaufen werden. Auf dieser Grundlage kann die Steuerung dann zu einem geeigneten Zeitpunkt 15 die Schubabschaltung aktiv vorzeitig beenden, also die Kraftstoffeinspritzung zumindest auf einem niedrigen Niveau wieder herstellen und den Motor befeuern, um so eine weitere Auskühlung und Belüftung des Katalysators zu vermeiden. Die unter dem Diagramm gezeigten Linienverläufe sollen den Verlauf der Schubabschaltung (S, obere Linie) und der Befeuerung des Motors (M, untere Linie) zeigen; man sieht also, dass die Schubabschaltung für eine gewisse Zeit eingesetzt wird und dass dann noch deutlich vor dem Ende der Geschwindigkeitsreduzierung und vor dem Haltepunkt die Schubabschaltung beendet und der Motor neu befeuert wird.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform wird bei einer erkannten Phase mit Schubabschaltung diese anders als in der vorherigen Option beibehalten, und während einer daran anschließenden Haltephase wird der Verbrennungsmotor vorzeitig wieder gestartet, um eine ausreichende Erwärmung zu erreichen. Diese Möglichkeit ist in 4 mittels derselben beispielhaften Situation wie in 1 und 3 gezeigt. Wieder wird die Haltephase aus den erhaltenen streckenbezogenen Daten ermittelt. Dabei wird der Zeitpunkt des Motorstarts abhängig davon bestimmt, welche Daten zur voraussichtlichen Haltezeit im momentanen Streckenabschnitt vorliegen. Wenn beispielsweise gesammelte, gespeicherte oder anderweitig erhaltene Daten für den Streckenabschnitt vorliegen, die anzeigen, dass eine rote Ampelphase nach Ankunft des Fahrzeugs an der Ampel noch 20 Sekunden andauern wird, dann kann die Schubabschaltung im Bereich B1 voll genutzt werden und der Motor während der anschließenden Haltephase an der Ampel beispielsweise 10 Sekunden vor dem grünen Ampelsignal gestartet werden. Die Linien unter dem Geschwindigkeitsdiagramm verbildlichen diesen Vorgang; die Schubabschaltung S und Abschaltung des Verbrennungsmotors werden bis zum Haltepunkt zwischen den beiden Bereichen beibehalten, 25, und erst danach wird der Motor während der Haltephase wieder befeuert (Linie M unter dem Diagramm), allerdings bereits vor dem Anfahren. Dabei wird der Motor in dieser Zeit bevorzugt mit niedriger Dynamik betrieben, da noch keine Antriebsleistung benötigt wird und die Emissionen möglichst gering gehalten werden sollen. Diese Betriebsweise ist besonders geeignet, um ein Sauerstoffgleichgewicht in einem Abgasnachbehandlungssystem wieder herzustellen. Die Auswertung und Vorhersage kann bereits deutlich vor Erreichen der Ampel bzw. allgemein des Bereichs mit reduzierter Geschwindigkeit vorgenommen werden, indem die zu erwartende Fahrtdauer bei der aktuellen oder streckenüblichen Geschwindigkeit mit einbezogen wird.
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Ob die Schubabschaltung vorzeitig beendet werden soll (3) oder ob eine ausreichend lange anschließende Haltephase erwartet werden kann, während der der Motor vorzeitig gestartet wird (4), kann ebenfalls auf Grundlage der prädikativen Daten zum Streckenabschnitt entschieden werden. Es können beispielsweise Schwellwerte für eine erwartete Haltezeit bestimmt werden, so dass bei einer erwarteten Haltezeit, die kürzer als der Schwellwert ist, die Schubabschaltung vorzeitig beendet wird, während bei einer erwarteten Haltezeit über dem Schwellwert die oben genannte Ausnutzung der Schubabschaltung mit vorzeitigem Einschalten des Verbrennungsmotors erst während der Haltephase gewählt werden kann. Anhand der oben genannten Beispiele könnte beispielsweise der Schwellwert bei 8 Sekunden festgelegt sein, so dass bei einer erwarteten Haltephase von nur 2 Sekunden - unterhalb des Schwellwerts - die Schubabschaltung vorzeitig beendet wird und der Motor bereits im Schubbetrieb wieder befeuert wird und statt dessen z.B. im Leerlauf betrieben wird. Wenn dagegen eine Haltephase von 20 Sekunden erwartet wird wie im zweiten Beispiel, kann das System die Entscheidung treffen, erst während der Haltezeit den Motor wieder zu starten. Selbstverständlich sind beliebige andere Zahlenwerte und Kombinationen als Entscheidungsfaktoren möglich. Der optimale Zeitpunkt sowohl für das Beenden der Schubabschaltung als auch für das Starten des Motors bei Haltephase wird ebenfalls anhand der bekannten streckenbezogenen Daten bestimmt, oder die Reaktivierung des Motors kann sofort vorgenommen werden.
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Eine andere mögliche Situation, in der ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Tragen kommen kann, sind Bergabfahrten. Bereich B1 aus den Figuren entspricht dann einem Gefälle, bei dem Schubbetrieb eintritt, während Bereich B2 eine darauffolgende ebene Strecke oder eine Steigung kennzeichnet. Ein Haltepunkt oder eine Haltephase ist zwischen den Bereichen nicht zwingend vorgesehen. Auch muss im Bereich B1 nicht notwendigerweise eine Verlangsamung eintreten. Die Eigenschaften der Strecke, also Steigung, Gefälle, durchgehender Fahrbetrieb und erwartete Geschwindigkeiten können als streckenbezogene Daten für den Streckenabschnitt bereit stehen. Hier kann die Fahrzeugsteuerung also vor allem die Schubabschaltung des Motors am Gefälle vorzeitig beenden, so dass das Abgasnachbehandlungssystem nicht zu sehr auskühlt. Da die Fahrstrecke und ihre Eigenschaften idealerweise aus den streckenbezogenen Daten bekannt sind, kann der Zeitpunkt für die Beendigung der Schubabschaltung entsprechend optimiert werden.
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Die Streckendaten können auch genutzt werden, um eine allgemeine Fahrdynamik zu reduzieren, d.h. um starke Beschleunigungen, Beschleunigungen bei kaltem Motor und/oder zu häufige Schubabschaltung bereits vorausschauend zu vermeiden. Damit werden vorab ein Ungleichgewicht an Sauerstoff im Katalysator vermieden und die Emissionswerte verbessert. Ähnlich wie bei der Steuerung der Schubabschaltung werden dann die streckenbezogenen Daten wie etwa Steigungen, Haltepunkte, Abbiegungen, Geschwindigkeitsbegrenzungen genutzt, um Motorleistungen und maximal mögliche Beschleunigungen dauerhaft oder in bestimmten Abschnitten zu begrenzen und zu regeln. Dies ist insbesondere möglich, wenn das Fahrzeug in Kombination mit einer Geschwindigkeitsregelanlage (z.B. Adaptive Cruise Control, ACC) betrieben wird, bei der das Fahrzeug automatisch versucht, eine vom Nutzer vorgegebene Geschwindigkeit zu halten, oder bei Assistenzsystemen, die anhand von Kartendaten oder anderen Merkmalen auch unterschiedliche Geschwindigkeiten regeln können (z.B. „Country Road Assist“).
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Das System kann mit weiteren Merkmalen wie Abstandssensoren versehen sein. Es hat damit die Möglichkeit, die Beschleunigungen flexibler und vorausschauender anzupassen. Wenn das Abgasnachbehandlungssystem kalt ist, also beispielsweise nach einer längeren Halte- oder Schubphase mit abgeschaltetem Verbrennungsmotor, könnte ein solches System dann für begrenzte Zeit (bis zur tatsächlichen oder abgeschätzten Erwärmung) einen Maximalwert für die Beschleunigung bzw. Momentenanforderung vorgeben. Dies kann alleine verwendet oder auch mit der vorher beschriebenen Begrenzung von Schubabschaltung oder Haltephase kombiniert werden, so dass z.B. in Bereich B1 die Schubabschaltung vorzeitig beendet wird und in Bereich B2 dennoch die mögliche Beschleunigung anfangs begrenzt bleibt. Da der Fahrer dann nicht die volle gewünschte Leistung zur Verfügung hat, könnte diese Differenz optional z.B. durch eine elektrische Maschine kompensiert werden, insbesondere in Hybridfahrzeugen. Die erwartete Dynamik kann über ein Katalysator-Modell abgeschätzt bzw. berechnet werden, so dass die Fahrstrategie in Hinblick auf Leistung und Emissionen optimiert werden kann.
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Für alle diese Strategien können wie bereits beschrieben streckenbezogene Daten genutzt werden, um Dauer und Umfang der Beschleunigungsbegrenzung, Steuerung der Fahrdynamik und andere Merkmale an die tatsächlichen Streckenbedingungen anzupassen. Wie auch für die Schubabschaltung werden die Messdaten zunächst über ein oder mehrere Fahrzeuge gesammelt, lokal oder zentral gespeichert und ausgewertet und dann mit Kartendaten zu streckenbezogenen Daten kombiniert, die es ermöglichen, die notwendigen Motorleistungen, erwartete Geschwindigkeitsverläufe und sonstige Anforderungen an den Motorbetrieb für einen bestimmten Streckenabschnitt vorherzusagen.