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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Erkennen eines Vegetationsobjekts in einer Umgebung eines Fahrzeugs sowie ein entsprechendes Verfahren. Weiterhin betrifft die Erfindung ein System zum Erkennen eines Vegetationsobjekts.
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Moderne Fahrzeuge (Autos, Transporter, Lastwagen, Motorräder etc.) umfassen eine Vielzahl von Fahrerassistenzsystemen, die dem Fahrer Informationen zur Verfügung stellen und einzelne Funktionen des Fahrzeugs teil- oder vollautomatisiert steuern. Sensoren erfassen die Umgebung des Fahrzeugs sowie andere Verkehrsteilnehmer. Basierend auf den erfassten Daten kann ein Modell der Fahrzeugumgebung erzeugt werden. Durch die fortschreitende Entwicklung im Bereich der autonom und teilautonom fahrenden Fahrzeuge werden der Einfluss und der Wirkungsbereich von Fahrerassistenzsystemen immer größer. Durch die Entwicklung immer präziserer Sensoren ist es möglich, die Umgebung und den Verkehr zu erfassen und einzelne Funktionen des Fahrzeugs vollständig oder teilweise ohne Eingriff des Fahrers zu kontrollieren. Fahrerassistenzsysteme können dabei insbesondere zur Erhöhung der Sicherheit im Verkehr sowie zur Verbesserung des Fahrkomforts beitragen.
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Eine wichtige Voraussetzung ist hierbei die Erfassung und Erkennung der Umgebung des eigenen Fahrzeugs. Mittels Umgebungssensoren, wie beispielsweise Radar-, Lidar-, Ultraschall- und Kamerasensoren, werden Sensordaten mit Informationen zu der Umgebung erfasst. Basierend auf den erfassten Daten sowie gegebenenfalls unter zusätzlicher Berücksichtigung im Fahrzeug verfügbarer Daten können dann Objekte in der Umgebung des Fahrzeugs erkannt werden. Auf Grundlage der erkannten Objekte kann beispielsweise ein Verhalten eines autonomen oder teilautonomen Fahrzeugs an eine aktuelle Situation angepasst werden.
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Radarsensoren stellen in diesem Zusammenhang eine wichtige Datenquelle für die Erfassung der Umgebung dar. Ein Radarsensor sendet ein Signal in Richtung eines Ziels (Objekts) aus, das daran reflektiert wird. Die Reflektion wird vom Radarsensor empfangen und der Ort der Reflektion kann rekonstruiert werden. Wenn ein dynamisches Ziel bzw. Objekt erfasst wird (Fußgänger, Fahrzeug, Tier etc.), ergibt sich dabei eine Frequenzänderung der Trägerfrequenz des Radarsignals (Dopplereffekt). Diese Frequenzänderung entspricht der Bewegung des Ziels (Dopplerfrequenz). Vibrationen oder Rotationen des Ziels können dabei zusätzliche Modulationen erzeugen. Dieser Effekt wird auch als Mikro-Doppler-Effekt bezeichnet. Basierend auf einer Auswertung einer Mikro-Doppler-Signatur eines dynamischen Objektes ist unter Umständen eine Objekterkennung möglich. In diesem Zusammenhang wird beispielsweise in Garcia-Rubia und Kilic, „Analysis of Moving Human Micro-Doppler Signature in Forest Environments“, 2014, ein Ansatz zum Erkennen und Untersuchen menschlicher Bewegungen in einer Waldumgebung basierend auf einer Mikro-Doppler-Signatur offenbart.
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Eine Herausforderung besteht in der radarbasierten Erkennung statischer Objekte (Bäume, Sträucher, Gebüsche, Häuser, Mauern etc.). Wenn es sich bei einem erkannten Objekt um ein Vegetationsobjekt und nicht um eine Mauer handelt, könnte beispielsweise im Falle eines Unfalls eine andere Reaktion eines autonomen oder teilautonomen Fahrzeugs erfolgen.
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Ausgehend hiervon stellt sich der vorliegenden Erfindung das Problem, einen verbesserten Ansatz zum Erkennen von Objekten in einer Umgebung eines Fahrzeugs bereitzustellen. Insbesondere sollen Vegetationsobjekte erkannt und korrekt klassifiziert werden. Eine zuverlässige Erkennung soll ermöglicht werden.
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Zum Lösen dieser Aufgabe betrifft die vorliegende Erfindung in einem ersten Aspekt eine Vorrichtung zum Erkennen eines Vegetationsobjekts in einer Umgebung eines Fahrzeugs, mit:
- einer Eingangsschnittstelle zum Empfangen von Sensordaten eines Radarsensors mit Informationen über eine Umgebung des Fahrzeugs, wobei die Sensordaten Scanpunkte mit zugeordneten Punktgeschwindigkeiten umfassen;
- einer Verarbeitungseinheit zum Identifizieren eines Objekts in der Umgebung des Fahrzeugs basierend auf einer Clusterung von Scanpunkten anhand der Punktgeschwindigkeiten der Scanpunkte; und
- einer Auswerteeinheit zum Klassifizieren des Objekts basierend auf einer Auswertung der Punktgeschwindigkeiten der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte, um zwischen einem Vegetationsobjekt und einem lebenden Objekt zu unterscheiden.
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Weiterhin betrifft ein Aspekt der Erfindung ein System zum Erkennen eines Vegetationsobjekts in einer Umgebung eines Fahrzeugs, mit:
- einer Vorrichtung wie zuvor beschrieben; und
- einem Radarsensor zum Detektieren einer Umgebung des Fahrzeugs, um Sensordaten umfassend Scanpunkte mit zugeordneten Punktgeschwindigkeiten bereitzustellen.
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Weitere Aspekte der Erfindung betreffen ein entsprechend der Vorrichtung ausgebildetes Verfahren und ein Computerprogrammprodukt mit Programmcode zum Durchführen der Schritte des Verfahrens, wenn der Programmcode auf einem Computer ausgeführt wird, sowie ein Speichermedium, auf dem ein Computerprogramm gespeichert ist, das, wenn es auf einem Computer ausgeführt wird, eine Ausführung des hierin beschriebenen Verfahrens bewirkt. Bevorzugte Ausgestaltungen der Erfindung werden in abhängigen Ansprüchen beschrieben. Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen. Insbesondere können das System und das Verfahren bzw. das Computerprogrammprodukt entsprechend der für die Vorrichtung in den abhängigen Ansprüchen beschriebenen Ausgestaltungen ausgeführt sein.
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Erfindungsgemäß ist es vorgesehen, dass Sensordaten eines Radarsensors über eine Eingangsschnittstelle empfangen und verarbeitet werden. Diese Sensordaten umfassen Informationen über eine Umgebung des Fahrzeugs. Insbesondere umfassen die Sensordaten einzelne Scanpunkte, vorzugsweise eine Vielzahl an Scanpunkten. Jeder Scanpunkt umfasst eine dem Scanpunkt zugeordnete Punktgeschwindigkeit. Insbesondere können die Daten eines an einem Fahrzeug ohnehin vorhandenen Radarsensors verwendet werden. Unter einer Punktgeschwindigkeit versteht sich insbesondere eine Mikro-Doppler-Information eines Scanpunkts, also eine Information, die eine Bewegung bzw. eine Geschwindigkeit des Objekts, an dem das Radarsignal reflektiert wird, repräsentiert. Insbesondere wird eine Mikro-Doppler Signatur, also eine Vielzahl an Punktgeschwindigkeiten, empfangen.
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Die empfangenen Sensordaten werden zunächst verarbeitet, um ein Objekt zu erkennen. Hierzu wird eine Clusterung basierend auf den Punktgeschwindigkeiten eingesetzt. Eine Mehrzahl an Scanpunkten wird als zu einem Objekt gehörend identifiziert, wenn die Scanpunkte eine ähnliche Bewegung aufweisen. Im nächsten Schritt wird ein erkanntes Objekt dann klassifiziert. Unter einer Klassifizierung versteht sich insbesondere eine Erkennung des Objekts, also eine Zuordnung des Objekts zu einer vorbekannten Kategorie. Erfindungsgemäß wird die Klassifikation durchgeführt, um zwischen einem Vegetationsobjekt und einem lebenden Objekt zu unterscheiden.
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Unter einem Vegetationsobjekt versteht sich insbesondere ein Baum, Busch oder ein Gestrüpp. Unter einem lebenden Objekt versteht sich insbesondere ein Mensch oder ein Tier. Die Erfindung basiert darauf, dass sich Vegetationsobjekte unter Umständen bewegen und diese Bewegung eine charakteristische Mikro-Doppler-Signatur bedingt, auch wenn ein Vegetationsobjekt eigentlich dem statischen Umfeld zugeordnet ist. Die Position der Vegetation ändert sich nicht. Erfindungsgemäß wird ausgenutzt, dass es Wetterbedingungen gibt, durch die Vegetationsobjekte in Bewegung versetzt werden. Beispielsweise bewegen sich die Blätter eines Baumes im Wind oder aufgrund von Regen.
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In bisherigen Ansätzen wurden bereits Mikro-Doppler-Signaturen dazu verwendet, Fußgänger bzw. lebende Objekte zu erkennen. Die vorliegende Erfindung betrifft insoweit eine Erweiterung auf eine Erkennung von Vegetationsobjekten. Im Vergleich zum Stand der Technik erlaubt der erfindungsgemäße Ansatz damit eine rein radarbasierte Identifikation von Objekten des statischen Umfelds. Hierdurch wird eine verbesserte Kenntnis der Umgebung ermöglicht. Basierend auf den erkannten Vegetationsobjekten können beispielsweise Funktionen eines autonomen oder teilautonomen Fahrzeugs realisiert werden. Weitere Sensorik ist nicht notwendig, wodurch Kosten eingespart werden können.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist die Auswerteeinheit zum Klassifizieren des Objekts basierend auf einer Anzahl der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte ausgebildet. Vorzugsweise ist die Auswerteeinheit zum Klassifizieren des Objekts als Vegetationsobjekt ausgebildet, wenn die Anzahl der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte einen vordefinierten Schwellwert überschreitet. Die Klassifizierung erfolgt anhand der Größe des Objekts, die sich in der Anzahl der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte widerspiegelt. Ein großes Objekt umfasst eine höhere Anzahl an Scanpunkten als ein kleineres Objekt. Üblicherweise ist ein Vegetationsobjekt größer als ein lebendes Objekt. Daher kann anhand der Größe zwischen Vegetationsobjekten und lebenden Objekten unterschieden werden. Eine einfache und effizient berechenbare Auswertung bei hoher Unterscheidungsgenauigkeit wird erreicht.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung ist die Verarbeitungseinheit zum Identifizieren des Objekts basierend auf einer Auswertung einer Standardabweichung der Punktgeschwindigkeiten der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte ausgebildet. In der Verarbeitungseinheit wird ausgenutzt, dass sich Blätter bzw. Teile eines Vegetationsobjekts im Wind oder im Regen mit ähnlichen Punktgeschwindigkeiten bewegen. Dies trifft für Fußgänger oder Radfahrer oder andere lebende Objekte üblicherweise nicht zu. Wenn also die Standardabweichung der Punktgeschwindigkeiten unter einem Schwellwert bleibt, ergibt sich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass es sich bei dem erkannten Objekt um ein Vegetationsobjekt handelt. Hierdurch kann die Unterscheidungsgenauigkeit verbessert werden.
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In einer Ausgestaltung ist die Auswerteeinheit zum Klassifizieren des Objekts als Vegetationsobjekt ausgebildet, wenn die Punktgeschwindigkeiten der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte unterhalb eines vordefinierten Schwellwerts liegen. Übliche Bewegungen, die durch den Wind verursacht werden, sind im Vergleich zu Bewegungen lebender Objekte langsam. Daher kann ausgehend von der Geschwindigkeit eine Unterscheidung vorgenommen werden.
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In einer Ausgestaltung ist die Auswerteeinheit zum Berechnen eines Signal-Rauschverhältnisses (Signal-to-Noise-Ratio, SNR) für die Punktgeschwindigkeiten der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte ausgebildet. Ein lebendes Objekt, insbesondere ein Fußgänger, verursacht höhere SNR-Werte als ein Vegetationsobjekt beispielsweise aufgrund der Bewegungen von Armen und Beinen. Ausgehend hiervon kann ein Verhältnis zwischen einem zu erwartenden SNR eines lebenden Objekts und eines Vegetationsobjekts definiert werden. Hierdurch ergibt sich eine verbesserte Unterscheidung.
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Vorzugsweise ist die Auswerteeinheit zum Klassifizieren des Objekts als Vegetationsobjekt ausgebildet, wenn das SNR unterhalb eines vordefinierten Schwellwerts liegt. Vorzugsweise basiert der vordefinierte Schwellwert hierbei auf typischen Bewegungen eines Menschen. Durch einen Vergleich mit einem Schwellwert ergibt sich eine effizient realisierbare Datenauswertung.
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In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung ist die Auswerteeinheit zum Berechnen eines Frequenzspektrums der Punktgeschwindigkeiten der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte ausgebildet. Vorzugsweise ist die Auswerteeinheit zum Klassifizieren des Objekts als Vegetationsobjekt ausgebildet, wenn das Frequenzspektrum keine ausgeprägten Hochpunkte umfasst. Die Unterscheidung anhand des Frequenzspektrums der Punktgeschwindigkeiten basiert darauf, dass sich die Blätter eines Vegetationsobjekts üblicherweise mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen. Daher ergeben sich unterschiedliche Frequenzen in den Punktgeschwindigkeiten der Scanpunkte. Hieraus ergibt sich ein Frequenzspektrum, das keine ausgeprägten Hochpunkte aufweist Im Gegensatz dazu würde ein Frequenzspektrum eines Fußgängers üblicherweise einen einzelnen oder mehrere einzelne ausgeprägte Hochpunkte aufweisen.
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In einer weiteren bevorzugten Ausgestaltung ist die Auswerteeinheit zum Unterscheiden zwischen einem Menschen und einem Tier, vorzugsweise zwischen einem Fußgänger, einem Radfahrer und einem Tier, basierend auf den Punktgeschwindigkeiten der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte ausgebildet, wenn das Objekt als lebendes Objekt klassifiziert wurde. Die Auswerteeinheit kann zum Erkennen typischer Bewegungsmuster basierend auf einem Vergleich mit vordefinierten Musterdaten ausgebildet sein. Hierauf basierend kann dann nicht nur zwischen einem lebenden Objekt und einem Vegetationsobjekt unterschieden werden, sondern auch ein lebendes Objekt näher bestimmt werden. Insbesondere kann anhand typischer Bewegungsmuster zwischen verschiedenen lebenden Objekten unterschieden werden. Ein Bewegungsmuster kann beispielsweise durch eine bevorzugt vorkommende Frequenz charakterisiert sein. Eine weiter verbesserte Erkennung von Objekten in der Umgebung wird ermöglicht.
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In einer vorteilhaften Ausgestaltung ist die Auswerteeinheit dazu ausgebildet, ein lebendes Objekt zu erkennen, das sich vor oder hinter einem Vegetationsobjekt befindet. Ausgehend von einer Analyse des Frequenzspektrums oder auch basierend auf anderen Ansätzen kann auch ein gemischtes Objekt, also ein von einem Vegetationsobjekt teilweise verdecktes lebendes Objekt oder ein von einem lebenden Objekt teilweise verdecktes Vegetationsobjekt erkannt werden. Diese Erkennung erlaubt insoweit eine weitere Verbesserung der Einschätzung der Umgebung eines Fahrzeugs.
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In einer Ausgestaltung ist die Auswerteeinheit zum Durchführen einer Freespace-Boundary-Klassifizierung ausgebildet. Die Erkennungsgenauigkeit kann weiter verbessert werden.
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In einer bevorzugten Ausgestaltung ist die Verarbeitungseinheit und/oder die Auswerteeinheit zum Anwenden eines zeitbasierten Sliding-Window-Verfahrens ausgebildet. Unter einem Sliding-Window-Verfahren versteht sich dabei ein Verfahren, bei dem Scanpunkte über einen vordefinierten Zeitraum zusammengefasst und analysiert werden. Die Genauigkeit bei der Identifikation der Objekte sowie bei der Klassifikation der Objekte kann weiter verbessert werden.
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Eine Umgebung des Fahrzeugs umfasst insbesondere einen von einem am Fahrzeug angebrachten Radarsensor aus sichtbaren Bereich im Umfeld des Fahrzeugs. Ein Radarsensor kann hierin auch mehrere Sensoren umfassen, die beispielsweise eine 360°-Rundumsicht ermöglichen und somit ein vollständiges Umgebungsabbild aufzeichnen können. Die Sensordaten eines Radarsensors umfassen insbesondere einen Abstand, eine Punktgeschwindigkeit, die einer Mikro-Doppler-Information entspricht, einen Höhenwinkel und einen Azimutwinkel für verschiedene Detektionen eines Radarsensors. Unter einem Scanpunkt wird ein einzelner Punkt, also eine einzelne Detektion verstanden. Üblicherweise werden während eines Messzyklus eines Radarsensors eine Vielzahl an Scanpunkten erzeugt. Unter einem Messzyklus wird ein einmaliges Durchlaufen des sichtbaren Bereichs verstanden. Die in einem Messzyklus erfassten Sensordaten können als Radar-Zielliste (Radar Target List) bezeichnet werden. Unter einer Clusterung versteht sich eine Zusammenfassung von Scanpunkten. Es werden verschiedene Scanpunkte als zusammengehörig bzw. als zum selben Objekt gehörend identifiziert. Ein vordefinierter Schwellwert kann auf Basis von vorab durchgeführten Versuchsreihen vorgegeben sein. Ein vordefinierter Schwellwert kann aber auch zur Betriebszeit angepasst sein.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand einiger ausgewählter Ausführungsbeispiele im Zusammenhang mit den beiliegenden Zeichnungen näher beschrieben und erläutert. Es zeigen:
- 1 eine schematische Darstellung eines Fahrzeugs mit einem erfindungsgemäßen System;
- 2 eine schematische Darstellung einer Vorrichtung zum Erkennen eines Vegetationsobjekts nach der vorliegenden Erfindung;
- 3 eine Darstellung des erfindungsgemäßen Ansatzes zum Erkennen von Vegetationsobjekten ;
- 4 eine beispielhafte schematische Darstellung zweier Frequenzspektren zum Unterscheiden zwischen einem lebenden Objekt und einem Vegetationsobjekt;
- 5 eine schematische Darstellung von Standardabweichungen von Punktgeschwindigkeiten;
- 6 eine weitere schematische Darstellung von Standardabweichungen;
- 7 eine schematische Darstellung einer weiteren Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Systems; und
- 8 eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
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Die 1 zeigt eine schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Systems 10. Das System 10 umfasst eine Vorrichtung 12 zum Erkennen eines Vegetationsobjekts 14 in einer Umgebung 16 eines Fahrzeugs 18. Das System 10 umfasst weiterhin einen Radarsensor 20, mit dem die Umgebung 16 des Fahrzeugs 18 erfasst wird. Die Umgebung 16 umfasst dabei die verschiedenen Objekte, die durch den Radarsensor 20 detektiert werden können (Bäume, Häuser, Verkehrsschilder, andere Verkehrsteilnehmer, Fußgänger, Radfahrer, Tiere etc.). Diese verschiedenen Objekte in der Umgebung 16 reflektieren die Radarwellen. Für einzelne Scanpunkte wird jeweils deren Position, Abstand zum Radarsensor sowie insbesondere eine Punktgeschwindigkeit erfasst. Die Punktgeschwindigkeit entspricht einer Mikro-Doppler-Information und repräsentiert eine Bewegung des Zielpunktes relativ zum Radarsensor. Auch kleine Bewegungen eines mittels des Radarsensors 20 erfassten Objekts verursachen eine Frequenzänderung im reflektierten Signal.
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Erfindungsgemäß ist es vorgesehen, dass basierend auf den empfangenen Punktgeschwindigkeiten einzelne Objekte in der Umgebung 16 des Fahrzeugs 18 identifiziert werden. Für jedes Objekt wird dann ermittelt, ob es sich bei dem Objekt um ein Vegetationsobjekt 14 (insbesondere ein Baum, Busch, Strauch etc.) oder um ein lebendes Objekt 22 (insbesondere ein Fußgänger, Radfahrer, Tier etc.) handelt. Im dargestellten Ausführungsbeispiel ist das System 10 in ein Fahrzeug 18 integriert und stellt beispielsweise einem Fahrerassistenzsystem Informationen über die Umgebung zur Verfügung. Es versteht sich, dass in anderen Ausführungsformen auch andere Anordnungen denkbar sind. Insbesondere kann die Vorrichtung 12 auch teilweise oder vollständig außerhalb des Fahrzeugs angeordnet sein, beispielsweise als Cloud-Service oder als Mobilgerät mit entsprechender App.
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Erfindungsgemäß wird ausgenutzt, dass sich Vegetationsobjekte 14 bei bestimmten Wetterbedingungen bewegen und damit von anderen statischen Objekten, wie beispielsweise einem Haus 24, unterscheidbar sind. Bei windigem Wetter werden beispielsweise in kleineren Zeitfenstern ähnliche Bewegungsvektoren verschiedener zu einem Vegetationsobjekt gehörenden Scanpunkte wahrgenommen. Insbesondere werden Bewegungen radial zum Sensor in positiver wie auch in negativer Richtung wahrgenommen.
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In der 2 ist eine erfindungsgemäße Vorrichtung 12 schematisch dargestellt. Die Vorrichtung 12 umfasst eine Eingangsschnittstelle 26, eine Verarbeitungseinheit 28 sowie eine Auswerteeinheit 30. Die erfindungsgemäße Vorrichtung 12 kann beispielsweise in einem Fahrzeugsteuergerät integriert sein oder auch als separates Modul implementiert sein. Es ist möglich, dass die erfindungsgemäße Vorrichtung teilweise oder vollständig in Soft- und/oder Hardware umgesetzt ist. Die verschiedenen Einheiten können vorzugsweise als Prozessor, Prozessormodul oder Software für einen Prozessor ausgebildet sein.
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Über die Eingangsschnittstelle 26 werden Sensordaten eines Radarsensors empfangen. Die Eingangsschnittstelle 26 kann beispielsweise als Steckverbindung in Hardware umgesetzt sein. Es ist auch möglich, dass die Eingangsschnittstelle 26 als entsprechende Softwareschnittstelle zum Datenempfang ausgebildet ist. Die empfangenen Sensordaten umfassen eine Punktgeschwindigkeit (kann auch als Radialgeschwindigkeit bezeichnet werden), die eine Bewegung des erfassten Ziels beschreibt. Es versteht sich, dass die Sensordaten weitere Informationen umfassen können. Die empfangenen Sensordaten umfassen dabei insoweit Informationen über eine Umgebung des Fahrzeugs, als basierend auf den Sensordaten Objekte in der Umgebung des Fahrzeugs erkannt werden können. Ein Radarsensor kann beispielsweise vier- bis fünfhundert oder mehrere tausend Messungen pro einzelnem Messzyklus vornehmen. Üblicherweise werden mehrere Messzyklen pro Sekunde durchgeführt. Beispielsweise kann eine Messfrequenz bei 16 Hz bis 18 Hz liegen. Es versteht sich, dass die Sensordaten auch über eine Zeitdauer akkumuliert sein können.
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In der Verarbeitungseinheit 28 werden die empfangenen Sensordaten ausgewertet, um einzelne Objekte in der Umgebung des Fahrzeugs zu identifizieren. Für die Identifizierung der Objekte wird eine Clusterung der Scanpunkte basierend auf den Punktgeschwindigkeiten vorgenommen. Beispielsweise kann basierend auf einer Standardabweichung der gemessenen Punktgeschwindigkeiten eines Vegetationsobjekts eine zutreffende Clusterung vorgenommen werden. Ebenfalls können weitere Zusatzinformationen für die Clusterung verwendet werden. Beispielsweise kann ein Gating um einen erkannten Baumstamm ausgeführt werden.
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In der Auswerteeinheit 30 wird eine Klassifikation der zuvor identifizierten Objekte vorgenommen. Hierbei werden ebenfalls die Punktgeschwindigkeiten der dem Objekt zugeordneten Scanpunkte ausgewertet. In der Klassifikation wird zwischen einem Vegetationsobjekt und einem lebenden Objekt unterschieden. In anderen Worten wird festgestellt, ob es sich bei dem identifizierten (bewegten) Objekt um ein Vegetationsobjekt oder um ein lebendes Objekt handelt. Nachdem zunächst eine Bewegung detektiert wurde, kann die Klassifikation beispielsweise basierend darauf erfolgen, dass Vegetationsobjekte üblicherweise einen größeren Raum einnehmen als lebende Objekte. Ein Cluster der Messpunkte eines Baumes ist zumeist größer als ein Cluster der Messpunkte eines Fußgängers. Wenn die Clustergröße des Objekts mit einem Fußgänger oder einem Tier vergleichbar ist, wird kein Vegetationsobjekt erkannt.
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In der 3 ist der erfindungsgemäße Ansatz des Erkennens eines Vegetationsobjekts anhand dessen Bewegungen schematisch dargestellt. Durch Wind oder Regen wird das Vegetationsobjekt 14 in Bewegung versetzt. Einzelne Scanpunkte 32, die dem Vegetationsobjekt 14 zugeordnet sind, weisen dann eine charakteristische Bewegung auf, die sich von der Bewegung eines lebenden Objekts unterscheidet.
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In der 4 ist eine beispielhafte Auswertung eines Frequenzspektrums zur Unterscheidung zwischen einem Vegetationsobjekt (obere Abbildung in 4) und einem lebenden Objekt (untere Abbildung in 4) dargestellt. Für die Unterscheidung können typische SNR-Werte für lebende Objekte, insbesondere Fußgänger und Vegetationsobjekte, verwendet werden. Die Reflektionscharakteristik eines Fußgängers weist höhere SNR-Werte auf. Hierauf basierend kann beispielsweise ein sogenanntes PVR (Pedestrian-to-Vegetation-Ratio) definiert werden. Die Sicherheit bei der Klassifizierung wird verbessert, wenn dieser PVR-Wert hoch ist.
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Bei der in der 4 dargestellten Unterscheidung anhand einer Darstellung im Frequenzbereich, die beispielsweise mittels einer Fast Fourier-Transformation ermittelt werden kann, werden typische Bewegungen ausgewertet. Üblicherweise lassen Mikro-Doppler-Messungen eines Vegetationsobjekts eine Charakteristik von weißem Rauschen erwarten (4 oben). Hierbei ergibt sich eine ähnliche Amplitude für unterschiedliche Frequenzen des Spektrums. Ausgeprägte Hochpunkte für einzelne Frequenzen liegen nicht vor. Demgegenüber ergibt sich aus der Frequenzbereichsdarstellung einer Mikro-Doppler-Messung eines Fußgängers eine hohe Amplitude an bestimmten Frequenzen (4 unten). Dies liegt daran, dass die Bewegung eines Menschen oftmals regelmäßig bzw. periodisch erfolgt, beispielsweise durch ein regelmäßiges Schwingen der Arme etc. Anhand der Darstellung im Frequenzbereich kann eine zutreffende Unterscheidung zwischen einem Vegetationsobjekt und einem lebenden Objekt erreicht werden.
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In den 5 und 6 ist ein weiterer Ansatz zur Unterscheidung zwischen einem Vegetationsobjekt und einem lebenden Objekt bei windigem Wetter schematisch dargestellt. Auf der vertikalen Achse sind jeweils die gemessenen Geschwindigkeiten v abgetragen; die horizontale Achse t entspricht einer Zeitachse. Unterschieden werden der zeitliche Verlauf von Messpunkten 34 eines Fußgängers als lebendes Objekt (Kreise) sowie Messpunkte 36 eines Vegetationsobjekts (Kreuze). Wie dargestellt ist die Standardabweichung 38 für die Messpunkte 36 des Vegetationsobjekts üblicherweise geringer als für die Messpunkte 34 des lebenden Objekts. Wenn die Standardabweichung 38 größer ist (vgl. 6), wird die Unterscheidung anhand dieses Kriteriums erschwert bzw. unmöglich.
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Es versteht sich, dass verschiedene Klassifikationskriterien kombiniert werden können, um einen gemeinsamen Wert zu bilden. Beispielsweise kann aus einer Zusammenschau mehrerer Kriterien ein Wahrscheinlichkeitswert für das Vorliegen eines Vegetationsobjekts berechnet werden. Wenn dieser Wahrscheinlichkeitswert dann über einer vorbestimmten Schwelle liegt, wird ein Vegetationsobjekt erkannt. Zudem ist es möglich, dass zwischen unterschiedlichen lebenden Objekten unterschieden wird. Beispielsweise weisen die Bewegungen eines Radfahrers, eines Fußgängers oder auch eines Hundes unterschiedliche Charakteristika auf, die über eine Auswertung der gemessenen Punktgeschwindigkeiten als Basis für eine Unterscheidung verwendet werden können. Beispielsweise kann die Unterscheidung basierend auf einer Auswertung im Frequenzbereich erfolgen. Ebenfalls ist es möglich, dass lebende Objekte, die sich vor oder hinter einem Vegetationsobjekt befinden, erkannt werden. Es wird also sozusagen ein Objekt identifiziert, das sowohl ein lebendes Objekt als auch ein Vegetationsobjekt umfasst. Ein solches gemischtes Objekt kann auch als diffuses Ziel bezeichnet werden. Beispielsweise kann für die Klassifizierung eine sogenannte Freespace-Boundary-Klassifizierung eingesetzt werden.
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In der 7 ist schematisch eine weitere Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Systems 10 dargestellt. Innerhalb des Fahrzeugs 18 befindet sich der Radarsensor 20. Die Sensordaten des Radarsensors 20 werden über eine Kommunikationseinheit 40 an die Vorrichtung 12 übertragen und innerhalb der Vorrichtung ausgewertet. Die Vorrichtung 12 kann ein Ergebnis der Klassifikation an das Fahrzeug 18 zurückübermitteln. Beispielsweise kann die Vorrichtung 12 im dargestellten Ausführungsbeispiel als Mobilgerät ausgeführt sein, wobei die Kommunikation über Bluetooth oder einen anderen Kurzstrecken-Niedrigenergie-Kommunikationsstandard funktioniert. Ebenfalls ist es möglich, dass die Vorrichtung 12 als Internet-Service angeboten wird, wobei dann die Kommunikation beispielsweise über das Mobilfunknetz erfolgen kann.
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Zuletzt wird in der 8 schematisch ein erfindungsgemäßes Verfahren illustriert. Das Verfahren umfasst die Schritte des Empfangens S10 von Sensordaten, des Identifizierens S12 eines Objekts und des Klassifizierens S14 des Objekts. Das Verfahren kann beispielsweise als Software implementiert sein, die auf einem Fahrzeugsteuergerät ausgeführt wird.
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Die Erfindung wurde anhand der Zeichnungen und der Beschreibung umfassend beschrieben und erklärt. Die Beschreibung und Erklärung sind als Beispiel und nicht einschränkend zu verstehen. Die Erfindung ist nicht auf die offenbarten Ausführungsformen beschränkt. Andere Ausführungsformen oder Variationen ergeben sich für den Fachmann bei der Verwendung der vorliegenden Erfindung sowie bei einer genauen Analyse der Zeichnungen, der Offenbarung und der nachfolgenden Patentansprüche.
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In den Patentansprüchen schließen die Wörter „umfassen“ und „mit“ nicht das Vorhandensein weiterer Elemente oder Schritte aus. Der undefinierte Artikel „ein“ oder „eine“ schließt nicht das Vorhandensein einer Mehrzahl aus. Ein einzelnes Element oder eine einzelne Einheit kann die Funktionen mehrerer der in den Patentansprüchen genannten Einheiten ausführen. Ein Element, eine Einheit, eine Schnittstelle, eine Vorrichtung und ein System können teilweise oder vollständig in Hard- und/oder in Software umgesetzt sein. Die bloße Nennung einiger Maßnahmen in mehreren verschiedenen abhängigen Patentansprüchen ist nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Kombination dieser Maßnahmen nicht ebenfalls vorteilhaft verwendet werden kann. Ein Computerprogramm kann auf einem nichtflüchtigen Datenträger gespeichert/vertrieben werden, beispielsweise auf einem optischen Speicher oder auf einem Halbleiterlaufwerk (SSD). Ein Computerprogramm kann zusammen mit Hardware und/oder als Teil einer Hardware vertrieben werden, beispielsweise mittels des Internets oder mittels drahtgebundener oder drahtloser Kommunikationssysteme. Bezugszeichen in den Patentansprüchen sind nicht einschränkend zu verstehen.
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Bezugszeichenliste
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- 10
- System
- 12
- Vorrichtung
- 14
- Vegetationsobjekt
- 16
- Umgebung
- 18
- Fahrzeug
- 20
- Radarsensor
- 22
- lebendes Objekt
- 24
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- 26
- Eingangsschnittstelle
- 28
- Verarbeitungseinheit
- 30
- Auswerteeinheit
- 32
- Scanpunkt
- 34
- Messpunkt Fußgänger
- 36
- Messpunkt Vegetationsobjekt
- 38
- Standardabweichung
- 40
- Kommunikationseinheit