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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen und eine Detektionsvorrichtung zur Durchführung einer Detektion von Zwerchfellkontraktionen durch ein solches Verfahren.
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Neben dem Befüllen der Lunge mit frischer Atemluft und Überprüfung der ausgeatmeten Luft ist die Information über die Kontraktion des Zwerchfells, welche für die natürliche Atmung verantwortlich ist, von besonderem Interesse für die Beatmungstechnik.
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Bisher wurden die Muskelkontraktionen des Zwerchfells meist mittels einer Zwerchfell-Elektromyographie (diEMG) detektiert. Dies ist ein bekanntes Verfahren, um die Anregung der Atemmuskulatur zu detektieren. Ein Problem dieses Verfahrens ist, dass der Frequenzbereich (ca. 5 Hz bis 500 Hz) des Nutzsignals stark von Störungen überlagert ist. Zudem sind die Signalamplituden sehr gering.
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Die Patentanmeldung
DE 10 2018 205 306.5 (noch unveröffentlicht) zeigt ein Orthesen- oder Prothesen-System und ein Verfahren zur Orthesen- oder Prothesensteuerung oder - regelung. Dabei wird das Muskelsignal, das zum Bewegen der Orthese oder Prothese zuständig ist, mittels multifrequenter komplexer Bioimpedanzmessung erfasst und ausgewertet und mit dieser Information ein Aktor gesteuert, der die Orthese oder Prothese bewegt.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen und eine Detektionsvorrichtung zur Durchführung eines solchen Verfahrens bereit zu stellen, welches jeweils eine verbesserte Störsicherheit aufweist.
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Insbesondere ist es wünschenswert, möglichst gut zwischen Störeinflüssen und tatsächlicher Zwerchfellmuskelkontraktion differenzieren zu können.
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Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen gemäß Anspruch 1 und eine Detektionsvorrichtung gemäß Anspruch 15. Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen enthalten.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen weist folgende Schritte auf:
- - Anbringen von wenigstens einem Paar von Elektroden, welche zur Kontaktierung des Körpers, zur Erfassung zwerchfellmuskelbezogener Signale eines Nutzers, vorgesehen sind, an den Nutzer;
- - Erfassen wenigstens eines ersten zwerchfellmuskelbezogenen Signals unter Verwendung einer ersten Messfrequenz sowie wenigstens eines zweiten zwerchfellmuskelbezogenen Signals unter Verwendung wenigstens einer zweiten Messfrequenz;
- - Auswerten einer Phase des ersten zwerchfellmuskelbezogenen Signals und einer Phase des zweiten zwerchfellmuskelbezogenen Signals;
- - Detektieren wenigstens einer Zwerchfellkontraktion in Abhängigkeit des Ergebnisses der Auswertung der Phasen des ersten und des zweiten zwerchfellmuskelbezogenen Signals.
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Im Folgenden werden die zwerchfellmuskelbezogenen Signale auch nur kurz als „Signale“ bezeichnet.
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Die Auswertung der Phase des jeweiligen ersten Signals und der Phase des jeweiligen zweiten Signals ermöglicht es, ein „echtes“ zwerchfellmuskelbezogenes Signal von einem Störsignal zu unterscheiden. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass die Phase der entlang eines Muskels oder einer Muskelgruppe, insbesondere eines Zwerchfellmuskels oder einer Zwerchfellmuskelgruppe, gemessenen Bioimpedanz des Muskels oder der Muskelgruppe eine typische Veränderung im Frequenzverhalten während der Kontraktion gegenüber der Relaxation aufweist. Typische Störsignale, wie sie etwa durch die Elektroden-Haut-Übergänge verursacht werden, weisen dieses Phasenverhalten dagegen nicht auf.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird ein Phasengang des jeweiligen ersten und jeweiligen zweiten Signals ausgewertet. Wie nachfolgend beschrieben wird, kann der Phasengang eines zwerchfellmuskelbezogenen Signals bestimmte Charakteristiken aufweisen, die bei einem Störsignal nicht auftreten. So kann ein „echtes“ zwerchfellmuskelbezogenes Signal von einem beliebigen andersartigen Signal, hier Störsignal genannt, unterschieden werden.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung werden
- - eine Phase des jeweiligen ersten Signals mit einer, insbesondere frequenzabhängigen, Referenzphase verglichen, um eine erste Phasenveränderung wenigstens qualitativ zu ermitteln;
- - eine Phase des jeweiligen zweiten Signals mit der, insbesondere frequenzabhängigen, Referenzphase verglichen, um eine zweite Phasenveränderung wenigstens qualitativ zu ermitteln; und
- - die erste Phasenveränderung und die zweite Phasenveränderung ausgewertet, insbesondere miteinander verglichen.
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Dadurch können die Charakteristiken eines echten zwerchfellmuskelbezogenen Signals bzw. eines Störsignals erkannt und ausgewertet werden.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist die Referenzphase eine, insbesondere zuvor bestimmte, Phase, die im Wesentlichen einer Messung in einem entspannten Zustand eines Zwerchfellmuskels entspricht.
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Die Verwendung einer solchen Referenzphase kann dazu beitragen, dass die Signale richtig erkannt werden.
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Nach einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird weiterhin ermittelt, ob die erste Phasenveränderung eine Phasenveränderung in die gleiche Richtung wie die zweite Phasenveränderung ist, oder in eine entgegengesetzte Richtung.
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Unter der „Richtung“ einer Phasenveränderung ist hierbei zu verstehen, ob der Betrag der Phase durch die Phasenveränderung kleiner oder größer wird.
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Die Richtungen der ersten und zweiten Phasenveränderung können zur Unterscheidung von echten zwerchfellmuskelbezogenen Signalen und Störsignalen dienen.
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Nach einer Ausführungsform werden weiterhin das erste und das zweite Signal als zu einer Zwerchfellmuskelkontraktion gehörend gewertet, wenn die erste und zweite Phasenveränderung Phasenveränderungen in entgegengesetzte Richtungen sind.
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Auf diese Weise kann ein echtes zwerchfellmuskelbezogenes Signal zuverlässig erkannt werden.
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Entsprechend können nach einer Ausführung das erste und zweite Signal als zu einer Störung gehörend gewertet werden, wenn die erste und zweite Phasenveränderung Phasenveränderungen in die gleiche Richtung sind.
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Somit kann eine Störung bzw. ein Störsignal richtig erkannt werden.
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Nach einer Ausführung beträgt die erste Messfrequenz mehr als ca. 60 kHz und die zweite Messfrequenz weniger als ca. 60 kHz.
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Die Erfinder haben festgestellt, dass sich der Phasengang unterhalb einer Frequenz von ca. 60 kHz von dem Phasengang oberhalb einer Frequenz von ca. 60 kHz unterscheidet, je nachdem, ob das auszuwertende Signal ein echtes zwerchfellmuskelbezogenes Signal oder ein Störsignal ist. Bei einer Messung unterhalb und oberhalb von ca. 60 kHz kann also eine zuverlässige Unterscheidung erfolgen.
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Nach einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist die erste Messfrequenz wesentlich größer als 60 kHz und/oder die zweite Messfrequenz wesentlich kleiner als 60 kHz. Dadurch kann die Unterscheidung zwischen den zwei Arten von Signalen mit noch größerer Zuverlässigkeit erfolgen.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung ist das wenigstens erste und zweite zwerchfellmuskelbezogene Signal ein komplexes Bioimpedanz-Signal.
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Insbesondere bei einem Bioimpedanz-Signal tritt das zuvor beschriebene charakteristische Phasenverhalten auf. Zusätzlich zur Phase ist in dem komplexen Bioimpedanz-Signal auch die Information über den Betrag der Bioimpedanz enthalten.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird simultan und/oder nacheinander und/oder zeitlich überlagernd eine Zwerchfell-Elektromyographie (diEMG) über dieselben oder unterschiedliche Elektroden durchgeführt.
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Die Kombination von diEMG und Bioimpedanzmessung liefert Informationen sowohl zur Anregung des Zwerchfells als auch über dessen tatsächliche Kontraktion. Quantitative Messungen können daher dazu genutzt werden, um den „Trainingszustand“ des Zwerchfells zu bestimmen, d. h. wie stark die Zwerchfellmuskeln angeregt werden müssen, um eine bestimmte geometrische Zwerchfellmuskeländerung zu generieren.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird zusätzlich der Zustand der Elektroden-Haut-Übergänge gemessen.
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Der Übergang zwischen Elektroden und Haut ist eine übliche Ursache für ein Störsignal. Wird zusätzlich eine diEMG über dieselben Elektroden durchgeführt, kann damit die Zuverlässigkeit des diEMG bestimmt werden.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird die Erfassung des wenigstens einen ersten zwerchfellmuskelbezogenen Signals simultan und/oder nacheinander und/oder zeitlich überlagernd mit unterschiedlichen geometrischen Positionen der Elektroden durchgeführt.
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Auf diese Weise kann, vorzugsweise durch Mittelung der so erhaltenen mehreren ersten zwerchfellmuskelbezogenen Signale, ein genaueres Signal erhalten werden als durch die Erfassung nur eines einzigen Signals, wobei Abweichungen des Signals, welche durch unterschiedliche geometrische Positionen der Elektroden hervorgerufen werden, verringert werden.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung wird aus den genutzten Elektroden zusätzlich simultan ein Elektrokardiogramm (EKG) abgeleitet.
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Durch ein simultanes EKG entfällt die Notwendigkeit weiterer Elektroden, die für eine simultane Überwachung von Zwerchfell- und Herzmuskelaktivität nötig sind.
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Die Erfindung betrifft weiterhin eine Detektionsvorrichtung zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens; diese weist auf:
- - ein Paar von Elektroden, welche zur Kontaktierung des Körpers, zur Erfassung zwerchfellmuskelbezogener Signale eines Nutzers, vorgesehen sind;
- - eine Auswerteeinheit, die dazu eingerichtet ist, eine Phase mindestens eines zwerchfellmuskelbezogenen Signals der Elektroden auszuwerten;
- - eine Detektionseinheit, die dazu eingerichtet ist, wenigstens eine Zwerchfellkontraktion in Abhängigkeit des Ergebnisses der Auswertung der Phase des wenigstens einen zwerchfellmuskelbezogenen Signals zu detektieren.
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In einer bevorzugten Ausführung der Erfindung weist die Detektionsvorrichtung ein Beatmungsgerät auf oder ist mit einem Beatmungsgerät verbindbar, wobei die Beatmung eines Patienten von der Detektionsvorrichtung steuerbar und/oder regelbar und/oder beeinflussbar ist.
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Auf diese Weise wird es ermöglicht, dass die Steuerung bzw. Regelung des Beatmungsgerätes durch die Anregung der Kontraktion und/oder Relaxation des Zwerchfells erfolgt oder beeinflusst wird, wodurch die natürliche Atmung unterstützt werden kann.
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Weitere Merkmale, Vorteile und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden Beschreibung im Zusammenhang mit der jeweiligen Figur. Dabei zeigen:
- 1 einen Teil eines Systems zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen in schematischer Darstellung nach einer Ausführungsform;
- 2 den Verlauf des Betrages eines Bioimpedanzsignals bei verschiedenen M essfrequenzen;
- 3 den Verlauf der Phase eines Bioimpedanzsignals bei verschiedenen M essfrequenzen;
- 4 den Verlauf des Betrages eines Bioimpedanzsignals bei verschiedenen Messfrequenzen, und
- 5 den Verlauf der Phase eines Bioimpedanzsignals bei verschiedenen M essfrequenzen.
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1 zeigt einen Teil eines Systems 100 zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen nach einem Ausführungsbeispiel der vorliegenden Erfindung. Links in 1 ist der Torso angedeutet mit Haut 1 und Muskel 2. Es versteht sich, dass der hier beschriebene Muskel 2 stellvertretend für Muskeln oder Muskelgruppen steht, insbesondere für Zwerchfellmuskeln oder Zwerchfellmuskelgruppen.
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Ein Satz von Elektroden 11 des Systems 100 zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen kontaktieren die Haut 1, wobei der Elektrodensatz in dem gezeigten Beispiel aus vier Elektroden 11 besteht, nämlich jeweils zwei Elektroden, die der Stromeinprägung dienen, und zwei Elektronen zur Spannungsmessung. Aus der gemessenen Spannung und dem gemessenen oder im Voraus bekannten Strom kann die Bioimpedanz in an sich bekannter Weise ermittelt werden.
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Gegebenenfalls kann, wie in 1 gezeigt, weitere Sensorik vorhanden sein und gegebenenfalls die Haut 1 kontaktieren.
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Die Elektroden 11 sind mit einer Auswerteeinheit 10 verbunden, in der die Strom- und Spannungssignale weiterverarbeitet und/oder gespeichert werden können. Der rechte Teil der 1 illustriert schematisch die weitere Verarbeitung der Strom- und Spannungssignale bzw. die weitere Verarbeitung von aus den Strom- und Spannungssignalen abgeleiteten Signalen. Diese Funktionen können entweder in der Auswerteeinheit 10 oder in einer daran gekoppelten, nicht dargestellten Auswerteeinheit implementiert sein.
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Wie nachfolgend noch näher erläutert wird, können insbesondere die Phase φ und der Betrag |Z| der Bioimpedanz Z ermittelt und weiterverarbeitet werden. Optional können, wie in 1 angedeutet, auch weitere Messgrößen, wie ein Elektromyographie-(EMG)- und/oder Mechanomyographie-(MMG)-Signal, ermittelt und gegebenenfalls weiterverarbeitet werden.
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Die Erfinder haben erkannt, dass sich sowohl der Betrag |Z| als auch die Phase φ der Bioimpedanz bei einer Muskelkontraktion ändern. Dabei haben sie festgestellt, dass die Phasenänderung in Abhängigkeit von der Messfrequenz eine Charakteristik aufweist, die für die Unterscheidung zwischen „echten“ muskelbezogenen Signalen und Störsignalen benutzt werden kann. Dabei wird unter dem Begriff „echte“ muskelbezogene Signale vorzugsweise verstanden, dass es sich um Signale handelt, die auf eine tatsächlich auftretende Muskelkontraktion o. Ä. zurückgeführt werden können. Im Unterschied dazu sind Störsignale vorzugsweise solche Signale, die zumindest teilweise, vorzugsweise vorwiegend, und weiter vorzugsweise im Wesentlichen ausschließlich, auf Störeinflüsse zurückzuführen sind. Ein solcher Störeinfluss kann beispielsweise ein unzureichender Kontakt zwischen einer Elektrode 11 und der Haut 1 sein.
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2 zeigt beispielhaft den Frequenzgang des Betrages |Z| der Bioimpedanz in Abhängigkeit von der verwendeten Messfrequenz f für einen Muskel. Dabei zeigt die obere Kurve 20 den Verlauf des Betrags |Z| der Bioimpedanz in einem entspannten Zustand des Muskels und die untere Kurve 21 den Verlauf des Betrages |Z| der Bioimpedanz bei einer Muskelkontraktion. Wie 2 deutlich zeigt, verringert sich der Betrag |Z| der Bioimpedanz bei einer Muskelkontraktion in dem gesamten dargestellten Frequenzbereich.
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Die in 3 dargestellte Phase φ der Bioimpedanz weist einen anderen Verlauf in dem gezeigten Frequenzbereich auf. Die Kurve, die einem entspannten Muskelzustand entspricht, ist in einem linken Bereich mit dem Bezugszeichen 22 versehen und in einem rechten Bereich mit dem Bezugszeichen 26. Die Kurvenabschnitte 25 und 24 stellen die Phase der Bioimpedanz bei einer Muskelkontraktion dar. Wie in 3 deutlich zu sehen ist, schneidet die Kurve 22, 26 bei einem Punkt 23 die Kurve 24, 25. Dies bedeutet, dass sich die Phase bei einer Messfrequenz, die dem Schnittpunkt 23 entspricht (ca. 60 kHz), durch eine Muskelkontraktion gegenüber dem entspannten Zustand nicht ändert. Bei niedrigeren Messfrequenzen (links vom Schnittpunkt 23) verringert sich die Phase φ der Bioimpedanz aufgrund einer Muskelkontraktion. Dagegen vergrößert sich die Phase φ bei höheren Messfrequenzen (rechts des Schnittpunkts 23) durch eine Muskelkontraktion.
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Zu der 3 (und entsprechend auch zu der im Folgenden erläuterten 5) ist anzumerken, dass ein Verringern der Phase hier bedeutet, dass die Phase „noch negativer“ wird. Der Betrag der Phase vergrößert sich also bei dem in 3 veranschaulichten Verringern der Phase.
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Der in 3 dargestellte Frequenzgang der Phase φ der Bioimpedanz kann nach Ausführungsbeispielen der vorliegenden Erfindung ausgewertet werden, um eine Muskelkontraktion zu erkennen und insbesondere, um eine solche von einem Störsignal zu unterscheiden.
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Hinsichtlich der Messung der Bioimpedanz und der Auswertung der Phase der Bioimpedanz gibt es mehrere Varianten, die hier kurz beschrieben werden. Im Folgenden wird mehrmals auf den Begriff „Schnittfrequenz“, abgekürzt fs, Bezug genommen. Diese Schnittfrequenz entspricht der Messfrequenz beim Schnittpunkt 23, wobei diese unter Umständen für verschiedene Muskeln bzw. bei verschiedenen Personen unterschiedlich sein könnte. Falls nötig, könnte diese Schnittfrequenz von Fall zu Fall empirisch bestimmt werden.
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Variante 1:
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Es werden die Bioimpedanz bzw. die Phase φ der Bioimpedanz bei zwei verschiedenen Messfrequenzen f1 und f2 gemessen, wobei f1 kleiner, insbesondere wesentlich kleiner als fs ist, und wobei f2 größer, insbesondere wesentlich größer, als fs ist. Aus diesen Messungen ergeben sich die Phasen φ1 und φ2 für die Messfrequenzen f1 bzw. f2. Die Phasen φ1 und φ2 werden dann in der Auswerteeinheit 10 mit einer Referenzphase φR verglichen. Die Referenzphase φR kann im Voraus in der Auswerteeinheit 10 abgespeichert worden sein. Die Referenzphase φR kann insbesondere die Phase φ der Bioimpedanz im entspannten Muskelzustand sein, also wie durch Kurve 22, 26 dargestellt. Obwohl es sinnvoll sein kann, die Referenzphase φR für viele verschiedene Frequenzen zu ermitteln und abzuspeichern, wäre es auch möglich, die Referenzphase φR nur für die zwei zu verwendenden Messfrequenzen f1 und F zu ermitteln und abzuspeichern.
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In der Auswerteeinheit 10, insbesondere durch einen Vergleicher 13 (1), werden nun die Phasen φ1 und φ2 mit entsprechenden Referenzphasen φR1 und φR2 verglichen. Durch einen solchen Vergleich können Phasenveränderungen, d. h. Phasendifferenzen, φD1 und φD2 ermittelt werden. Diese Phasenveränderungen oder Phasendifferenzen entsprechen also den durch die Muskelkontraktion hervorgerufenen Veränderungen der Phasen bei den jeweiligen Messfrequenzen. Stellt der Vergleicher 13 für die beiden Messfrequenzen Phasenveränderungen in unterschiedliche Richtungen fest (bzw. Phasendifferenzen mit unterschiedlichen Vorzeichen), wird das durch die Elektroden 11 gemessene Signal als echtes Signal einer Muskelkontraktion gewertet.
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Stellt der Vergleicher 13 hingegen Phasenveränderungen in die gleiche Richtung bzw. Phasendifferenzen mit gleichem Vorzeichen fest, so wird das durch die Elektroden 11 gemessene Signal als Störsignal gewertet, oder zumindest nicht als zu einer Muskelkontraktion gehörend.
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Falls keine Phasenveränderung oder -differenz festzustellen ist, oder wenn die Phasenveränderung oder -differenz einen Mindestwert nicht überschritten hat, wird das Signal nicht als zu einer Muskelkontraktion gehörend gewertet, d. h. in diesem Fall wird die Messung vorzugsweise so interpretiert, dass der Muskel im entspannten Zustand ist.
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Variante 2:
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Die zweite Variante unterscheidet sich von der ersten insbesondere dadurch, dass eine der Messfrequenzen f1, f2 in der Nähe der Schnittfrequenz fs liegt, insbesondere im Wesentlichen der Schnittfrequenz gleicht. Die Auswertung wird entsprechend angepasst. Das heißt insbesondere, dass ein durch die Elektroden 11 detektiertes Signal als echtes muskelbezogenes Signal gewertet wird, wenn für diejenige Messfrequenz, die sich (wesentlich) von der Schnittfrequenz fs unterscheidet, eine Phasenveränderung oder Phasendifferenz festgestellt wird, für die andere Messfrequenz, die nahe oder gleich der Schnittfrequenz fs ist, hingegen keine oder nur eine sehr geringe Phasenveränderung oder -differenz festgestellt wird.
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Das Signal wird hingegen als nicht zu einer Muskelkontraktion gehörend gewertet, wenn sich für beide Messfrequenzen keine bzw. nur eine sehr geringe Veränderung der Phase ergibt, oder wenn sich für beide Messfrequenzen eine Phasenveränderung in die gleiche Richtung ergibt.
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Bei der ersten und zweiten Variante wäre es möglich, die Auswertung nur qualitativ durchzuführen, also nur zu ermitteln, in welche Richtungen die Phasen sich verändern (bzw. ob überhaupt eine Phasenveränderung vorliegt), ohne die Größe der Veränderung (weiter) zu berücksichtigen. Eine solche qualitative Auswertung würde ausreichen, um ein echtes muskelbezogenes Signal von einem Störsignal zu unterscheiden.
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Variante 3:
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Diese Variante ist der zweiten Variante ähnlich. Bei der dritten Variante werden die Messfrequenzen f1 und f2 so gewählt, dass entweder beide größer oder beide kleiner als die Schnittfrequenz fs sind. Dabei sollte aber eine der Frequenzen deutlich näher an der Schnittfrequenz liegen als die andere. Nach dieser Variante wäre es aber nötig, die Phasenveränderung bzw. Phasendifferenz nicht nur qualitativ (Phasenveränderung in gleiche oder unterschiedliche Richtungen, Phasendifferenzen mit gleichen oder unterschiedlichen Vorzeichen, keine wesentliche Phasenveränderung), sondern auch quantitativ auszuwerten, weil zu erwarten wäre, dass bei einer Muskelkontraktion die Phasen bei den verschiedenen Messfrequenzen sich in die gleiche Richtung verändern würden, dass die Größe der Veränderungen aber unterschiedlich wäre.
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Variante 4:
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Nach dieser Variante reicht es aus, nur eine Phase, also nur bei einer Messfrequenz, zu ermitteln und auszuwerten. Die Messfrequenz liegt dabei vorzugsweise oberhalb der Schnittfrequenz fs und ist insbesondere wesentlich höher als die Schnittfrequenz fs, also in einem Frequenzbereich, für den in der 3 die Kurve 24 (Muskelkontraktion) wesentlich höher liegt als die Kurve 26 (entspannter Zustand). Es wird wiederum die Phasenveränderung relativ zu einer Referenzphase ausgewertet, beispielsweise durch das Bilden einer Phasendifferenz. Dies kann wiederum in dem Vergleicher 13 durchgeführt werden. Stellt der Vergleicher 13 fest, dass die aus der Messung ermittelte Phase größer ist als die Referenzphase, wird das Signal als zu einer Muskelkontraktion gehörend gewertet. Anderenfalls wird das Signal entweder als Störsignal (die aus der Messung ermittelte Phase ist kleiner als die Referenzphase) oder als zu einem entspannten Muskel (keine Phasenveränderung) gehörend gewertet.
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Weitere Erläuterungen
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Es wurde bereits erwähnt, dass das Verfahren zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen nach Ausführungsformen der Erfindung echte muskelbezogene Signale, also insbesondere auf eine Muskelkontraktion zurückzuführende Signale, mit größerer Zuverlässigkeit erkennen können und insbesondere von Störsignalen unterscheiden können, als dies nach Ansätzen im Stand der Technik möglich war. In diesem Zusammenhang ist es zweckmäßig zu erläutern, welchen Verlauf der Betrag |Z| der Bioimpedanz bzw. die Phase φ der Bioimpedanz eines möglichen Störsignals aufweist. In diesem Zusammenhang wird auf die 4 und 5 Bezug genommen.
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4 zeigt den frequenzabhängigen Verlauf des Betrages |Z| der Bioimpedanz für einen gegebenen Muskelzustand. Hierbei zeigt die untere Kurve 28 den Verlauf bei einem guten Elektrode-Haut-Kontakt der negativen Strom-Elektrode und Kurve 27 den Verlauf bei einem schlechten Elektrode-Haut-Kontakt. Eine betragsmäßig größere Bioimpedanz (obere Kurve 27) entspricht also einem schlechteren Kontakt als eine betragsmäßig kleinere Bioimpedanz (untere Kurve 28). Eine Auswertung der Signale, die sich allein auf den Betrag |Z| der Bioimpedanz stützt, könnte aber unter Umständen unzuverlässige Ergebnisse liefern. So kann beispielsweise ein Zunehmen des Betrages der Bioimpedanz entweder bedeuteten, dass sich der Muskel gegenüber einem Vergleichszustand (mehr) entspannt hat, oder dass sich der Elektrode-Haut-Kontakt verschlechtert hat.
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5 zeigt den Frequenzgang der Phase der Bioimpedanz im Falle eines guten Elektrode-Haut-Kontaktes (obere Kurve 29) und im Falle eines schlechten Elektrode-Haut-Kontaktes (untere Kurve 30). Der in 5 gezeigte Frequenzgang der Phase weist nicht den in 3 gezeigten charakteristischen Frequenzgang für echte muskelbezogene Signale auf. Insbesondere schneiden sich die Kurven 29 und 30 nicht. Die Unterschiede zwischen einem echten muskelbezogenen Signal (3) und einem Störsignal, wie beispielsweise einem schlechten Elektrode-Haut-Kontakt (5), werden besonders deutlich, wenn man eine Messung und Auswertung gemäß der oben beschriebenen ersten Variante durchführt. Bei den zwei Messungen mit den zwei Messfrequenzen f1 und f2 (mit f1 < fs < f2) liefert die zuvor beschriebene Auswertung für ein echtes muskelbezogenes Signal eine Phasenveränderung in verschiedene Richtungen. Für ein Störsignal, wie z. B. eine Verschlechterung des Elektrode-Haut-Kontaktes, liefert sie dagegen eine Phasenveränderung in die gleiche Richtung. Aufgrund dieser Tatsache kann die Auswerteeinheit 10 zwischen einem echten muskelbezogenen Signal und einem Störsignal unterscheiden.
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Ähnliches gilt für die weiteren oben beschriebenen Varianten.
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Nach Ausführungsformen der Erfindung können zwei oder mehr Messungen bei zwei oder mehr unterschiedlichen Frequenzen mittels des gleichen Satzes von Elektroden 11 (unter Verwendung von mehr als einem Messkanal) durchgeführt werden. Die Messungen könnten quasi-simultan erfolgen, d. h. mit für einen Anwender nicht merklichen, kurzen Abständen. Alternativ könnten die Messungen bei den zwei oder mehr unterschiedlichen Frequenzen mittels verschiedener Sätze von Elektroden durchgeführt werden.
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Wie in 1 gezeigt, weist die Auswerteeinheit 10 gemäß dem gezeigten Ausführungsbeispiel einen A/D-Wandler (ADC) 14 auf, der die ermittelte Phase der Bioimpedanz und gegebenenfalls auch den Betrag der Bioimpedanz und/oder andere gemessene oder daraus abgeleitete Größen in ein digitales Format umwandelt. Die von dem A/D-Wandler ausgegebenen digitalen Daten können in einem Zwischenspeicher (Buffer) 15 zwischengespeichert werden und gegebenenfalls durch eine erweiterte Signalverarbeitungseinheit 16 weiterverarbeitet werden. Insbesondere kann ein solches Weiterverarbeiten das Steuern eines Beatmungsgerätes aufweisen.
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1 weist noch auf einen weiteren Vorteil von Ausführungsformen der Erfindung hin. Ausführungsformen der Erfindung sehen vor, dass zusätzliche Messverfahren und/oder Signalverarbeitungskomponenten erst eingeschaltet werden, wenn eine Muskelkontraktion mittels der zuvor beschriebenen Verfahren, insbesondere durch den Vergleicher 13, detektiert wurde. Dies ist in 1 durch einen Pfeil angedeutet, der von dem Vergleicher 13 ausgeht und auf das Symbol eines Ein/Aus-Schalters 17 der Einheit 16 führt. So können Prozesse bzw. Komponenten mit unter Umständen vergleichsweise hohem Energiebedarf energiesparender ausgeführt bzw. betrieben werden, was den Energiebedarf des gesamten Systems verringern kann.
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Nach einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist es möglich, mehrere Elektroden(sätze) 11 in einem Elektrodenarray anzuordnen. Dadurch ist eine hohe geometrische Auflösung realisierbar.
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Vorteile (oder weitere Vorteile) von zumindest manchen Ausgestaltungen der Erfindung sind:
- - Kostengünstiges und einfaches System, beispielsweise dadurch, dass kein (signifikant) höherer Schaltungsaufwand im Vergleich zu bereits bekannten Systemen entsteht
- - (Signifikante) Erhöhung der Messsicherheit von Zwerchfellmuskelkontraktionen
- - Geringe Anzahl von Elektroden notwendig
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Mögliche Erweiterungen / Varianten:
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- - Wie die anderen Komponenten auch, kann der Vergleicher sowohl digital als auch analog realisiert werden.
- - Zusätzlich kann das Verfahren um die Information der Bioimpedanz-Betragsänderungen bei Muskelkontraktion erweitert werden.
- - Das anisotrope Impedanzverhalten von Muskelgewebe kann ausgenutzt werden, indem mehrere (quasi-)simultane Messungen an der gleichen Muskelgruppe in unterschiedlichen geometrischen Elektroden-Anordnungen durchgeführt werden.
- - Messung des Zustands der Elektrode-Haut-Übergänge. Aus dieser Information kann auch geschlossen werden, wie zuverlässig die zusätzliche Messung des EMG-Signals ist.
- - Mittels der Bioimpedanzmessung kann auch die arterielle Pulswelle detektiert werden. Aus dieser lassen sich Informationen wie Herzschlagfrequenz, Pulswellengeschwindigkeit, Augmentationsindex, Blutdruck und Atemfrequenz ableiten.
- - Der entstehende Informationsgewinn durch das Messen bei mindestens zwei Frequenzpunkten liefert zusätzliche Informationen über die Kontraktionsstärke.
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Mögliche Einsatzgebiete der Erfindung liegen unter anderem in der Beatmungstechnik als auch in der Medizintechnik zur Untersuchung des Zustandes der Zwerchfellmuskulatur.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Haut
- 2
- Muskel
- 10
- Auswerteeinheit
- 11
- Elektrodenpaar
- 12
- weitere Sensorik
- 13
- Vergleicher
- 14
- A/D-Wandler
- 15
- Zwischenspeicher
- 16
- Signalverarbeitungseinheit
- 17
- Schalter
- 20, 21, 27, 28
- Messkurven (Betrag der Bioimpedanz)
- 22, 24, 25, 26, 29, 30
- Messkurven (Phase der Bioimpedanz)
- 23
- Schnittpunkt der Messkurven
- 100
- System zur Detektion von Zwerchfellkontraktionen
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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