-
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Erzeugen eines teilsynthetischen Fahrzyklus, ein Computerprogramm und einen Prüfstand.
-
Die
DE102012018359A1 offenbart eine computerbasierte Erzeugung eines Fahrzyklus-Datensatzes, der einen Fahrzyklus für eine Fahrsimulation eines Fahrzeugs repräsentiert.
-
Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst die Schritte:
- a) Identifizieren von Fahrevents anhand gemessener und/oder simulierter Fahrzeugdaten;
- b) Selektieren der Fahrevents zur Anwendung in einem teilsynthetischen Fahrzyklus anhand vorgegebener Kriterien;
- c) Erzeugen von synthetischen Fahrzyklusanteilen anhand vorgegebener fahrzeugtypischer und/oder fahrertypischer und/oder streckentypischer Beschleunigungs- und/oder Geschwindigkeitsverläufe;
- d) Erzeugen eines teilsynthetischen Fahrzyklus aus den Fahrevents und den synthetischen Fahrzyklusanteilen.
-
Unter synthetisch wird verstanden, dass ein Erzeugnis unter Anwendung technischer Mittel, wie beispielsweise Rechnern, Programmen oder künstlicher Intelligenzen, künstlich erzeugt wurde. Unter teilsynthetisch wird verstanden, dass ein Anteil eines Erzeugnisses künstlich erzeugt wurde.
-
Unter Fahrzeugdaten werden durch Beobachtung und/oder Messung und/oder statistische Erhebung gewonnene fahrzeugbezogene Angaben und/oder Zahlenwerte verstanden.
-
Fahrevents sind zeit- und oder streckenbezogene Verläufe von Fahrzeugdaten, in denen es zu einer Veränderung der Fahrzeugdaten kommt, wobei die Veränderung größer ist als ein vorgegebener Wert. Die Veränderung kann beispielsweise infolge eines Brems- oder Beschleunigungsvorgangs eines Fahrzeugs oder beim Schalten eines Gangs auftreten.
-
Unter Fahrzyklus wird eine Vorgabe und/oder Festlegung von Testbedingungen zur Ermittlung fahrzeugspezifischer Daten, umfassend eines Energie- und/oder Kraftstoffverbrauchs und/oder einer Schadstoffemission und/oder einer Temperatur und/oder weiterer anwendungsspezifischer Messgrößen, verstanden. Ein Fahrzyklus ist vorzugsweise zum Testen eines Fahrzeuges auf einem Prüfstand vorgesehen. Besonders bevorzugt handelt es sich dabei um einen Rollenprüfstand.
-
Beim Testen eines Fahrzeugs auf einem Prüfstand ist es vorteilhaft, Testbedingungen anzuwenden, die reale Fahrbedingungen eines Fahrzeugs in einem alltäglichen Einsatz wiedergeben. Dadurch, dass teilsynthetische Fahrzyklen aus synthetischen Fahrzyklusanteilen und Fahrevents erzeugt werden, geben sie realitätsnahe Testbedingungen wieder.
-
Das erfindungsgemäße Computerprogramm veranlasst, wenn es von einem Computer ausgeführt wird, den Computer dazu, ein erfindungsgemäßes Verfahren zum Erzeugen eines teilsynthetischen Fahrzyklus durchzuführen.
-
Der erfindungsgemäße Prüfstand umfasst einen Rechner, dazu ausgebildet und eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Computerprogramm auszuführen.
-
Die abhängigen Ansprüche beschreiben weitere vorteilhafte Ausführungsformen der Erfindung.
-
Bevorzugte Ausführungsbeispiele werden anhand der folgenden Figuren näher erläutert.
- 1 zeigt schematisch ein Ausführungsbeispiel eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
- 2 zeigt schematisch ein Ausführungsbeispiel teilsynthetischen Fahrzyklus.
-
Ein Ausführungsbeispiel eines Prüfstands (nicht gezeigt) ist ein Rollenprüfstand. Der Prüfstand umfasst Rollenlagerungen. Die Rollenlagerungen sind dazu ausgebildet, ein Fahrzeug zu lagern. Weiterhin umfasst der Prüfstand eine Elektromaschine, die mit den Rollenlagerungen verbunden ist. Die Elektromaschine ist dazu ausgebildet, eine Leistung, welche von Fahrzeugrädern auf die Rollenlagerung übertragen wird, zu messen.
-
Der Prüfstand umfasst einen Rechner (nicht gezeigt). Der Rechner ist dazu ausgebildet und eingerichtet, ein Computerprogramm auszuführen, das den Rechner dazu veranlasst, ein Verfahren zum Erzeugen eines teilsynthetischen Fahrzyklus 1 durchzuführen.
-
In einem ersten Schritt S10 des Verfahrens 14 (vergleiche 1) werden Fahrevents 2 anhand gemessener Fahrzeugdaten identifiziert. Im Ausführungsbeispiel umfassen die gemessenen Fahrzeugdaten zeitliche Verläufe einer Fahrzeuggeschwindigkeit, einer zurückgelegten Strecke sowie einer Fahrzeugemission, die mittels eines mobilen Emissionsmessgerätes (Portable emission measurement systems, PEMS) während einer Fahrt des Fahrzeugs aufgezeichnet wurden. Die Fahrzeugdaten umfassen Daten von einer Autobahnfahrt, einer Stadtfahrt und einer Fahrt auf einer Landstraße. Zur Identifizierung der Fahrevents 2 unterteilt ein erstes Unterprogramm des Computerprogramms die zeitlichen Verläufe der Fahrzeuggeschwindigkeit, der zurückgelegten Strecke sowie der Fahrzeugemission in Zeitfenster. Weiterhin integriert das erste Unterprogramm den zeitlichen Verlauf der Fahrzeugemission innerhalb der jeweiligen Zeitfenster. Für jedes Zeitfenster wird so eine ausgestoßene Schadstoffmenge errechnet. Ein Quotient der Schadstoffmenge und einer innerhalb eines Zeitfensters zurückgelegten Strecke wird im Folgenden als entfernungsspezifische Schadstoffintensität bezeichnet. Die entfernungsspezifische Schadstoffintensität wird mit einem geschwindigkeitsabhängigen Schwellwert verglichen. Anhand eines Ergebnisses des Vergleichs werden Fahrevents 2 identifiziert. Ein Fahrevent 2 wird identifiziert, wenn die entfernungsspezifische Schadstoffintensität den geschwindigkeitsabhängigen Schwellwert überschreitet. Der Schritt S10 erfolgt im Ausführungsbeispiel ohne eine Nutzereingabe.
-
In einem weiteren Schritt des Verfahrens S11 bestimmt ein zweites Unterprogramm des Computerprogramms mittels einer Ähnlichkeitserkennung und einer statistischen Auswertung eine Reproduzierbarkeit und eine Relevanz aller Fahrevents 2. Das zweite Unterprogramm umfasst einen dynamische Zeitnormierungsalgorithmus (englisch: dynamic time warping). Da ein solcher Algorithmus aus dem Stand der Technik bekannt ist, wird an dieser Stelle nicht näher darauf eingegangen. Im Ausführungsbeispiel bildet das zweite Unterprogramm zeitliche Wertfolgen der Fahrzeuggeschwindigkeiten verschiedener Fahrevents 2 aufeinander ab. Durch die Abbildungen der Wertfolgen werden gegebenenfalls Ähnlichkeiten zweier oder mehrerer Fahrevents 2 erkannt. Anhand der Ähnlichkeiten werden die Fahrevents 2 in Kategorien, umfassend Beschleunigung, Lastsprung, Gangwechsel und Schubabschlatung, eingeordnet. Durch einen statistischen Vergleich der Schadstoffmengen der jeweiligen Fahrevents 2 innerhalb einer Kategorie wird die Reproduzierbarkeit der Fahrevents 2 bestimmt. Zeigt beispielsweise die Schadstoffmenge eines Fahrevents 2 innerhalb einer Kategorie eine signifikante Abweichung von einer durchschnittlichen Schadstoffmenge aller Fahrevents 2 der Kategorie, wird dem Fahrevent 2 eine niedrige Reproduzierbarkeit in Form einer Reproduzierbarkeitskennzahl zugeordnet. Anhand eines Vergleichs von gemessenen Fahrzeugdaten, umfassend Daten aus Messungen mit und ohne Schadstoffaufzeichnung, mit den Fahrevents 2 wird eine Auftrittshäufigkeit von Fahrevents 2 einer Kategorie bestimmt. Anhand der Auftrittshäufigkeit wird allen Fahrevents 2 derselben Kategorie eine Relevanz in Form einer Relevanzkennzahl zugeordnet.
-
In einem weiteren Schritt des Verfahrens S12 speichert das zweite Unterprogramm die Fahrevents 2 in einer Datenbank. Die Speicherung erfolgt sortiert nach den Kategorien, der Relevanz und der Reproduzierbarkeit der Fahrevents 2. In der Datenbank wird eine Vielzahl von Fahrevents 2 aus einer Vielzahl gemessener Fahrzeugdaten gespeichert.
-
In einem weiteren Schritt S13 liest das zweite Unterprogramm die selektierten Fahrevents 2 aus der Datenbank aus.
-
In einem weiteren Schritt S20 selektiert ein drittes Unterprogramm des Computerprogramms die Fahrevents 2 zur Anwendung in einem teilsynthetischen Fahrzyklus 1 anhand vorgegebener Kriterien. Im Ausführungsbespiel ist ein vorgegebenes Kriterium eine gewichtete Wertung der Schadstoffmenge, der Relevanzkennzahl und der Reproduzierbarkeitskennzahl eines Fahrevents 2.
-
Beim Selektieren der Fahrevents 2 werden gesetzliche Vorgaben, Normen und Anwendungsanforderungen berücksichtigt. Im Ausführungsbeispiel werden Fahrevents 2 anhand einer, von der Euro 6d Norm vorgegebenen, Verteilung von Stadt-, Land- und Autobahnfahrten selektiert und in einer zeitlich diskontinuierlichen Reihenfolge angeordnet.
-
In einen weiteren Schritt S30 erzeugt ein viertes Unterprogramm des Computerprogramms durch eine Simulation synthetische Fahrzyklusanteile 3. Die synthetischen Fahrzyklusanteile 3 sind fahrertypische zeitliche Geschwindigkeitsverläufe.
-
In einem weiteren Schritt S40 erzeugt ein fünftes Unterprogramm des Computerprogramms einen teilsynthetischen Fahrzyklus 1 aus den Fahrevents 2 und den synthetischen Fahrzyklusanteilen 3 (vergleiche 2). Dazu werden die zeitlichen Diskontinuitäten in der Anordnung der Fahrevents 2 mit synthetischen Fahrzyklusanteilen 3 ergänzt. Im Ausführungsbeispiel wird in eine Diskontinuität zwischen zwei Fahrevents 2 ein synthetischer Fahrzyklusanteil 3 so eingefügt, dass ein zeitlich kontinuierlicher Geschwindigkeitsverlauf entsteht.
-
In einem weiteren Ausführungsbeispiel (nicht gezeigt) umfasst das Verfahren den Schritt: Erzeugen eines synthetischen Steigungsprofils anhand eines Vergleichs der Fahrzeugdaten mit Motorleistungsdaten. Unter einem Steigungsprofil wird hierbei ein zeitlicher Verlauf einer Steigung verstanden. Im Ausführungsbeispiel umfassen die Fahrzeugdaten gemessene zeitliche Verläufe einer Fahrzeuggeschwindigkeit, einer Fahrzeugemission, einer Motordrehzahl und eines Motordrehmoments. Mittels eines Computerprogramms wird anhand der zeitlichen Verläufe der Motordrehzahl und des Motordrehmoments ein erster zeitlicher Verlauf einer ersten Leistung berechnet. Anhand des zeitlichen Verlaufs der Fahrzeuggeschwindigkeit wird eine zweite Leistung berechnet. Durch einen Vergleich der zeitlichen Verläufe der ersten und der zweiten Leistung wird ein zeitlicher Verlauf einer Differenzleistung berechnet. Im Ausführungsbeispiel hängt die Höhe der Differenzleistung von einer Fahrbahnbeschaffenheit ab. Der zeitliche Verlauf der Differenzleistung wird mittels des Computerprogramms anhand einer mathematischen Funktion, umfassend ein Fahrzeuggewicht sowie Fahrwiderstände, in ein synthetisches Steigungsprofil umgerechnet.
-
In einem weiteren Schritt des Verfahrens wird ein teilsynthetischer Fahrzyklus 1 mit dem synthetischen Steigungsprofil so modifiziert, dass sich, im Falle einer Ausführung des modifizierten teilsynthetischen Fahrzyklus 1 auf einem Prüfstand, eine Leistung eines getesteten Fahrzeugs auf dem Prüfstand, im Vergleich zu einem Test mit einem unmodifizierten teilsynthetischen Fahrzyklus 1, um die Differenzleistung erhöht.
-
In einem weiteren Ausführungsbeispiel (nicht gezeigt) werden beim Erzeugen des synthetischen Steigungsprofils prüfstandsspezifische Korrekturkennfelder berücksichtigt. Die Korrekturkennfelder umfassen prüfstandsspezifische Zusammenhänge von Prüfstandseinstellungen und Fahrzeugleistungen. Anhand der Korrekturkennfelder wird mittels einer zweiten mathematischen Funktion ein prüfstandsspezifisches zweites synthetisches Steigungsprofil berechnet. Das zweite synthetische Steigungsprofil und das erste synthetischen Steigungsprofil werden summiert. Anschließend wird ein teilsynthetischer Fahrzyklus 1 mit den summierten Steigungsprofilen modifiziert.
-
In einem weiteren Ausführungsbeispiel (nicht gezeigt) umfassen gemessene Fahrzeugdaten Motorprüfstandsdaten aus einer Vorentwicklungsphase eines Fahrzeugs.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102012018359 A1 [0002]